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BEIWERKE
ZUM STUDIUM DER ANTHROPOPHYTEIA.
HERAUSGEGEBEN VON
dr. friedrich s. krauss.
ii. band:
DAS GESCHLECHTLEBEN
in
GLAUBEN, SITTE UND BRAUCH der JAPANER.
ШШ
BEZUGPREIS FÜR JEDEN BAND 30 MARK.
DAS
G ESCH LECH TL EBEN
in
GLAUBEN, SITTE UND BRAUCH der JAPANER.
VON
dr. friedrich s. krauss.
leipzig 1907.
deutsche
verlaosactienoesellschaft.
Privatdruck.
Nur für Gelehrte, nicht für den
Buchhandel bestimmt
Zahl //f..l£..&...
Herrn
Dr. Iwan Bloch
in Berlin
zugeeignet von
Friedrich S. Krauss.
474284
Die Psychopathia sexualis findet
sich überall und zu allen Zeiten. Kultur, Zivilisation, Krankheiten, Degeneration spielen nur die Bolle von be- günstigenden, modifizierenden, intensitatsteigernden Faktoren.
Der Geschlechttrieb als rein
physische Funktion ist weder ein Vergleichung- objekt noch ein Unterscheidungmerkmal zwischen primitiven und zivilisierten Menschen. Die „Elementargedankena der Menschheit kehren in den
elementaren Erscheinungformen geschlechtlicher Yerirrongen überall wieder.
Dr. Iwan Bloch, Das Sexualleben
unserer Zeit Berlin 1907, 8. 501 und 502.
♦
Vorwort.
Der wichtigste, um nicht zu sagen
einzige leitende Grundsatz für die echte Volks- und Völkerforschung, wie sonst für jede wahre wissenschaftliche Untersuchung, ist der, eingedenk zu bleiben, daß es unsere Aufgabe ist, die Erscheinungen unverschönt und unver- bessert, in ihrer unverhüllten Wirklichkeit kennen zu lernen, bevor wir nach Erklärungen suchen oder nach höheren Ursachen fragen mögen. Ist einmal eine Tatsache nach allen ihren Seiten hin erkannt, so ist sie eben damit erklärt, und die Aufgabe der Wissenschaft ist damit beendigt.
In diesem Sinne bemühte ich mich,
einige der bedeutsamsten Tatsachen des japanischen Volkstums sicher zu ermitteln, in einen sich gegenseitig erklärenden Zusammenhang zu setzen und sie möglichst in eine ethnologische und folkloristische Perspektive zu rücken. Diese Monographie ist nur ein Beiwerk zu meinen Jahrbüchern, zu den Anthropophyteia, in denen die tüchtigsten Erforscher des menschlichen Geschlechtlebens ihre Erhebungen veröffentlichen. Die Anthropophyteia bieten darum die kostbarsten folkloristischen Parallelen zu den in dieser Schrift mitgeteilten Anschauungen, Sitten und Bräuchen dar. Darum durfte ich mich hier der gedrängtesten Kürze befleißigen unter Verzicht auf literarische und künstlerische, raumverzehrende Darstellungweisen. Diese Arbeit dient bloß der Belehrung.
Sollte der eine und der andere Leser
Befriedigung an meinem Werke finden, so möge er auch jener eingedenk sein, die mich mittelbar in der Arbeit nachdrücklich gefördert und zu innigstem Danke verflichtet haben, der Herren W. G. Aston in Devon, Dr. Edmund Buckley in Chicago und Dr. Magnus Hirechfeldin Charlottenburg. Ausdrücklich habe ich zu be- merken, daß die in vorliegender Schrift abgebildeten Gegen- stände von jeder öffentlichen Besichtigimg unbedingt » aus- geschlossen sind, weil deren Eigentümer sie in Ruhe für sich be- halten wollen.
Wien VII/2, Neustiftgasse 12, am 21.
September 1907.
Dr. Friedrieh S. Krauss.
Inhaltangabe.
Seite
1. Vorwort
2. Einleitung.................... 1
3. Der
Kult der männlichen und weiblichen Geschlechtteile 13
4. Die
vaterrechtliche Ehe.............. 63
6. Die Stundenehe.................. 65
6. Uranier
und Urninden .............. 76
7. Mechanische
Mittel zur Befriedigung des Greschleoht-
triebes....................111
8. Erotik
in Bildwerken...............119
9. Schlußwort....................139
10. Anhang:
Der Fuchskult..............141
11. Namen-
und Sachenverzeichnis...........151
Ł
Einleitung
Das Studium des Phallizismus. —
Die Sittlichkeit — Ob- szoen und erotisch. — Japan als Erzieher. — Die Japaner ein Mischvolk. — Die Sinnlichkeit der Japaner. — Die Badesitten. — Die angebliche Unsittlichkeit der Japaner.
Know: Geschlechtleben.
1
Der Präsident einer
englischen anthropologischen Gesell- schaft sagte (nach A s t o n s Zeugnis) — wohl im Scherze —, wer sich mit dem Studium des Phallizismus befasse, müsse verrückt werden. Das kann schon sein, wie ja ähnlich auch einer meiner chrowotischen Lehrer, ein Franziskanermönch, vor dem Nach- denken über die heiligen Dogmen der Kirche warnte, sonst werde es uns wie einem gewissen Martin Luther ergehen, den zuletzt der Teufel geholt hat.
Sollen und dürfen wir uns trotz
allen den wohlgemeinten Warnungen dennoch mit Stoffen befassen, die eigentlich auch uns abartig sind und uns Kulturmenschen vielfach abstoßen?
„Uberhebender Dünkel, der
Dunkelmännern besonders eigen zu sein scheint, hat sich vermessen, die Sexualforschung als Pseudowissenschaft zu verdächtigen.
Wissenschaft ist Ordnung des
Mannigfaltigen zum Einheit- lichen ; Erkennen und Urteilen ; Naturwissenschaft die Gewinnung der Naturgesetze aus der Erkenntnis der Naturerscheinungen. Alles dies trifft bei der Erforschung des menschlichen Geschlecht- lebens gewiß zu, wobei es freilich hier noch mehr wie sonst Geltung hat, daß es der Geist der Behandlung ist, welcher dem Gegenstand die Würde verleiht.441)
Man hält uns aber immer und immer
wieder vor, unsere Schriften könnten in unrechte Hände geraten, die öffentliche Moral untergraben und mancherlei Unheil stiften. Davon gehen fast alle unsere Widersacher aus, indem sie sich in der Rolle von Tugendbehütern gefallen.
Mit der angeblichen Sittlichkeit,
mit der „Moral44 hat man in der Welt alles begründet: die Inquisition, die Hexenprozesse,
l) M. Hirschfeld. Vom
Wesen der Liebe, Jahrb. f. sex. Zwischen- stufen VIEL Leipzig 1906. S. 4«
1*
— 4 —
alles; und diejenigen, die gegen
solche veraltete Einrichtungen aufgetreten sind, sind stets als Störer, als Untergraber der Sitt- lichkeit hingestellt worden.*)
Was des Seins würdig ist, ist auch
des Erkennens wert und würdig, sagte Baco von V e r u 1 a m. Es ist eine dreiste Ver- kehrung der Wahrheit, wenn man unsere ernsten Forschungen obszöne Machwerke heißt und uns mit dem Namen Pornographen bezeichnet.
Obszön ist toto coelo verschieden
vom Erotischen, bemerkt Iwan Bloch. Unzüchtige Schilderungen mögen in einer Schrift vorkommen, ohne daß diese als „obszön" bezeichnet werden kann. „Obszön ist nur dasjenige Buch, das einzig und allein, ausschließlich zum Zweck der geschlechtlichen Erregung ver- faßt wurde, dessen Inhalt auf die Erweckung der groben tierischen Sinnlichkeit im Men- schen abziel t."*) Bloch meint ferner : „Wir haben be- züglich der unbefangenen wissenschaftlichen und kulturgeschicht- lichen Würdigung der Pornographie gewaltige Rückschritte ge- macht, und es gehört heute ein gewisser Mut dazu, auch diese Dinge der wissenschaftlichen Erkenntnis zu erschließen und auch diese seltsamen Auswüchse unbefangen und objektiv zu be- trachten." Diesen Mut haben heutzutage weitaus mehr echte Forscher als jemals vorher. Edmund Buckley durfte z. B. ohne weiteres seine Abhandlung über den phallischen Kult in Japan der Universität in Chicago zur Erlangung der Doktor- würde vorlegen und kein Geringerer, als Dr. Hirsch, der Ober- rabbiner der Chicagoer Judenschaft nahm die Widmung der Ar- beit an. In ethnologischer Perspektive betrachtet ist es unge- rechtfertigt, von seltsamen Auswüchsen des Menschengeistes zu reden, wenn es sich, wie bei unseren Untersuchungen, um primi- tive Äußerungen des überall in der Welt vorkommenden mensch- lichen Geschlechttriebes handelt. Nur infolge unserer Schul- erziehung, die uns mit Scheuklappen fürs Leben versorgt, sehen wir nicht, was sich rechter Hand, linker Hand um uns abwickelt, und dann erstaunen wir jedesmal, so oft wir in die Lage kommen, frei nach allen Richtungen auszuschauen. Der selbständige
*) Abgeordneter Thiele in der
Reichetagverhandlung vom 31. Mai 1906. *) Das Sexualleben unserer Zeit Berlin 1907. S. 7881
— б —
Forscher verlernt gar bald das
Sicherstaunen, und die Welt der Merkwürdigkeiten wird vor seinen Sinnen immer kleiner. Bloch selber trägt mit seinem Werke dazu unendlich viel bei.
* 4t
Vorliegende Schrift behandelt
ausschließlich das Geschlecht- leben der Japaner, über das zur Zeit noch selbst in engeren Ge- lehrtenkreisen seltsame, weil wesentlich unzutreffende Vor- stellungen herrschen. Aus verschiedenen, sogar aus Nützlich- keitgründen wird man eine Aufklärung, wie sie hier zu liefern unternommen wird, willkommen heißen.
Unter der Uberschrift „Japan als
Erzieher" führt Georg Hirt h aus einer Zeitung ein Lob auf die japanische Krieg- tüchtigkeit an und bemerkt dazu :
„Wir können noch mehr von Japan
lernen! Dort gibt es keine Vorzugsittlichkeit des Adels, keine Soldatenmißhand- lungen, keinen Suff und keinen Pfaffen- und Beamtendünkel, keine Konfessionschule . . • keine heiligen Röcke und Schnäpse, keinen Weltschmerz und Größenwahn, keine Nuditätenschnüffelei und keine Angst vor dem Teufel und der Sinnlichkeit. . . . Aber mit der Zeit kann sich ja das ändern ; d a n n erst, wenn sie uns alle Schnörkel und Locken unserer wundervollen mittel- alterlichen Rückständigkeit abgeluchst haben, — dann erst wird das hehre Wort am Platze sein : „Völker Europas, wahrt eure höchsten Güter !"4)
Um mich als ein Weitsichtiger um die
Einbildung nicht zu bringen, bediene ich mich im Theater keines Opernglases, dagegen muß ich als Ethnolog die Erscheinungen auf der Völkerbühne in allernächster Nähe betrachten, und da gewinne ich von den Zuständen in Japan eine andere Anschauimg als H і r t h , dessen Buch im übrigen voll Weisheit, Klugheit und Wissen ist. Bei den Japanern stößt man hinsichtlich der geschlechtlichen Ver* hältnisse auf Uberlebsel allerältester menschlicher Rückständigkeit und zugleich in neuerer Zeit auf eine Bemühung, sie mit unseren Äußerlichkeiten zu verkleistern, oder, um H і r t h s Wendung beizubehalten, uns unsere mittelalterliche
4) Wege zur Liebe.
Idealisierung der Sinne und erbliche Entlastung. München 1906. S. 498.
_ 6 —
6) Siebold, Ph. Fr. v.:
Nippon. Archiv zur Beschreibung von Japan. Leipzig 1897. I. S. 281 u. 287.
Rückständigkeit abzuluchsen. Japan
guckt uns indes auch un- sere naturwissenschaftlichen Forschungmethoden glücklicher- weise ab und schickt sich an, im Wetteifer mit uns, neue, die Menschheit erlösende Weltanschauungen zu schaffen. Dies sei nebenher bemerkt, doch ist es vorläufig sicher, daß der Ethnologe aus dem Studium alt japanischen Volkstums noch vieles zur Ent- wicklunggeschichte der menschlichen Sitte zulernen kann, ob aber auch der Sozialpolitiker, das wage ich nicht unbedingt zu bejahen.
Die physischen Eigenschaften der
Japaner, ihre Staats- und bürgerlichen Einrichtungen, ja selbst ihre geschichtliche Ent- wicklung müssen bei einem flüchtigen Vergleiche mit jenen der Chinesen sowohl den oberflächlichen Beobachter als auch den ge- lehrten Forscher auf den ersten Anblick hin verleiten, die Ja- paner als Abkömmlinge der Chinesen zu betrachten, und zwar um so gewisser, wenn sie den Japaner in einem höheren Grade der Kultur, nämlich als Bewohner großer Städte, ins Auge fassen. Die Symbole der Religion und der Sprache, des Krieges und des Friedens, wie Kunst und Wissenschaften tragen im allgemeinen das Gepräge chinesischer Abkunft. Von Siebold, der diese zutreffende Bemerkung macht, erwähnt späterhin, daß der Buddhismus im Jahre 543 n. Chr. nach Japan gedrungen und zwar durch Mönche und Nonnen aus Korea, woraus er den Schluß zieht, daß die Japaner von den Chinesen nicht abstammen, wenn sie ihnen auch die Hauptbestandteile ihrer Kultur zu verdanken haben.5) Diese Folgerung leidet unter der Vermengung zu ein- ander nicht gehöriger Erscheinungen. Daß der Grundstock des japanischen Volkes dem chinesischen entstammt, ist ganz gewiß, nicht minder, daß das Inselvolk alle weiteren fremdartigen Zu- züge mit sich völlig zu verschmelzen gewußt. Die 1800 Inseln und Inselchen dienten seit mehreren Jahrtausenden als Zuflucht allen trotzigen, kräftigen, ja den kräftigsten Volkbestandteilen Chinas und Koreas, sowie Nordamerika seit zwei Jahrhunderten Europas. Aus dieser natürlichen Auslese der Tüchtigsten ent- wickelte sich in Japan, sowie in Nordamerika ein eigenes, dem Kern nach selbständiges neues Volkstum.
Die Hindu und Chinesen waren im
Osten der alten Welt), wie die Griechen, Römer und Juden im Westen die Verbreiter von Sprache und Schrift, Kunst und Wissenschaft, Staatsform und Religion, sie waren Japans Lehrer.
Die Japaner bilden heute ein
Mischvolk, in welchem der Aus- gleich der Rassen noch nicht beendigt ist, sagt K a r s c h :e) Man muß hinzufügen, auch niemals beendigt werden wird, weil der steigende Weltverkehr immer mehr die Menschengruppen durch- einanderwürfelt.
Zum Schluß einer sehr gründlichen
Untersuchung über die Frage der Entartimg der Volksmassen auf Grund der ver- schiedenen, durch die Statistik dargebotenen Maßstäbe der Vita- lität sagt Dr. Walter Ciaassen: „Wenn jemals die heute in passiver Ruhe, aber in ungebrochener Lebenskraft ver- harrenden Mächte: Rußland und China ihre aktiven Führer finden, dann hat die Stunde des Untergangs der europäischen Zivilisation geschlagen. Das Ideal des Panslavismus : die Er- richtung eines neuen byzantinischen Reiches auf den Triimmern des „verfaulten Westens" wird erreicht sein, wenn auch in anderer Form, als seine Propheten es sich denken. Wenn es Japan ge- lingt, seine leidenschaftliche Aktivität in wirtschaftlicher Be- ziehung einzudämmen und aufs militärische Gebiet zu be- schränken, kann es nicht zweifelhaft sein, daß diese Nation der Testamentvollstrecker des Panslavismus sein wird."7)
Wenn ! wenn ! Folklore und
Ethnologie geben Ciaassen nicht recht. Der ungebrochenen Lebenskraft der abend- ländischen europäischen Völker droht weder von Rußland, noch von China, noch von Japan das Verderben. Ein furchtbarer kriegerischer Zusammenstoß der Völker könnte nur einige Staatsformen auflösen, nicht aber die Kultur vernichten, eher die Segnungen der Kultur im weitesten Umfange auch den ent- legensten, despotisch niedergehaltenen Völkerschaften zuführen. Neue Staaten und neue Religionen würden entstehen und die Schulgeschichtbücher um einen neuen Abschnitt vermehrt werden.
°) Das geschlechtliche Lehen der
Ostasiaten: Chinesen, Japaner, Koreer. München 1906. S. 66 f.
і) Archiv für Sassen- and
Gesellschaftsbiologie. Berlin 1906. HL S. 860.
— 8 —
Für Europa, die Halbinsel Asiens,
wäre es wahrscheinlich das größte Glück, wenn es chinesische Kultur mit der eigenen harmonisch in sich vereinigte. Die Vortrefflichkeit der chinesischen Kultur erweist ein drei tausend jähriges stetiges Da- sein, über die Lebensdauer unserer jungen europäischen Kultur aber kann man doch nur unbestimmte Vermutungen wagen. Diese Dinge sind so einfach und klar, daß man sich selbstver- ständlich sträubt, sie ohne weiteres zuzugeben ; denn wir Europäer müssen die besseren, die erleuchteteren Menschen sein.
„Der Abendländer schaut auf Japan
durch die abend- ländische Brille: er sieht moralischen Niedergang da, wo in nackter Wirklichkeit nichts ist als unmittelbare Lebensfreudig- keit und ununterdrückbare Lust an sexuellen Dingen bei gleich- zeitigem Mangel jeder Art von Heuchelei.*")
S e 1 e n k a rühmt den Japanern
einen lebensfreudigen warmen Zug der Sinnlichkeit nach,*) dagegen schildern andere „christliche" Schriftsteller den Japaner ziemlich allgemein als ausschweifend, unsittlich, unkeusch und sehr der Unzucht er- geben; er erwecke in ihnen den Eindruck, als sei ihm Scham- haftigkeit eine geringwertige Tugend, dagegen die Unzucht eine seiner hervorragendsten Untugenden, ja die Wollust sei so recht das japanische Laster.10) Und dieses „Laster", meint K a r s c h , erscheine um so bedenklicher, als dem japanischen Wesen aus dem metaphysischen Bedürfnisse entspringende religiöse An- wandlungen fremd sind. Das trifft freilich nicht in dieser Fassung zu, weil doch der Japaner nicht anders denken und fühlen kann, als ein Europäer, wenn auch in einer uns fremdartigen Sprache und in äußerlich etwas von den unsrigen verschiedenen Ge- staltungen. Wenn da H ü b n e r sagt : Au quartier des plaisirs, l'animation ; au quartier des Dieux, la solitude, so muß man ihm erwidern tout comme chez nous. Die „wärmsten Züge der Sinn- lichkeit" weisen in Europa die Chrowoten auf, wie man aus den Anthropophyteia ersieht, und gerade die Chrowoten, die im
*) F. Karsch-Haack: Das
gleichgeschlechtliche Leben der Ostasiaten: Chinesen, Japaner, Koreer. München 1906. S. 106, Anm.
9) Selenka, Emil u» Leonore. Sonnige
Welten. Wiesbaden 1906. S. 334.
10) Die Nachweise bei F.
Karsch-Haack, Das gleichgeschlechtliche Leben der Ostasiaten: Chinesen, Japaner, Koreer. München 1906. B. 67 f.
— 9 -
„Wollustlaster4'
aufgehen, geberden sich als die tollsten Christen. Ihr ganzes Leben von der Wiege bis zum Grabe ist mit lauter kirchlichem und noch mehr urzeitlichem religiösen Firlefanz be- lastet. Geschlechtliche Ausschweifung und metaphysische Be- dürfnisse sind von einander unzertrennliche Begleiterscheinungen und die Japaner lassen es an Geister- und Götterfurcht auch nicht fehlen. AVenn sie sich trotzdem lieber in den Vierteln der Lust ergötzen, ob sie ein Bonzengeplärre vor und in den Stift- hütten anhören mögen, so beweist dies, daß sie nicht so vernagelt sind, wie jene „christlichen" Schriftsteller, die den Aufenthalt in den Heiligtümern der glotzenden Götzenfratzen als die höhere Tugend betrachten.
„Das japanische Volk, selbst in
Städten, ist einer zahl- reichen, wohlerzogenen, gehorsamen Familie vergleichbar. Die Väter — die großen Herren und Fürsten, erleben da nur selten in ihrer Familie den Kummer, der leider! in Europa manchmal so schwer empfunden wird — erziehen ihre Kinder zu Hause und lassen sie in der Schule lernen/411)
Diese Bemerkung Siebolds ist recht
sonderbar. Auch bei uns erzieht man durchgehende die Kinder zu Hause und läßt sie in der Schule lernen, auch unser Familienleben ist nicht schlimmer als das japanische, aber wir setzen unseren Kindern, wenn sie in die Geschlechtreife eintreten, schwere Schranken, deren Übertretung wir als gröbsten Ungehorsam bezeichnen und so erleben wir selbstbereiteten Kummer. In Japan darf jeder Erwachsene ohne Scheu ein Freudenhaus besuchen und unter gewissen Vorbedingungen jedes ledige Frauenzimmer sich im Bordell ausleben, um mit ihren Reizen Geld zu verdienen. Der Makel, der bei uns auf der feilen Dirne zeitlebens haftet, schändet nicht die Japanerin, die auch als Freudenmädchen von ihrer Familie nicht geächtet und nicht verstoßen wird. So erspart die Sitte den japanischen Eltern endlosen Kummer, den bei uns die öffentliche Meinimg erzeugt.
Aber, sagt man weiter, die
vollendete Schamlosigkeit des japanischen Volkes äußert sich in den Bädern!
Über die Badesitten der Japaner
haben unendlich viele und meist Ungehöriges geschrieben, ganz uneingedenk der Bade-
u) Siebold, Ph. Fr.,
Freih. v., Nippon: Archiv zur Beschreibung von Japan. Leipzig|1907* I. S» 146.
Krauss: Geschlechtleben. 2
— 10 —
freiheiten in unseren
abendländischen Seebädern und des mit dem Prostitutionwesen verbündeten Badelebens in manchen Großstädten. Rein bemerkt von den japanischen Bädern: „Hier finden sich Bekannte täglich wieder, um vor oder nach der Abwaschimg ihr Pfeifchen zu rauchen oder miteinander zu plaudern. Früher badeten beide Geschlechter ungeniert unter- einander, jetzt trennt sie eine hohe Bretterwand. Der Japaner, obgleich im ganzen auf keiner hohen Stufe der Sittlichkeit stehend, erlaubte sich bei solchen Gelegenheiten keine Unziem- lichkeiten nach unserem Begriff. Erst die Berührung mit den Europäern öffnete ihnen die Augen und machte dieser para- diesischen Einfachheit ein Ende. War sie ein Zeichen sittlicher Verderbtheit oder auch nur eines Mangels an Schamhaftigkeit ? Keineswegs! In Japan steht der Erwachsene, der gewohnt ist, seine Mutter und Geschwister mit entblößtem Oberkörper bei der Arbeit zu sehen, der Nacktheit des weiblichen Geschlechtes gegenüber anders da, wie derjenige des Abendlandes. Selbst dem moralisch sehr zartfühlenden und musterhaft hochstehenden Ein- geborenen erschien es nicht impassend, wenn seine nächsten weiblichen Verwandten in seiner Gegenwart ihre täglichen Ab- waschungen vornahmen und diese wußten ebenfalls, daß sie damit keine gute Sitte des Landes verletzten."12)
In Japan, so erzählte ein Kapitän
dem berühmten Sexual- forscher Havelock Ellis, waren die Badeplätze für Frauen vollständig offen — ja, das Kopfwaschen wurde von Männern besorgt — und die Engländer, die in die Nähe kamen, wurden nicht fortgeschickt; die Badenden zeigten bei ihrem Näher- kommen nicht die geringste Prüderie. Oft gingen die Mädchen nach dem Bade ganz ungeniert nackt nach Hause, wobei sie ihr Haar, wie zu unschuldiger Bewunderung auffordernd, aus- breiteten. Das dauerte so lange, bis unsere Landsleute sie durch Gelächter und gemeine Spaße ängstlich und scheu machten, so daß sie sich vor etwaigen Angriffen zu verstecken anfingen. So breitet sich die Korruption aus und das Heidentum wird durch den Kontakt mit uns nur düsterer.")
Bein, J. J.: Japan nach Reisen und
Stadien im Auftrage der Kgl. preußischen Regierung dargestellt. Leipzig 1906. I2. S. 570.
18) Geschlechtstrieb und
Schamgefühl. — Autorisierte Übersetzung mit Unterstützung von Dr. med. M. Kötscher, besorgt von J. E. Kötscher. Dritte erweiterte und gänzlich umgearbeitete Auflage. Wjurzburg Д907. S. 32.
— 11 —
2*
Im Gespräch mit einem Herrn aus
Japan bemerkte ich, daß wir es für unanständig hielten, wenn beide Geschlechter ihre Bäder und Waschungen gemeinsam vornähmen. Er zuckte nur die Achseln und antwortete: „Ach, die westlichen Leute haben solch geile Gedanken."14)
Bei den Japanern ist es
gebräuchlich, täglich ein heißes Bad zu nehmen.
Nach Selenka, Baelz und Heine sind
hierbei die Geschlechter ungeniert beieinander. Der letztere gibt davon aus Simoda folgende Schilderung :
„In den öffentlichen Badeanstalten
pflegt man etwas öko- nomischer mit dem heißen Wasser umzugehen. Jeder Badegast erhält nur ein kleineres Gefäß voll davon, kauert auf den mit Steinen getäfelten Fußboden nieder, wäscht sich und schüttet dann den übrigen Inhalt des Gefäßes über sich, der durch eine in der Mitte des Fußbodens befindliche Rinne nach außen ab- geleitet wird. Zum Beschluß nimmt dann noch jeder in einer mächtigen, mit heißem Wasser gefüllten Bütte, die zum gemein- samen Gebrauche dient, eine letzte Abbrühimg vor. Es bedienen sich in dieser Bütte viele Badende hintereinander desselben Wassers, sowie auch dasselbe Badegemach für alle dient, so daß man alt und jung, Männer, Weiber, Mädchen und Kinder in wunderlichster Mischung durcheinander krabbeln sieht. Sogar die Gegenwart von Fremden störte die Gemütruhe dieser Nackt- frösche durchaus nicht, oder rief höchstens ein etwas massives Scherzwort der Japaner hervor, wie ich wenigstens vermutete, wenn ich infolge eines solchen etwa eine oder die andere der weiblichen Gäste jählings in die allgemeine Wasserbütte plantschte oder auch die Armhaltung der mediceischen Venus in kauernder Haltung imitierte."15)
Hält man diese Angabe mit der
Schilderung russischer Bade- sitten und Badegebräuche zusammen, die neuerlich Bernhard Stern auf Grund eingehender Quellenschriften dargeboten hat16), so muß man gerechterweise, schon mit Hinblick darauf,
14) Milford,
Tales of Old Japan 1871. — Zit v. Ellis а. а. O.
15) Zitiert
nach Ploss- Bartels: Das Weib in der Natur- und Völker- kunde, 8. Auflage. Leipzig 1906. L Bd. 8. 601 f.
18) Geschichte der
öffentlichen Sittlichkeit in Rußland. Kultur, Aberglaube, Kirche, Klerus, Sekten, Laster, Vergnügungen, Leiden usw. Berlin 1907. S. 426—438.
12
daß Rußland geographisch einen
großen Teil Europas bildet, zu- geben, daß die Tugend und Sittlichkeit auf Seiten der Japaner zu finden ist. Man hat sich aber bei Beurteilung solcher Er- scheinungen von Verallgemeinerungen vorsichtig zurückzuhalten und sich zu prüfen, ob vom Standpunkt der Beurteiler aus einer dem Völkerleben fernestehenden mitteleuropäischen Gesell- schaftschicht überhaupt irgend eine wissenschaftliche Berech- tigung zukommt. Bei uns hält man die Nacktheit des Leibes für obszön.17) Von dieser vorgefaßten, unbegründeten Meinimg aus- gehend, verurteilt man die Japaner und andere Völker, die sich am nackten Leib nicht so leicht, wie wir es erwarten, aufregen. Zwingen wir jenen unsere Prüderie nicht auf, so erregen sie auch bei uns keinen Anstoß.
Die heftigste Anklage gegen die
Unsittlichkeit der Japaner hätten unsere Tugendwächter auf Grund des japanischen Sinto- glaubens erheben können, doch den haben sie entweder gar nicht verstanden oder nicht einmal beobachtet, oder wenn schon, darüber zumeist Unvernünftiges geäußert. Klarheit schufen hier erst die Studien Buckleys, Schedels, Astons, F 1 o - renzs, Karschs und noch einiger wenigen Anderer, die in dieser Schrift zu Ehren kommen. Mit dem Aufgebot höchster Entrüstung verweilen die Moralisten bei den Erscheinungen des Uranismus und der Fülle erotischer Darstellungen in Japan. Es wird sich jedoch zeigen, daß gerade hier am allerwenigsten ein stichhaltiger Grund zu einer sittlichen Empörung vorliegt, weil wir auch in diesen Fällen Tatsachen des Völkerlebens gegenüber- stehen, die man vor allem in ihren Ursachen begreifen muß, ehe man über ihre Wirkungen ein Urteil zu schöpfen berechtigt ist. Die gerechteste Lehrerin und Richterin ist die Ethnologie, ihr wollen wir uns anvertrauen, um die Wahrheit zu erkennen.
17) Das war nicht immer
so« Man vergl. darüber das gediegene Werk Alfred Martine: Deutsches Badewesen in vergangenen Tagen. Nebst einem Beitrag zur Geschichte der deutschen Waeserheilkunde. Mit 159 Abbildungen. Jena 1906.
п
Der Kult der männlichen und weibliehen Gesehleehtteile.
Ein verkannter Ursprung der
Religion. — Anthropo- logische Betraehtungweise. — Die erotisehen Sehöpfung- sagen. — Das Śinto. — Das Zwittergeschlecht der Götter. Baumseelenkult. — Die namenlosen Weggötter. — An- rufung der Zumpte. — Die Vozen. — Die Stifthütten. Das Entblößen der Geschlechtteile. — Buckleys Studien
über den Zumptkult.
Ein guter Teil aller
religiösen Vorstellungen wurzelt so sehr im Geschlechtleben, daß manche Forscher darin sogar den Ur- grund aller Religion suchen zu müssen glaubten. Sie irrten, denn die Religion entstand aus einem ganzen Bündel für den primitiven Menschen unerklärlicher Erscheinungen. Er verlebendigte alles, sowie er zu denken und seine Träume auszulegen anfing : Bäume und Gesteine, Wind und Wetter, dann alles, was sich da bewegt, zuletzt aber besann er sich auf sich selbst und gestaltete seine Triebe zu eigenen Wesen aus. Das war für ihn bereits ein großer Fortschritt von den sichtbaren und greifbaren zu den unfaßbaren, eingebildeten Dingen, für die er wohl die Werkzeuge, die männ- lichen und weiblichen Geschlechtteile als die Ursache, das Ge- bären und die Kinder aber als die Wirkung vor sich schaute. Wie die Zeugung erfolgt, das wissen wir schon, die Zeugung selbst je- doch ist für uns noch immer, wie sie es für unseren kulturlosen Urahn war, ein undurchdringliches Geheimnis. Wir geben uns indessen mit der naturwissenschaftlichen Erklärung zufrieden, der primitive Mensch tat ein übriges, er erschuf sich Mächte der Zeugung und suchte sich mit ihnen vertraut zu machen, um sie in Freud und Leid günstig zu stimmen. Wir Naturforscher denken nur bis zur Religion ; denn wir kleben förmlich am Stoff, und so sind wir eigentlich unseren unwisseuschaftlich denkenden Ur- vorfahren gegenüber, die in der Welt ihrer Träume und Phanta- sien wirklicher als in der Wirklichkeit dahinlebten, endlos ver- armt, unsere Wissenschaft hat uns um die Religion unserer Ur- urheber gebracht.
Vorsichtig und dem Stand unserer
Forschung gemäß drückt sich Iwan Bloch aus : „In einem gewissen Sinne kann man die Geschichte der Religion als Geschichte einer besonderen Er- scheinungsform des menschlichen Geschlechtstriebes, besonders in seiner Wirkimg auf die Phantasie und ihre Gebilde bezeich-
— 16 —
*) Das Sexualleben unserer Zeit.
Barlin 1907. S. 106 ff. bis S. 116: Die religiös-sexuellen Phänomene gehören zu den Überall wiederkehrenden
Elementar- gedanken dee Menschengeschlechtes (im Sinne Bastiane), denen nur die objektive anthropologisch-ethnologische Betrachtungweise wissenschaftlich gerecht werden
kann.
nen. . • • Eine wirklich objektive
Grundlage für die Be- urteilung der Beziehungen zwischen Religion und Sexualleben ge- winnen wir nur, wenn wir sie nicht als eine Sache des Dogmas und der Konfession auffassen, sondern sie auf diejenige Basis stellen, auf die sie gehören : die anthropologische. Denn diese Beziehungen sind dem Genus Homo als solchem eigentümlich. Das sexuelle Element macht sich ebenso in der Religion primi- tiver Völker geltend, wie in den modernen Kulturreligionen. . . . Analog den anderen Naturphänomenen nahm der primitive Mensch auch die Tätigkeit treibender Geister im Geschlechtstrieb und was damit zusammenhängt an und zollte diesen als der sieht- und fühlbaren Erscheinimg jener Geister göttliche Verehrung. . . . Religion und Sexualität berühren sich auf das innigste in jener Ahnung des Metaphysischen und jenem Abhängigkeitsgefühle; daraus entspringen jene merkwürdigen Beziehungen zwischen beiden, jene leichten Übergänge religiöser in sexuelle Gefühle, die sich in allen Lebensverhältnissen bemerkbar machen. In beiden Fällen wird die Hingabe, die Entäußerung der eigenen Persön- lichkeit als ein Lustgefühl empfunden.4'1)
Izanagi fischt als Gott-Schöpfer das
Land aus der wogen- den Meerflut mit seinem himmlischen Juwelspeer (Arne no tama-boko) heraus. Nach der Erklärung des Sinto-Theo- logen H і r a t a (1776—1843) ist dieser Speer ein Zumpt, dessen Eichel aus dem Juwel gebildet wird. Den Zumpt bezeichnet auch das deutsche Volk als einen Speer. Um einen Zumptpfeiler herumgehend erkennen Izanagi und Izanami einander und zeugen die ersten Kinder unter Ausrufen höchster Wollust. Zuerst aber hatten sie zur Begattung ein eigenes Haus, das F u s e y a errichtet, gleichsam wie Menschen, die auch so tun, um ihr Wohn- haus nicht zu besudeln. Dahinter steckt keinerlei religiöse Weihung des Ehevollzugs, denn wie Aston nachdrücklich be- merkt, kennt das Sinto weder eine Weihe der Ehe noch eine Ver- dammung des Ehebruchs. Wie sich die erste Zeugung lebender Wesen abgespielt, besagt eine Stelle aus dem Kojiki, die Flo- renz verdeutschte : „Dann fragte er die weibliche Gottheit: Gibt
— 17 —
es an deinem Körper irgend etwas
Geformtes?" Sie antwortete und sprach : „An meinem Körper ist eine Stelle, welche der Ur- sprung der Weibheit ist.u Die männliche Gottheit sagte: „An meinem Körper hinwiederum gibt es eine Stelle, welche der Ur- sprung der Mannheit ist. Ich habe den Wunsch, die Ursprung- stelle meines Körpers mit der Ursprungstelle deines Körpers zu- sammenzubringen." Hierauf pflegten die weibliche und männ- liche (Gottheit) zum ersten Male geschlechtlichen Verkehr und wurden Mann und Frau.
Eine andere Fassung lautet: „Da
fragte er seine jüngere Schwester Izanami no Mikoto: „Wie ist dein Körper gebildet?" Sie antwortete und sprach: „Mein Körper wächst und wächst (immer), aber eine Stelle ist da, die im Ubermaß wächst. Daher wird es gut sein, daß ich diese im Ubermaße wachsende Stelle meines Körpers in die nicht beständig wachsende Stelle deines Körpers hineinstecke und so zeugend Länder hervorbringe."*)
Eine ethnologische Parallele dazu
gibt uns die arisch-indische Sage von der Urzeugung :
„Als älteste Götterprinzipien
erkennen wir in der indischen Religion: das Wasser (Vischnu) und das Feuer (Çiva). Der Viechnu aber mußte seinem Bruder Çiva einst die Dienste eines Weibes leisten, damit die Welt geschaffen werde." Das Zeichen Çivae war ein Triangel mit der Spitze nach oben (Л), das auf- wärtsstrebende Feuer versinnbildlichend, wie das umgekehrte (V)» des feuchten Vischnu Symbol, das abwärtsfliegende Wasser ver- sinnbildlichte."8) Von Römer weist auch darauf hin, daß also dem Akt der Schöpfimg das Zeichen ф gegeben worden ist, das bei den Juden zum Symbole Jehovas wurde.
Japanische Schriftsteller stellen
Izanagi und Izanami gleich dem Yang und Yen der Chinesen als das männliche und weibliche Prinzip der Schöpfung und Zeugung auf. In der Urzeit, als das Land noch öde und unbewohnbar war, rief Izanagi acht Millionen Götter ins Leben, die, mit einemmale durch das ganze Inselland verbreitet, dessen allseitige Entwicklung begannen und die Vege- tation der Erde erzeugten. Noch schuf Izanagi die zehntausend
*) Zitiert nach РІ088•
Bartels: Das Weib in der Natur* und Völker* künde, 8. Auflage. Leipzig 1906. I. Bd. S. 643.
*) Ł.S.A. M. y. Börner: Über die
androgynieche Idee des Lebens. Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Y. IL Leipzig 1903. S. 716 f.
Kraust: Geschlecht! eben. 3
— 18 —
4) Siebold,
Fb. Fr. v.: Nippon. Archiv zur Beschreibung von Japan. Leipzig 1897. II. S. 233.
5) Vergleiche
darüber die gediegene Studie L. S. A M. y. Börners: tJber die androgynische Idee des Lebens. Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. V. II. Leipzig 1903.
Dinge, aus denen die unzählbare
Menge aller vorhandenen Gegen- stände hervorging.
Neben Izanagi erschuf dessen
Gehilfin Izanami den Feuer- gott, das Götterpaar der Metallberge, die Göttin des Wassers, und während hier die zankenden Pflanzen himmelan sproßten, legte sie tief unten im Wasser den Keim der Moose und gebot der Göttin Hani jama hime no Kami, mit fruchtbarer Erde die Berge zu be- decken.4)
Das Sinto weist wenige
Personifikationen abstrakter Eigen- schaften auf, wie dies in jeder anderen Naturreligion auch der Fall ist. Izanagi und Izanami als Verkörperungen schöpferischer Naturkräfte sind späte Spekulationen der Theologen. Aston dürfte das richtige treffen, wenn er meint, sie wären ursprünglich gar nicht japanisch, sondern ein Wiederhall von Yin und Yang der chinesischen Philosophie. Von Haus aus waren Izanagi und Izanami örtliche Gottheiten, und sie gelangten erst durch die Machtstellung ihrer speziellen Verehrer zu einer allgemeinen An- erkennimg. Die herrschende Klasse setzt ihre Götter überall durch.
In den abendländischen Religionen
müssen die Götter ent- weder männlichen oder weiblichen Geschlechts sein, sagt Aston, wobei er übersieht, daß ihrer eine große Anzahl ursprünglich hermaphroditisch, d. h. von unsicherem Geschlechte ist. Er meint, die Europäer wären durch den sprachlichen Bau genötigt, von einer Gottheit er oder sie zu sagen. Das hat aber sachlich nicht viel zu bedeuten, wenn auch für die Japaner in ihrer Sprache eine Geschlechtunterscheidung wenig in Betracht kommt. Viele Sintogottheiten sind überhaupt geschlechtlos nach A s t o n s Auffassung, in Wirklichkeit sind sie wie viele althellenische Gott- heiten Hennaphroditen, die aus sich selber heraus zeugen können oder sich im Bedarffalle zu zwei Wesen, einem männlichen und einem weiblichen spalten.5) Will man in den Sagen genauer unterscheiden, so hängt man dem Namen ein wo (männlich) oder ein m e (weiblich) an. Auch bei den Japanern gibt es gött-
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liche Ehepaare, die sich gleich den
sie verehrenden Menschen, in „wilder Ehe" gatten. Auch in der japanischen Kunst ist ver- hältnismäßig die Geschlechtzugehörigkeit der Gestalten wenig ausgeprägt.
Nach einer japanischen Kosmogonie
entsteht aus dem Weltei der Geist der Erde und der ist ein Wesen mit zwei Charakteren, von denen der eine das männliche, der andere das weibliche Element repräsentiert. Ersterer heißt Isu no goi no Kami, letzterer Eku goi no Kami.
Die ethnologischen Parallelen dazu
bietet uns die persische Religion des Mithras-Mitra dar, ebenso die ägyptische, in der P t h a androgynisch auftritt.
Daß den hervorragendsten
Sintogottheiten weibliches Ge- schlecht zugesprochen wird, ist nicht bloß einer Laune zuzu- schreiben. Die Mythenerzeuger hätten, sagt Aston, oft weit sachlichere Gründe für ihre Phantasien gehabt, als man an- nehmen mag. Er erinnert daran, daß im ältesten Japan Frauen Mikados und häufig genug
e Krieghäuptlinge gewesen. Auch er- wähnt er, daß so manche Familie ihren Stammbaum in weib- licher Linie führe und aus dem K o j
і k і erfahre man, daß zur Zeit Suinins es Brauch gewesen, daß die Mutter den Kindern den Namen gegeben. Da nun damit der Bestand eines Mutter- rechts für die prähistorischen Zeiten Japans erwiesen wird und die Götterentstehung auch auf jenes Zeitalter zurückführt, so darf man daraus schließen, daß die mutterrechtliche Familie weibliche und die jüngere, vaterrechtliche wieder vorwiegend männliche G ottheiten begünstige. Den Ausdruck Mythenerzeuger muß man aber für eine naturgemäß gewordene Religion, wie es das Sinto ist, rückhaltlos ablehnen. Das freie Erzeugen von Göttern und Königen ist ein Sport chrowotischer Akademiker, eine Art von krankhaften Phantasieauswüchsen, die das Volks- tum nie und nimmer zu beeinflussen vermögen. Die Verfasser von Kojiki und
Nihongi darf man nur Mythenauf Zeichner nennen, von Sagen, die eine mitunter lange Vergangenheit haben und die sich meist auf Grund mannigfacher Vorstellungen, nicht in einem einzigen Kopfe, sondern in den Köpfen unzähliger Menschen zu einem Ganzen verschmolzen.
Die Sintopriester kleiden sich in
eine mehr weibliche als
männliche Tracht. Auch bei dem
Gottesdienst des Attis und der
Großen Mutter trugen die Priester
Frauenkleider. Die Griechen
3*
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leiteten hiervon die Benennung ab:
Kureten würden K our ai Mädchen bedeuten.
Firmicus schreibt über die Assyrier,
daß sie die Luft unter dem Namen der Juno oder der Venus verehrten. Sie stellten sich dieses Element mann-weiblich vor. Denn da die Luft zwischen Himmel und Meer gelegen ist, verehren sie sie mit effeminierter Stimme:
„Die Priesterschaft dient ihr mit
verweiblichten Gesichtern, mit glatt gemachter Haut, das männliche Geschlecht durch weib- lichen Schmuck verunzierend. Man sieht in ihren Tempeln die fürchterlichste Unzucht in der Öffentlichkeit : Männer litten, was nur Weiber leiden dürfen und sie zeigten gleichsam mit stolzer Verherrlichung diese Schande ihrer unreinen und schamlosen Körper. Sie zieren ihre gutgepflegten Haare wie Weiber, gehen in üppigen Kleidern und können mit ihren ermüdeten Hälsen kaum ihre Köpfe emporhalten."
Aston, einer der gründlichsten
Erforscher des Sinto, hebt hervor, das wäre kein primitiver Kult, denn er besitze eine organisierte Priesterschaft und ein ausgebildetes Ritual. In einem wohlgefugten Staatswesen mit einer hochentwickelten Kultur der Metalle usw. könne man keine primitive religiösen Formen zu finden erwarten. Mit seinem von tiefster Gelehrtheit zeugenden Buche erbringt er den vollen Gegenbeweis für seine Behauptung im Vorworte ! Rebellische Neuerungen treffen wir in Japan auf dem Gebiete der Technik und Wissenschaft jeder Art, nur in reli- giösen Dingen verblieb die Volksmenge auf der primitivsten Stufe der Entwicklung trotz dem überhandnehmenden Buddhis- mus und dem neuerlich wieder auftauchenden Christentum. Der Buddhismus hat es zu allen Zeiten mit der alteinheimischen Re- ligion zu paktieren verstanden, und das Christentum wird auch in Japan, wie anderswo, mit dem Bestehenden ein Kompromiß einzugehen wissen. Während einer tausendjährigen Gewaltherr- schaft waren christliche Priester nicht imstande, die Chrowoten, Serben und Bulgaren mehr als dem Namen nach zu christianisiren, wie sollten ihre Bekehrungbrüder es in kurzer Zeit zu Wege bringen, die Japaner dem Sinto abwendig zu machen, das sich als eine für sie sehr zweckmäßige Religion im Laufe dreier Jahr- tausende bewährt hat? Dieser Glaube ist trotz allen Anhängseln, die er von seiner Priesterschaft empfangen, völlig identisch mit dem ursprünglichen Glauben aller Völker. Das geht bereits aus
— 21 —
den spärlichen Angaben bisheriger
Forscher hervor und wird über jede Anzweiflung erhaben darstehen, sobald auch die Japaner nach unserer folkloristischen Methode das tatsächliche Volks- leben zu ergründen anfangen werden.
Aston bezeichnet hübsch das Sinto
als eine Religion der Dankbarkeit, Liebe und des fröhlichen Gemütes. Selbst der Regensturmgott, der sich am meisten dem Typus einer bösen Gottheit nähere, habe seine guten Seiten. Die Geister der Krank- heit und des Unglücks wären dagegen zumeist dunkle und namen- lose Wesenheiten. Das ist gar keine Eigentümlichkeit der Ja- paner. Alle Völker lieben ihre Götter, sind ihnen dankbar und feiern sie fröhlich, weil sie auf Gegenliebe, Dankbarkeit und Fröh- lichkeit rechnen. Die bösen Götter mit schrecklichen Namen sind dagegen häufig späte Gebilde, die ihr Dasein gewöhnlich der Schlauheit und Gewinnsucht der Priestergesellschaften verdanken, die den Verkehr zwischen ihnen und den eingeschüchterten Menschen vermitteln, selbstverständlich gegen ausgiebige Ent- lohnung.
Einen Glauben an die Unsterblichkeit
der Seele kenne das Sinto nicht. Die Japaner beten nicht für das Seelenheil der Ver- storbenen oder für deren Wohl im jenseitigen Leben. Sie kennen zwar ein Land der Finsternis (Y o m і), das etwa dem hellenischen Hades entspricht, doch scheine Yomi weder von menschlichen Wesen noch von Geistern bewohnt zu sein. Aston vermutet, Yomi habe ursprünglich bloß Tod bedeutet. Für den Japaner gibt es darum keine Höllenstrafen und keine himmlischen Be- lohnungen. Er darf sich seines irdischen Daseins voll erfreuen. Weil sie keine Hölle kennen, gleichen sie den unvernünftigen Tieren! Wären die bisherigen Berichterstatter folkloristisch ge- schult gewesen, so hätten sie derlei nicht vorgebracht ; denn tat- sächlich wird das ganze Leben des Japaners in allen Volks- schichten vom Seelenkult erfüllt, bei dem freilich die äußere Form die ursprüngliche Anschauung überwuchert hat. Nach japa- nischem Volksglauben sind die Menschen aus Gewächsen ent- standen. Mit dem Tode eines Menschen kehrt sein Geist wieder zur Welt der Gewächse zurück. Wer Gewächse pflegt, baut dahin- geschiedenen Seelen Wohnorte. Aus dieser Vorstellung heraus entwickelten sich bei den Japanern die endlosen Blumenfeste. Da fühlt sich der Japaner mitten unter seinen Vorfahren, und er bezeugt ihnen mit seiner Fröhlichkeit sein Vergnügen über ihre
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Anwesenheit und ihre Anteilnahme an
seinem Dasein. Die Ja- paner sind wahrhaft das frömmste Volk der Welt!
Wenn man sagt, der alte Zumpt- und
Vozenkult in Japan wäre ausgerottet, weil ihn die Regierung den Ausländern zu Liebe verbanne, d. h. seine äußerlichen Zeichen beseitige, so erinnert dies an jenen Kaufmann, der seine Frau mit seinem Bediensteten überraschte und, um der Buhlerei ein Ende zu bereiten, das Ka- napee auf den Boden hinaufstellen ließ.
Die beliebteste und häufigste
Gottheit im alten Japan war der Zumpt, und ihm zu Ehren errichtete man an allen Wegen, be- sonders an Kreuzwegen und an Feldrainen, steinerne oder auch hölzerne Pfeiler, die rot angestrichene Zumpte darstellten. Man versah mit solchen Zumptpfeilern auch die Brückenschutzwehren. Ihr Name ist W o - b a s i r a. Diese Pfeiler haben ihr Gegenstück im ältesten Hellas und im Latium. Sowie die Hellenen erst durch die Ägypter und die Römer durch die Hellenen, so lernten die Japaner durch die Chinesen die Kunst, ihren rohen Steinen und Holzblöcken menschliche Formen zu geben. Die ursprünglichen ungefügen Sinnbilder der Geister wandelten sich zu richtigen Ge- stalten um, doch daneben behaupteten sich die Stein - Phalli in ihrer einfachsten Darstellung, während die Hellenen und Römer mit ihrer Vergangenheit nur zu bald abbrachen. Der Japaner wie der Ägypter bewahrt alle Glaubensformen aller Zeiten ihrer Ent- wicklung nebeneinander auf, so daß bei ihnen jeder nach seinem Kunstgeschmack religiöse Befriedigung finden kann oder es konnte. Darum erscheint ihre Religion wie ein Trödlerladen, wo alte und neue Gegenstände die Räume vollpfropfen und wo sich nur der Inhaber halbwegs auskennt, während der neue Kunde beim Eintritt angesichts des Wirrwarrs in Verlegenheit gerät und sich über die herrschende Unordnung ärgert.
Aston folgert auf Grund der im K o j
і k і und N i h o n g і enthaltenen Sagen, die phallischen Gottheiten — Personifikationen der wollüstigen Lebenskraft — wären ursprünglich bloß magische Anwendungen gewesen, die späterhin personifiziert und zu gött- lichem Rang erhoben worden. Dagegen ist einzuwenden, daß diese beiden Bücher aus den Jahren 712 und 720 unserer Zeit- rechnung recht trübe folkloristische Quellen darstellen. Ihre Ver-
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fasser waren chinesisch gebildete
oder verbildete Priester, in ihrer Art Systematiker, deren Arbeit für uns einen historischen Wert hat, über die Auslegung aber können sie uns keinen wirklichen Aufschluß geben. Die Personifizierung des Geschlechttriebes ist an und für sich eine ursprüngliche Erscheinung, oder, wenn man noch genauer sein will, die der Geschlechtteile. Die Südslavin unterhält sich mit ihrer Voz, wie mit einer lebenden Person, und der chrowotische Bauer mit seinem Zumpt.0) Der Fortschritt besteht zunächst in der Nachbildung der Geschlechtteile in Holz oder Stein, oder im Entdecken von Gebilden in der Natur, die ähn- liche Gestaltungen aufweisen. Diesen wohnt dann der Geist inne, der zur Begattung antreibt, von ihm kommt alles Vergnügen im guten oder bösen Sinne, und er ist's, der zum göttlichen Rang auf- steigt, wenn man von seinem Wohlwollen die Fruchtbarkeit der Felder abhängig ansieht. Ihm zu Ehren begattet man sich auf Feld und Flur. So bringt man ihm ein Opfer dar.T)
Schon vor hundert und mehr Jahren
kamen dem japanischen Städter die Zumptgebräuche der Landbewohner beinahe so fremd- artig, wie einem Wiener oder Berliner Hochsommertouristen vor. Davon legt eine im To-yu-ki, einem i. J. 1795 erschienenen Werke enthaltene Reisebeschreibung Zeugnis ab : „An vielen Stellen ent- lang dem Hochweg zu Atsumi in der Provinz Deha, wo auf beiden Seiten die Klippen steil aufragen, sind kreuzüber die Sime-naha von Fels zu Fels gespannt. Unter diesen Sime-naha sind kunst- voll geschnitzte hölzerne Zumpte angebracht, die den Weg krönen. Sie sind sehr hoch, sieben bis acht Fuß lang und haben vielleicht drei oder vier Fuß im Umfang. Mir erschien dies gar zu an- stößig, und ich befragte die Bewohner, warum sie derlei täten. Sie antworteten mir, dies wäre ein uralter Brauch. Man heiße sie (die Zumpte) Sai no Kami und erneuere sie all- jährlich am 15. Tag des ersten Monats. Da es örtliche Gottheiten wären, vernachlässigten sie sie unter keiner Bedingung und ent- fernen sie nicht von ihrer Stelle, selbst wenn hohe Beamte des Weges gezogen kämen. Man habe sie durchaus nicht, so erzählte man mir, zum Vergnügen der jungen Leute aufgestellt. Überdies sah ich eine Anzahl von Papierstreifen an die Sime-naha ange-
в) Vergleiche die Belege bei Krau88,
Die Zeugung in Sitte und Brauch der Südelaven.
Anthropophyteia Ш. 8. 20 ff.
(Beiechlafaueubung als Kulthandlung).
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hängt und erkundigte mich nach deren
Bedeutimg. Es zeigte sich, daß Frauen sie insgeheim dorthin gehängt als Fürsprecher um schöne Liebhaber. Offenkundig ist hier einer jener alten Bräuche, die in entlegenen Zeiten wurzeln. Zumpte und Vozen aus Stein verehrte das Landvolk an vielen Orten als die Sintai (Merkzeichen) ihrer Ujigami (Schutzgötter der Geburtorte).4*8)
Im Norito oder Sinto-Rituale ist
auch eine Anrufung der Zumpt- oder Wegschutzgötter enthalten, die, obwohl erst im J. 927 veröffentlicht, dennoch um Jahrhunderte älter ist.
--Ich künde im Angesicht der
oberherrlichen Götter, die
auf den großen, zahlreichen
Wegstraßen gleichsam wie unzählige Felsenhaufen eine Sperre bilden. Ich vollziehe die Preisrede, in- dem ich eure erlauchten Namen nenne: Vielstraßen-Herr, Viel- straßen-Herrin, Komm-nicht-her. Ohne mit den dämonischen Wesen, die aus dem Wurzelland, aus dem Bodenland wild und * feindlich kommen werden, weder Blicke noch Worte zu wechseln, bewachet gnädigst und bannet gnädigst durch Wache bei Nacht und Wache bei Tage, indem ihr das Unten bewachet, wenn (die Feinde) von unten kommen, und das Oben bewachet, wenn sie von oben kommen.9)--
Wenn die Regierung Gesandtschaften
ins Ausland schickte, so veranstaltete man aus diesem Anlaß außerhalb der Stadt einen Gottesdienst zu Ehren der Götter des Himmels und der Erde und der phallischen Ciburino Kami, der Weggötter; die Ge- sandten nahmen an der Messe teil und verlasen die offizielle Liturgie (norito).10)
Die phallischen Gottheiten heißen
allgemein Sähe no Kami, die vorbeugenden Gottheiten, weil sie gegen die feind- seligen und wilden Wesen des Ursprunglandes, des Yomi schützen, d. h. gegen Siechtum und Tod. Daß Yomi ursprünglich nicht eine Unterwelt, sondern das dunkle unheimliche Walddickicht bezeichnet hat, geht daraus hervor, daß die bösen Geister dem Walde entstammen und man die Sähe no Kami eben an den Wegen aufstellte, die durch die Wildnis führte, um die unheim-
*) Zitiert nach Aston, W. G.: Shinto
(The way of the Gods). London 1905. S. 195.
°) Florenz, Dr. Karl: Geschichte der
japanischen Literatur. Leipzig 1906. S. 44.
10) Aston, W. G.: Shinto. (The way of the gods).
London 1905. S. 815.
25 —
liehen Angreifer abzuschrecken. Man
nennt die Sähe no Kami auch Y o k u s i n , Pestgötter, weil sie die Pest abhalten. Die Identität der Pest — mit Waldfrauen wies ich in meiner Ab- handlung über südslavische Pestsagen nach. Gegen Krankheit und Tod hilft als Gegenstück die Zeugimg. Darinn stellt man auch Zumpte und Vozen als Standbilder auf, wohl auch darum, weil man durch Entblößung der Schamteile böse Geister überall in der Welt bannt. Diese uranfängliche Vorstellung hat sich in Japan zu einem eigenen dominierenden Kult entwickelt, während er anderswo rudimentär verblieb.
Die von einigen Forschern versuchte
Teilung zwischen Zumpt- und Vozen-Gottheiten entbehrt einer inneren Begründung. In älterer Zeit hatten diese Feld- und Flurgötter naturgemäß keine Tempeln, in neuesten Zeiten flüchtete man mit ihnen vor der Öffentlichkeit in Stifthütten. Die Festfeiern zu Ehren der Zumptgötter fanden an den Kreuzwegen der vier Endseiten der Hauptstadt oder an der Grenze der Residenzprovinz regelmäßig am Schluß des sechsten und zwölften Monats und sonst im Not- fall statt. Ebenso veranstaltete man ein Fest zu Ehren Sähe no Kamis zwei Tage vor Eintreffen ausländischer Gesandtschaften in der Hauptstadt, um die Bevölkerung vor der Gefahr einer Krankheiteinschleppung, vor bösen Einflüssen oder auswärtigen Dämonen rechtzeitig zu beschützen.
Gewöhnliches Sinnbild für die Voze
ist die Pfirsich, für den Zumpt der Stössel und der Herrenpilz. Eine eingehende Dar- stellung der einschlägigen symbolischen Gebräuche würde ein Buch füllen, ohne im wesentlichen die Einsicht in den Sachverhalt zu vertiefen. Hat einmal eine religiöse Anschauung im Volks- gemüte feste Wurzeln geschlagen, so dringt sie bald, wie Meer- rettig im Felde, durchs ganze Gebiet des Volkstums durch.
Die Zumpte sind glänzend rot oder,
was dasselbe ist, gold- farbig angestrichen. Saruta-hiko, eine phallische Gott- heit, ist von hellroter Farbe. Die Zugangbögen zu den Stift- hütten sind rot angestrichen. Die bösen Geister und die Schurken auf der Bühne haben rote Gesichter. Aston vermutet, dies weise auf deren Lebenskraft hin, näher liegt die Vermutung, daß die Japaner vorerst ihre eigenen Zumpte genauer besehen, bevor sie die steinernen und die hölzernen färbten. Alle Völker be- schreiben und bezeichnen den Zumpt als rot.
In den Stifthütten wohnt der heilige
Geist oder die
Krauts: Getchlechtltben. 4
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Schechina (hebräisch) der Gottheit,
selten der Gott selber. Sie heißen dies M i t a m a. Der Japaner weiß häufig nicht einmal, welchem Gott eine Stifthütte angehört. Er richtet sein Gebet einfach an ein Mitama. Als bemerkenswert führt Aston an, daß in jüngerer Zeit das Mitama par excellence dem phallischen Sähe no Kami zugeschrieben wird. Ehedem hieß man die ihm zu Ehren veranstalteten Feste mitama matsuri, wo- für man jetzt den chinesischen Ausdruck G o r і 5 у е ge- braucht."11) :
\
M u s u b і, der Gott des Wachstums
wird in seinen Stift- hütten, wie der indische S і va durch einen Zumpt dargestellt. Es ist ein vergebliches Bemühen einiger Gelehrten, in diese Gestalt „eine durchgeistigte Auffassung des Fruchtbarkeit- prinzips" hineinzudeuten. Der japanische Landmann hat dafür nicht mehr Verständnis als unser Tiroler Bauer.
Die phallischen Gottheiten
Yachimata-hiko (Jaöimata) und Jachimata-hime stellt man in menschlicher Gestalt dar.
Auch die Japaner kennen den unter
allen Völkern ver- breiteten Brauch der Zukunfterkundung auf Kreuzwegen (T s u j i - u r a), nur steht er bei ihnen im klaren Zusammenhang mit den Zumptgottheiten, die über die Wege wachen, während bei den anderen Völkern die Waldgeister Bescheid und Hilfe ge- währen sollen. Frauen und Verliebte beiderlei Geschlechtes stellen den Zauber an, indem sie sich in dunkler Nacht auf einen Kreuzweg begeben, in die Erde einen Stock stecken, der K u n a d o , den zumptigen Gott der Wege darstellen soll und aus den zufälligen Worten eines Wanderers die Antwort des Gottes auf ihre bange Frage heraushören. Oder: Du nimmst einen Buchsbaumholzkamm in die Hand, begibst dich damit auf einen Kreuzweg und fährst mit den Fingern dreimal über den Kamm hin, daß die Federn surren (d. h. soviel als : belehr mich !). Darauf bezeug deine Verehrung Sähe no Kami und wieder- hol dreimal die Worte: „0 du Gott der Kreuzwegwahrsagung, gewähr mir eine wahre Antwort !" Gutes oder schlimmes Glück hängt von den Worten der zweiten oder dritten Person ab, die des Weges naht. Zuweilen zieht man um sich einen Kreis und besprengt ihn mit Reis (dem Symbol der Voze), um ungünstige Einflüsse abzuwehren.")
n) Aston, W. G.: Shinto.
1906. p. 31.
1S) Aston, W. G.: Shinto.
(The way of the Gode). London 1905. S. 340 U
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1S) Vergl. den sudslav.
Brauch, Anthropophyteia. I. S. 2/, Ł und IV. Erotik und Skatologie im Zauberspruch und Zauberbann.
Wo man die Zumptgötter zur Abwehr
böser Geister nicht zur Hand hat, hilft man sich im japanischen Volke durch Ent- blößimg der Geschlechtteile oder des Gesäßesf oder auch man malt die betreffenden Zeichen ans Haus oder an den zu be- hütenden Gegenstand. In beiden Fällen ist es ein Exhibitionis- mus, im ersteren ein vorübergehender persönlicher, im letzteren ein dauernder sachlicher. Auch Ploss-Bartels sprechen davon, und ich wül ihre Bemerkungen darüber hier wiederholen.
Hierbei müssen wir uns erinnern, daß
das Entblößen der Geschlechtteile bei vielen Völkern als ein unfehlbares Mittel an- gesehen wird, um die Dämonen zu verscheuchen, wie ja ganz ähnlich sogar Martin Luther sich des ihn in der Nacht belästigen- den Teufels nicht anders zu erwehren vermochte, als daß er ihm das entblößte Hinterteil zu dem Bett herausstreckte.18) Auch der aus China berichtete Gebrauch, das Symbol der Geschlecht- teile an dem Hause anzubringen, um die bösen Einflüsse der Dämonen unschädlich zu machen, möge hier noch einmal ange- führt werden. Und daß mm in dem uns vorliegenden Falle dem einzelnen Teile die gleiche Wirkung zukommt, wie dem Ganzen, das entspricht so recht den Anschauungen, wie wir sie bei Natur- völkern nicht allein, sondern auch noch bei niederen und manch- mal sogar bei den höchsten Schichten unseres eigenen Volks- stammes finden. Es ist einer der unendlich vielen Beweise, wie vielfache Berührungpunkte in dem menschlichen Denken der Völker auf den verschiedensten Entwicklungstufen man bei einiger Aufmerksamkeit nachzuweisen vermag.
Ein anderes häufig angewendetes
Mittel zur Abwendung von Ungemach ist das Ankleben von Darstellungen des männlichen und weiblichen Prinzips — Jan und Jin — über den Haus- toren. Diese abergläubischen Vorsichten werden namentlich dann angewendet, wenn ein Hausbesitzer die Furcht hegt, daß ein dem seinigen gegenüberliegendes Haus nicht Gemäßheit der Vorschriften der Erdzauberei gebaut ist. Gray hat zahlreiche einschlägige Beispiele erlebt; eines sei hier erwähnt. Eng, der Eigentümer und Insasse eines stattlichen Hauses in Kanton, schrieb die vielen Krankheitfälle, die sich in seiner Familie er- eigneten, dem Umstände zu, daß beim Bau eines vis-à-vis befind-
4*
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lichen Pfandleihhauses die
Grundsätze der Geomantie außer acht gelassen worden waren. Er wollte das verhaßte Gebäude an- kaufen, um es niederreißen zu lassen; die Besitzer des Leihamtes weigerten sich jedoch, es zu verkaufen, und Eng wußte sich nicht anders zu helfen, als über den Türen seines Hauses Darstellungen des Jin und des Jan anzubringen.14)
Eine für die meisten Fälle richtige
Erklärimg des Exhibitio- nismus, die unter Umständen auch für den aus religiösen Gründen geübten gelten dürfte, gibt N ä c k e : „Ich sehe in der Ent- blößung nur eine Abart des Sadismus. Der Ex- hibitionist weidet sich am Schreck, Unwillen oder an der Ver- legenheit der Zuschauerinnen, was sexuell erregend auf ihn wirkt, zumal, wenn jene junge Mädchen sind. Die andere Erklärung da- gegen, daß der Exhibitionist sich geschlechtlich aufrege, weil er die libido im anderen geweckt hätte, dürfte nur in den seltensten Fällen und nur bei depravierten Mädchen oder Frauen zu be- obachten sein.1*)
Im Anschluß zu diesen Darlegungen
führe ich zur Ergänzung den Hauptabschnitt aus Edmund Buckleys vortrefflicher Doktordissertation fast ungekürzt an, um einen Gelehrten zu Worte kommen zu lassen, der wie kein Zweiter vor und nach ihm den Zumptkult in Japan selbst erforscht hat.16)
Der Phallizismus bildet einen
wesentlichen Bestandteil der Naturanbetung und muß als solcher, wenn er normal ist, einen Kult und ein Glaubensbekenntnis aufweisen, obgleich letzteres teilweise oder gänzlich mit inbegriffen ist und man es nur durch Fragen den Gläubigen entlocken kann. Den Inhalt von dessen religiösem Bewußtsein kann man dann mit absoluter Religion ver-
") Ploss-Bartels, D. Weib in der
Natur- und Völkerkunde, VEIL Aufl. Leipzig 1905. S. 275 u. 192 f.
16) Medizinalrat Dr. P.
N&cke: Einige psychologisch dunkle Fälle von geschlechtlichen Verirrungen in der Irrenanstalt. — Jahrb. f. sex.
Zwischenstufen. Leipzig 1903. V. I. S. 204.
10) Phallicißm in Japan.
A dissertation presented to the academy of arts, littérature and science to the University of Chicago in candidacy for the Degree of Doctor of Philosophy. Chicago 1895. Ich danke dem Verfasser fur die be- sondere Freundlichkeit, mit der er mir das einzige in Amerika noch auffindbare Exemplar seiner Arbeit aus der TJniversitätbibliothek von Chicago zur Verfügung
stellte.
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gleichen und schließlich auf seine
Führung hin erproben. Diese Sphären religiöser Tätigkeit geben einen passenden Plan, um die Daten tabellarisch zu ordnen, und wir wollen sie jetzt in der ge- nannten Ordnimg betrachten. Der phallische Kult, nämlich Ver- ehrung oder Zeremonien, erfordert eine Betrachtimg von Tem- peln, Symbolen, Festlichkeiten und Riten.
I. Tempel. Solche Tempel umfassen
(1) die voll ausge- stattete „miya" oder Tempel mit einem residierenden Priester oder Priestern; (2) die kleine miya mit nur gelegentlicher Ver- ehrung; (3) die (Stifthütte) bloßen Schuppen, die ganze Reihen von Zumpten vor dem Regen schützen und (4) eine bloße Um- zäunung, während der Zumpt im Freien steht. Zur ersten Klasse gehört eine miya in Kasashima, fünfzehn Meilen südlich von Sendai, die etwa um 250 v. Chr. von Yamato Takeru No Mikoto gegründet worden sein soll. Die dort verehrte Gottheit ist Saruta Hiko No Mikoto, von dem später mehr. Dem Dienste dieses berühmten Tempels waren einst 16 Priester mit ihren Häusern ergeben. Zu derselben ersten Klasse gehört eine miya in Makiborimura in Iwada Ken. Die örtlichen Gottheiten sind : Izanagi, Izanami und Saruta Hiko, welche drei zu Konsei Dai Myojin gestellt sind : „Der Wurzel des Lebens, dem großen leuchtenden Gott." —
Zur zweiten Klasse gehört die
Andachtstätte in Kandu, acht Meilen landeinwärts von Akashi nahe von Kobe, nach der lokalen Benennimg :Dai Seki Miya oder Rano Seki Miya = Großer Steinaltar oder Zumpt-Steinaltar. Diese ländliche Ab- geschiedenheit hat den dortigen riesigen Zumpt vor dem bilder- stürmerischen Eifer der Reformer geschützt, damit er das Auge des Archäologen erfreue. Ich hoffe, der moosbewachsenen Säulen-Gottheit, die ich dort fand, wird noch ein Ehrenplatz in irgend einem Museum beschieden sein, wenn die aufgehende Sonne einer genaueren Wissenschaft und eines vornehmen Glaubens das einfache, wackere Landvolk erleuchtet haben wird, das jetzt die Befriedigung seiner täglichen Bedürfnisse von ihm erwartet. — Diese miya hat ungefähr zehn Fuß im Quadrat, ist mit Bildern aus dem Volksleben geschmückt und an der Vorder- und Rück- seite mittels eines Holzgitters abgeschlossen, durch das der vier Fuß hohe Zumpt zu sehen ist, der in einer länglichen Stein- umfassung steht, sonst aber unbeschützt ist, außer von dem um- gebenden Bambus - Dickicht. Der Boden innerhalb der Um-
— зо —
friedung ist mit Muscheln bedeckt.
Einige Dutzend Schritte von dem Altar und Zumpt steht eine Voze, in diesem Falle durch das natürliche Zusammentreffen von drei Felsen gebildet; das ganze ist etwa fünf Fuß hoch, und es gehört viel Phantasie dazu, sich daraus eine Voze zu konstruieren, so daß ich nicht zweifle, daß noch die Zeit kommen wird, wo es ein strenger Forscher ab- leugnet, daß man sie je dafür gehalten hat. Jeder Zweifel daran, daß diese rote Felsmasse wirklich göttlich verehrt worden, wird dadurch zerstreut, daß kleine zahlreiche dünne Papierfahnen die Inschrift tragen: Osame tatematsuru ehrfurchtvoll gewidmet, die vor dem Symbol in den Boden befestigt wurden. Die örtlichen Benennungen für dieses merkwürdige Paar sind : für den Zumpt : О k k о San und für die Voze : Мекко San, welche Namen die Ainos dem Hügel, auf dem die Steine jetzt stehen und einer benachbarten an Form und Größe ähnlichen Anhöhe, auf der sich der Zumpt früher befand, verliehen haben. Die örtliche Uber- lieferung bewahrt die Tatsache und die „Japan Mail" vom 22. August 1891 berichtet, daß zu Oakkan und Meakkan Namen zweier benachbarten Hügel in Yezo sind, wo noch Ainos gegen- wärtig vorhanden sind. —
Vor der dritten Klasse, dem bloßen
Schuppen, fand ich ein gutes Muster in einem Altar des Zumptes Konsei auf dem Konsei- Paß oberhalb des Sees Yumoto in der Nähe von Nikko. Daß dieser Altar bis zur ersten Besitzergreifung des Landes zurück- datiert, erscheint sicher durch die Ubertragimg seines Namens auf den Paß, wo er stand. Man kann noch hervorheben, daß Okko und Мекко auch die Namen der Schamteile waren und ur- sprünglich ihre Namen den Hügeln gaben, auf denen sie einst an- gebracht waren. Ich kam auf die Spur dieses Altars durch das musterhafte Handbook of Japan (III. Auflage) von В. H. C h a m - b e r 1 a i n und W. B. M a s o n, zwei der bedeutendsten Gelehrten Japans. Ihre kurze Bemerkung lautet: „Die Uberlieferung sagt, daß der ursprüngliche Gegenstand der Verehrung aus Gold an- gefertigt war und später durch einen aus Stein ersetzt worden ist. Votiv - Gegenstände, besonders hölzerne und steinerne Embleme, bringt man oft an dem Altare dar. Sehr wenig ist vom Ursprung des Zumpt-Kultes in Japan bekannt, obgleich er eine Zeitlang in den ländlichen Distrikten, besonders in den nördlichen und östlichen, nahezu allgemein gewesen zu sein scheint." Diese kurze Angabe ist die einzige allgemeine, die bisher über den
1
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Gegenstand erschienen ist und vor
drei Jahren zweifelohne das ganze Wissen darüber zusammenfaßte. Die Andachtstätte be- steht aus einem Holzschuppen, der etwa vier Quadratfuß im Um- fang hat und einem auf 3 Seiten ringsum laufenden Gesimse, auf dem einige Dutzend Zumpte in verschiedenen Größen aus Holz und Stein aufgestellt sind. Knapp daran steht eine große steinerne Laterne. Auf dem Altar sieht man Namen und Adresse einer Hotelgesellschaft, die sich besonders an Wallfahrer wendet und auf deren Kosten vermutlich der Altar restauriert worden war. —
Eine andere Andachtstätte dieser Art
ist in Yamada, außer- halb der Nordweststrecke des berühmten Noiku-San-dem Ise Al- tars zu Amaterasu — „dem Himmelerleuchter", dem Regenten des Shinto Pantheons und zwischen zwei Tempeln, der eine für Oho-yama-tsu-mi-no-kami, d. h. die Gottheit, die große Berge besitzt, und der andere für dessen Tochter K o - n o - hana-saku-ya-hime, d. h. „Prinzessin, die glanzvoll blüht, wie die Blüten der Bäume, die auf dem Berge Tuji thront". Der Altar umrahmt einen typischen Zumpt und eine Voze neben- einander, obgleich Dutzende von Miniatur-torii (kleine hölzerne Tempelgitter) davor aufgeschichtet sind und die antiken Zwilling- Gottheiten vor dem flüchtigen Beobachter verbergen. Diese torii hat man anläßlich der photographischen Aufnahme unseres Bildes entfernt. Im benachbarten Tempel des Ko-no-hana-saku- y a - h і m e werden die landüblichen Zumpte und Vozen von Per- sonen, die Kinder, Gatten oder Heilung der erkrankten Ge- schlechtorgane erflehen, dargebracht oder aufgestellt. Man er- zählt eine exotische Geschichte von dieser Gottheit, Kojiki 113 und von ihrer Schwester Iwa-naga-hime, d. h. „dauerhaft wie die Steine", die über den Berg Oyama herrscht und in einem großen Steine auf der Spitze des Altars symbolisiert ist und von den Buhldirnen aus Tokyo göttlich verehrt wird. Diesen Stein sollte man untersuchen, um zu ersehen, ob er eine Voze oder bloß zur Symbolisierung des Namens der Gottheit dient, wie dies eine Legende oder Sage erzählt (Kojiki 116).
Zu dieser Klasse gehören
wahrscheinlich die in dem Werke Mikados Empire 33 erwähnten Fälle : Ich habe das Vorherrschen dieser Altäre und Symbole besonders im östlichen und nördlichen Japan bemerkt, indem ich mindestens ein Dutzend davon zählte und zwar an der Landstraße bei einer Wanderung nach Nikko. Die Unfruchtbaren beider Geschlechter beten sie an oder bringen
ihnen Ex-voto-Geschenke dar. In
Sagami, Kadzusa und sogar in Tokyo selbst konnte man sie aus Holz oder Stein gebildet bis 1874 sehen." Der hier erwähnte Weg von Tokyo nach Nikko ist etwa 100 Meilen lang, und drei Viertel davon gehörten zu einer der wichtigsten Verkehrwege von Japan. —
Von der letzteren Art, wo die
Stifthütte auf ihren ursprüng- lichsten Entwurf — einen offenen Raum im Freien zurückgeführt ist, kommen natürlich viele Fälle eines so primitiven Kults vor. Ein solcher war, wie ich nach den Trümmern schließe, die jetzt kahle Plattform von Nikko, da man alle die Zumpte in den nahen Buddhisten-Tempel hinabräumte, wo sie jetzt liegen — zur Be- ruhigimg der damaligen amerikanischen Prediger, die Einspruch erhoben, weil der Ort angeblich einer der großen Sommeraufent- halte für ausländische Familien war. —
Ich übertrage nach einem von Myase
Sadao veröffentlichten und von ihm der Koshiden (alten Geschichte) entnommenen Blatte des berühmten japanischen Historikers und Archäologen Hivata Atsutane folgende Fälle. Alle gehören zu der letztgenannten Klasse oder einer noch zu erwähnenden Unterabteilung :
Zumpt im Freien in Kotakamura, in
Katorigori, Provinz von Shimosa. Desgleichen im Otamura, Inabagori, Shimosa. Des- gleichen im Ishigimura, Mishimagori, Echigo. Desgleichen in Shibuimura, Nishi Kasaigori, Musashi.
Zumpt mit Voze, daneben im
Matsuzawamura, Katorigori, Shimosa. „Beide trinken gern Wein und werden daher: Sake nomi ishi, ,Weintrinkende Steine', genannt." Die Gläubigen bringen Wein dar, den sie sehr rasch in sich aufnehmen. Vor mehr als 250 Jahren entfernte sich die Voze nach dem nächsten Dorfe, infolgedessen konnte keine Ehe zwischen den Bewohnern der beiden Dörfer geschlossen werden. Vor 62 Jahren brachte man den Stein zurück. —
Zuletzt kommt eine interessante
Untergruppe, die im Freien steht, sich aber dadurch auszeichnet, daß die Form der Ge- schlechtteile einem Naturspiel ihre Entstehung verdankt. Ob menschliche Kunst den Formen der Natur nachgeholfen oder der Künstler deren Entwurf verschönert hat, kann ich nicht beurteilen, aber sicher ist, daß manche derartige Steine nichï verfehlen konnten, die Aufmerksamkeit des primitiven Menschen auf sich zu ziehen und jene geschlechtliche Lebens-Philosophie anzu-
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regen und zu bekräftigen, auf die
der Erforscher der primitiven Kultur in jedem Weltteile stößt.
Zuerst kommt eine ganze Insel,
obgleich natürlich eine von den sehr kleinen, die viel höher als breit ist und auf dem Scheitel einige Dutzend Bäume trägt. Sie liegt nordöstlich von Awaji und heißt „Onokorojima", „freiwillig vereiste Insel" oder „Eshima", d. h. „Placenta-Insel", von welcher später mehr.
Darnach kommt ein natürlicher Zumpt
von mehr als 20 Fuß Höhe und eine Voze von verhältnismäßiger Größe, etwa zwei Drittel Meilen entfernt von Inushima in Bizen. Zuletzt steht auf dieser Fläche von Hiratas ein natürlicher Zumpt und eine Voze in bequemer Nähe zur Anbahnung einer Zusammenkunft. So mancher beschädigte den Felsen und ging mit seinem ganzen Hause zugrunde.
Das ist bloß das Verzeichnis eines
einfachen Beobachters und Forschers, und es bedarf einer Vervollständigung, die leicht geleistet werden kann, wenn einmal die Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand als berechtigten Zweig der Naturverehrung gelenkt ist, als auf eine selbstgewordene Äußerung des religiösen Gedankens, wenn man nach einem Schlüssel für diesen absoluten Herrscher der Natur sucht, den die tiefsten Denker noch für unerforschlich erklären. —
Zuletzt kommen in dieser
eigentümlichen Klasse zwei Gruppen von je vier ungeheuer großen natürlichen Zumpten von 1500—2000 Fuß Höhe in dem Hofe des Buddhisten-Tempels Reiganji in der Nähe von Kur oki in der Provinz Chikugo in Betracht. —
II. Symbole. Betrachten wir zunächst
phallische Symbole und hier kann ich nicht umhin, den phallischen Teil meiner eigenen Sammlung von Shinto-Kultus-Geräten zu beschreiben, die jetzt im Walker-Museum der Universität von Chicago aus- gestellt sind. —
Zumpte.
1. Natürlicher von Wasser
abgenützter Zumpt aus Stein mit einem Knötchen, das die glans penis bildet. Von dem frühern Besitzer als der Zumpt einer Gottheit hochgeschätzt. Cm 22X10. Aus einem der zahlreichen Bordelle von Yamada, wo sich der berühmte Altar der Sonnen-Gottheit befindet.
Krauts: Geschlechtleben. 5
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2. Natürlicher
vom Wasser abgenützter Zumpt, der Saum der glans aus einer härtern Schicht gebildet. Cm 9,5X4,8. Aus dem Tempel von Mizusawa.
3. In
allen Beziehungen gleich No. 2 außer in der Größe, die cm 7.1X2,3 beträgt. Aus Mizusawa.
4. Natürlicher
Zumpt, der seinem Original so wenig gleicht, daß nur seine Herkunft aus einem phallischen Tempel einen unerfahrenen Fremden zum Glauben bringen könnte, daß er je für einen Zumpt gehalten wurde. Von dem phallischen Altar in Tamada.
5. Zumpt
aus vulkanischen Gestein gemeißelt, gut ausge- führt und neu. Cm 20 X 10. Vom Altare auf dem Konsei- Passe.
6. Zumpt
aus gebranntem Ton (Terracotta), vom Alter ge- schwärzt. Realistisch cm 22X7. Aus einem Bordell in Yamada, wo er auf dem Kami-dana (guten Gesimse) zu gelegentlicher Ver- ehrung, wenn ein Hausgenosse ein gutes Trinkgeld erhalten, auf- gestellt war.
7. Zumpt
aus Gußeisen. Cm 9,1X3,2. Aus Mizusawa.
8. Zumpt
aus Holz. Cm 17X4.
9. Ein
zweiter. Cm 19X4.
10. Ein
weiterer rosa gefleckt. Cm 22X6.
11. Zumpt,
paarweise gebraucht als Amulet für Knaben. Ein achteckiger Unterbau mit achteckiger Pyramide darauf, nelkenfarbig, hochrot und grün gesprenkelt, eine Schnur durch ein mittleres und ein vertikales Loch gezogen dient um ihn dem Kinde um die Schulter zu hängen. Aus Mizusawa.
12. Zumpt
aus Ton, vergoldet und bemalt, um die shime- nawa oder den geheiligten Strick darzustellen. Cm 3,5X1,5. Aus einem Tonwarenladen gegenüber dem Inari-Altar.
13. Zumpt,
glans, den Kopf eines sitzenden Mannes im Festgewande bildend. Ton mit aufgedruckten und gefärbten Gewändern. Cm 6,5X5,5. Alt von einem Händler in Myajina. Ein bemerkenswertes Beispiel von Personifikation.
14. Ein
Priap, riesiger Zumpt, hellrot gefärbt, Ton. Cm 4,5X3,5. Aus einem Verkaufladen in Inori.
15. Zumpt
in Gestalt eines ungeheuren Pilzes, von einem Weibe auf dem Rücken getragen, bemalter Ton. Cm 7X2,5. Aus einer Niederlage in Inare; ein Spielzeug cf. No. 17.
16. Zumpt
in Gestalt eines hölzernen Obeliskes; ein Weih-
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geschenk für leichte Entbindung. Cm
12X6. Von einem Altar in Nikko.
17. Eine
Gruppe von 5 aus Holz geschnitzten und bunt bemalten Gegenständen wie folgt:
a) Fukusuke.
Ein Mann in alt japanischer Tracht, mit der linken Hand winkend. In Verkaufläden häufig, um dem Geschäfte Erfolg zu sichern. Vergleichen R o b i n Goodfellow. Cm 14X10.
b) Otafuku.
Ein Weib von fettem Schönheitgenre mit der gleichen Bewegung wie der vorige; beide sind jedem japanischen Kinde bekannt. Cm 9X5.
c) Zumpt,
rot bemalt, mit heiligem Strick umwunden. Cm 6X4.
d) Zumpt,
gelb bemalt, mit Strick. Cm 4X2,5.
e) Hoshi-no-Tama
(Juwel der Allmacht). Ein zwiebei- förmiger Gegenstand buddhistischen Ursprungs. Cm 2X2. Aus einem Laden in Nikko, wahrscheinlich zum Spielzeug bestimmt. Die dem Zumpt in dieser Gruppe zugesellten Gegenstände zeigen deutlich, daß er von dem Range einer Verehrung genießenden Gottheit zu einem minder wirksamen Glücksymbol herabgesunken, wie das Hufeisen, das Füllhorn, der Pantoffel, vermutlich lauter Symbole der Voze, wie solche heute noch in England gebräuchlich sind. Dieser Brauch war in Japan noch vor ungefähr 20 Jahren ungemein stark verbreitet und die Spielerei- sowie Tonwaren-IIandlungen und die Hausierer waren reichlich damit versehen (Mikados Empire von W. E. Griff is, 33).
Eine Feige aus Kandiszucker mit
einem zur glans penis um- gebildeten Stiele, von einem Hausierer bei der Herbstfeier eines Shinto-Altars in Kyoto verkauft.
Vozen.
18. Natürliche
vom Wasser abgenützte Voze aus einem flachen Stück Schiefer mit unregelmäßiger Peripherie von etwa 4,5 cm im Durchmesser und einer vom Wasser ausgehöhlten Öffnung nahe der Mitte. Aus Mizusawa.
19. Natürliche
Voze aus Quarz, nahe der Mitte tief gezähnt, aber nicht vom Wasser abgenützt. Unregelmäßig; cm 4X2,6. Vom Yamada-Altar.
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20. Seeohrmuschel
(Haliotis tuberculata), japanisch Awabi, trägt den Namen des Spenders für den Kande-Altar. Das lebende Schaltier erinnert so sehr an die Voze, daß japanische Frauen dessen Namen oft in diesem Sinne gebrauchen. Vom Kande-Altar.
21. Kaurimuschel,
Cypraea porcellana, japanisch Faka-ragai „Schatzmuschel" ; von unfruchtbaren Frauen im Tempel darge- bracht, cm 3,6X2,6. Aus einem Laden in Yamada.
22. Eine
Pfirsich aus Zuckerwerk, von Hausierern bei ge- wissen Festlichkeiten an Kunden verkauft, als Symbol der Voze, wozu deren Einschnitt tauglich zu machen scheint. In Indien dient die Aprikose dazu. Aus Kyoto.
Vermischtes.
23. Ineinander
verschlungene Ringe aus Bambusgras, die den Beischlaf symbolisieren, wozu man sie gebraucht, konnte ich nicht erfahren.
24. Votivbild
auf Holz von der phallischen Stifthütte in Konde, einen Tiger darstellend, der den Monat symbolisiert, in dem der Spender geboren wurde. Cm 32X25.
25. Votivbild
aus Holz, ein Pferd darstellend, aus der phallischen Stifthütte in Yamada. Cm 6X4.
26. Akaza-no-tsue.
Stäbe vom Dornstrauch, Chenopodium album ; aus Mizusawa. Man benützt sie zur Aufrechterhaltung der Grenzlinien um das Haus herum. Diese Verbindung von phalli- schen und Abgrenzung-Vorstellungen bei einem Tempel des Saratahiko, dessen Epitheton lautet : D e s o j і n = Wege- beginnender Gott, was sich auf seine Tätigkeit eines Führers (Kojiki 33) beziehen mag und dieselbe dreifache Vorstellung, wie in der Gestalt des Hermes erweckt. Ein anderer Beweis für die Identität zwischen dem Zumpt und dem Gott der Wege erscheint in S a t o w s Aufsatz in der Westminster Review. Sollte der in das Feld gesteckte phallische Stab dem Acker Fruchtbarkeit ver- leihen und gleichzeitig als Grenzmarke dienen, schließlich als Schutz für die Wege gesetzt sein, die natürlich oft an Grenzgehege dahinf ühren ?
27. Ginseng,
Ingwerkraut, chinesisch Genseng, japanisch Ninjin. Das beste wächst in Korea. Der Preis nach dem Grade der Menschengestaltähnlichkeit der Wurzel, die allerdings in manchen Fällen bemerkenswert ist. Die schönsten Exemplare
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bezahlt man mit 3 Dollars, zum
medizinischen Gebrauche, da sie als Panacée gelten. Es ist die Mandragora der Genesis 30, doch nicht die Pflanze, die man in den vereinigten Staaten irrigerweise so heißt.
Zaubermittel.
Von allen Kultgeräten kommen
Zaubermittel aus Papier am häufigsten in Japan vor, und in jedem Haus finden sich einige Dutzende davon vor. Unter den verschiedenen Arten kommen auch phallische vor.
29. Ein
Zaubermittel, das leichtes Gebären verbürgt und den Namen K o n s e і hat; cm 11X5.
30. Ein
Zaubermittel mit der Inschrift : Am-san-mar- mori= „Leichter Gebärzauber". Das Papier ist zu einem Drei- eck gefaltet und enthält einen natürlichen gleichzeitigen, drei- eckigen, schwarzen Stein; cm 16X8. Diese Form ist einzig unter all den zehntausendcn Zaubermitteln in Japan und läßt sich durch nichts erklären als durch ihre Ähnlichkeit mit den äußerlich be- trachteten Schamteilen, die, wie wir gesehen, z. B. genau dieselbe ist wie die Form des Stein-Talismans mit der Basis nach oben. Von der gleichen Farbe ist die berühmte Diana von Ephesus, die sich jetzt im Museum von Neapel befindet. Ihre vielen Brüste und der Symbolismus ihrer Gewandimg deuten die geschlecht- liche Vorstellung an. Aus dem Sumiyoshi-Tempel.
31. Ein
Zaubermittel mit der Inschrift: „Ehrsame Gabe an Gott." Es enthält Reis- und Seegras, dessen Absud unfruchtbare Frauen trinken müssen ; cm 20X12. Aus dem Sumiyoshi-Tempel.
32. Ein
Zaubermittel mit der Inschrift : Samen-Hilfe-Tempel — göttliche — Eintrittkarte; cm 16X5. —
33. Ein
Zaubermittel mit der Inschrift : Sho-ichii Konsei-dai-myo-iin-tai-hatsu. „Wahrhafter erster Rang, Lebenswurzel, große, leuchtende Gottheit; großer Zauber." Rechts und links von dieser Inschrift stehen im Mittelpunkte die Worte: „Gut für alle Krankheiten unterhalb des Gürtels. Dein Leben wird lang sein. Gut für schwangere Frauen. Mutter und Kind werden gesund sein." Innerhalb dieses Umschlags ein Streifen Papier mit der Inschrift :, До-sai-Saruta hiko-Izanagi. — Izanami. Chinza - Haraita - tamae - Kiyome de tamae. „Dar- bringung, Reinigung. Saruta hiko. Izanagi. Izanami. Sitz (der Verehrung). Gnade der Erlösung und Reinigimg." —
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Samka łiiko wird, wie ich glaube,
hier erwähnt infolge eines Mißverständnisses oder der Ausdehnimg seines ursprünglichen Amtes als Führer der Ninigi no Mikoto, als dieser aus dem Himmel herabstieg, Kojiki 107 — 8. Seine ständige Bezeichnung als : michi-moto, „Wegursprung'4, ist in dem Sinne von „Lebens- ursprung41 genommen worden, weil er, wie man sagt, der Selbst- zeugung seinen Ursprung verdankt. Alle mir bekannt gewordenen Angaben weisen darauf hin, daß seine richtige Stelle in einer Blitz- sage zu suchen ist. —
Dieses Zaubermittel zeigt
Wasserflecken, weil es mit vielen ähnlichen vor etwa 10 Jahren zur Unterdrückimg des Kults in einer Schachtel in einen nahen Sumpf versenkt wurde. Als sich der bilderstürmerische Eifer abgekühlt hatte, fischte man die Schachtel heraus, und der Eigentümer schenkte in höflichster Weise diese wertvolle Reliquie eines nahezu erloschenen Kults einem eifrigen Samler von Kultgeräten. Die höchsten Interessen der Wissenschaft dürften den Spender vor etwaigen unange- nehmen Folgen schützen, die ihm jene Leute seiner Umgebung zuziehen könnten, so sich jetzt des Kultes schämen. Der sehr hohe Rang des Konsei, der dem des Mikado selbst zunächststeht, zeigt iie große Beachtung, die dem Kult zuteil wird. Das derzeitige Vorhandensein eines Zumptes im Garten eines Samurai aus der alten Krieger- und Gelehrten-Kaste, den ich gut kenne, obgleich lange von der edlen Familie unbeobachtet gelassen, bietet einen weiteren Beweis dafür, daß sich der Kult nicht nur auf die niederen Klassen der Gesellschaft beschränkte.
34. Ein Zaubermittel mit der
Inschrift: „Konsei, großer leuchtender Gott. Ein guter Zauber für die leichte Geburt." Aus dem Tempel von Mizusawa. —
Bevor ich mich von diesem
Gegenstande einem anderen zu- wende, dürfte eine Warnung vor der Verwechslung von Zumpten mit andern Stein-Denkmälern, deren es in Japan wie anderswo verschiedene Arten gibt, nicht überflüssig sein. Nicht jeder auf- recht stehende Stein oder Block, der länger als dick ist, ist ein Zumpt, obgleich etwa 90 Prozent der Zumpte in diese Definition eingeschlossen sind, da die andern entweder wagrecht liegen oder hängen, jedoch in jedem Falle mit einem Hodensack versehen sind. Man muß zuerst die Geschichte und die Verwendung eines Steines erforschen, dann nach einer etwaigen Inschrift suchen und erkennt dann oft, daß man es mit einer Feldmarke oder einem an
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der Straße stehenden Grabsteine, der
nach einer Wallfahrtstätte führt, oder einem verwitterten Nure-butsu — einem ungeschützten Bilde eines der vielen Buddhas, oder irgend einem Gedenksteine, vielleicht irgend eines merkwürdigen, zugrunde gegangenen Baumes oder einer Hinrichtungstätte zu tun hat. Von allen diesen Arten findet man in Japan Exemplare, die den beute- gierigen Neuling leicht irreführen können. Hingegen sind die jetzt noch existierenden Zumpte und die Erzeugnisse der Hand- arbeit in Japan infolge ihres Realismus ganz unverkennbar, wäh- rend die von der Natur hervorgebrachten eine geübte Einbildung- kraft erfordern.
Phallische Festlichkeiten.
Jeder Tempel in Japan feiert außer
den großen nationalen Festen, eines zu Ehren der Gottheit, der er ganz besonders ge- weiht ist. Im Jahre 1892 besuchte ich zum zweitenmale die Andachtstätte in Konde gelegentlich eines Festes, das dort am 18. des dritten Monats (alten Stils) stattfindet. Dieses Fest tritt nur einen Tag früher ein als das vor der phallischen Stifthütte von Morioka, und beide fallen offenkundig mit den Frühlingfesten aller Völker zusammen. Vgl. T у 1 o r , Prim. Culture II, 297. Dieses Fest bot keine anderen als die bei solcher Gelegenheit üb- lichen Züge dar. Ein Shinto-Priester, der für diese Gelegenheit von weither eingetroffen, brachte an dem Altar unter Gebet- anrufungen die üblichen Gaben an Reis, Kuchen und Früchten dar. Männer, Frauen und Kinder aus der Umgebung kamen und gingen wieder, nachdem sie ihre kleinen Gaben dargebracht und ein kurzes Gebet verrichtet und kauften Erfrischungen in einer der für die Festzeit nebenan aufgestellten Buden. Die benachbarte Voze erhielt gar keine Spenden, obgleich sie die Andächtigen gleichfalls besuchten. Das Benehmen aller war tadellos und ihre Haltung frei von jeder Verlegenheit, denn der Zweck ihrer Wan- derung war geradheraus geschlechtliche Gesundheit und Familien- zuwachs von der Gottheit zu erbitten, deren Attribute sie am vor- züglichsten in den Stand versetzen, dies alles huldvoll zu ge- währen. Nachfolgend ein Bericht über eine fragwürdigere phallische Prozession, den D r e s s e r mitteilt pp. 197—99. „In dem nächsten Dorfe (auf dem Wege von Tokyo nach Nikko, wo Griffis ein Dutzend Zumpte sah), in das wir gelangten, hielt man eine große Shinto-Festlichkeit ab. Tausende Leute lachten,
schrien und folgten einem riesigen
Wagen, ähnlich dem Jagger- nauthwagen in Indien. Auf diesem Wagen ist eine von einer niederen Brustwehr umgebene Plattform, aus deren Mitte sich ein dreißig bis vierzig Fuß hoher Mast erhebt, von dessen Spitze die geschnittenen Papiere flattern, die die Shinto-Religion symboli- sieren (gemeint ist gohei), während rings um den unteren Teil ein Zelt aus weißem und rotem Tuch an einem Reifen hängt. Auf der Plattform sitzen Musiker, die mit Gongen und Pfeifen eine grausam-künstliche Musik machen, und ein maskierter Schau- spieler, dessen Darbietungen man sonstwo nicht dulden würde, treibt sein Spiel. Der Stock dieses Komödianten stellt unzweifel- haft sicher einen Zumpt vor. Es scheint, daß man, seit es den Fremden erlaubt ist, das Land zu betreten, die Bräuche vieler ihrer charakteristischen Merkmale entkleidet und die Symbole in ihrer Zahl beschränkt hat, während die Prozessionen selbst jetzt nur selten vorkommen. Das ist im Jahre 1882 niedergeschrieben. Diese Einschränkung ist auf die Reise der ersten japanischen Ge- sandtschaft in Europa im Jahre 1872 zurückzuführen/4 —
„Ich habe nach einem mündlichen
Bericht eines Mannes, der lange in Japan gelebt, von einer Prozession ähnlich der oben er- wähnten erfahren ; im Mittelpunkte der Handlung wäre ein unge- heurer Zumpt gewesen, den ein Mann in eigentümlicher Lage umhertrug. Von dieser prachtvollen Prozession erzählt Hum-
berts. 522—23 in Manners and Customs of the Japanese, daß diese, die im Jahre 1863 in Tokyo staatfand, nicht eigentlich phallisch war, obgleich sie einige Verdacht erweckende Gegen- stände darbot, so z. B. das Modell einer Hummer, eines Büffels und Affen, und dazu traten sieben Prostitutierte auf, die majestätisch in Staatskleidern angezogen waren.44
Das folgende Fest kann leicht ein
Überbleibsel eines voll- ständig phallischen sein und bietet Beweise für einen geschlecht- lichen Symbolismus dar, der jetzt außerordentlich fremdartig er- scheint. Man hält es in dem Hofe eines Buddhisten-Tempels ab, der vermutlich die ursprünglich roheren Riten aufnahm und milderte. Junge Leute beiderlei Geschlechts treffen einander in diesem Gwanzadaishi-Tempel, der auf dem halben Wege zum Berge Hiyei mitten in einem Walde liegt, an einem Augustabende und verbringen die ganze Nacht mit einem eigenartigen Tanze, bei dem sie gemischte Reihen bilden und sich unter gleichzeitiger Schwingung der Arme durch das Gedränge älterer und jüngerer
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Leute ihren Weg bahnen, wobei sie
eine Dichtung singen, die, nachdem sie Mitgefühl für einen gewissen Verbrecher namens Gorobei bei seinem Verhöre vor einem strengen Richter ausge- drückt, in erotischen Ergüssen eines jungen Weibes gipfelt. Den symbolischen Teil davon lege ich folgendermaßen aus : „Aus was für Wörtern soll ich meinen Liebebrief zusammensetzen? Aus solchen, die sich auf Vögel, Fische oder Gemüse beziehen? Ja, ja, da ich eine Grünzeughändlerin bin, werde ich die Namen von Gemüsen anwenden?44 Nach mehreren vegetabilischen Metaphern und Wortspielen, die den passenden Ausdruck ihrer Leidenschaft bilden sollen, fährt sie fort: „Möchtet Ihr gern die erste Frucht der langen Bohne kosten? Wenn nicht, wollt Ihr versuchen die haarlose Pfirsich zu brechen ? O schnell ! Ich sehne mich nach dem Beischlaf mit dir !44
Schließlich ist das ein hübsches
Stückchen geschlechtlicher Metapher, das Bände spricht für die Vertraulichkeit primitiver Zeiten mit solchen Symbolen, aus welchen Zeiten das Manye- fushifu, wo es vorkommt, zurückweist. Weiße Menschen scheinen synonim mit haarlosen Pfirsichen zu sein. Allgemein stellt man natürlich die Voze im Orient schwarz dar, den Zumpt aber, wenn überhaupt, färbt man rot. Es ist nötig kurz zu bemerken, daß sich das Gedicht auf eine Art von Prophezeiung bezieht, die Tsujiura „Weg der Wahrsagung44 genannt wird, wobei die Person einen Stock in den Weg steckte, ihm Gaben darbrachte und von ihm eine Antwort erflehte.
„Als ich hinausging und auf dem Wege
stand und das Abend- orakel befragte, wann er wieder kommen würde? Wer ging da über des Liebchens Berg und über des Geliebten Berg und sagte, daß er die Awabi-Muscheln auflesen würde, die in der Waldregion an die Küste kommen? Das Abendorakel sprach zu mir: „Liebchen! Der, dessen Du harrst, kommt nicht, er sucht die weißen Muscheln, die sich auf den Wellen der hohen See nähern, die die Strandwellen anschwemmen. Er kommt nicht. Er liest sie auf. Wenn er lange ausbleibt, werden es längstens acht Tage sein. Er hat Dich gehört. Klage nicht, mein Liebchen.44 (Trans. As. Soc. VII. p. 427.)
Rituale. Mir ist kein bestimmtes
Ritual für den Zumpt bekannt. Es findet sich auch keines im Verzeichnis der Yengis- hiki, der offiziellen Sammlung der Ritualien, die im Jahre 927 n. u. Zeitrechnung verfaßt wurde. (Trans. As. Soc. Vol. 7, II.
Kriuss: Gesctalecfatleben. 6
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pp. 103—4.) Die improvisierten
Gebete, die man in diesem Falle hersagt, sind immer eine Bitte um etwas gutes, das im Zusammen- hange mit der Zeugung steht, so z. B. verbürgt der Zauber von Makibori leichte Geburt, Gesundheit für Mutter und Kind, Heilung der erkrankten Geschlechtorgane und langes Leben. Anfragen von Verehrern locken ähnliche Vorstellungen hervor, die in der Praxis wieder zum Vorschein kommen, indem man während der Entbindung einen Zumpt von einer nahen Stifthütte entlehnt und bei glücklichem Ausgange zwei neue dafür zurück- stellt. —
Phallizismus im Kojiki. Nachdem wir
einige vor- handene Angaben geprüft, sind wir in der Lage, die Auslegung von zwei Stellen im Kojiki, dem heiligen Shinto-Buche versuchen zu können. Man setzte es im Jahre 712 auf, als man Ver- gleichungen mit den bestehenden Uberlieferungen zu dem Zwecke vornahm, um sie auf ein göttliches Zeitalter zurückzuleiten, das etwa 1500 Jahre vorher abschloß. Keiner der mir bekannten Shinto-Gelehrten hat sich in irgend eine in Einzelheiten ein- gehende Auslegung der Kosmogonie eingelassen, die den Band I von Kojiki bildet. Die allgemeine und übrigens sichere Angabe, daß das Shinto eine Zusammensetzung von Ahnen- und Natur-Kultus ist, hat kein Schriftsteller außer M. S a t o w behandelt, der in 'seinem Aufsatz in der „ Westminster Review14 tiefer in den Gegen- stand einging, der aber auch alle besonderen Sagen berücksichtigt und zudem die Abschnitte 3 und 4 erwähnt, von denen wir hier B. H. Chamberlains Ubersetzimg wiederholen, die in der Trans. As. Soc, Supplement zum X. Bande erschienen. —
3. Abschnitt. „Worauf alle
himmlischen Gottheiten den zwei Gottheiten befahlen. Seine Hoheit der Mann, der einladet und Ihre Hoheit die Frau, die einladet, befahlen ihnen: zu er- schaffen, zu befestigen und entstehen zu lassen, dieses treibende schwimmende Land. Sie gewährten ihnen einen himmlischen, juwelenbesetzten Speer, sie würdigten sie mit diesem Auftrag. So stießen die zwei Gottheiten, auf der schwimmenden Himmel- brücke stehend, den juwelenbesetzten Speer hinab und steuerten mit ihm, wie jene geruht hatten ihnen aufzutragen. Worauf die Salzflut, als sie sie aufgerührt hatten, zu wirbeln und zu gurgeln begann, und als sie den Speer hinaufzogen, tropfte das Salzwasser von dessen Ende ab und verwandelte sich zu einer InseL Das ist die Insel Onogoro." —
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4. Abschnitt. „Als sie vom Himmel zu
dieser Insel herab- gestiegen waren, gingen sie an die Errichtung eines erhabenen Himmel-Pfeilers, sie gingen an die Errichtimg einer acht Faden hohen Halle. Tum quaesivit Augustus Mas-Qui Invitât a minore eorore Augusta Feminâ qui invitât: ,Tuum corpus quo in modo factum est?1 Respondit dicens: ,Meum corpus crescens crevit, sed una pars est quae non crevit continua/ Tunc dixit Augustus- Mas-Qui-Invitat : ,Meum corpus crescens crevit, sed est una pars, quae crevit superflua. Ergo an bonum erit ut hanc corporis mei partem quae crevit superflua in tui corporis partem quae non crevit continua inseram et regiones procream?1 Augusta-Femina- Qui-Invitat respondit dicens : ,Bonum erit ! Tunc dixit Augustus M. Q. I. : ,Quod quum ita sit ego et tu, hanc coelestem augustam columnam circumeuntes mutuoque occurentes augustarum (i. e. privatarum) partium augustam coitionem faciemus/ Нас pactione facta dixit (Augustus M.-Q.-I.) : ,Tu a dexterâ circumeuns occurre; ego a sinistra occuram/ Absoluta pactione ubi circu- mierunt, Augusta F.-Q.-I. primum inquit : ,0 venuste et amabilis adolescens!4 Deinde Augustus M.-Q.-I. inguit: 0 venuste ama- bilis virgo !4 Postquam singuli orationi finem fecerunt (Augustus Q.-M.-I.) locutus est sorori dicens: ,Non decet feminam primum verba facere.4 Nihilominus in thalamo (opus procreationis) ince- perunt et filium (nomine) Hirundinem (vel Hirundini similem) peperunt/ Dieses Kind legten sie in ein Boot aus Rohr und ließen es wegschwimmen. Darnach erschufen sie die Insel Aha. Auch dies wird nicht unter ihren Kindern aufgezählt/4
Nun sind wir der Ansicht, daß vom
Anfang bis zum Ende dieses Bandes I eine Reihe von Naturmythen dargeboten wird, die der Auslegung noch offen stehen und daß unter diesen die Abschnitte 3 und 4 der Entwurf zu einer Kosmogonie sind, die in Benennungen eines phallischen Symbols im 3. Abschnitte und einem phallischen Brauche im 4. Abschnitt — zum Ausdruck gelangt. —
Vorerst wird niemand die
Durchsichtigkeit der Epitheta:
„Mann, der einlädt, und Frau, die
einlädt44, leugnen wollen. Sie
sind gerade das ergänzende, so
unerlässliche Paar für die nach
rückwärts verlegte Wiedererzeugung,
die man als die Urzeugung
auffaßt. Hirata, ein japanischer
Altertumforscher ersten Ranges,
hält den juwelenbesetzten Speer für
einen Zumpt und die Hoden
6*
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(Trans. As. Soc, Vol. III. Appendix,
p. 59), während die Insel Onogoro infolge ihrer eigentümlichen Form in der Volksphantasie als ein Zumpt gilt, der viele solche in seinem Innern ringsum zerstreut enthalten soll. Der fruchtbare Hirata läßt sich wieder in den Inyöseki so vernehmen : „Das ist Onokorojina etc.... Es steht allein und hat keinen Zusammenhang mit seinen Wurzeln. Es steht mitten in den Wogen und bewegt sich niemals, auch nicht beim heftigsten Erdbeben. Auf der Insel gibt es viele eigen- tümliche Steine, viele von ihnen sind wie männliche oder weib- liche Geschlechtorgane gebildet. Die Steine bringen eine tau- ähnliche Flüssigkeit hervor und haben an der Außenseite einen mineralischen Geschmack, während sich innerhalb Sand und Erde befinden." Obgleich Hirata diese Angabe erst 1812 nieder- geschrieben und die Phänomene alle natürlich sind, ist sie doch durch die mythenbildenden Phantasien des Kojiki natürlich vor- datiert, dessen Verfassern die Insel wohlbekannt war, und die auf diese Weise offenbar die Grundzüge der Mythe schufen. Die einzige Notwendigkeit für die dichterische Phantasie war das ursprüngliche Paar, den künstlichen Zumpt und die phallische Insel zu einem zusammenhängenden Ganzen zu gestalten — das ist es, was im 3. Abschnitt geschieht. Was für einen Grund Hirata für seine Ansicht über den juwelenbesetzten Speer hatte, ist nicht festzustellen, aber die japanische Archäologie gibt monumentale Beweise für das Vorhandensein verschiedenartiger phallischer Stäbe und Steine aus der Steinzeit.
Diese Steine oder Steinstäbe in der
Lokalsprache „Raitsui", d. h. Donnerkeile genannt, hat neben zahlreichen anderen Über- resten in einer bewunderungswürdigen Monographie der Besitzer der schönsten Raitsui-Sammlung in Japan, der gewesene Gouver- neur T. Kanda in Tokyo geschildert. In dieser Monographie zeigen T. 7 und Figur 2 und 4; T. 8, Figur 8 und T. 9, F. 1, ein- geschnittene Figuren, die offensichtlich die Voze ist, in voller Übereinstimmung mit einer anderen Angabe Hiratas, daß der juwelenbesetzte Speer an sich die Form des weiblichen Geschlechtteiles (Inyöseki) trage.
Im 4. Abschnitte führt unsere
mythische Kosmogonie zu- erst die Vereinigimg als einen Weg zur Urzeugung an, nachdem sie im ersten und zweiten Abschnitte Bezeichnungen für irdische Bewegung und Pflanzenlegen gebraucht hat und im 3. Abschnitte
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ein Gemisch von Ausdrucken für
irdisches und tierisches Leben. Unsere früheren Untersuchungen machen die Bedeutung „des himmlischen hohen Pfeilers44 ganz klar, während außerhalb dieser Verbindung die gebrauchten Ausdrücke unverständlich oder zu- mindest als auf Vermutungen aufgebaut erscheinen müssen. Offenbar war es ein Zumpt. Was die parallele Lesart im Nikongi, einem nahezu zeitgenössischen nach chinesischer Art rationalisierenden Bericht über die japanische Geschichïe an- betrifft, den Mr. Chamberlain folgendermaßen übersetzt : Sie machten die Insel Onogoro „zum Zentralpfeiler des Landes44, was er „für rationeller44 hält als den Bericht in Kojiki, so ruht offenbar die Wahrheit darin, daß es „rationeller44 ist, doch nur für jene, die der oben beschriebenen phallischen Phänomene nicht gewahr werden, oder denen sie ein verschlossenes Buch sind. Im Gegenteil, im Lichte dieser Phänomene sind die Darstellungen im Kojiki vollständig begründet. Textliche Wahrhaftigkeit kann nie besser sichergestellt werden als durch die Archäologie. „Die acht Faden hohe Halle44 war wahrscheinlich ein Beischlafhaus. B. H. Chamberlain schreibt in seiner Einleitung zu Kojiki XXVIII: „Es scheint auch nicht als unwahrscheinlich, daß sich jung verheiratete Paare hiefür in eine besonders errichtete Hütte zurückzogen, nur zu dem Zwecke, um die Ehe zu vollziehen, und es ist sicher, daß für jeden Herrscher bei solchem Anlaß ein neuer Palast erbaut worden.44 (Trans. As. Soc Vol. X. Supplem.) Chamberlain gründet zweifellos seine Ansicht auf die Einzelangaben im Kojiki von einem Thalamos als dem Orte der ersten ehelichen Vereinigung zwischen Mann und Frau. Solcher Erwähnungen kenne ich drei, nämlich S. 20, 66 und 75 und notiere weiter Folgendes, das denselben Zweck anzudeuten scheint :
„Acht Wolken steigen auf. Der
achtfache Zaun von Idzumo bildet eine achtfache Umfriedung für die jungen Eheleute, damit sie sich innerhalb deren zurückziehen. Oh! dieses acht- fache Gehege !44 (Trans. As. Soc. Vol. X. Supplem. 64.)
Das Haus für das Gebären wird Kojiki
118 beschrieben als 8 Faden lang, und das ist die Länge des Vereinigunghauses in unserer Lage, da acht als die vollkommene (runde) Zahl bei den Japanern gilt, und vermutlich oft in dem Sinne von passend oder schicklich gebraucht wird. Der Zweck eines solchen Vereinigung- hauses wird jenen einleuchten, die mit dem ursprünglichen Amte
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von des Bräutigams „bestem Mann"
vertraut sind, als dem Be- schützer des Ehevollzuges, wenn die Ehe auf Raub beruhte, sowie mit den scherzhaften Stönmgen des Brautpaares, nachdem es sich zurückgezogen. Was z. B. selbst in England bis ins sechzehnte Jahrhundert nach Brands Antiquities vorkam. Die Folge des IV. Abschnittes deutet vielmehr an, daß die Säule im Thalamos stand, aber ob innerhalb oder in der Nähe, wird das Ringsumlaufen um sie herum vor Vollzug der Ehe, am besten im Lichte jener Aufzeichnungen verstanden werden, die sich irgendwo mit Hin- blick auf den phallischen Kult finden, von denen, die auf Frucht- barkeit bezügliche hier sicher das richtige trifft. In Japan sowohl wie anderwärts unter patriarchalischer Herrschaft primitiver Zeiten galt ein Paar für um so reicher, j^ mehr Kinder es hatte, und um so reicher wird es wahrscheinlich auch noch werden, und eine Anerkennung wie die Konseis müßte man auch als wirksam zu diesem Zwecke ansehen. Wenn dem so ist, wäre nichts natür- licher, als daß sich die mythenbildende Phantasie in so vertrau- lichen, üblichen Ausdrücken über die fruchtbare Vereinigung aus- spricht, der nichts Geringeres entsproß als die Inseln des gött- lichen Japan, wie dies die weiteren Abschnitte erzählen. Die späteren Shinto-Apologen des siebzehnten und achtzehnten Jahr- hunderts glätten alle Schwierigkeiten, indem sie feststellen, daß die Inseln seit ihrer Geburt ungeheuer gewachsen sind ! Ich gebe zu, daß diese Auffassung alle speziellen und konkreten Angaben der Sage bekräftigt, wie keine andere es vermöchte, wenn sie Rechenschaft zu geben hätte über ein sinnloses Gemengsei von Vorstellungen, die derart abschließen, daß man das Ganze nur für eine unzüchtige Erzählung halten müßte, für die unzweifel- haft allgemeine Roheit der Sitten und Bräuche im ursprünglichen Japan wie anderswo unter den gleichen Bedingungen keinen ge- nügenden Grund zu bieten scheint. —
Der Phallische Glaube.
Zu jedem Kult gehört ein Glaube, der
darin eingeschlossen oder ausgedrückt ist, sei es in Schriften oder in mündlicher Über- lieferung. Der Glaube ist im phallischen Kult mit inbegriffen. Er teilt seine Weltanschauung mit der Naturanbetung, von der er eine Phase bildet, indem er ein höheres Wesen, einen Geist oder
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eine Gottheit in Gegenständen
verkörpert, die entweder von der Natur gebildet oder künstlich dargestellt tierischen Zeugimg- organen ähnlich sind. Ich schreibe mit Bedacht : „verkörpert in", indem ich dabei besonders an die natürlichen Zumpte denke, die viel höher geschätzt werden als die künstlich hergestellten, und da man sie in der Natur vorfindet, kaum für etwas anderes ge- halten werden können als für das wirkliche Organ des Gottes. Der Mystizismus würde alle Schwierigkeiten in der Hinsicht beheben. An solchen höheren Wesen, worunter alles mit inbegriffen ist, was der Japaner „kami" nennt, und was zumeist mit „Gottheiten oder Gott" übersetzt wird, wandte sich der Urmensch in seinen Nöten und an jenes Besondere, das in der Sphäre vorherrscht, in der seine Not liegt. Daher kommt der phallische Kult, der als natürlich, schicklich und rechtmäßig ein System der Verehrung, gleich der Sonnen- und Feuer-Anbetung, bildet und nur infolge roher Miß- deutung mit Unzucht in Verbindimg gebracht werden kann, ob- gleich das oft von solchen geschieht, die, jeder sympathischen, historischen Phantasie bar, nur darauf ausgehen, auf eine Moral hinzuweisen und eine Erzählung auszuschmücken. Da der ganze Symbolismus, obgleich höchst natürlich und bezeichnend und für die stets geheimnisvolle Lebenskraft der Natur unschicklich, für uns gewonnen ist, die wir die Gepflogenheit haben zu sagen: „Gott ist ein Geist", bietet keinen Beweis dafür, daß die erste Meinung die oben erwähnte war. Cf. Mythologie der arischen Nationen von G. W. C о x 449—60.
Ich schrieb im vorhergehenden
Absatz, als ob der Gegen- stand des phallischen Kults ein einziger Gegenstand wäre: der Zumpt ; und wenn der Leser diese Angabe ohne Widerspruch an- genommen hat, so hat er nur in Übereinstimmung mit der allge- meinen Behandlung gedacht, die es irrtümlich unterläßt, die Dua- lität des Kults deutlich zu betonen. Wir sprechen von Phallizis- mus und die Deutschen vom Phalluskult und lassen absichtlich den Vozenkult beiseite, obgleich dieser, wenn überhaupt, nur um ein Geringes weniger vorherrscht als der Zumptkult. Denn ge- rade so, wie der Ausdruck Mensch für die ganze Menschheit, d. h. Mann und Weib, gebraucht wird, so dient „Phallizismus" für das, was richtig „Phalloktenismus" heißen sollte, d. h. Kult des P h a 11 o s (Zumptes) und der K t e і s (der Voze). Dieser Dua- lismus zeigt sich in Indien in der üblichen Nebeneinanderstellung
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von „linga*4 und „yoni" ;
von „masseba44 und „ashera44 in Syrien (ich fasse masseba als das männliche Symbol auf), in Griechen- land des Phallos und der Kteis (Monuments des Dames Romains, Tafel 60, Mythology of the Aryan Nations, C. W. C о x 362), in Ägypten des Kreuzes und des Ringes zur crux-ansata ver- einigt, in China des y a n g und у i n . . . wie man sie im korea- nischen Wappen vereinigt sieht, auf japanisch : futatsu-to- m о у e genannt und schließlich in Japan von у о s e k і und і n з е к і.
Dieser Dualismus ist ebenso
auffällig bei den mehr ver- menschlichten Gegenständen der Verehrimg, die durch Zumpt und Voze dargestellt werden. Der Hinduismus ordnet Kali dem Siva bei, dessen Symbole insbesondere Zumpt und Voze sind. Und Minakshi — die örtliche Gottheit in Madura, identisch mit Kali — wird jede Nacht fortgetragen, um das Lager des Sundaresvara zu teilen, cf. MonierWilliams Brahmanism and Hinduism p. p. 223—25. Tatsächlich weiht in Indien, wo man sowohl Ver- nünftiges als Unvernünftiges versucht hat, eine ganze Sekte, die der Saktas, ihre ganze Aufmerksamkeit dieser weiblichen Seite der Natur; in Syrien ist Astarte dem Baal beigeordnet, in Ägypten Isis dem Osiris, in Griechenland dem Dionysos (Mytho- logie der arischen Nationen C. W. Сох 362) und im Norden Europas Frey a dem Freyr, und jede dieser Gottheiten empfing oft ausschließliche Verehrung, gewöhnlich mit derselben demo- ralisierenden Wirkung wie in Indien. Manche Gelehrte weisen auf Mariolatry als das letzte Beispiel derselben Tendenz hin (Mythologie der arischen Nationen C. W. C о x 365). So offenbar nötig ist die Dualität zur Zeugung, daß dort, wo ein Gatte fehlt, weibliche Eigenschaften dem männlichen Wesen zugesprochen werden, wie bei Quetzalcotl, dem „Gott der Zeugung bei den Azteken44 (American Hero Myths, В r i n t o n 127). —
Ähnlich finden wir in Japan die
Paare Kami-musu b і - o - k a m і und Takami-musubi-o-kami : „der göttliche Zeuger44 und „die göttliche Erzeugerin44 — wie es manche
über- setzten (Parliament of Religions J. H. Barrows, 462; Vor- träge über Shinto, Professor Matsuyama, in Kyoto. Kakemono von Izumo o Yashiro) und wieder Izanagi und Izanami, „der Mann, der einlädt44 und „die Frau, die einlädt44, die von
einge- borenen Christen mit Adam und Eva verglichen werden und zwar
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zuerst ganz naiv aber doch den Nagel
auf den Kopf treffend, da beide Paare der phallischen Mythe angehören, obgleich sie sich in der nachfolgenden Entwicklung der Sittenlehre und daher auch dem religiösen Werte nach voneinander sehr unterscheiden. Aber in Japan, wo wie in Indien der Phallizismus noch gegenwärtig als lebendiger Glaube besteht, wird es möglich, diesen Dualismus in einer Anzahl von Einzelheiten nachzuweisen, die, wie ich glaube, auf andere Weise nicht leicht zu erklären sind. —
Ein ganz unzweideutiger Fall ist der
von den verschlungenen Ringen aus Bambusgras, die eigens dem Zweck dienen, den Ge- schlechtakt darzustellen. Ebenso bezeichnend ist die Dar- bringung von Awabi-Muscheln (No. 20) — der Symbole der Voze — vor dem Zumpt und nicht der Voze zu Kande. Eine Frau ent- lehnt umgekehrt aus dem Mizusawa-Tempel einen Zumpt und nicht eine Voze, der ihr bei der Entbindung helfen soll. In Ya- mada wird die Gegenseitigkeit nur insofern anerkannt, als man Votivgegenetände beider Geschlechter darbringt.
Ob man irgend eine Unterscheidimg
betreffs der Gottheit macht, vor der man die Weihegeschenke aufstellt, ist mir nicht bekannt geworden. Die geltende Regel, dort einen Zumpt zu opfern, um einen Gatten oder Sohn zu erlangen und eine Voze, um eine Frau oder Tochter zu erbitten, schließt den allem Zauber innewohnenden Hintergedanken ein, daß Formähnlichkeit mit einem Ding Macht über das Ding sichere. Hieher gehört auch, daß man dem Zumpt auf dem Konsei-Paß nur Zumpte darbringt. Vielleicht stellt sich als eine weitere Einzelheit für den zu jedem fruchtbringenden Ausgange nötigen Dualismus der Brauch dar, Zumpt und Voze in Matsuzawa mit Wein zu begießen, die ihn rasch austrinken sollen, wie zufolge der Angabe Hiratas die Zumpte und Vozen auf Onogoroshima eine tauartige Flüssigkeit absondern. Ebenso opfert man kleine hölzerne Votivtäfeichen, die den Umriß eines Pferdes zeigen vor dem Pfeilerpaar in Yamada. Dieses Pferd kann kaum etwas anderes bedeuten als nach buddhistischem Symbolismus : die befruchtende Regenwolke (Indian Buddhism T. W. Rhys-Davids 133). Der Regen, der aus dieser Wolke vom Himmel zur Erde fällt, ist in den kosmischen Mythen vieler Völker das imprägnierende Medium zwischen Himmel und Erde. Läge nicht der Fall vor, daß das
Kmtss: OttfMtrhfltfrfii 7
50 —
hosbi-no-tama „Juwel der Allmacht44,
gleichfalls ein bud- dhistisches Symbol auf der heiligen Ise-Stifthütte in dieselbe Stadt eingeführt ist, würde ich zögern zu glauben, daß irgend ein buddhistisches Symbol in diese Feste des Shinto eingedrungen sei. Wie ich indessen später erfuhr, dürfte es doch shintoischen Ursprungs sein. Das Pferd kann jedoch mit dem geheiligten weißen Pferde, das man allgemein auf großen Shinto-Stifthütten findet, verglichen, den Beweis liefern, daß es ein Überbleibsel des großen Pferdeopfers des mongolischen Shamanismus ist, von dem das Shinto abstammt. Mit dieser japanischen Vorstellung von Befruchtung vergleiche man den Wasseraufguß mit Heidel- beerkraut und Ringelblumen in dem indischen Kult des linga- yoni (Brahmanism and Hinduism, M. Williams 439). Und letztlich erscheint in der von D r a p e r beschriebenen Pro- zession ein abwechselnd als Mann und Frau gekleideter Schau- spieler, womit man die Vertauschimg der Gewänder in abend- ländischen Orgien vergleiche. Weitere Angaben mögen für die ihnen hier angewiesene Stellung einer Berichtigung bedürfen und man darf hoffen, daß die Fähigkeit dazu noch viele Forscher in Japan erwerben werden, bevor die ursprüngliche, formale Biologie, der modernen sogenannten kausalen Wissenschaft den Platz geräumt hat. Jedenfalls muß man noch einige besondere Gründe dafür finden, warum die dem Zumpt und der Voze dar- gebrachten Opfer doppelt oder wechselseitig sind. Eine Parallele zu diesen Gebräuchen außerhalb des Phallizismus ist mir weder in Japan noch außerhalb dieses Landes bekannt, denn die dort so oft zweifach auftretenden Füchse sind sogenannte Diener des Inari-San und man bringt sie ihm, nicht dem Fuchse selbst dar.
Der Glaube oder der geistige
Gegenwert des phallischen Kultes beruht darin, daß die Zeugung von zwei Gottheiten über- wacht wird, die zueinander in Beziehungen von Mann und Weib stehen und am besten durch ihre Zeugungorgane, die man zu Land und im Wasser findet, dargestellt werden. Man verehrt sie also am geeignetsten durch die Darbringung ähnlicher Gegen- stände, die vom gleichen oder dem der betreffenden zu ehrenden Gottheit entgegengesetzten Geschlecht sind. In dem Falle des Konsei, den man in der Gegend von Yumoto ohne jede geschlechtliche Genossin verehrt, legt man den Nachdruck,
51
wie so häufig auch bei andern
Kulten, auf das männliche Element.
Unsere Erklärung dieser Art von
Glauben ist klar und un- umstößlich und wird gleichermaßen für alle Glaubensbekennt- nisse gelten. Die geistige Höhe und der daraus abzuleitende Wert der Götter wechselt einzig und allein und geradenwegs mit der geistigen Höhe ihrer Anbeter. Zeigt mir Euren Menschen, und ich will Euch seinen Gott weisen !1T)
17) Eine hübsche
Ergänzung zu Backleye Studie lieferte Josef Schedel, Phalluskultue in Japan, Verhandlungen der Berliner Anthropolog. Gesellschaft. Ztschrft f. Ethnologie, XXVH. Berlin 1895. S. 629 ff.
7*
II
la
Die vaterreehtliehe Ehe.
Die Ausübung* des Beischlafs und
die religiösen An- schauungen. — Die Ehelosen. — Braut und Bräutigam. Die Eheschließungform. — Die Ehe auf Zeit. — Die Vielweiberschaft. — Ehebruch und Scheidung.
Das alte Sintomoralgesetz
kennt nur wenige Sünden, von denen man sich bei der zweimaligen großen Reinigung im Jahre zu säubern hat, als da sind : Blutschande, fleischliche Vermengung mit Tieren, Verwundung des Nebenmenschen, Zauberei und be- stimmte Störungen des regelmäßigen landwirtschaftlichen Be- triebes. Die Götter schauen nur darauf, daß ihnen kein wesent- licher Abbruch geschieht, sonst dürfen die Menschen tun und lassen, was ihnen behagt. Das Sinto, sowie jede Naturreligion lehrt uns deutlich, daß Religion und Moral von Anfang an mit- einander nichts gemein haben.
Die Ausübung des Beischlafs hat
vollends nichts mit der Religion zu schaffen, darum kennt das Sinto auch keine heiligen Heirat- oder Hochzeitgebräuche. Der erste Beischlaf mit einer Jungfrau pflegt mit einem Blutverlust der Braut zu enden und Blut verunreinigt. Darum gab es in älteren Zeiten überall in Japan Beischlafhütten für Brautleute. Man suchte zwar Jung- fern zu Tänzerinnen vor Göttern aus, doch daran ist nicht viel besonderes. Wenn bei uns hochstehende Persönlichkeiten mit ihrem Besuche eine Kleinstadt oder ein Dorf auszeichnen, schickt man auch ihnen die besterhaltenen Jungfrauen zur Begrüßimg entgegen und die sind ebensowenig als die japanischen Tänze- rinnen verpflichtet, die Keuschheit bis
an ihr seliges Ende zu bewahren.
Vor fünfzig Jahren, so erzählte mir
mein Vater, kam ein elavonischer Kaufmann zu Markt nach Pest. Nach Besorgung seiner Einkäufe sagte er zu seinem Geschäftfreunde: „Ich bin seit drei Wochen vom Hause weg und habe ein unbezwTinglich Be- dürfnis nach einem Frauenzimmer. Ein Bordell zu besuchen, ist mir zu widerwärtig. Könnten Sir mir nicht aus Freundschaft zu einer gesunden Hausmannkost verhelfen?" — „Ohne weiteres. Das ist hier leicht zu haben. In der Q.-straße wohnt im ersten
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Stock eine junge schöne gesunde
Witwe. Die gibt sich Ihnen gern auch umsonst hin. wenn sie ihr aber fünf Gulden spendieren, so kennt sie sich vor Freuden gar nicht aus." — Auf des Slavoniers
\nlauten öffnet ein sauberes
Stubenmädchen die Tür und bittet ihn, rechts bei der gnädigen Frau einzutreten. Arglos öffnet der Kaufmann die Stubentür und will schnell zurück, als er in einem fein eingerichteten Salon eine wunderschöne Dame in Trauer- kleidern vor einem Heiligenbilde auf dem Betschemel kniend er- blickte, die Dame winkte ihm aber zu bleiben und sich auf dem Divan niederzulassen. In größter Verlegenheit setzte er sich und wartete noch gut eine Viertelstunde, bis die junge Frau ihre innige Andacht beendete. Dann setzte sie sich ihm gegenüber, blickte ihn mit ihren seelenvollen Augen an und fragte ihn voll freundlicher Anmut und Würde: „Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuches?" — „Gnädige Frau, verzeihen Sie mir die Kühn- heit meines Eindringens. Ich bin das Opfer eines schändlichen Bubenstreiches geworden, dessen Tragweite mir erst völlig klar wurde, als ich Sie im inbrünstigen Gebete versunken sah." — „Sie erschrecken mich, Herr, erzählen Sie mir doch alles genau!" flötete sie ihn mit ihrer bestrickenden Stimme an. Und er beich- tete ihr alles offenherzig. Da lachte sie ihm fröhlich ins Gesicht, schwang sich ihm auf den Schoß, umhalste ihn und sagte lachend : „Mein liebes Äffchen ! Dein Freund ist gerecht. Ich gebe Gott, was Gott gebührt, und den Männern, was Männern gefällt !"
Das ist trotz aller Moralheuchelei
auch bei uns der Stand- punkt aller frommen und unfrommen Betschwestern und der Bet- brüder nicht minder, die Japanerin hat aber nie einen anderen ge- kannt. Deshalb muß man entgegen der Meinung A s t o n s die Mitteilung eines modernen japanischen Schriftstellers, die jener für übertrieben ansieht, für volle Wahrheit gelten lassen, wenn er sagt: „Zu Ise öffnet heutigentags La*s beinahe angesichts der heiligen Haine dem Pilgram die Tore." Die Annahme ihrer Ein- ladung entwürdigt ihn weder vor seinen eigenen Augen, noch vor denen irgend eines anderen, so daß er ungeeignet erschiene, sein nachfolgendes frommes Vorhaben zu vollbringen. Eine einmalige Lustrationhandtung stellt sowohl seine sittliche als physische Reinheit wieder her." Der Japaner hat dieselbe Anschauimg wie unser Älpler: „Oben auf der Alm, da gibt's ka
Sund'!", doch be- ginnt bei ihm die Alm schon im Tal.
Sicher ist nur, daß der Japaner als
schweres moralisches Ver-
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x) Küchler, Transact As.
Soc. Japan, XTTL p. 117. (Marriage in Japan.)
Я) Ploee-Bartele: Das Weib in Natur- und
Völkerkunde, 8. Aufl. Leipzig 1906. Ł S. 46.
*) Westermarck: Geschichte der
menschlichen Ehe. Aus dem Englischen топ Leopold Katcher und Bomulus Grazer. Bevorwortet топ Alfred Bussel Wallace. Jena 1893. S. 118.
Knust: Gtschlechtleben. 8
gehen den Geschlechtverkehr mit der
leiblichen Schweeler von derselben Mutter verabscheut, der Halbschwester (vom Vater aus) aber nicht aus dem Wege geht. Aston glaubt, das Tabu stamme noch aus jener Zeit, als man die Verwandtschaft haupt- sächlich nach dem Mutterrechte bestimmte, diese Annahme ist jedoch zweifelhaft, weil auch das Vaterrecht gegen die frühzeitige Vermählung der Töchter ist. Bis zum Jahre 1868 war es den ver- schiedenen Adelklassen nicht erlaubt, untereinander oder aus dem gemeinen Volke zu heiraten.1)
*
Bei den Chinesen und den Japanern
schmückt man das heran- gereifte Mädchen mit der Haarnadel, dem Kopfputz der Frauen. Bei den Japanern ist dieses ein Akt von besonderer Festlichkeit, und das durch die Ausschmückung mit den Haarnadeln nun für „erwachsen44 erklärte junge Mädchen wird dann Anverwandten und Befreundeten vorgestellt.*)
In Japan war es früher gebräuchlich,
daß die Frauen, wenn sie heirateten, ihre Augenbrauen abrasieren ließen, da dichte und schöne Augenbrauen als eine der schönsten Zierden des Weibes galten. Zu gleicher Zeit wurden nach Balfour ihre Zähne schwarz gefärbt, was nur den Erfolg haben konnte, die Gattin dem Ge- mahl und auch anderen Männern minder begehrenswert zu machen (Balfour, „The Cyclopaedia of India, Band III, S. 252). Dies gemahnt uns an die weit verbreitete Sitte, die Frau ihres Schmuckes zu berauben, sobald sie heiratet.*)
In Japan sind, wie Westermarck von
einem Freund er- fuhr, alte Jungfrauen und Junggesellen fast gänzlich unbekannt. Diese seltsame Erscheinung erklärt sich befriedigend dadurch, daß sich der gute Freund nicht bemüht hat, ein japanisches, sta- tistisches Jahrbuch zu Rate zu ziehen, das ihn eines anderen be- lehrt hätte. Selbst in der südslavischen Hausgemeinschaft, wo jedes heiraten mußte, gab es alte Junggesellen und alte Jung- fern, denn die Uranier und Urninden macht nicht einmal das Ge-
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wohnheitrecht zu Zeugungmenschen,
dann kommen in Japan noch die Armen dazu, die sich den Luxus selbst des bescheidensten Familienlebens nicht zu leisten vermögen.
Unter der erst seit 1868 beseitigten
Feudalherrschaft bestand in Satsuma ein den Geschlechtverkehr zwischen Mann und Weib erschwerendes Gesetz, das jedem jungen Manne unter 30 Jahren die Berührung eines Weibes bei Todesstrafe untersagte. Dieses Gesetz war dadurch bedingt, daß die Bevölkerung von Satsuma einen äußerst kriegerischen Stamm bildet, von dem sich dauernd 10 000 bis 20 000 Mann auf Kriegszügen befanden und in be- ständiger Besorgnis um die Keuschheit oder Treue ihrer daheim gebliebenen Ehefrauen durch die Zudringlichkeiten des jugend- lichen männlichen Nachwuchses hätten schweben müssen, wenn nicht durch Androhimg mit Todesstrafe dessen Begierde wäre in Schranken gehalten worden. Gleichgeschlechtlicher Verkehr da- gegen stand den jungen Leuten frei und wurde, so lange diese Ver- hältnisse bestanden, auch fleißig ausgeübt.4)
Mit der ausgeprägten
geschlechtlichen Sinnlichkeit, meint K a r s c h, wäre wohl die alte japanische Gesetzvorschrift in Zusammenhang zu bringen, nach der mit dem 17. Lebensjahre ge- heiratet werden soll; da jedoch die gesteigerten Ansprüche und Kulturbedürfnisse ein so frühes Heiraten heute nicht mehr ge- statten, so kommen den Ärzten immer zahlreiche Fälle männ- licher Hysterie mit häufigen unwillkürlichen Samenentleerungen zur Beobachtung.6) Ethnologisch betrachtet hat die Gesetz- vorschrift auch in Japan, wie sonst bei den Völkern, nur den einen wirtschaftlichen Zweck, der zugleich auch für die Weiterführung des Ahnenkultes vorsorgt. Mittelbar spricht dafür auch der Um- stand, den K a r s c h im Anschluß daran hervorhebt, daß näm- lich dem Japaner die vom Abendlande künstlich gezogene Ab- grenzung zwischen Ehe und Prostitution völlig fremd ist. Die Ehe wird als d a s angesehen, was sie auch in Europa in den meisten Fällen ist, als ein gutes (ich sage wieder, in 96 von 100 Fällen als ein fragwürdiges) Geschäft, und die Prostitution erscheint als eine
4) F. Kars ch-Haaok, Das
gleichgeschlechtliche Leben der Ostasiaten, Chinesen, Japaner, Koreer. München 1906. S. 60 f.
*) Nach A. Wernich, zit v.
Karech-Haack, Das gleichgeschlechtliche Leben der Ostasiaten: Chinesen, Japaner, Koreer. München 1906. S. 68 f. — Ebenda nach Ed. Hildebrandt.
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in den Verhältnissen begründete
Notwendigkeit, der ein mora- lischer Makel nicht anhaftet/)
Wenn sich in einer japanischen
Familie bloß Töchter be- finden, so wird der ältesten ein Gatte verschafft, der zur Familie seiner Gattin übertritt und zu gleicher Zeit deren Namen an- nimmt.
„Mit Anhänglichkeit auf der einen
Seite und Arglist auf der anderen," sagt G r i f f і s , „kann ein gewissenloser Vater tun, was er will .... Die japanische Maid, so rein wie die reinste christliche Jungfrau, tritt morgen auf dem Befehl ihres Vaters in das Bordell und prostituiert sich für ihr ganzes Leben. Nicht ein Seufzer entweicht ihren Lippen, während sie derart gehorcht" (Gr if fis „The Mikado's Empire", S. 124, 147, ббб). Ehen werden fast unabänderlich von den Eltern oder nächsten Ver- wandten des Paares oder mit Hilfe eines „nakodo" (Vermittlers) vom Paare selbst abgemacht, und es gilt für letzteres als höchst unschicklich, sie auf eigene Faust zu schließen. Bei den niederen Klassen sind direkte Verbindungen nicht selten; sie werden jedoch scheel angesehen und sind als „jago" (d. h. „Begegnimg auf der Heide") bekannt — ein Ausdruck der Mißachtung, welcher die hierüber gehegte schlechte Meinung beweist. Die Pflicht des Mittelmannes besteht darin, der Beteiligten Charakter, Gewohn- heiten, schlechte und gute Eigenschaften und Körpermängel gegenseitig zur Kenntnis zu bringen und alles aufzubieten, um der Angelegenheit einen günstigen Abschluß zu geben. Es geschieht selten, daß die unmittelbar beteiligten Parteien direkt mit dem Vermittler verhandeln; wenn sie Eltern oder Vormünder haben, so tun es diese, sonst die nächsten Verwandten, Der Vermittler muß eine Zusammenkunft des Paares zustande bringen, welche unter dem Namen „mi ai" (wörtlich „Seh-Begegnung") bekannt ist, und wenn nach dieser Begegnung einer der Beteiligten mit dem anderen nicht zufrieden ist, wird die Sache nicht weiter fort- gesetzt. „Vor Zeiten aber," sagt K ü c h 1 e r , „wurde diese vor- eheliche Begegnung Leuten sehr hohen Ranges erlassen, so daß diese sich folglich nicht früher sahen, als bis am Hochzeittage die Braut den Schleier lüftete" („Trans. As. Soc. Japan" XIII, S. 117—119).
e) Kuchler, „Marriage in
Japan", Trane. As. Soc. Japan, XUt p. 116.
8*
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Westermarck: Geschichte der
menschlichen Ehe. Aue dem Englischen топ Leopold Katscher und Bomulus Grazer. Bevorwortet топ Alfred Bassel Wallace. Jena 1893. S. 234 ff. und 396.
*) Ph. Fr. t. Siebold,
Nippon. Archiv zur Beschreibung топ Japan. Leipzig 1897. EL S. 107.
Der vorgeschlagene Gatte schickt
seiner künftigen Braut be- stimmte vorgeschriebene Geschenke, und diese Übersendung von Geschenken bildet einen der wichtigsten Teile der Vermählung- zeremonie. Tatsächlich ist, sobald einmal die Geschenke über- schickt und angenommen wurden, der Vertrag geschlossen, und keiner der Beteiligten kann ihn mehr widerrufen. K ü c h 1 e r bemerkt („Trans. As. Soc. Japan", XIII, S. 120), daß er nicht imstande war, die genaue Bedeutung dieser Geschenke ausfindig zu machen, denn die einheimischen Werke über die Ehe schweigen über den Gegenstand, und die Japanesen selbst können keine andere Erklärung dafür angeben, als daß die Sitte von alterher. überliefert ist. Westermarck meint, daß das Übersenden von Geschenken eine Folge des früheren Gebrauches der Kauf ehe bildet.7) Das ist wohl richtig.
Das Hochzeitgewand der Braut ist
weiß; es spielt auf die jungfräulichen Tugenden an, die sie dem Gatten mitbringt und versinnbildlicht die Betrübnis der Eltern, aus deren Hause sie ihrem Bräutigam folgt, sagt vonSiebold, der hier der weißen Farbe eine Bedeutung beimißt, die ihr auch in Japan nicht zu- kommt. Das Ehebündnis schließt man im Hause des Bräutigams und vollzieht die Trauung in Gegenwart der Eltern und einiger Zeugen, indem man dem Brautpaar eine Schale mit Sake dar- reicht.
So stärkt sich gleichsam das junge
Ehepaar zur mühevollen Wanderung durchs irdische Leben. Dem Jahrgotte (Tositoku) bringt man Opfer dar, damit er ein langes Leben gewähren möge. Man stellt am Hochzeittage das Simadai, ein Sinnbild des glück- lichen Alters, auf und setzt zum Andenken an die Voreltern, deren einfache Nahrung Seegras und Muscheln waren, diese Speisen vor das Brautpaar.8)
Herr A s t o n macht mich brieflich
auf einen alten japa- nischen Brauch aufmerksam, der entgegen allen anderweitigen Berichten als ein Zeugnis für die Bewertung der Jungfrauschaft, zumindest in den reichsten oder bevorrechtetsten Adelkreisen
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spricht, doch auch dahin aufgefaßt
werden kann, daß man ein Ehebündnis für geschlossen erst dann betrachtet, wenn man den offenkundigen Beweis für den richtig vollzogenen Beischlaf vor sich sah. „Wenn in früheren Zeiten in einer vornehmen japa- nischen Familie eine Hochzeit stattfand, versammelten sich alle Freunde und Verwandten, und man traf Vorbereitungen zur Festlichkeit, doch harrten zunächst alle Gäste, bis sich der Bräutigam mit der Braut zurückgezogen. Nach einer gewissen Weile erschien eine alte Frau vom Hausgesinde mit einem blutigen Hemd. Das war das Zeichen für die Gäste, sich dem Hochzeitschmaus hinzugeben."
„Die Ehen werden auf Zeit
geschlossen: von anständigen Personen beiderlei Geschlechts auf fünf Jahre, in den niederen Ständen auch auf kürzere Zeit. Dabei findet aber höchst selten, nur bei wirklich offenkundigem Unglück und bei Vor- handensein wohlgebildeter, lebender Kinder fast nie ein Aus- einandergehen der Eheleute statt, — im Gegenteil sind die meisten dieser Zeitehen ebenso glücklich, wie die ja auch durch ein höchst1
einfaches und dem japanischen sehr ähnliches Zeremoniell trenn- baren jüdischen Ehen."*)
Polygami, so sagt Rein, wTar
im alten Japan eine weit ver- breitete Sitte. Iyeyasu spricht in seinen Gesetzen dem Mikado das Recht zu, sich ein Dutzend Nebenfrauen zu nehmen; den Daimio und Hatamoto werden darin acht Konkubinen erlaubt und den gewöhnlichen Sumarai zwei. Aber nur in seltenen Fällen machten sie davon Gebrauch, und dann geschah es wohl, daß die Frau, die ihre Kinder selbst und lange säugt und verhältnismäßig früh alt wird, dem Manne selbst eine M e k a k e oder Konkubine zuführte.10) »
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Von einer Polygamie der Japaner zu
reden, ist wissenschaft- lich unhaltbar; denn die Ehe in Japan war ursprünglich keine Zwangehe oder Monopolehe, vielmehr eine Ehe auf Zeit. Der Mann war zu ehelicher Treue nicht verpflichtet und durfte sich
0) A We mich, Geographisch-medizinische
Studien nach den Erlebnissen einer Heise um die Erde. Berlin 1878. S. 137. Zit. nach J. Bloch, Das Sexualleben. 1907. S. 269. Bloch erinnert dabei, daß Goeth e in den Wahl- verwandtschaften einen ähnlichen Vorschlag mache und wohl den Japanischen Brauch gekannt haben dürfte.
10) Bein, J. J.: Japan
nach Beisen und Studien im Auftrage der Königl. preußischen Begierung dargestellt. Leipzig 1905. I2. S. 586 f.
— 62
darom seinen Vermögensverhältnissen
nach soviel Frauen nehmen, als er zu erhalten in der Lage war. Das ist aber keine Polygamie, Vielehe, sondern eine Polygynie, eine Vielweiberei, und es ist selbstverständlich, daß dann alle Frauen des Mannes gleichermaßen legitim oder illegitim dem Manne gegenüber be- rechtigt oder unberechtigt waren. Die Gesetze setzten nur der Zahl der Frauen eines Haushaltes eine Grenze, um den Mann vor dem wirtschaftlichen Niedergang zu behüten. Gleichartige Zu- stände obwalteten auch anderswo in der Welt, z. B. in China, im alten Mexiko und Peru zur Zeit der Inkas. Führte die erste Frau selber dem Manne eine zweite Beischläferin zu, so tat sie nur klug daran, daß sie sich ihre Gesellschafterin selber auswählte und die Bestimmimg nicht der alleinigen, unberechenbaren Neigung des Gatten anheimstellte.
In Japan bedingt der
Geschlechtverkehr mit der Konkubine des Vaters oder Großvaters oder mit der Gattin des Sohnes be- ziehungweise Enkels dieselbe Strafe wie der Geschlechtverkehr mit einer väterlichen Tante oder Schwester.11)
Auch in Japan scheint es früher
wenigstens gebräuch- lich gewesen zu sein, daß der Ehegatte sich mit dem Schwerte an dem Schänder seiner ehelichen Ehre rächte. Später ist dann eine Geldstrafe an die Stelle der Tötung getreten, und noch heute besagt eine scherzhafte Redensart: „Der Preis des Ehebrechers beträgt
lYz Goldstücke.'4 Sie wird nach E h m a n
n gebraucht, um im Scherz vor intimen Beziehungen zu der Frau eines andern zu warnen.
Der Japaner kann sich ohne besondere
Gründe von seiner Frau trennen, und er darf sich danach so oft wieder verheiraten, als er will, nur nicht mit der leiblichen Schwester der Frau oder einer Schwester einer vorigen Gattin.
Eine japanische Redenart lautet:
Eine Frau verläßt (das Haus des Mannes) auf siebenerlei Art. Das bezieht sich, nach E h m a n n , auf die sieben Scheidunggründe, die nach dem Taihoryo, einem 701 nach Christo erschienenen, nach chine- sischem Muster verfaßten Gesetzbuche dem Manne zustanden,
u) Longford, „Summary of
the Japanese Penal Codes* Trans. As. Soc. Japan. V. S. 87.
— 63 —
Dieselben sind: Kinderlosigkeit,
Ehebruch, Ungehorsam gegen die Schwiegereltern, Schwatzhaftigkeit, Dieberei, Eifersucht und erbliche Krankheit. Der Frau „drei und eine halbe Zeile geben,41
heißt, ihr den Scheidebrief zu geben, der unveränderlich den- selben, aus drei und einer halben Zeile bestehenden Wortlaut hatte.12)
Nach dem geltenden Strafgesetz wird
eine verheiratete Frau, die ein Priester entehrt, selbst im Falle erwiesener Notzucht, strafbar. Man scheert ihr den Kopf und bringt sie darauf in ein Kloster. Man bestraft auch eine Verlobte, die sich von einem anderen als dem Bräutigam verführen läßt. Man verstößt sie aus ihrem väterlichen Hause, und das Gericht verweist sie in ein Bordell.")
Geschlechtlicher Umgang der Bonzen
mit dem Weibe galt ehemals als ein Hauptverbrechen, war sogar bei Todstrafe ver- boten, „sodomitische Sünden" dagegen waren in den Augen der Bonzen keine verabscheuungwürdige Unflätigkeit, wurden viel- mehr für ein Spiel, eine Harmlosigkeit, ja beinahe für etwas löb- liches gehalten.")
1S) Ploee-Bartels: Das
Weib in der Katar- nnd Völkerkunde! 8. Auflage. 1905. I. S. 697 und 704.
18) Siebold, Ph. Fr. t.,
Nippon. Archiv zur Beschreibung топ Japan. Leipzig 1897. I. S. 418.
u) F. Karsch-Haack. Das
gleichgeschlechtliche Leben der Ostasiaten: Chinesen, Japaner, Koreer. München 1906. S. 77.
IV.
Die Stundenehe.
Charakteristik der Prostitution.
— Die japanischen Fremdenhäuserviertel in den Städten. — Das Leben der käuflichen Frauen. — Die Prostitution in Japan ein Überlebsei aus der Zeit des Mutterschaftrechtes. — Die Stundenehe als Vorspiel einer längeren Zeitehe. — Die ethnologische Parallele aus Norddalmatien.
Kraust: GeschlecbUebert.
9
w ie die Prostitution, so ist auch die
sexuelle Perversion ein tief im Menschen wurzelnder Hang zur geschlechtlichen Aus- artung, es ist eine primitive, exquisit anthropologische Er- scheinimg, die durch die Kultur nicht verstärkt, sondern gemildert wird. Charles Darwin weist mit Recht darauf hin, daß die Verabscheuung der Unzuchtigkeit und geschlecht- licher Verirrungen eine „moderne Tugend" ist und dem zivili- sierten Leben angehört, aber dem Wesen des primitiven Natur- menschen ganz fremd ist. Dieser schwelgt (worauf auch Wil- helm Roscher hinweist) in wilder Unzucht, geschlechtlicher Perversion und Ausschweifung. Die sexuellen Verirrungen der Kulturvölker sind meist N a c h a h m u n g e n der von primitiven Völkern gegebenen Beispiele.441) Iwan Bloch weist im fol- genden nur nach, daß bei den Primitiven die gleichen Reizmittel und die Prostitution wie bei den höchststehenden Kultur- menschengruppen vorkommen, aber daß die letzteren die Nach- ahmer wären, dafür mangelt jeder Beleg. Es ist auch völlig un- erfindlich, woher unsere Perversen eine Kenntnis von den Übungen der Primitiven haben und was sie zur Nachahmung reizen sollte, wären diese Dinge nicht in der menschlichen Natur begründet. Auf solche Wolluststeigerungen kommen die Menschen überall durch ihre eigene Findigkeit.
Die Prostitution, sowohl die
weibliche als die männliche, tritt überall in der Welt auf, und wo man sie unterdrückt, gedeiht sie nur im Verborgenen weiter. Sie ist gar nicht auszurotten, weil sie überall einem Bedürfnisse entspricht. Das höchste, was sich erreichen läßt, ist eine Einschränkung ihrer üblen gesundheit- lichen und wirtschaftlichen Folgen. Man bleibe dabei immer der weisen Bemerkung K
a r s c h s eingedenk, daß bei uns zwischen
*) Das Sexualleben unserer Zeit.
Berlin 1907. S. 618.
9*
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Ehe und Prostitution eine künstliche
Abgrenzimg gezogen wird. Die Prostitution ist sogar unter Völkergruppen auf primitiver Kulturstufe nachweisbar, wo bei einem Uberfluß an Grund und Boden zur Bestellung und reichen Jagdgebieten, selbst bei einem Uberwiegen der Männer- über die Weiberzahl, jedes gesunde Frauenzimmer Aussicht auf eine lebenlängliche Versorgung durch einen Ehegatten und jedes Weib viele Bewerber auf ihre Hand hat. Ein bestimmter Prozentsatz unter den Frauen fühlt sich geschlechtlich nur in einer Polyandrie glücklich, die wir mit dem Namen der Prostitution brandmarken. Daß so veranlagte Frauen von vornherein schlecht sein müssen, ist bei uns eine landläufige Meinung, die allerdings eine Stütze in der Erfahrung findet, nach der ein ungezügeltes Geschlechtleben selten oder nie edlere, altruistische Gefühle bei Weiblein und Männlein auslöst, im Gegenteil die Grausamkeit fördert und die schmutzigste Habsucht züchtet.
Behufs leichterer Befriedigung des
starken Geschlechtbe- dürfnisses hat in Japan nicht nur jede große Stadt und jeder Handelplatz öffentliche Mädchenhäuser, sondern auch jeder See- hafen, ja jedes kleinste Dorf. Und diese Häuser der Wollust: Yoehiwara, Youjowa oder Kouromou, werden nicht etwa als Plätze der Lüderlichkeit oder als unanständige Orte betrachtet, sondern selbst von bestbeleumundeten Personen aufgesucht. Diese Lusthäuser gehören zu den schönsten und prächtigsten Häusern im Lande und sind nicht selten an die Tempel der japanischen Gottheiten angebaut. Sie sind Staat- institute. Arme Eltern können ihre Töchter dem Staate ver- kaufen, der sie schon in den zartesten Kinder jähren übernimmt und sich zugleich auch zu ihrer Erziehung verpflichtet. Sie lernen lesen, schreiben, spielen auf den Saiteninstrumenten und nütz- liche Handarbeiten, um herangewachsen je nach ihren körper- lichen und geistigen Vorzügen in öffentlichen Häusern ver- schiedener Kategorien untergebracht zu werden. Die schönen, witzigen und guterzogenen Mädchen aller dieser Staatanstalten werden meist liebevolle Frauen und gute Mütter. Die Mehrzahl der armen Japaner wählt ihre Ehefrauen aus diesen Häusern. Die japanische Gesellschaft nimmt keinerlei Anstoß an ihrer Ver- gangenheit, wie das „christliche44 Europa, das ihren in ähnliche Lage gedrängten Geschöpfen alle nur erdenklichen Hindernisse bereitet. Das japanische Prostitutionwesen steht als ein abge-
— 69 —
grenztes moralisches Quarantänsystem
unter strengster gesetz- licher und polizeilicher Kontrolle; Regierung und Volk fahren am besten dabei. Eine Schattenseite der japanischen Prostitution ist lediglich die Ausbreitung und Entwicklung der Syphilis.
Das Kurtisanenviertel von Yedo, dem
heutigen Tokio, Yoshiwara, um 1600 in der Nähe des Palastes der Shogune angelegt, 1637 durch Brand zerstört, wurde im Norden der Stadt, wo es sich heute befindet, neu aufgebaut und mit Gräben um- zogen. Der Zugang zu ihm führt durch ein einziges Tor. Es wird durch sich kreuzende Straßen parzelliert. In den „grünen Häusern" wohnen die wie Prinzessinnen erzogenen und früher einer altertümlichen Sprache beflissenen О і r a n s. Jeder sind zwei jüngere K a m u r o s beigegeben, die später selber zu Oirans aufrücken. An der großen Mittelstraße liegen die Tee- häuser. Die beherbergen die zu einem „ehrbaren44 Benehmen verpflichteten Geishas (Sängerinnen). Ein amtlich gestempeltes Beschwerdebuch ist dort ausgelegt und ein Yakunin (Polizei- beamter) in großer Gala führt im Empfangsalon die Aufsicht, da die ganze Einrichtung auf Autorisation der Regierung beruht und dem Staatfonds zugute kommt. Die Teehäuser sind im ganzen Land der Mittelpunkt des geselligen Verkehrs. Nichts die Grenzen des Anstände Überschreitendes ereignet sich dort, da dem Japaner eine „offizielle Abgemessenheit44 angeboren ist. Da diese Teehäuser auch von dem weniger bemittelten Japaner regelmäßig besucht zu werden pflegen, so bilden sie, in großer Anzahl vorhanden, zugleich eine Hauptquelle für polizeiliche Erhebungen.2)
A. H. E X n e r berichtet kurz und bündig über
die Ab- schließung von Zeitehen in Japan: „Die Geishas sind meist von niederer Abkunft und den in diesen Kreisen herrschenden moralischen Begriffen entsprechend jederzeit bereit, mit Zu- stimmung ihres Herrn sich durch Vertrag auf einen Monat oder längere Zeit an einen Einheimischen oder Fremden zu ver- mieten.
„Nicht zu verwechseln mit den
Geishas sind die zahlreichen Vertreterinnen der japanischen Halbwelt, deren große Zahl und
3) F. Karsch-Haack. Das
gleichgeschlechtliche Leben der Ostasiaten Chinesen, Japaner, Koreer. München 1906. 8. 69 ff., wo in Anmerkungen die Quellen für die Angaben im einzelnen gewissenhaft vermerkt sind.
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soziale Stellung wir mit den alten
japanischen Sitten ent- schuldigen müssen. Diese Mädchen werden, beziehungsweise wurden — denn die Verhältnisse beginnen sich auch auf diesem Gebiete jetzt langsam zu ändern — in jugendlichem Alter von ihren Eltern an gewisse Häuser verkauft, beziehentlich vermietet. Hier erhalten sie bequeme, reinliche Zimmer und werden täglich im Samisen spiel, Singen, im Brief schreiben usw. unterrichtet ; kurz, man sucht sie so präsentabel als möglich für die Männer- welt zu machen. Die älteren unterrichten die jüngeren, und diese wiederum dienen den ersteren als Dienerinnen. Ist die Zeit, für die sie verkauft waren, abgelaufen, und haben sie sich in- zwischen verheiratet, so werden sie bei dem gewöhnlichen Volke als ehrbare Frauen betrachtet. Die Schuld ihres früheren Lebens- wandels wird ihren Eltern und Verwandten zugeschrieben, die sie zu solch einem Leben verkauft haben. Die Mädchen selbst können ihres jugendlichen Alters wegen hierfür nicht verant- wortlich gemacht werden, und da sie in der Regel gut, ja besser als die gewöhnliche Klasse der japanischen Frauenwelt erzogen sind, so hält es meistenteils nicht schwer, einen Gatten aus dem geringeren Volke für sie zu finden. . .
„Nach dem Urteil aller, die die
einschlägigen Verhältnisse genauer kennen, erscheinen die Zugehörigen der japanischen Halbwelt nie auf einer so niedrigen, rohen Stufe, wie so häufig die Demimondainen unserer großen Städte. Andererseits werden die Bewohnerinnen der Yoshiwara auch von dem besseren Teil der Gesellschaft nicht verachtet, sondern nur bemitleidet, be- finden sie sich doch hier nicht aus eigener Schuld und Neigung, sondern meist auf Befehl ihrer Eltern, d. h. in Ausübung des schuldigen, kindlichen Gehorsams und der Kindesliebe.
„Im Hinblick auf die milde
Beurteilung, die man im ganzen Lande den Yoshiwaras und ihren Bewohnerinnen zuteil werden läßt, wird es nicht sonderlich erstaunen, daß noch heutigentags der Weg zu dem größten Heiligtum des Landes, dem Tempel der Sonnengöttin zu Ise, durch ein im ganzen Lande berühmtes Yoshiwara führt.8)
8) A. H. Ex ner: Japan. Skizzen топ Land
und Leuten mit besonderer Berücksichtigung kommerzieller Verhältnisse. Leipzig 1891. S. 79 f. — Aus- reichende Belehrungen über das YoSiwara gewahrt das allgemein zugangliche Werk топ Ploss-Bartels: Das Weib in der Natur- und Völkerkunde. Leipzig 1905,
Im Jahre 1617 siedelte man zuerst
auf Ansuchen der ver- einigten Bordellwirte alle Prostituierten der Hauptstadt in einem besonderen, für sich abgeschlossenen Stadtteil an. Ausschlag- gebend war für die Behörde dabei der Umstand, daß die Wirte zu Polizeikonfidenten wurden, die über die Besucher eine ziel- bewußte Aufsicht zu führen hatten.
Aus der behördlichen Bordellordnung
muß die Bestimmung hervorgehoben werden, wonach kein Gast länger als 24 Stunden in einem Fremdenhause verweilen durfte. Das ist schwerlich eine Neuerung, vielmehr nur die Kodifizierung des uralten Brauches der auf einen Tag und eine Nacht berechneten Zeit- ehe. Das Frauenzimmer heißt man nicht wie bei uns eine Hure oder Metze, sondern ein Zeitweib, ein „temporary wife", wie De Becker das japanische Wort ins englische übersetzt. Im Empfangzimmer erwartet den Gast ein dreimaliger Reisbier- trunk, der zur Vollziehung des Heiratbrauches (S a n * s a n - k u - d о) unerläßlich ist und der einer sonst üblichen Heirat- zeremonie gemäß kredenzt wird. Das Mädchen erscheint mit einer Sinzo, die das Paar unter Hersagung der gebräuchlichen konventionellen Redensarten anata und k o n a t a vereint und die „unheilige Ehe44, wie De Becker sagt, ist ge- schlossen.4)
Unholy marriage sagt De Becker! Ja,
warum unholy ? ! Ist denn sonstwie die japanische marriage „holy44?! Wäre die Zeremonie eine Verhöhnung oder Blasphemie auf den anderen Eheschließungbrauch, so verfehlte sie ihre Absicht, weil sie nicht vor vielen Zeugen geschieht, die den Spaß würdigen müßten, und dann ist das auch kein Spaß mehr, was sich regel- mäßig abspielt und abspielen muß. Wenn auch die Ehe dem Japaner keine heilige Institution ist, einen Spaß macht er sich aus ihr doch nicht, zumindest keinen blöden Spaß.
Es ist sicher, daß in Japan in
älteren und ältesten Teilen neben oder mit dem Vaterrecht auch das Mutterrecht bestand. Das Mutterrecht beruht darauf, daß der Kindererzeuger nur ge-
8. Auflage. I. 8. 568—9 und vollende
ausführliche, zum Teil auch folkloristisch höchst wertvolle, das in nächstfolgender Anmerkung genannte Buch De Beckers, das auch mit vorzüglichen Bildern geschmückt ist.
*) The nightless city, or thar „
History of the Yoshiwara Yukwaka", 2. Aufl. London 1905. S. Höf.
legentlich mit einer Frau eine
Zeitehe eingeht und alle Rechte und Pflichten der Kinder sich nur auf die bekannte Mutter, nicht aber auf den unbekannten Vater beziehen.6) Das ist ein durch- aus ehrsames Verhältnis. Wie der Egypter des Altertums so bewahrt auch der Japaner seine ältesten gesellschaftlichen Ein- richtungen mit und neben allen anderen neueren Entwicklung- formen. In Japan ist das Vaterrechtsystem vorherrschend ge- worden, doch hat man das Muterrechtsystem nicht ausgerottet, sondern nur die ihm gehorchenden Frauen kaserniert und unter den vollsten Schutz des Staates gestellt, um sie vor Verelendung zu beschützen. Darum ist es ethnologisch unzulässig, das Yoäi- wara unseren abendländischen Bordellstraßen gleichzusetzen und völlig verfehlt, die bürgerlich ehrsame Geiäa mit der bei uns entrechteten, verknechteten, aus der bürgerlichen Gesell- schaft ausgestoßenen Insassin eines Bordells zu verwechseln. Ebenso ist es ungehörig, die Japaner ein der Hurerei und Unzucht verfallenes Volk zu schimpfen; denn die Schmähung fällt auf den zurück, der sie vorbringt.
Die pomphaften Aufzüge der
Freudenmädchen der Yoshi- waras bei verschiedenen Festen, insbesondere bei Blumenfesten beschreiben viele Forscher und am eingehendsten verweilt dabei De Becker. Im prächtigsten Anzug und mit Schmuck über- laden marschieren die Mädchen vor den Männern auf, um sie zur Tag- und Nachtehe oder nur zur Stundenehe anzulocken, aus der
6) Vergl. Post, Albert,
Herm.: Grundriß der ethnolog. Jurieprudens. Leipzig 1894. I. 8. 71 ff.; 150 ff.; 211. — Studien zur Entwicklungsgeschichte des Familienrechts. Leipzig 1890. 8. 6 ff. u. 260 ff. — Hellwald, Friodr. v.:
Die menschliche Familie nach ihrer Entstehung und natürlichen
Entwickelung. Leipzig 1888. S. 208—226. Einrichtungen und Sitten im Matriarchat. S. 227 bis 240. Die Bündnisform im Matriarchat. — Unter Außerachtlassung unzähliger Tatsachen des Völkerlebens bestreitet C. N. Starcke, Die primitive Familie in ihrer Entstehung und Entwicklung. Leipzig 1888. S. 260 ff. das Vorkommen des Matriarchats. — J. E. De Becker beschreibt in seinem zuvor genannten Werke mit aller Sachlichkeit und Ausführlichkeit Glauben, Sitten, Bräuche und sonstige Folklore der Tosiwarafrauen. Das sind durchwegs Zunft- und Handwerk- Überlieferung, die man mit Nutzen nachlesen mag, die jedoch für unsere
Betrachtung топ untergeordneter Bedeutung sind. De Beckers wiederholte Klage, daß im ToSiwara die Männer gründlichst auegebeutelt werden, beweist nur, daß der Mann sowohl in der Zeit- als in der Dauerehe gewöhnlich der Gerupfte ist. Wer bei seinem Geld bleiben will, muß die geschlechtliche Liebe aus seinem
Gefuhlregister streichen.
73
aber auch unter günstigen
Umständen eine mehrjährige Dauer- ehe werden kann. Eg ist sehr wenig wahrscheinlich, daß diese öffentlichen Reizeauästellungen auf einer modernen Erfindung industrieller Yoshiwarahäuserwirte beruhen, vielmehr dürften sie, wie soviele andere Bräuche des streng konservativen japanischen Volkes eine uralte Vergangenheit haben. Eine ethnologisch sehr wertvolle Parallele zu den Insassinnen der Yoshiwara bietet uns der Bericht Dr. Alexander Mitrovics über die Zeitehen in Norddalmatien dar. Hat ein heiratfähiges Bauernmädchen genügend Silbermünzen (Kronen- und Guldenstücke) erworben, — wie sie ein solches Vermögen auf kürzestem Wege und auf leichteste Art gewinnen, ist klar — so behängen sie sich mit einem G j e n d a r , der mit ihrem ganzen Schatz geschmückt ist und begeben sich zu Markt. Tritt ein Bursche auf das Mädchen zu, dem sie zu Gesicht steht, so führt er sie ab und tanzt mit ihr einen sogenannten Reigen (Kolo). Ein eigentlicher Reigen ist es freilich nicht, weil den Tanz nur das Paar allein aufführt. So vor den Augen der Mutter und mitunter auch des Vaters einhertanzend, vereinbaren sie miteinander das erforderliche. Die Hauptsache, die sie fesï- setzen, ist die, daß der Bursche das Mädchen noch in derselben Nacht zu sich heimführen werde. Von dieser Nacht ab werden sie wie Mann und Weib leben und sich späterhin [vielleicht] trauen lassen.*)
In Japan übergeben die armen Eltern
ihre Tochter einem Yoshiwarahause, in Norddalmatien führen sie sie zu Markte, da und dort tritt das Mädchen in einem mit Leibhingabe ver- dienten Aufputz auf. Der Zweck ist die endliche Erlangung eines ständigen Ehegatten mit Hilfe des erworbenen Minnesoldes vieler Vorgänger. In Norddalmatien sind die Verhältnisse nur noch primitiver und durchsichtiger als in dem kulturell hoch aufgeblühten Japan, doch in der Sache selbst ist weder bei uns noch im fernsten Ostasien ein wesentlicher Unterschied festzu- stellen. Die weltberühmten Derbyrennen in den Freudenau in Wien, in den Longschamps zu Paris und in Oxford unterscheiden
*) Anthropophyteia. IV. 8« 88. Auf
Dr. Mitro vi 6 в Erhebungen, die wie Enthüllungen wirken, sei die Aufmerksamkeit der Soziologen mit allem Nachdruck gelenkt.
Krtuss: Geschlechtleben* 10
74 —
sich auch nur durch den Prunk der
Umgebung von den wilden Rennveranstaltungen der Cowboys in den Pampas, Die Zeit- eheschließungen in den Yoshiwaras sind auch nur ein ver- zweifelter Versuch zur Lösung der Weibernot, die man bei uns schönrednerisch eine Frauenfrage heißt. Von der Männernot spricht man nicht so mit Entrüstung, weil die männliche Kanaille aus dem Jammer der Weiber ein Vergnügen schöpfen darf, während die Männer, die Männer sein wollen, — sie bilden noch eine unansehnliche Minderheit —, im Rate der Machthaber nicht mitzureden berufen sind.
V,
üranier und Urninden.
Japaner über das dritte
Geschleeht in Japan. — Knaben- bordelle. — Die Verbreitung der Paederastie in Japan. Eine bisher ungedruckte Studie eines Japaners in Tokio. — Ethnologische und psychologische Erklärung des Ura- nismus. — Paederastie als Kulthandlung. — Verbreitung des Uranismus unter den Kultur- und Naturvölkern verschiedenster Zeiten und Länder. — Die Tribaden.
10*
Uranismus.
In seinem sonst
verdienstvollen Buche über das YoSiwara widmet De Becker zum Schluß auch einen kurzen Abschnitt dem Uranisnxus. Er leitet ihn so drastisch ein, daß ich seine Worte wiederholen will: „Yaro. Peccatum illud horribile, inter Cristianos non nominandum. The subject is so horribly repulsive and disasteful that the writer would have prefered to close his eyes to the existence of this awful phase of human depra- vity and pass it by in silence, but friends, in whose judgment he places entire confidence, have pointed out thaï the very nature of this work demands at least a passing allusion to one terrible form of venery which prevailed in Japan in the later Middle Ages.441)
Aus diesen Worten spricht die
lautere Hilflosigkeit einer geschlechtlichen Erscheinung gegenüber, die alles eher als spezifisch japanisch ist. Nach den nervenzerreißenden Schilde- rungen der Opfer des YoSiwaras glaubt De Becker etwas ganz besonders furchtbares, noch nie dagewesenes mit dem Nach- weis des sehr harmlosen Uranismus in Japan zu liefern! Seine Ansicht ist jedoch derart noch allgemein verbreitet, daß ich mich der Aufklärung wegen gezwungen sehe, in meiner Arbeit ihre Haltlosigkeit nachzuweisen. Obwohl ich kein Uranier bin und mich meine folkoristischen Erhebungen auf dem Gebiete der Anthropophyteia sogar antierotisch stimmten, unterzeichnete auch ich vor zehn Jahren die Petition an den deutschen Reichs- tag um Aufhebung des § 176. Gerechtigkeit fordert gebieterisch, daß man die Uranier unbehelligt lasse und noch mehr, daß end- lich einmal das jedermans Existenz bedrohende Rupfertum
*) The nighÜeee city or the „Hietory
of the Yoshiwara Yukwaku". London 1906. S. 8671.
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*) Jahrb. f. sex. Zwischenstufen.
Leipzig 1902. IV. S. 266—271.
unschädlich gemacht werde. Seit
einem Jahrzehnt bemüht sich das wissenschaftlich humanitäre Komitee in Berlin um die Klar- legung der Verhältnisse, und ich erfülle hier nur eine Pflicht der Dankbarkeit für die auch mir aus den bezüglichen Publikationen vermittelte Belehrung, indem ich gerade aus ihnen die Belege zur Verbreitung der Aufklärung schöpfe.
Zunächst mögen hier zwei Berichte
sachkundiger Japaner folgen, die mit Brauch und Sitte ihres Heimatlandes vollkommen vertraut sind. Unter dem Decknamen Doriphorus schreibt ein japanischer Staatsmann, dessen Handschrift mir Herr Dr. MagnusHirschfeld freundlichst zur Veröffentlichung überließ.
Der japanische Kulturforscher
Suyewo-Iwaya be- richtet auf Grund eigener Ermittelungen und dreier älterer Werke über N a n - ä o - k' die Knabenliebe wie folgt:1) „Man sagt, daß die Päderastie in Japan schon in uralten Zeiten bekannt gewesen sei. Andere glauben, daß sie erst seit der Zeit, wo der Buddhis- mus von China aus eingeführt wurde (ungefähr 600 n. Chr.) auf- kam. Wie man weiß, war es im Buddhismus streng verboten, daß die Mönche mit den Weibern verkehrten. Später wurde es bei einigen Sekten frei.. Deswegen hatten die Mönche meistens schöne Jungen unter dem Namen Chigo (Jüngling) bei sich, die sie oft leidenschaftlich liebten. Darnach kam die Zeit (ungefähr 1200 n. Chr.), in der die Ritter immer mehr hervortraten, und auch unter ihnen war die Päderastie sehr ver- breitet. Es waren namentlich viele D а і m y о s (Fürsten), die außer ihren Frauen hübsche Jünglinge als sogenannte K о s h о bei sich hielten.
„Die damaligen Leute hatten sogar
den Gedanken, daß es tapferer und heldenhafter sei, wenn die Männer Männer liebten und mit ihnen verkehrten, als wenn sie sich mit den Weibern ab- geben. Diese Meinung herrschte einige Jahrhunderte lang weit und breit. Fast jeder Ritter suchte den Jüngling, der seiner würdig war, und begründete mit ihm eine feste Brüderschaft. Es kam oft vor, daß der Ritter wegen des Geliebten einen Eifersucht- skandal oder ein Duell hatte. So blieb das Verhältnis zuerst zwischen Rittern und „Ritterchen44, so nannte man die Geliebten. Später wurde es aber allgemein. Vor allen waren die jungen
— 79 —
Schauspieler oder die Lehrlinge der
Schau- spieler, die noch nicht auf der Bühne erschienen, als passive Geliebte begehrt. Hie und da waren besondere Teehäuser, wo man sich mit ihnen gemütlich und ungestört unterhalten konnte. Sie waren gerade wie männliche G eishas und wurden K a g e m a oder Y a r o genannt. So war es beinahe bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts, trotzdem es manchmal die Regierung verboten.
„Seit der letzten Revolution (im
Jahre 1868) aber suchte man diese Sitte abzuschaffen. Ja, das Gesetz hatte sogar sowohl im öffentlichen als auch im heimlichen die Päderastie unïer dem Namen K а і k a n z a і (d. h. Verbrechen der Päderastie) streng verboten. Wenn solche Sache an den Tag kam, so sollte man gleich die Strafe 90tägiger Zwangarbeit im Zuchthaus be- kommen. Jetzt aber wieder geändert, steht kein Keikanzai im Strafgesetze, sondern man soll nur wegen Waisetszai (UnzüchtigkeitVerbrechen) 1 bis 12 Monate gefesselt werden. Trotzdem hört man oft, daß diese Sitten besonders unter den Studenten jetzt noch ebenso vorkommen wie bei den früheren Rittern. Viele Pädagogen bekümmern sich sehr darum und sprechen dagegen, aber fast immer vergeblich.
„Erwähnen müssen wir mm noch
diejenigen Schauspieler, die auf der Bühne immer weibliche Rollen spielen. Sie werden von ihrer Kinderzeit an dazu angehalten und haben daher meistens weibliche Gewohnheiten und Zärtlichkeiten. Das zeigt auch fol- gende Anekdote. Ein berühmter, jetzt schon verstorbener Schau- spieler, der immer weibliche Rollen spielte, war eines Tages in einem Teehaus. Da brachte man einen Säugling herein, und als er diesen sah, nahm er ihn gleich auf seinen Arm und versuchte, ihm seine Brustwarze in den Mund zu halten, als ob er tatsächlich seine Mutter wäre. So sehr war er immer an weibliches Betragen gewöhnt. Solche Schauspieler trugen früher immer auch außer- halb der Bühne weiblichen Anzug, aber jeïzt nicht mehr, weil es gesetzlich verboten ist, daß der Mann weibliche oder die Frau männliche Kleider trägt. Ich weiß nicht, ob die Schauspieler, denen die weiblichen Rollen zugeteilt werden, alle homosexuell sind ; ich kann nur sagen, daß diejenigen Schauspieler, die, weil sie Neigung dazu haben, für weibliche Rollen erzogen wurden, sich nicht nur sehr weibisch benahmen, sondern auch von Natur ziemlich weiblich gebaut sind. Wenn man es einmal ana-
tomisch durchforschen wollte, so
wurde man gewiß viel inter- essantes finden.
„Es ist auch noch merkwürdig, daß
die Päderastie in Japan nicht in allen Provinzen in gleicher Weise bekannt ist. Es scheint, daß sieimsudlichen Teil eine größere Ausdehnung gefunden hat als in den nördlichen Provinzen von Japan. Es gibt Gegenden, wo das große Publikum beinahe keine Ahnung davon hat. Dagegen in Kyushu, besonders in S a t z u m a ist sie seit alten Zeiten ganz besonders verbreitet. Das kommt viel- leicht daher, daß man dort in Satzuma so sehr die Tapferkeit und Männlichkeit schätzt, während in anderen Provinzen, wo keine oder wenig Päderastie bekannt ist, das Ansehen der Frauen und die Liebe zu ihnen viel größer ist. Denn man hört von ver- ständigen Leuten sagen, daß der Mensch in den Provinzen, wo die Liebe zu Jünglingen vielfach herrscht, mehr männlich und robust und der in Gegenden ohne Päderastie lebt, sanfter, schlaffer, manchmal liederlicher sei.
„Außer N a n s h o k1
nennt man die Päderastie auch K e і - k a n (d. tu Verkehr zwischen Hahn und Huhn). Die Urninde heißt О k a m a , was ursprünglich Weib bedeutet. Bei festen Liebe- verhältnissen wird der aktive älterer und der passive jüngerer Bruder genannt.41
Die Verbreitung der Paederastie
in Japan.
Eine Studie von Doriphorus, Tokio.
„Wer nicht so ist wie die anderen,
steht allein allen anderen feindlich gegenüber.tt
Leonardo da Vinci.
^^/rährend man über die
Verbreitung der Päderastie in China und Korea schon mancherlei gelesen hat, ja selbst etwas weniger flüchtige Reiseschriftsteller sich darüber ausgesprochen haben, findet man über Japan kaum eine diesbezügliche Bemerkimg. Sei es, daß der so ziemlich international anerkannte Liebreiz der Japanerin bei den Reisenden und Residenten in Japan den Ge- danken nicht hat aufkommen lassen, als ob man auch dort der gleichgeschlechtlichen Liebe huldigen könnte, oder sei es, daß das sich öffentlich in den Yoshiwaras abspielende Geschlechtleben den Beobachter befangen gemacht hat, Tatsache ist, daß man Japan nur immer als das Land der Geishas, Musmis Nesans oder anderer Blumenfeen kennt, wo die Ehe auf Kündigimg das Ideal eines Junggesellen bilden soll. Selbst das große Quellenwerk von Brinkley „Japan14, das in 12 Bänden als encyclopädistisches Sammelwerk alles erschöpft, was das öffentliche Leben, Sitten, Kunst usw. betrifft, schweigt sich über diesen Gegenstand aus und auch die sogenannten „alten Japankenner44, Leute mit 30 und noch mehr Jahren Aufenthalt, haben, wenn es hoch kommt, nur einmal etwas davon läuten hören, ohne tiefer in die Materie ein- gedrungen zu sein. Der Grund hierfür ist leicht zu finden ; han- delt doch der Japaner nach dem Grundsatz, den „Basilides44 in seinem „Gnostiker44 dem alten Weisen in den Mund legt: „Er- kennet alle, aber lasset euch selbst von niemandem erkennen,44 er verbirgt dem Fremden gegenüber seine Gefühle und versteht es meisterhaft, sein Tun und Treiben mit einem mysteriösen Schleier
Krauss: Getchltchtleben. 11
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zu umweben, so daß ein Europäer
selten Einblick in sein Liebe- leben gewinnt. Dazu kommt noch, daß der Japaner ängstlich be- müht ist, ein Gespräch über die homosexuelle Liebe in seinem Lande zu vermeiden, ja es soll, wie mir Iwaya sagte, eine Re- gierungverordnung geben, die dieses direkt verbietet. Auch die männliche Prostitution fehlt fast ganz, im Gegensatz zu China und Korea, wo sie sich in aufdringlicher Weise breit macht, es ist dies ein Grund mehr, um bei dem flüchtigen Beobachter den Glauben zu erwecken, als käme die gleichgeschlechtliche Liebe in Japan überhaupt nicht vor.
Erst die Bemerkung eines deutschen
Arztes, der etwa ein Jahrzehnt hier tätig gewesen ist: „die Päderastie sei hier nicht besonders verbreitet448) sowie eine Zusammenstellung von Suyewo Iwaya im IV. Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen über „die Päderastie in Japan und ihre Literatur44 verleiteten mich dazu, auf diesem Gebiete besondere Studien zu machen. Und was ich da gesehen habe, zerstörte nur zu schnell meine frühere Ansicht : in Japan sei die Päderastie weniger als in anderen Ländern des Orients verbreitet. Um es gleich vorweg zu sagen, die homo- sexuelle Liebe ist hier fast ebenso verbreitet wie in anderen Län- dern, wenn sie auch weniger zutage tritt, und sie sich erst dem geschärften Blick des Beobachters offenbart.
In der Zeit vor der Revolution, also
vor 1868, wurde die Lieb- lingminne ganz öffentlich betrieben, man hielt es für tapferer und heldenhafter, wenn der Mann, der Ritter, einen Jüngling liebte, als wenn er mit Weibern verkehrte. Die Liebe zwischen Ritter und Jüngling hat auch, ähnlich wie im alten Hellas, die schönsten Blüten gegenseitiger Aufopferung in idealer Liebe ge- zeitigt, und wenn man, wie mir Iwaya sagte, das Buch Nanshok- Okagami durchliest, findet man eine Reihe herrlichster Beispiele für die intensive und selbstlose Liebe eines Ritters zu seinem Ge- liebten, die bis zur Aufopferimg des Lebens für den Geliebten ging. Es trifft da ganz zu, was Bastian so geistreich sagt : „Und die heranwachsenden Jünglinge, die bei Männern zu liegen lieben, werden mit Unrecht schamlos genannt, denn sie handeln nicht so aus Schamlosigkeit, sondern weil sie mit Mut und Kühnheit und Mannhaftigkeit das ihnen ähnliche lieben.444)
•) B. Scheu be. Die venerischen
Krankheiten in den warmen Landern. Leipzig, Barth 1902. p. 17.
4) Bastian. Der Mensch in
der Geschichte, Bd. 1П. p. 811.
— 83
Besonders war diese Liebe in den
südlicheren Provinzen Japans verbreitet, wo sie sich auch bis heute noch am meisten er- halten hat. Zumal in der Provinz Satzuma, wie auch auf dem übrigen Teil der Insel Kyushu. Aber gerade dort, wo die Lieb* lingminne am verbreitesten war, gerade von dort kamen die tapfersten Krieger her. In jedermanns Erinnerung ist noch die bekannte Satzumarebellion im Jahre 1877, die gewiß bewiesen hat, daß selbst sehr verbreitete Lieblingminne nicht dazu bei- tragen kann, ein kriegerisches Geschlecht zu entnerven, sondern eher ein glänzendes Beispiel dafür ist, daß gerade die Liebe zu Jünglingen, die mit dem Ritter in den Kampf zogen, diesen be^ geisterten und zu den heroischesten Heldentaten fortrissen. Wer die Geschichte des Satzuma-Aufstandes verfolgt, wird dafür die herrlichsten Beispiele finden, und Heines Worte passen ironisch gut dazu :
„Was schert mich Weib, was schert
mich Kind, Ich trage weit besseres Verlangen.'4
Aber nicht nur die Provinz Satzuma
und die Insel Kyushu nehmen für sich allein den Ruhm der größten Verbreitung der Päderastie in Anspruch, auch Tossa, Nagato, Mito und Yama- gata lassen sich daneben nennen, wenn auch dort dieselbe nicht so öffentlich zutage tritt. Im Norden Japans, z. B. in Sendai und im Hokkaido, ist sie ziemlich unbekannt, unter den Städten nimmt Tokio die erste Stelle ein.
Erst als der Einfluß westlicher
Kultur in Japan überwiegend wurde und man glaubte, alle alten Sitten kurzer Hand über Bord werfen zu müssen, änderte sich auch die Anschauimg über die gleichgeschlechtliche Liebe. Und was früher öffentlich betrieben wurde und als Ausfluß der Ritterlichkeit galt, wurde mm in Acht und Bann erklärt, als etwas barbarisches und unsittliches, das mit Heimlichkeit zu umgehen sei. Angekränkelt durch mißver- standene Ideen abendländischer Kultur, beeinflußt durch hyper- ästhetische Lehren prüder Missionare, fand die Anschauung über die angebliche Verderblichkeit der Lieblingminne immer mehr Verbreitung und ergriff fast alle Schichten der Bevölkerung. So kamen die Japaner zu der heutigen Auffassung der homosexuellen Liebe: die als etwas unmoralisches die Öffentlichkeit zu scheuen habe, nicht aber etwas strafwürdiges sei, was sich auch schon
11*
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durch die Fassung des § 352 des
japanischen Strafgesetzbuches ergibt, der nur eine Strafverfolgung Minderjähriger unter 16 Jahren kennt, gleichgültig welchen Geschlechts. Der Paragraph lautet: „Quiconque aura excité et favorisé par entremise la dé- bauche ou la corruption d'une ou plusieurs personnes de l'un ou de l'autre sexe, mineurs de 16 ans, sera puni d'un emprissonne- ment avec travail de 1 à 6 mois et d'une amende de 2 à 20 Yen."
Wenn sich auch äußerlich die
Anschauung über homosexuelle Liebe geändert hat, die alte Auffassung der Samurai lebt aber im stillen in wohl kaum verminderter Weise weiter, und ihre Haupt- trägerin ist nach wie vor der Soldatenstand geblieben. Ich habe über die Verbreitung der homosexuellen Liebe in der Armee des öfteren mit Offizieren gesprochen. Wenn auch einzelne es nicht wahr haben mochten, so wurde mir doch von anderen bestätigt, daß die Lieblingminne im ter den Soldaten, sowie unter den Offi- zieren sehr verbreitet sei. Selbst dem flüchtigen Beobachter wird auffallen, daß die japanischen Soldaten in viel herzlicherer und freundschaftlicherer Weise miteinander verkehren, als es z. B. bei uns der Fall ist. Der rohe Ton der Soldateska fehlt fast ganz. Man sieht auf der Straße viele Soldaten Arm in Arm gehen oder mit ineinander gelegten Händen, junge Soldaten mit hübschem Gesicht erfreuen sich oft einer ganzen Schar von Bewerbern. Wenn dies auch nur ein äußerliches Zeichen der gegenseitigen Zuneigung ist, so illustriert es doch das, was mir von Offizieren über die gegenseitigen Verhältnisse der Soldaten mitgeteilt worden ist und bietet demjenigen Einblick, der dafür unter- richtet ist, während ein anderer, der Materie fernstehender, dieses freundschaftliche Wesen als etwas harmloses betrachtet wird. Aus diesem etwas weibischen Verkehr, der nebenbei gesagt auch den Schülern, Studenten und Arbeitern eigen ist, aber auch nur hieraus kann ich mir den Ausspruch von Beilesort erklären, wenn er in seinem von der französischen Akademie preisgekrönten Buche sagt: Die Japaner seien ein wesentlich weibliches Volk (ce peuple est surtout un peuple femme), er wird wohl an den herzlichen etwas weiblichen Verkehr unter sich gedacht haben, ohne sich des inneren Wesens desselben bewußt geworden zu sein. Denn daß die Japaner nicht weibisch sind und selbst die hohen Anforderungen an Leistimgkraft, an Ausdauer im Er- tragen von Strapazen und an mutiger Energie glänzend bewiesen haben, hat eine jede Schlacht des neuesten Krieges gezeigt.
— 86 —
Und wie der japanische Soldat im
Frieden Arm in Arm mit seinem Freunde geht, mit dem ihn intimere Bande verbinden, so auch im Kriege. Man kann wirklich sagen, daß auch in homosexueller Beziehimg der alte Samuraigeist auf den Schlacht- feldern der Mandschurei eine Auferstehung gefeiert hat, wie er schöner in der alten Zeit vor 1868 wohl kaum eine bestanden haben wird. Mir sind von verschiedenen Offizieren Szenen erzählt worden, wie ein Soldat aus Liebe zu einem anderen sein Leben in die Schanze schlug, wie er sich freiwillig opferte, wo ihm ein sicherer Tod gewiß war, und dies nicht allein als Ausfluß kriege- rischen Geistes oder von Todesverachtung, welche Tugend ja dem japanischen Soldaten im höchsten Maße eigen ist,8) sondern getrieben von dem alles beherrschenden Gefühl der Liebe zu einem anderen Soldaten. Und das Heer darf sich wirklich glück- lich schätzen solche Soldaten zu haben, die nicht nur aus Vater- landliebe sich opfern, die nicht nur in ihrem Soldatenberuf fallen, sondern die auch der Liebe sich opfern, nur um ihrem geliebten Freunde das Leben zu erhalten. Solche Liebe allein, bis zur Todesverachtung, ist nur die Liebe fähig, deren Beweg- gründe auf dem Gebiete der Homosexualität zu suchen sind; reine Freundesliebe, wo Eros seine Hand nicht im Spiele hat, kann ja ähnliches leisten, doch werden, wie die Geschichte es lehrt, die Beispiele nur beschränkt bleiben. Es würde mich zu weit führen, wollte ich die mir von Offizieren gegebenen Bei- spiele anführen.
Was ich vom Heere gesagt habe, soll
auch für die Marine zutreffen, wenn ich auch über die dortige Verbreitung nur auf weniger direkte Quellen angewiesen war, die aber das Eine in ihrem Urteil hatten, daß sie übereinstimmend waren.
Aber nicht nur im Heere und in der
Marine findet man heute die gleichgeschlechtliche Liebe verbreitet, auch im öffentlichen Leben spielt sie eine Rolle. In den japanischen Geschäften findet man immer eine Schar von jungen Leuten, Lehrlingen und Verkäufern, deren Anzahl je nach der Größe des Geschäftes schwankt. Unter diesen sind immer einige die bevorzugten Lieblinge der anderen. Ich hatte es mir monatelang zur Auf- gabe gemacht, gerade unter diesen jungen Leuten in Tokio die
5) Erwin Baelz. Über den
kriegerischen Geist und die Todesverachtung der Japaner. Yokohama 1904. Verlag der Deutschen Japanpost.
— 86 —
Verbreitung der homosexuellen Liebe
zu beobachten. Das Resul- tat, das ich fand, übertraf meine Vermutungen. Tritt man einem der Jünglinge freundlich gegenüber, faßt ihn unters Kinn und scherzt mit ihm, so kann man sicher sein, daß der Jüngling sich anbietet in das Haus zu kommen, oder der Geschäftmann unter bedeusamem Lächeln erklärt, den gekauften Gegenstand durch diesen Jungen in das Haus besorgen zu lassen. Sehr oft sagte auch der Geschäftinhaber, der Junge sei hübsch und zu jedem Scherz zu haben.
Unter den Schülern der verschiedenen
Schulen habe ich viele gesprochen, die mir nach einiger Bekanntschaft, unum- wunden zugaben, daß sie geschlechtlich mit ihren Kameraden verkehren, und daß die so viel zu beobachtenden Schülerfreund- schaften selten eines erotischen Beigeschmackes entbehrten. Jedoch sollen diese „Freundschaften" meist mit dem Verlassen der Sehlde auch ihr Ende erreichen. Auch Moll tut dieser Er- scheinung Erwähnung, er läßt sich von einem Herrn, der viele Jahre in Japan gelebt hat und die Sitten genau kennt, erzählen, daß die homosexuelle Liebe vielfach bei Schülern vorkomme, die gewöhnlich in Alumnaten leben.6) Auch Molls Gewährsmann gibt zu, daß die Erscheinung nicht so öffentlich wie in China sei, was ich ja vorher auch schon erwähnt hatte.
Am öffentlich bekanntesten ist die
Verbreitung der gleich- geschlechtlichen Liebe unter den Studenten, der die ver- schiedenen Tagesblätter oft längere Artikel gewidmet haben, somit ihr Treiben rücksichtlos an die Öffentlichkeit gestellt ist. So schreibt die „Japan Daily Mail" vom 2. September 1896: „Among certain students of Ushigome and Yotsuya (zwei Stadt- viertel von Tokio) practices prevail which make it less safe for a boy than a girl to be out at night in those districts. We would rather not have to notice this abomination, but there is no use in shutting one's eyes to facts. The practice to which we refer prevailed among certain warriors in feudal days at a time when the use of prostitutes was condemned by the military authorities and by Buddhist teachers, and is a proof that in endeavouring to prevent what they think to be an evil, people are often in- strumental in producing a still greater evil."
Auch andere Zeitungen besprachen die
Angelegenheit, so
в) Moll. Die Conträre Sexualempfindung, p.
53.
— 87 —
brachte die „Yominisi Shimbun" vom
13. Juli 1898 und die „Eastern World44 vom 27. Mai 1899 längere Artikel. Besonders bemerkenswert ist daher folgende kurze Notiz der „Eastern World44 vom 19. Februar 1898: „According to the „Yorodzu Choho44 sodomy is so prevalent amongst the students in Tokio that young men who have rosy cheecks cannot go out at night.44
Daß es auch nicht an Vorschlägen zur
Reformierung des japanischen Strafgesetzbuches fehlt und die Einführung eines Paragraphen der Fassimg des § 175 D. R. St. G. B. entsprechend, gefordert wird, zeigt folgende Auslassung der „Eastern World44
vom 20. Mai 1899 :
Prevalence of unnatural crimes
Amongst TOKYO students.
The Yorodzu Choho of the 18th
inst. published an article on the above topic, which we reproduce in another columne, with the view that the wider publicity which the bestial practices of the future lawgivers, officials and teachers of Japan will thus obtain, may help to compel the Governement and the Tokyo Fu authorities to take some action in the matter.
The question, however, is: what
action can the authorities take to prevent the bearers of the intellect of the nation from lowering them-selvos below the uncleanest beasts?
The Japanese Criminal Code has no
provisions realting to unnatural sexual intercourse between persons of the mal sex, and between human beings and beasts, nor has it any provisions relating to incest. The Japanese legislators who compiled the Code, therefore, who must be presumed to be conversant with the present social and moral status of Japan, did not consider sexual intercourse between male persons, or between men and beasts, and incest, as crimes. And we cannot assume that they were ignorant of the occurence of such crimes. Under the law of Japan therefore, the students who frequent the Imperial Uni- versity and similar institutions, and who indulge in beastly prac- tices, commit no offence.
Public opinion, then, if it is
uniform in condemning practices which are condemned and punished as crimes in all civilized countries, must first find expression in the law, which is the con- sensus of public opinion.
Another serious defect in the
Japanese Criminal Code is the absence of any equivalent to § 174 of the German Criminal Code,
— 88 —
a literal translation of which we
subjoin, to show the necessity of similar legislation in Japan.
Translation.
§ 174. With (imprisonment with
labour) in a penitentiary up to five jears are punishe :
1. Guardians,
who with their wards, adopted and foster parents who with their children, clergymen, teachers and Autors who with their minor scholars or pupils, commit indecent acts;
2. Officials,
who with persons, against whom they carry on an inquiry, or who are entrusted to their care, commit indecent acts;
3. Officials
physicians, or other medical persons, who are occupied or employed in prisons, or in institutions established for the care of the sick and the poor, or other helpless persons, if they commit indecent acts with the persons received in prisons or such institutions.
In the case of extemating
circumstances the punishment' is imprisonment of not under six months.
The provisions of that article are a
protection whith the state owes to its youth and to chose over whose actions it assu- mes control, and we must say that we are at a loss to conceive the reasons that prompted the Japanese legislators to com- pletely ignore the matters dealt with in this paragraph. The Yorodzu's article on the subject shows that they refuse to be ignored, it shows that one of the most populous quarters of Tokyo has become a hotbed of unbridled licentiousness and bestiality, practiced by class of young men who look upon themselves, and upon whom their country looks, as the standard bearers of Japanese progress. Where is the foul source of this infamous contamination ? is their anything good, pure and honorable that it will leave, or can leave, in those whose souls it has poisoned, can they rise again from its foul swamp and become honorable and respected citizens, husbands of loving, trusting wives and fathers of a future generation?
Aber all diese Vorschläge verhallten
ungehört, wer kann dies der japanischen Regierung verdenken? Die Anschauungen über die angebliche Verwerflichkeit der Lieblingminne sind zwar schon ziemlich allgemein geworden, sie sind aber immerhin
— 89 —
Kraus*: Geschlecfatlebea
nicht stark genug, damit den
Forderungen europäischer Preß- stimmen in Japan Folge gegeben werden kann. In einem Lande, wo bis vor etwa 20 Jahren Knabenbordelle behördlicherseits sanktioniert waren, wie dies auch Bastian schildert,1) kann man nicht verlangen, daß sich die tief eingewurzelten Anschauungen derartig schnell ändern, um das Bedürfnis eines entsprechenden Paragraphen zu rechtfertigen. Auch würde das Volk einem solchen Paragraphen verständnislos gegenüberstehen. Und den alles beobachtenden Japanern ist nicht entgangen, welche große Bewegung sich gerade in Deutschland für die Aufhebung des § 175 D. R. St. G. B. erhoben hat. Ich habe dies aus dem Munde manches hohen Regierungbeamten vernommen. Und wenn heute noch in Japan dem einflußreichen Priesterstand der Ge- brauch der Frauen als eine „unflätige und verabscheuung- würdige Sache" verboten, dagegen die Liebe zu Knaben als „ehr- bar und heilig" erlaubt ist, wenn in den Tempeln, wie das jeder Japanreisende beobachten kann, ein ziemlich ungenierter Ver- kehr der Bonzen mit den Priesterschülern besteht, so wird dem Volk eher dadurch ad oculos gezeigt, daß die Lieblingminne nichts verwerfliches, sondern etwas alltägliches sei, dessen Vor- kommen man mit Stillschweigen zu übersehen habe.
^ Bastian. Der Mensch in der
Geschichte. Bd. ПІ. p 307.
»Ixnabenbordelle waren in Japan in
Fülle vorhanden. Sie standen, wie die weiblichen Freudenhäuser, die Yoshiwara, unter polizeilicher Kontrolle. Den Lustknaben in den männlichen Bordellen war seitens der Behörde eine bestimmte, dem S h і m a d о der unverheirateten Frauen ähnlich geordnete Haartracht vorgeschrieben. Die Knaben schminkten und puderten sich, trugen lange, prächtige Gewänder, waren wohl unterrichtet in Musik, Gesang und Tanz und, gleich ihren weib- lichen Rivalinnen, in allen Verführungkünsten Meister. Diese Häuser der gleichgeschlechtlichen Wollust lagen in gewissen Straßen der Hauptstädte, zumeist in der Nähe der Theater. Wie noch jetzt die für die Prostitution bestimmten Mädchen von deren eigenen Eltern an den Staat oder an Wirte der Yoshiwara verkauft werden, genau so kamen auch die Wirte der Knaben- bordelle zu ihrem Knabenstamm. Ein Knabenbordell hielt gemeiniglich bis zu fünf junge Leute im Alter von 10—20 Jahren, wobei nicht ausgeschlossen war, daß ältere Jünglinge durch An- wendung von Kunstmitteln sich ein verjüngtes Aussehen zu geben verstanden. Nach Ablauf ihrer Blüteperioden als Lust- knaben wurden die jungen Leute der Bordelle gewöhnlich zur Bühne abgeschoben. . . .
Die Einrichtung dieser staatlich
geduldeten Knabenbordelle hatte einen Handel der Eltern mit ihren männlichen Sprößlingen zur Voraussetzimg. Allein es gab neben diesem speziellen Handel mit Knaben behufs ihrer Unterbringung in Bordellen noch einen allgemeineren. Vielfach wird erörtert, wie die japanischen Vor- nehmen und Reichen eine große und zahlreiche Bedienung und Aufwartung im Hause haben, die, wenn der Herr ausgeht, ihn be- gleiten und Mantel, Schuhe, Regenschirm, Laterne und dergleichen tragen müsse.
Gegen Ausgang des Jahres 1840 und
mit Beginn der gegen- wärtigen Meiji-Ära sowie mit der Annahme abendländischer Ab-
12*
— 92 —
в) F. Karsch-Haack. Das
gleichgeschlechtliche Leben der Ostasiaten: Chinesen, Japaner. Koreer. München 1906. S. 89 ff Zum Teil nach hand- schriftlichen Mitteilungen J. S che del s und mündlichen Suyewo Iwayae. Man muß die ganze gediegene Abhandlung EL'b nachlesen, um die Einzelheiten des urnischen Verkehre genau kennen zu lernen.
°) Jahrb f. sex. Zwischenstufen.
Leipzig 1902. IV. S. 975 10) Dr. Magnus Hirschfeld: Ursachen und Wesen des Uranismus. Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Leipzig 1903. 8. 125 f.
geschmacktheiten sind die
Knabenbordelle zuerst zum Teil ver- boten und endlich völlig abgeschafft worden, — vielleicht für immer, wenn sich das japanische Volk, aus dessen Naturveran- lagung doch diese Einrichtungen erwachsen, solche Bevormun- dimg dauernd gefallen läßt.448)
Die Geschlechter sind nicht
verschieden w e r t і g, sie sind verschieden artig.
Die ethnologische Betrachtung des
Uranismus führt zu dem- selben Ergebnis, zu dem auch Dr. M. Hirschfeld als Arzt gelangte : „Der homosexuelle Mann und die homosexuelle Frau stehen in naturgemäßer Verwandtschaft zu einander und gehören tatsäch- lich zu einem III. Geschlecht, das den beiden anderen gleich- berechtigt, wenn auch nicht gleichartig gegenübersteht.449)
Der Uranismus ist weder eine
Erscheinung des Atavismus noch eine der Degeneration oder der Monstrosität, sondern ein- fach etwas Natürliches und allgemein Menschliches.
„Das Nichtvorhandensein der
Homosexualität würde ein viel größeres Wunder gewesen sein, wie ihre Existenz, die vielen be- fremdlicher und naturwidriger erscheint, wie das gelegentliche Vorkommen eines wohl entwickelten Bartes beim Weib oder milchgebender Brüste beim Mann.44. . . „Keine Erscheinung steht in der Natur isoliert da, jede zeigt die vielseitigsten Verbindungen mit den übrigen Naturkörpern, überall gibt es Ubergänge; wie zwischen dem Kinde und dem Erwachsenen der Jüngling und die Jungfrau, so bildet zwischen Mann und Weib der Urning und die Uranierin eine Naturnotwendigkeit.4410)
Von Römer berechnet, daß wenn von
den möglichen 687 375 Variationen sexueller Zwischenstufen auch nur Vi«* wirk- lich besteht, so wären das doch schon 687 Zwischenstufen-
— 93 —
formen.11) Es gibt ihrer
gewiß noch mehr, und kein Mann kann unbedingt von sich behaupten, sein Wesen wäre zu jeder Zeit seines Lebens ganz und gar von jeder urnischen Anwandlung frei gewesen.
K а r s c h zieht auf Grund einer
Fülle von Tatsachen, die bei Naturvölkern erhoben worden, die sich ihm und jedem von selber aufnötigenden Schlüsse, die ich hier der Über- und Einsicht wegen wiederholen will, denn alle die Folgerungen treffen mit unver- minderter Kraft auch auf die Geschlechtverhältnisse aller Kultur- völker, also auch der Japaner zu.
1. Weder
alle als Weiber, d. h. mit weiblichen GeburE- organen geborenen Personen, noch alle als M ä n n e r, d. h. mit männlichen Begattimgwerkzeugen ausgestatteten Menschen fühlen den Beruf,die Rolle zu spielen, welche durch die Natur ihrer Geschlechtorgane ihnen auferlegt zu scheint: für die Erhaltung und Vermehrung des Menschengeschlechtes ihr Scherf- lein beizutragen und in Verbindung damit diejenigen Arbeiten zu verrichten, welche die menschliche Gesellschaft den lediglich nach ihren verschiedenen Geschlechtorganen klassifizierten beiden Ge- schlechtern anzuweisen pflegt; eine mehr oder minder große An- zahl Individuen neigt dahin, die Rolle des andern, ihm äußerlich entgegengesetzten Geschlechtes, sei es in einigen, sei es in allen Beziehungen, zu übernehmen.
2. Solche
Personen haben oder hatten ohne Ausnahme alle Naturvölker aufzuweisen, als welche bekannt sind : I. die negerartigen Völker, II. die M a 1 a y e n , III. die In- dianer und IV. die Arktiker oder Hyperboreer.
3. Die
bei den Naturvölkern zur Beobachtimg gekommenen urnischen Erscheinungen machen auf jeden Unbefangenen durch- aus den Eindruck elementarster Natürlichkeit; sie beruhen offensichtlich auf dem allen gesunden Menschen natür- lichen Trieb zur Wollust der Liebe und zeigen sich gänzlich frei von rohem Eigennutze, Grausamkeit und Mordgier ; roher Eigen- nutz, Grausamkeit und Mordgier haften dagegen denen unver- kennbar an, welche als anders veranlagte Naturen die urnischen Arten der Befriedigung des Geschlechttriebes nicht nur nicht dulden wollten, sondern durch schwere Bestrafung und Tod aus- rotten zu können für möglich hielten.
n) Vorläufige
Mitteilungen über die Darstellung eines Schemas der Geschlechts» differenzierungen. — Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Leipzig 1004. VI. 8. 347.
— 94 —
4. Die Annahme oder die Behauptung,
Tribadie und Pä- derastie seien Laster, welche ausschließlich bei in Grund und Boden verderbten Kulturvölkern zur Ausbildung gelangten, be- ruht entweder auf vollkommener Unkenntnis oder gar auf ziel- bewußter Ableugung längst bekannter Tatsachen.11)
Hirschfeld stellt die These auf: Der
Geschlechttrieb isï polygam (in seinem Typus auf sein Individuum fahndend), die Liebe monogam.18) Das gilt nur für unseren mitteleuropäischen Kulturkreis der bürgerlichen Gesellschaftschicht. Auf primitiven Stufen der sozialen Entwicklung decken sich Geschlechttrieb und Liebe so sehr, daß eine Scheidimg kaum durchführbar ist. Der Geschlechttrieb ist gleichsam der Drahtzieher der Liebe im Possenspielpuppentheater des Menschendaseins.
„In der Liebe gibt es keinen Zufall,
in ihr ist alles Gesetz. Was ist denn überhaupt Zufall? Zufall nennen wir, was wir nicht verstehen. Als zufälliges Ereignis bezeichnen wir eines, in dem sich zwei Kausalreihen kreuzen.4*14)
Einen gewissen Ausgleich zwischen
älteren und neueren Auffassungen der Homosexualität versucht Dr. Alfred Fuchs, indem er sagt:15) „Es muß zugegeben werden, daß es gewissermaßen eine weite Auslegung des Begriffes ist, wenn man Menschen mit angeborenen oder erworbenen Anomalien, welche sich sonst unter Umständen eines vollkommenen Wohlbefindens erfreuen können, „Krank e44 nennt. Vielleicht sollte man sie richtiger „abnorm Veranlagte44 oder ähnlich benennen, insbesondere wenn man nur die Verkehrtheit des Geschlecht- triebes und nicht die in der überwiegenden Mehrzahl mit dieser verbundenen, gesundheitlichen Schädigungen im Auge behält.
„Nach unserer Uberzeugung gehören
alle sexuellen Per- versionen, sowohl die konträre Sexualempfindung, als auch die Perversionen Heterosexueller der großen Gruppe der ange- borenen oder erworbenen konstitutionellen Anomalien an; denn
19) Dr. F. Karsch.
TTranismue oder Paederaetie und Tribadie bei den Naturvölkern. Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Leipzig 1901. ПІ. S. 175—179.
^ Vom Wesen der Liebe. Jahrb. f.
sex. Zwischenstufen. Leipzig 1906. VIE S. 138.
u) M. Hirechfeld. Vom
Wesen der Liebe. Jahrb. f. sex. Zwischen- stufen. Leipzig 1906. YHL
S. 151.
15) Therapeutische
Bestrebungen auf dem Gebiete sexueller Perversionen. — Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Leipzig 1902. IV. S. 179 u. 181.
— 96 —
wir können sagen, daß die Zellen des
Zentralnervensystems so beschaffener Menschen auf normale, d. h. natürliche Reize mit perversen, d. h. nicht natürlichen Empfindimg reagieren. Daß damit nicht etwa eine Schädigung der geistigen Gesundheit prä- judiziell wird, braucht keiner weiteren Erörterung.44
Diese Ausführung beruht auf einer
wissenschaftlich unhalt- baren Anwendung der Schlagworte normal, anormal, natürlich und perverse, wie sie der Laie gebraucht. Das beweist die spätere Bemerkung von Fuchs: „Es kann inbezug auf das Geschlechtleben doch nur ein „Normales44 geben: Normal ist nur der Geschlechttrieb, welcher die Er- haltung der Gattung bezweckt und sich dem- entsprechend betätigt. Die abgeschlossene Zufrieden- heit Konträrer ist nur ein unzureichendes Äquivalent für normale Empfindungen und die Sehnsucht nach homosexuellem Liebes- glück, auch wenn sie sich in dichterisch zweifellos sehr schöne Formen kleidet, sind und bleiben zumindest bei jugendlichen Individuen, welche nicht durch körperliche Mißbildung stig- matisiert sind, krankhafte Selbsttäuschung.44 Als eine unbe- wußte Selbsttäuschung erscheint mir auch Fuchs* Bemerkung, betrachtet man sie auf Grund des Völkerlebens. Angesichts der Gleichberechtigung der Empfindungen, die Eduard Kulke in seiner Kritik der Philosophie des Schönen") nachgewiesen, fallen solche Einwände in nichts zusammen.
Dr. Magnus Hirschfeld führt die
Entstehung des Uranismus auf die bisexuelle Fötalanlage zurück, auf die Divergenz zwischen der Entwicklung der Sexualorgane und der entsprechenden Gehirnzentren. Hirschfeld stellte als einer der ersten mit Krafft-Ebing und Ellis diese Theorie auf, die beide auch erst in den Jahren 1896 und 1896 mit ähnlichen Auffassungen aufgetreten sind. Als erster unter den praktischen Ärzten bezeichnet Hirschfeld den Uranismus als eine zwar anormale, aber keineswegs stets krankhafte Erscheinung.")
Numa Prätorius betont mit Recht, es
sei völlig un- zutreffend, die urnische Liebe als eine rein platonische, des Verlangens nach fleischlichem Verkehr entbehrende, kraftlose
le) Leipzig 1906.
17) Sappho und Sokrates:
Wie erklärt sich die liebe der Männer und Frauen zu Personen des eigenen Geschlechts? 2. Aufl. Leipzig 1902.
— 96 —
Leidenschaft aufzufassen. Die Akte
der Uranier sind nicht bloß von symbolischer Bedeutung, es sind Äquivalente der Befriedi- gungart zwischen Mann und Frau.")
Im Durchschnitt hat die Liebe des
Uraniers nichts von der des Heterosexuellen voraus und erheischt wie sie sinnliche Be- friedigung, und zwar oft recht gebieterisch. Nur bei der Minorität der Uranier, wie bei der Minorität der Heterosexuellen findet eine Vergeistigung der Geschlechtliebe statt.
Das Gros der Homosexuellen geht
sicherlich ebenso wie das der Heterosexuellen nicht in idealer Liebe auf und strebt nach sinnlicher Befriedigimg, auch an Zynikern und Wollüstlingen fehlt es nicht, aber sicherlich ist ihre Anzahl keine verhältnismäßig größere als unter den Heterosexuellen. Jedenfalls begegnet man bei den Uraniern verhältnismäßig nicht häufiger Niedertracht und Gemeinheit in geschlechtlicher Beziehung als bei den Hetero- sexuellen.10)
Das wesentliche bei der Päderastie
und Tribadie ist der durch ein Wesen desselben Geschlechtes hervorgerufene Orgas- mus (Karsch).
Knabenschändung und Uranismus sind
miteinander nicht zu verquicken. Es mag sich auch ein Uranier des Aftermiß brauche schuldig machen, aber, wie uns die Folklore beweist, üben vor- wiegend Heterosexuelle sowohl bei Knaben als bei Frauen in und außer der Ehe diesen für den Dulder oder die Dulderin in gesundheitlicher Hinsicht abscheulichen und schädlichen Brauch. Der berüchtigte Gymnasiastenschänder von Neusatz war sogar zweimal verheiratet und setzte selber Kinder in die Welt, sowie auch sein Karlowitzer Lustknabe eine Ehe einging. Beide darf man nicht den Uraniern beizählen, sondern einer Gruppe von Verbrechern, gegen die, weil sie sich als Vertreter des Patriotis- mus und Nationalismus aufspielen, das Strafgesetz außer Kraft ist.
„Nur der Normalsexuale, dem es in
Vollkraft seines Triebes freigestellt ist, welchen Akt er verüben will : Onanie, gegenseitige Onanie, beide Formen des Pygismus, wie die Entjungferung und
18) Jahrb. f. sex.
Zwischenstufen. Leipzig 1903. V. П. S. 1000. Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. 1905. VII. II. S. 694 u. 697.
alle Sorten, das Weib zu genießen —
der nicht, wie der Mono- sexuale und der Homosexuale an ein bestimmtes Gelüste ge- bunden ist, er vermag auch jede Art von Kinderschändung zu verüben, ja, sogar Sodomie mit Tieren und Schändung von Leichen, er ist bestialisch genug, denn er hat ja die unge- bundene Kraft dazu. Und was besonders zu erwähnen ist, nur der Normalsexuale ist manchmal brutal genug, sein Opfer als Steigerung der Wollust, auch noch grausam zu quälen, ja, nach Blut zu lechzen — was ja auch bei manchen Tieren während der Begattung eintritt. Man frage nur öffentliche Dirnen, was sie von den „Blutern44, d. h. den allerdings selten vor- kommenden Liebhabern halten, die während des Akts im Momente der Brunst, die Geliebte blutig beißen, sie verwunden — ja, auch Weiber tun das bei leidenschaftlicher Umarmung.10)
„Das Variationbedürfnis hat wohl auf
die Art der Be- tätigung einen Einfluß, nicht aber auf die Neigung des Geschlecht- triebes an und für sich. Dieser Trugschluß dürfte auf die An- nahme zurückzuführen sein, daß der Homosexualismus dem Masochismus, Sadismus, Fetichismus und ähnlichen Störungen gleichzusetzen sei, mit denen er seit Krafft-Ebing so oft gemein- sam dargestellt ist. Bei letzteren handelt es sich um etwas ganz anderes, nämlich um krankhafte Hypertrophien normaler Triebe, nicht etwa um sexuelle Zwischenstufen (Mischimg männlicher und weiblicher Eigenschaften). Jeder Liebende will die Geliebte erobern, der Sadist will sie unter seine Gewalt bringen; der Liebende will ihr gefälliger Diener, der Masochist ihr Sklave, ihr „Hund44 sein; der Liebende legt sich die Locken seiner Mädchens ins Medaillon, der Fetischist bewahrt sich Weiberzöpfe in der Schublade auf. Selbstverständlich kann ausnahmweise ein Homosexueller ebenso wie ein Heterosexueller, Sadist, Masochist, Fetischist sein, vielleicht alles zugleich, aber niemals kann ein Homosexeuller ein Heterosexueller sein oder umgekehrt.4411)
Dr. A r d u i n bemerkt mit feiner
Unterscheidimg : „Den Tatsachen entspricht es, wenn wir vier Haupt arten honuo- sexuell veranlagter Personen unterscheiden : 1. die homosexuellen Männer, die sich als Mann fühlen und deren Liebe sich daher
*>) Dr. M. im Jahrb. f. sex.
Zwischenstufen. Leipzig 1900. IL S. 96. 21) Dr. Magnus Hirschfeld: Ureachen und Wesen des Uraniemus. Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Leipzig 1908. У. I. S. 85.
Knuss: Geschltcfatleben. 13
auf Männer erstreckt; 2. die
homosexuellen Männer, die slcn in der Rolle des Weibes fühlen und die deswegen nach geistig und körperlich kraftvoll, d. h. tatsächlich ganz oder vorwiegend männlich entwickelten Männern Verlangen tragen ; 3. die homo- sexuellen Weiber, die sich in der Rolle des Mannes fühlen und demgemäß zarte, völlig weibliche Naturen innerhalb des weib- lichen Geschlechtes an sich ziehen möchten; und 4. die homo- sexuellen Weiber, die sich auch wahrhaft als Weib fühlen und darum zu männlich angelegten Individuen des weiblichen Ge- schlechtes Neigung haben. Kurz gesagt: es gibt unter den Homosexuellen virile Männer und feminine Männer, virile Weiber und feminine Weiber."22)
„Die Homosexualität ist eine so
regelmäßige, nicht bloß bei Kultur Völkern, sondern auch bei allen Natur
Völkern verbreitete Erscheinung, daß
sie als ein Stück göttlicher, also auch zweckmäßiger Naturordnung angesehen werden muß, wie die
Geschlechtlosigkeit bei
Bienen, Ameisen usw."")
Bei einigen Völkern brachte man die
Knabenliebe sogar mit dem Gottesdienst in Verbindung, wie aus der Bezeichnung puer eanctus (heiliger, gottgeweihter Knabe), für puer mollis, kinaeda (Buhlknabe) hervorgeht, die römische Schrift- steller erwähnen. Helvetius teilt mit, daß man in gewissen Gegenden von Peru die Päderastie als eine zu Ehren der Götter vorgenommene Handlung ausgeübt habe.
„Während sich die heterosexuelle
Liebe stets frei und schön, geachtet und geehrt entfalten konnte, hat die homosexuelle Liebe eine Geschichte von Blut und Tränen ohnegleichen hinter sich. Eine Liebe, die so zu Boden getreten, nicht hat zerstört, so ge- knechtet, nicht hat ausgerottet werden können, die soviel Er- niedrigungen, Qualen, Haß, Spott und Hohn überdauerte und überstand, hat schon durch diese Vergangenheit den Beweis ihrer Existenzberechtigimg erbracht, hat gezeigt, daß sie ein elemen- tares Naturphaenomen ist, dem gebieten zu wollen ebenso absurd
^ Die Frauenfrage und die sexuellen
Zwischenstufen. Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Leipzig 1900. IL S. 217.
*D Prof. Dr. Gustav Jäger: Ein bisher
ungedrucktes Kapitel Homo- sexualität aus der Entdeckung der Seele. Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Leipzig 1900. IL S. 122.
— 99 —
und vermessen ist, als wollten wie
der Erde die Anziehung, der Sonne das Scheinen verbieten/414)
Hirschfeld hat recht, doch
ausschlaggebend sind nicht so sehr die Verfolgungen, die den Homosexuellen fast ausschließ- lich innerhalb des christlichen Kulturkreises bereitet wurden und noch werden, sondern die Tatsache, daß die Homosexualität im Spiegel des Völkergedankens als eine allgemeine im menschen- tierischen Naturtrieb unausrottbar festwurzelnde Erscheinimg ist, die überall und zu allen Zeiten auftritt.
„Wir müssen uns erinnern,44
sagt Dr. Hirschfeld, „daß viele weitgereiste Gewährmänner angeben, daß sie die Homosexualität überall gleich verbreitet gefunden haben, daß Männer wie Schopenhauer und Höszli gerade aus der gleich- mäßigen Verbreitung der Homosexualität zu allen Zeiten und bei allen Völkern gefolgert haben, auch diese Liebe sei Natur. Reiseschriftsteller und Ethnographen haben uns allerdings von Völkern berichtet, bei denen gleichgeschlechtliche Handlungen besonders stark verbreitet sein sollen. Soweit ich sehe, handelt es sich aber bei diesen Mitteilungen stets um südländische, zu- meist asiatische Völker, bei denen das sexuelle Leben überhaupt und dementsprechend auch das homosexuelle viel auffälliger zu- tage tritt als bei uns. Es ist vorderhand noch eine offene Frage, ob tatsächlich dieses stärkere Hervortreten einer stärkeren Ver- breitung der Homosexualität entspricht oder ob die homo- sexuellen Globetrotter im Rechte sind, die mir mehrfach davon sprachen, daß sich Berlin und London von Teheran und Peking, New York und Rio de Janeiro wohl in den Erscheinungformen, aber nicht in Bezug auf die Ausdehnung homosexuellen Lebens unterscheiden.4425) H. weist noch darauf hin, daß sich die Kategorien zwischen holländischen und deutschen Studenten ziffernmäßig entsprechen und daß sich auch in Italien die Zahl der Abweichenden zwischen gleichen Höhen bewege.
Die von Hirschfeld als offen
hingestellte Frage ist keine Frage mehr, denn für den Ethnologen ist es angesichts der sonstigen Ubereinstimmung des Völkergedankens klar, daß die Beobachtung der homosexuellen Globetrotter den tatsächlichen
24) M. Hirschjf eld. Vom
Weeen der Liebe. Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Leipzig 1906. VIII. S. 15.
з5) Das Ergebnis der
statistischen Untersuchungen über den Prozentsatz der Homosexuellen. — Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Leipzig
v1904. VI. S.
167 f.
13*
Zuständen gemäß ist. Das Gegenteil
davon mußte geradezu die größte Verwunderung und den Zweifel an der Richtigkeit der Angaben erwecken.
Man kann wohl konstatieren, daß sich
seit dem Altertum in der Kenntnis und Beurteilung, nicht aber, daß sich in der Ver- breitung der verschiedenen sexuellen Zwischenstufen nennens- wertes geändert hat. Richtig ist, daß im Altertum sowohl die körperlichen als die seelischen Hermaphroditen in viel höherem Maße wie im Mittelalter und der Neuzeit von den Dichtern, Bild- hauern und Malern als Gegenstand künstlerischer Darstellung be- rücksichtigt wurden, es ist auch zutreffend, daß sich in der antiken Kunst auffallend oft die männlichen Bildwerke durch weibliche, die weiblichen durch männliche Körperlinien und Charakterzüge auszeichnen, doch geht es nicht an, hieraus . . . ohne weiteres zu folgern, daß die Geschlechtmerkmale in damaliger Zeit weniger ausgeprägt waren, wie heutzutage.1*)
Bei den Skythen gab es nach Herodot
und Hippokrates eine Klasse von Männern, die effeminiert waren, sich als Weiber klei- deten, sich allen möglichen weiblichen Beschäftigimgarten zu- wandten und zweifellos der passiven Päderastie ergeben waren.
Ein ungenannter Gelehrte stellte
eine schwerwiegende Menge von Zeugnissen aus der ältesten nordisch-germanischen Literatur zusammen, die jeden Zweifel darüber beheben, daß die alten Skandinavier mit der Tatsache vom Vorkommen mann- liebender Männer wohl bekannt waren. „Für den konträr- sexuellen Verkehr besaßen sie eine ganze Nomenklatur von Be- zeichnungen, und sowohl im Zorne als im Scherze wurden in dieser Richtung hin allerlei Anspielungen und Beschuldigungen ausgespielt. Dabei kann es nicht verwundern, daß dergleichen Vorstellungen in grotesk verzerrte und unflätige Bildnisse und Ausdrücke eingekleidet wurden. Schwelgte doch der allgemeine ästhetische Geschmack jener Zeiten vorzüglich im kolossal Über- triebenen und Karrikaturaiäßigen."27)
Im heutigen Griechenland finden wir
ungefähr dieselbe Auf- fassung der Knabenliebe wie im Altertum, die z. B. aus der Rede des Aeschines gegen Timarchos hervorgeht: wenn nämlich in einem Liebebündnis, vielleicht als Reflex, ein sexueller Akt ver-
Я*) Hirschfeld, Dr. M.:
Geschlechtsübergange. Leipzig 1906. S. 16 f. 27) Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Leipzig 1902. IV. S. 256.
— 101 —
übt wird, so trifft diesen nicht die
Verachtung. Verurteilt und bestraft wird nur die Prostitution.28)
„In der piccola borgesia
(Kleinbürgerstand) in Rom, Neapel, Genua heiraten die meisten Männer, die oft bis in ihr 20. Lebens- jahr untereinander (unentgeltlich) homosexuell verkehrten, werden normale Gatten und gute Familienväter."28)
„In Venedig hatte diese Unnatur
einst so sehr überhand ge- nommen, daß der Senat die öffentlichen Mädchen, deren Zahl auf 12 000 stieg, in seinen Schutz nahm und in der St. Markuskirche der Madonna dei Mascoli, welche die Männer wieder zur Natur zurückführen sollte, eine Kapelle errichtet wurde.4'80)
Wie stark homosexuelle Neigungen in
Italien vorkommen oder vorkamen, was in diesem Falle bei der Unwandelbarkeit der menschlichen Anlagen dasselbe ist, lehrt uns Andreas Ri- ve t u s aus Poitou, der Doktor der Theologie und Professor an der Akademie zu Lyon war, in seiner Schrift ,Der gezüchtigte Jesuit' (Jesuita vapulans), die i. J. 1660 erschien. Er beruft sich auf den Spanier Alvarus Pelagius und auf T r і t h e - mius (1517): ,Die Kleriker treiben alle nur denkbaren Laster, auch das der Päderastie (vitium contra naturam). Wehe, wehe, innerhalb der heiligen Kirche halten viele Fromme und Kleriker in ihren Schlupfwinkeln und Konventikeln, und in den meisten Staaten öffentlich auch schon Laien, ganz besonders in Italien, gewissermaßen ein öffentliches Gymnasium und eine Ringschule, in denen sie sich in der Ausübung dieses greulichen Lasters üben, und gerade die besten unter den Jünglingen werden in solchem Hurenhause am höchsten eingeschätzt. Daß doch Gesetze solches Laster einschränkten, Gottesfurcht allein bringt sie von einem so großen Übel nicht ab! — Denn eine so große verabscheuung- würdige Ergötzung verschafft bei jenem Laster der unreine Geist, daß die, welche an dieser Krankheit leiden, in ihr eine weit größere Wollust empfinden, als am Gerüche der Brunst von
**) Jahrb. f. box.
Zwischenstufen. Leipzig 1902. IV. S. 946. — Paul Brandt: Der juaföov ïpoç in der griechischen Dichtung. I. Die lyrische und bukolische Dichtung. Ebenda. Leipzig 1906. VIII, S. 619—684. — Die Homosexuellen nach hellenischen Quellenschriften топ Otto Knapp. Anthropo- phyteia. III. S. 254—260. Leipzig 1906.
^ M. Hirschfeld. Vom Wesen der
Liebe. Jahrb. für sex. Zwischen- stufen. VIII. 1906. 8. 200.
*>) Welcher. Griechische
Götterlehre. IL 8. 715.
— 102 —
Weibern, wie ich von solchen hörte,
die ob ihres Bekenntnisses nicht einmal erröteten. So gewaltig ist die ganze Welt, voran Italien, in Vorstellungen von jenem Laster versunken, daß kein Gegenmittel fruchtet; weder das der Warnungen, noch das der Angst vor zeitlicher Bestrafung; es müßte denn Feuer und Schwefel, wie solches im Zorne Gottes zur Besserung anderer geschah, wiederum über jene Lasterbuben schleunigst vom Himmel herniederfallen und sie verzehren, sowie es die ver- kommenen Sodomiter verzehrte und vertigte/81) . . . ,Auf daß aber dem Laster nichts an seiner Vollendung fehle, so erreichte es seine höchste Stufe dadurch, daß in diesem gewiß heiligen Orden die Päderastie einen öffentlichen Lobredner erhielt. Zu Venedig erschien bei Trajan Naevus in italienischen Versen ein Buch „de laudibus Sodomia e", in welchem der Verfasser J o - hanne de la Casa kund tut, die Sodomie sei eine ganz be- sondere Kunst, ein edler, sogar ein göttlicher Zeitvertreib; er habe dies aus eigener Kenntnis an sich erfahren, und in der an- deren Liebe gäbe es ein größeres Entzücken nicht. Dieser delà Casa aber war Erzbischof von Benevent, Dekan der päpstlichen Kammer und päpstlicher Legat a Latere bei der Republik Ve- nedig.*'
In Frankreich ist man sogar derart
von der größeren Ver- breitung der Homosexualität in Deutschland — und zwar nicht mit Unrecht, meint mit Recht Numa Praetorius") — überzeugt, daß man sie gerade le vice allemand, das deutsche Laster, nennt. Mit demselben Recht heißt man in Deutschland die Syphilis die Franzosen, sage ich, dem die näheren Verhält- nisse in romanischen und slavischen Ländern nicht imbekannt sind.
Nach N ä c k e begegnet man in Paris
auf den großen Boule- vards und in den Champs-Elysées den gewöhnlichen Großstadt- prostituierten, Jünglingen von 15—25 Jahren — natürlich auch ältere — die dort zwischen 9 und 2 Uhr morgens auf und ab spazieren. Unter ihnen gibt es auch eine Anzahl von Erpressern. Es sind verschiedene kleine Hotels vorhanden, die die homo-
81) Zitiert nach F. Kar
seh: Quellenmaterial zur Beurteilung angeblicher und wirklicher Uranier. Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Leipzig 1902. S. 331 f. und 335.
V*) Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Leipzig
1902. IV. S. 742.
103 —
sexuellen Paare aufnehmen. Die
Prostituierten der Boulevards sind zum Teil sehr gefährlich, nicht minder wie ihre Berliner Kollegen. !
Hirschfeld vervollständigt diese
Angaben. So existierte bis zum Spätjahr 1905 in der Rue St. Martin ein kleines Hotel, dessen homosexueller Besitzer nicht nur homosexuellen Personen Zimmer zu vorübergehendem Aufenthalt vermietete, sondern auch stets fünf bis sechs junge Leute im Alter von 15—22 Jahren im Hotel beherbergte und Homosexuellen gegen Bezahlung zur Verfügung stellte. Außer diesem Hotel gab es im Jahre 1905 noch eine Art von Männerbordell bei einem Homosexuellen, der in seiner Wohnung nachmittags ein halbes Dutzend junger Leute zur Auswahl der besuchenden homosexuellen Herren bereit hielt oder aus der immittelbaren Nachbarschaft herbeirufen ließ und sofort ein Zimmer für einige Francs die Stunde vermietete.")
Vor einigen Jahren existierte in
Amsterdam eine lediglich von Homosexuellen aus den Volks- und Mittelkreisen, sowie von Fremden besuchte Wirtschaft, in der jeden Abend 20—40 Homo- sexuelle zu treffen waren.84)
Chrowotische und serbische
Homosexuelle halten ihre Zu- sammenkünfte ziemlich regelmäßig in Karlowitz, in Neusatz und Agram ab. Die üblichen „Verbrüderungfeste zwischen den beiden Nationen" sind nichts anderes als Uranierversammlungen, in denen man die Neulinge feiert. Die Jünglinge, die man gewonnen hat, heißt man vatreni mladici (feurige Jünglinge) oder nadobudna mladeż (hoffnungerweckende Jugend). Da derartige Bündnisse auch dortzulande verpönt sind, treten sie gewöhnlich unter poli- tischer oder literarischer Flagge auf. Den Lustknaben überläßt man z. B. die literarische Kritik, und es ist zum Unheil der ser- bischen und chrowotischen Literatur ausgeschlagen, daß Lust- knaben in ihr das große Wort führen. Die nicht seltenen Schlägereien unter Chrowoten und Serben erweisen sich häufig im letzten Grunde als nichts anderes, denn als Kämpfe der Heterosexuellen gegen Homosexuelle.
^ Dr. P. Naecke: Quelques détails
sur les homosexuels de Paris. Archives d'anthropologie-criminelle, de criminologie et de psychologie normale et
pathologique, N. S. T. IV. No. 138. — M. Hirschfeld: Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. VIII. Leipzig 1906. 8. 796 f.
w) Numa Praetorius.
Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Leipzig 1903. V. П. S. 966.
104 —
Im Orient besteht mir der Anschein
einer größeren Ver- breitung des Uranismus infolge des Umstandes, daß dort, nicht wie in Mitteleuropa, der gleichgeschlechtliche Verkehr nicht als etwas Fluchwürdiges und Ungewöhnliches gilt, homosexuelle Ge- fühle und Handlungen offener hervortreten und weniger geheim gehalten werden. Aus Kunst und Literatur, zumal der Folklore der Asiaten geht klar hervor, daß man dort jede Art von Liebe gleich bewertet und daß nicht der mindeste moralische Makel der Liebe zum Jüngling anhaftet.
Nach einem Berichte P. Kéravals85)
sind von den Ufern des Marmarameeres an bis zum Yang-tze-Kiang die Tänze und Ge- sänge den jungen Burschen, genannt b a t c h a , übertragen, die ganz und gar die Rolle unserer Schönheiten aus den Variétés er- füllen. Die Päderastie sei im direkten Verhältnis zur Größe der Stadt und der Einsperrung der Frau organisiert. In den Städten Mittelasiens und bei den Nomaden, wo die Frauen frei seien, gäbe es wenig botcha. Der botcha, Tänzer, Sänger, Schauspieler, ein halbes Weib nach dem Kostüm und den Manieren, habe in den Khanats Mittelasiens eine offizielle Stellung, er gehe aus den Kin- dern armer Eltern hervor. Er werde von herumziehenden Musikern oder von reichen Leuten gekauft, die ihn seinen Beruf lehrten, sowie die Funktion, zu der er dienen sollte. Eine eigen- artige Massage der Hinterbacken, eine durch Instrumente hervor- gebrachte Erweiterung des Afters werde mit ihm vorgenommen. Schläge und Rauschzustände mittels Alkohol und Haschisch spielten dabei eine große Rolle. Dann verkehre mit dem batcha sexuell als erster der Dirigent der Musiker, es sei denn, daß er ihn einem reichen Liebhaber abtrete.
Von 12 bis 16 Jahren stünde der
batcha in der Glanzperiode seiner Erfolge. Aber seine Verdienste flössen den Kupplern zu, so lange er keinem Herrn gehöre, der ihn unterhalte. Wenn der Bart wachse, verlöre er seinen Wert. Dann könne es geschehen, daß er ein ehrbarer Bürger werde, eine Familie gründe, seinen Harem und seinen batcha besitze. Es könne auch sein, daß, falls er die Leidenschaft der passiven Päderastie behalten habe, er Diener nehme zur Erregung seiner Begierden in praepostera, die er mit seinen Frauen normaliter befriedige.
o*) Archives de Neurologie. XXIV.
1902. & 236 f. Zitiert nach dem Referat von Nnma Praetorium. Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Leipzig 1903. V. II. S. 964 f.
105 —
Dagegen gäbe es batcha. die gegen
die Natur kämpften und die Attribute des Feminismus durch Kastration erhalten wollten. Wenn dies geschehen, verließen sie ihr Gewerbe oder wenn sie mit der Prostitution fortführen, würden sie doch nur wegen ihrer künstlichen Jugend verachtet. In beiden Fällen sänken sie noch tiefer. Manche züchteten Frauen zum coitus per anum oder zu sonstigen Verirrungen heran, seien ihre Louis oder die Ehe- männer der Prostituierten.
Praetorius bemerkt hierzu richtig,
die batcha und die mit ihnen geschlechtlich verkehren, wären selbstverständlich nicht alle Homosexuelle, doch zweifellos ein Teil. Seine Meinung, daß die Hebung der sozialen Verhältnisse der Frau den gleich- geschlechtlichen Verkehr mehr zurückdrängen, Heterosexuelle davon abbringen, insbesondere aber den Mißbrauch unmündiger Knaben einschränken würde, kann man nur als einen Wunsch auffassen. Nur strenge Gesetze, die auch unerbittlich streng gehandhabt werden müßten, könnten eine Änderimg nach außen hin erzwingen, der Sache nach bliebe doch wieder alles wie bis- her. Er bestätigt dies auch selber mit dem Zusatz: „Dagegen wird die Änderung in den sozialen Zuständen auf die Homo- sexuellen keinen Einfluß ausüben und den gleichgeschlechtlichen Verkehr ebensowenig beseitigen, als dies durch die Entwicklung der Zivilisation bei uns der Fall gewesen ist.4'
Unter den Indianern gibt es Stämme,
die den gleichge- schlechtlichen Verkehr zwischen Männern geradezu anerkennen. Eine gewisse Kategorie von Männern legt Weiberkleider an und sucht in allem dem Weibe zu ähneln ; sie leben mit Männern zu- sammen und geben sich ihnen geschlechtlich hin.
In Tahiti werden Liebebündnisse
zwischen Männern, die so- gar verschiedenen und feindlichen Stämmen angehören, ge- schlossen und von beiden Stämmen derart anerkannt, daß jeder vom Bunde das Gebiet des feindlichen Stammes ohne Gefahr betreten darf.")
„Bei den Naturvölkern tritt der
Mannling vollständig in den Hintergrund und auf der Bildfläche erscheint ein ausgesprochenes Weiblingtum, das sich nicht darauf beschränkt, von
e6) Dr. Nu m a
Praetorius: Die strafrechtlichen Bestimmungen gegen den gleichgeschlechtlichen Verkehr historisch und kritisch dargestellt. — Jahrb. f.
sex. Zwischenstufen. Leipzig 1899. I. 8. 148.
Krtipfc: Geschlecbtleben. 14
— 106 —
Männern aufgesucht zu werden,
sondern selbst Männer aufsucht und sich gern in die Tracht des Weibes kleidet, um, womöglich, die Verbindung mit dem geliebten Manne durch eine Heirat ge- setzlich zu krönen. Fast jede ihrer Sprachen hat für die Weib- linge, Pathici oder Kinäden, der zugehörigen Völkerstämme ein besonderes, oft überaus bezeichnendes Wort.") Earsch fuhrt 25 solcher Namen an. Hier scheine eine Besonderheit der Natur- völker vorzuliegen, umsomehr als unsere Wörterbücher der euro- päischen Sprachen über gleiche Bezeichnungen bei uns keine Auskunft geben. Der Schein trügt jedoch, wie eine Durchsicht der „Anthropophyteia im Sprachgebrauch der Völker'4 lehrt. Wir Kulturmenschen sind eogar viel reicher in unserem Volks- sprachschatze als die Kulturarmen.
Unter den Uled, den arabischen
Artisten, meistens Berbern, ersetzen, da Frauen und Mädchen (bei den Truppen) ja gänzlich fehlen, die jüngeren Mitglieder deren Stelle, was bei der in Marokko im allgemeinen sehr verbreiteten Männerliebe auch nicht zu verwundern ist. Die Uled nennen einen Mann, der den sexuellen Verkehr mit Knaben, dem mit dem weiblichen Ge- schlecht vorzieht a d e r r â b. Die Araber in Marokko nennen ein solches Individuum lûnat oder auch einfach Kâhab- ed-drâni, d. h. Jugendfreund. Der Jüngling, der, sei es für Geld, sei es aus Zuneigung, mit einem Manne geschlechtlich ver- kehrt, wird s ä m e 1 oder auch a 11 а і, d. h. Geber (d. h. einer, der sich hingibt) genannt, ein bärtiger Jüngling oder Mann aber, der die passive Rolle übernimmt, Kassa s.88)
Auf Madagaskar bilden die Lustknaben
förmlich eine Innung zu gegenseitigem Schutz und zu Angriffen. Die männlichen passiven Uranier bieten alles auf, um die Täuschung über ihr äußerlich angeborenes Geschlecht vollkommen durchzuführen.
„In Emyrnien heißen diese Personen
Sarimbary (sar Bildnis, vary Frau), bei den Sakalaven S e c a t r a. Die Secatra begnügen sich nicht mit äußeren Ähnlichkeiten mit dem Weib, sondern gehen viel weiter in dem intimen Verkehr. Die Secatra sind normal gebildete Männer, aber seit ihrer Jugend hat man
37) Dr. P. Karsch:
TTranismus oder Paederastie und Tribadie bei den Naturvölkern. Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Leipzig 1901. III. S. 81.
88) M. Quedenfeldt: Die Oorporationen des
Uled Seidi Hammedu-Muesa und der Orma im südlichen Marokko. Zeitschrift für Ethnologie. Berlin 1899. XXI. 8. 573 ff.
— 107 —
8°) Annales d'hygiène et de médecine
coloniales. Paris 1899. Zitiert nach Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. 1900. S. 885 ff.
sie wahrscheinlich wegen ihres
zarteren oder schwächlicheren Aussehens wie Mädchen behandelt und nach und nach betrachtet man sie wie wirkliche Frauen, indem sie auch das Kleid, den Charakter und die Gewohnheiten der Frau annehmen.
Die Autosuggestion, die sie erlitten
haben, hat sie ihr wahres Geschlecht vergessen lassen und sind unfähig geworden, eine Erektion oder eine Begierde bei einer Frau zu verspüren. Sie verwenden große Sorgfalt auf Toilette und Kleidung, sind mit Weiberstoff und Röcken bekleidet und tragen lange Haare mit Zöpfen, die kugelförmig enden. Ihre Ohren sind durchlöchert und erhalten Ringelchen mit Silberstücken. Auf dem linken Nasen- flügel haben sie ein Geldstückchen, an den Armen und Füßen tragen sie Halsbänder. Um die Ähnlichkeit mit dem Weib noch weiter zu treiben, belegen und bedecken sie die Brust mit Lappen, die den Busen und die Brüste nachbilden sollen. Sie entfernen sorgfältig alle Haare am Körper (mit Ausnahme des Kopfhaares) haben den wiegenden Gang der Frau und eignen sich schließlich deren Stimme an.
Wenn ein Mann ihnen gefällt, geben
sie ihm Geld, damit er mit ihnen schlafe; sie lassen ihn in ein mit Fett gefülltes Ochsenhorn, das sie sich zwischen die Beine legen, koitieren; manchmal lassen sie sich pädizieren.
Sie verrichten keinerlei mühsame
Arbeit, beschäftigen sich mit der Haushaltung und der Küche, flechten Strohmatten, hüten niemals das Vieh und gehen nicht in den Krieg. Ihre Geschlecht- lage wundert niemand, man findet sie ganz natürlich und niemand wagt eine Bemerkimg, denn der Secatra könnte sich rächen, in- dem er auf die seinen Fall besprechen würden, ein Los und eine Krankheit würfe."")
Eine ausgezeichnet befriedigende
psychologische Erklärung für die Neigung mancher Männer sich in Frauengewand zu hüllen und die Rolle des Weibes zu spielen, gibt Hirschfeld mit seiner Bemerkung :
„Die weibliche Kleidung bedingt
nicht eine Umgestaltung des inneren Menschen, sondern der innere Mensch verschafft sich die Kleidung, die ihm zusagt. Die Ursache des Charakters liegt also nicht in der Tracht, sondern die Ursache der Tracht im
14*
— 108 —
Charakter des Menschen. Ebenso ist
es mit dem Beruf des Urnings. Er wird nicht feminin, weil er Frauenrollen spielt, son- dern weil er feminin ist, bevorzugt er Frauenrollen.40)
Das Seitenstück dazu stellt das
Mannweib dar, das häufig, doch durchaus nicht immer auch zugleich eine Urninde ist. Daß die Mehrheit der Frauenrechtlerinnen Mannweiber sind, ist eine durch nichts erwiesene Schmeichelei. Weiber, die sich daheim nicht genug austoben können, unverschämte Männerjägerinnen, Profitsucherinnen und die große Sippe der Adabei, alle die drängen sich frech vermessen an die wenigen ehrlichen Vor- kämpferinnen für das Eecht der Frauen heran. Nur vom ehren- werten Mannweib gilt, was Ruling von ihr sagt :
„Das Mannweib ist, wie im
Durchschnitt der normale Mann, objektiver, energischer und zielbewußter als das weibliche Weib, ihre Gedanken und Empfindungen sind die des Mannes; sie ahmt dem Mann nicht nach, sie ist veranlagt wie er,dies ist der entscheidende,springende Punkt, den die Hasser und die Verleumder des sogenannten „Mannweibes4' immer außer acht lassen, weil sie sich nicht die Mühe geben, der homosexuellen Erscheinung einmal gründlich nachzuforschen.4
Uber gleichgeschlechtliche Liebe
unter Japanerinnen weiß selbst ein K a r s c h , der eine sehr große Literatur durchforschte, nur eine einzige Angabe beizubringen. Das beweist keineswegs, daß es in Japan keine Urninden gäbe, sondern bloß, daß sie für die bücherschreibenden Schriftsteller viel zu wenig Anziehimg ausübten und daß die Urninden selber, auch wenn sie als emanzipierte Mannweiber zur Feder greifen, ebenso wie ihre Neigungschwestern im Abendlande über ihr geheimstes Fühlen der Öffentlichkeit Mitteilungen zu machen sehr selten geneigt und bereit sind.
Eine Straßenecke im Yoshiwara zu
Yedo (Tokio) hat ihre besondere Chronik. Hier wohnte ein überaus schönes junges Mädchen, dem die Männer stark, aber erfolglos den Hof machten,
4°) Dr. Magnus Hirschfeld: Ursachen und
Wesen des Uranismus. Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Leipzig 1903. V. I. S.
123.
ll) Anna Ruling: Welches
Interesse hat die Frauenbewegung an der Lösung des homosexuellen Probleme? — Jahrb. t. sex. Zwischenstufen. Leipzig
1905. Vn. I. S. 133 f.
109 —
während es für poetische Turniere
und für galante Fahrten mit Freudenmädchen in den mit Lampions behängten Blumenbooten schwärmte. Diese „japanische Sappho44 mit dem Spitznamen „Frau Pfauu sah von ihrer Veranda aus das Yoshiwara zu ihren Füßen sich ausbreiten. Man trieb den Scherz so weit, zu sagen, das zierliche Geschöpf sei eigentlich nur der Kopf des Pfauen, die beleuchteten Häuser der „Stadt ohne Nacht44 aber mił) ihren schönen Kurtisanen die Federn seines Schweifes.4*)
F. Earsch-Haaok. Das
gleichgeschlechtliche Leben der Ostasiaten: Chinesen, Japaner, Koreer. München 1906. 8. 118. — VergL auch Dr. K. Florenz: Gesch. der Japan. Lit. Leipzig 1906. S. 197—229. Die Frauen in der Literatur. Es ist zweifellos, daß die besten unter diesen Meisterinnen der Feder Urninden waren.
VL
Mechanische Mittel zur Befriedigung des Gesehleehttriebes.
Künstliehe Zumpte als Marktware.
— Die autoerotisehen Behelfe im Gebrauch von Frauen. — Die Mannigfaltig- keit der Gegenstände zur Selbstbefriedigung bei den Frauen verschiedenster Völkerschaften alter und neuer
Zeit. — Ein zweifelhaftes Bild.
Angesichts der in Japan herrschenden
Freiheit im Geschlecht- verkehr und der endlosen leichten Möglichkeiten, den Geschlecht- trieb auf jede natürliche Weise zu befriedigen, sollte man es von vornherein gar nicht glauben, daß trotzdem die Menschen auch noch zu mechanischen Reizmitteln greifen. Die Tatsachen be- lehren uns eines anderen. Allem Anschein nach bevorzugt man die künstlichen Mittel, weil man sie jederzeit nach Belieben ge- brauchen kann und weil sie dem Benutzer eine gewisse persön- liche Unabhängigkeit und Sicherheit gewähren. Künstlich er- zeugter mechanischer Mittel bedienen sich vor allem die Frauen, allein oder zu Paaren. Die Sache ist so wenig geheim und gilt so wenig als anstößig, daß sich die Industrie öffentlich in ihren Dienst stellt.
S c h e d e 1 sagt : „Phallus wird
im Japanischen mit E n g і bezeichnet (in übertragener Bedeutung: omen, Glück, Zeichen) und führt dazu aus Hepburns japanisch-englischem Wörter- buch (IV. Aufl. S. 84) die Erklärung an : „Modell eines aus Papier oder Ton verfertigten männlichen Gliedes, das man ehemals zu Neujahr in den Straßen verkaufte und das man in Freudenhäusern als Gegenstand der Verehrung aufbewahrt.44 — Ferner: „Noch lange nach der Restauration wurden auf den Märkten, gelegent- lich der Matsuris, aus Papier gefertigte, nicht selten mit Zucker- waren gefüllte Phalli unter dem Rufe: Engino-ii-no (Glück- gebendes) feilgeboten, deren Länge oft bis 1 shiaku (1 Fuß) betrug. (Diese Verkäufer trugen meist eine Maske von ,Okame4 ange- bunden.) Das Volk nannte sie E n g і oder Matsutake. (Dies der japanische Name eines eßbaren Pilzes, Agaricus sp.) . . . An dem Feste des Gottes Ebisu in Nishinomiya in Setzu (10. Januar) wurden früher Kanzashi (Schmuck-Haarnadeln) ver- kauft, die einen kleinen aus Ton geformten und vergoldeten Phallus trugen, der beim Bewegen des Kopfes durch eine federnde
Kraust: Geschlechtieben. 15
— 114 —
*) Jos. S oh edel. PhaUuskultus in
Japan. Zeitschrift für Ethnologie. Berlin 1895. 8. 680 f.
Я) Zitiert nach Ploss-Bartels: Das Weib in
der Natur- und Völker- kunde. 8. Auflage. Leipzig 1905. L Bd. S. 564. — Man vergleiche dazu die ausführlichen Darlegungen Havelock Ellis: Geschlechtstrieb und Schamgefühl. Autorisierte Übersetzung mit Unterstützung von Dr. med. M. Kötscher besorgt von J. E. Kötscher. Dritte erweiterte und gänzlich umgearbeitete Auflage. Würzburg 1907. 8. 233 f. Die Frauen, die diese Kugeln benutzen, wiegen sich mit Vorliebe in Hängematten und Schaukelstühlen, denn die sanften Schwingungen der Kugeln rufen langsam und allmählig den höchsten Grad sexueller Erregung
hervor.
Spirale emporgeschnellt wurde. Es
bedeutete Glück, im Gedränge einem Mädchen eine solche Nadel zu stehlen, Unglück aber für das Mädchen, sie zu verlieren.441)
Zumpte aus Papiermache von Armdicke
und etwa 60 cm Länge sah ich mehrere. Sie dienten in Japan wohl als Behälter für Süßigkeiten, vielleicht auch zu Weihegaben. Davon sind die eigentlichen aus Metall oder aus Siegelwachs oder aus Horn er- zeugten Zumpte in gewöhnlicher Größe eines steifen Zumptes zu unterscheiden, die zur Einführung in die Scheide dienten. Auch bei diesen Erzeugnissen bewährt sich die gewissenhafte Kleinkunst der Japaner, wie man schon aus unseren Bildern er- sehen mag. Außerdem sind in Japan, wie J o e s t berichtet, kleine Kugeln gebräuchlich, Rin-no-tama genannt, die zum Zwecke geschlechtlicher Reizung von Weibern in die Vagina ge- steckt und durch einen Papiertampon an ihrer Stelle festgehalten werden.
Gewöhnliche Mädchen, auch wenn sie
in der ars amandi ziemlich erfahren waren, kannten die Kugeln nur dem Namen und dem Ansehen nach; benutzt wurden sie von „vornehmen44
(wenn der Ausdruck gestattet ist) Geishas (Tänzerinnen, Sänger- innen) und den, dem Europäer meist unnahbaren Venus- priesterinnen usw. Die Kugeln sind hohl und in ihnen befinden sich zwei Böden aus je 4 kleinen Metallzungen gebildet, zwischen denen eine ganz kleine, massive Metallkugel frei beweglich liegt. Die leiseste Bewegung bringt diese ins Rollen und verursacht durch Vermittelung der Metallzungen eine leichte Vibration, „einen nicht unangenehmen Kitzel, einen leichten Schlag, wie etwa den eines ganz schwachen Induktionapparates44. Auch die Chinesinnen sollen von solchen Reizkugeln oder „Klingelkugeln441) Gebrauch machen.
— 116 —
„h avelock E11 і s hat das
gesamte autoerotische Instrumentarium zusammengestellt, und da ergibt sich, daß die wilden Völker ebenso raffiniert sind in der Fabrikation ona- nistischer Reizapparate, wie die höchstentwickelte Unzucht- industrie der Kulturvölker. Am häufigsten werden tägliche Gebrauchgegenstände zur autoerotischen Befriedigung benutzt, wie in Hawai die Banane, in unseren Breiten die Gurken, Steck- rüben, Möhren, Runkelrüben. Ferner fand man in der Scheide und Blase von Weibern: Bleistifte, Siegellackstangen, leere Zwirnrollen, Schnürnadeln, Stricknadeln, Häkelnadeln, Nadel- büchsen, Kompasse, Glasstöpsel, Kerzen, Flaschen-Korke, Trink- gläser, Gabeln, Zahnstocher, Zahnbürsten, Pomadenbüchsen, Mai- käfer, Hühnereier und besonders häufig Haarnadeln (auch Zündsteine, Zeitungrollen und gewöhnlich Würste). Im Jahre 1862 war die Onanie mit Haarnadeln in Deutschland so verbreitet, daß ein Chirurg ein besonderes Instrument zur Entfernung von Haarnadeln aus der weiblichen Blase erfand! Auch heute noch ist diese Haarnadelnmasturbation ungemein häufig. Raffiniert sind künstliche Nachahmungen des männlichen Gliedes, soge- nannte Godemichée (Gaude mihi, Dildoes, Consolateurs, bijoux indiscrets usw.), die schon auf altbabylonischen Skulpturen, in Ägypten und in Griechenland, nach den Mimiamben des H e - r о n d a s (3. Jh. v. Chr.) vorkommen und seit uralter Zeit in Ost- asien gebraucht werden, wo schon die Spanier sie auf den Philip- pinen antrafen. Besonders bekannt geworden sind die künstlichen Wachsphalli der balinesischen Frauen. In Europa wetterte schon im 12. Jahrh. der Bischof Burchard von Worms gegen die künstlichen Mannesglieder; besonders in der italienischen Renaissance wurde ihr Gebrauch allgemeiner, die Technik der Herstellung immer raffinierter. Darin erreichte das Frankreich des XVIII. Jahrhunderts den Gipfel. Kein geringerer als M i r a - beau, der berühmte französische Politiker, hat in seinem ero- tischen Roman ,Le rideau levé ou l'éducation de Laure4 einen solchen künstlichen Phallus geschildert.448)
*) Dr, Iwan Bloch: Das Sexualleben
in unserer Zeit. Berlin 1907. S. 455 nach Ellis. — Auf 8. 456 gibt Bloch in voller Verdeutschung die be- berüchtigte Stelle. Die Übung ist auch heutigentags die gleiche, nur sind die Werkzeuge aus Kautschuk verfertigt und minder gefährlich für das Weib als die aus hartem Stoff hergestellten. — Eine Firma in Köln a. Rh. versandte im Juni 1007 ihren Katalog A „Erotischer Bücher", unter No. 708 (S. 3)
15*
— 116
Über die Tribadie bei den
Naturvölkern stellte K a r s c h eine große Anzahl von Nachweisen zusammen.4) Er führt unter an- deren auch eine Stelle aus Baumanns Bericht über konträre Sexual-Erscheinungen bei der Negerbevölkerung Zanzibars an, der freilich zwischen den Urninden und den heterosexuellen Weibern, die in Ermangelung von Männern Selbstbefriedigimg treiben, nicht genau unterscheidet. „Geschlechtliche Befriedigimg suchen sie bei anderen Weibern, teils konträr angelegten, teils normalen Weibern, die sich aus Zwang oder Gewinnsucht dazu hergeben. Die ausgeführten Akte sind : einander lecken (kulam- bana), die Geschlechtteile aneinander reiben (kusagana) und sich
steht zu lesen: „Erlebnisse eines
Wollustspendersu (Godmichée). Drei reiche Amerikanerinnen unterhalten sich über die Freuden der Liebe und nachdem sie die erste Furcht und das Hindernis der Jungfernschaft mit Hilfe eines Godmichée beseitigt haben, überlassen sie sich den tollsten Orgien und genießen in vollen Zügen auf die verschiedensten Arten die Freuden der Liebe. Die Furcht und die Neugierde, die geilen, wollüstigen Szenen, die sich hier abspielen, sind
in meisterhafter Weiße wiedergegeben. Mk. 6. — No. 783 (S. 14): Godmichée aus sehr elastischem Gummi (Nachbildungen der männlichen und weiblichen Geschlechtsteile) vorzügliche Pariser Fabrikate, mit Gummigürteln versehen für Damen Mk. 50. — Für Herren, sehr kompliziert gearbeitet, zum Aufblasen, eng und weit zu stellen Mk. 80. — Bei Bestellung genügt Angabe der No. mit Beifügung des Preises." — In Wien bekommt man bei einigen Bandagenhändlern aus Hunde- oder Battenhäuten fein sorgfältig ausgearbeitete Godmichée zu 20 Kronen das Stück. Abnehmerinnen sind durchwegs Mädchen und Frauen aus den besten Gesellschaftkreisen. Der Handel mit dieser Ware ist freilich untersagt, und nur vollkommen vertrauenswürdige Leute erhalten davon nähere Kenntnis. — Wir bringen im Anhange zwei Tafeln mit Abbildungen japanischer Godmichée. Auf der einen mit den Beizküglein sind zwei Zümptlein kreuzweis übereinander gelegt, auf der anderen ist ein einsamer zur Selbstbefriedigung und ein Doppelzumpt mit Schnüren für zwei einander befriedigende Urninden zu sehen. Die Bilder der beiden Tafeln sind in der Vorlage auf einem einzigen Blatte ver- einigt, das in der einen Variante der Schiffbruchserie, von der unsere Vorlage bloß zehn Blätter zählt, ais dreizehntes Blatt figuriert. Nach der Angabe des Besitzers soll diese Serie auf den Maler Kon do Śukegoro Kiyoharu (oder Koriushu?) zurückgehen, der die Bilder um das Jahr 1720 gemalt hat. Wenn ich den Witz des Künstlers richtig verstehe, so wollte er mit dem Schlußbilde nur andeuten, daß sich die Bewohnerinnen der Fraueninsel nach der Flucht der Schiffbrüchigen zu trösten wissen. Sollte aber diese Serie als Brautgeschenk
Ver- wendung finden, so mußte naturgemäß das letzte Bild wegfallen. — Über gegen- ständliche Mittel zur Befriedigung des Geschlechttriebes vergl. Krause:
Anthropo- phyteia. Ul. S. 425—427, wo auch Stellen aus den Canones poenitentiales des VIII.—ХП. Jahrh. zitiert und zum Schluß auf Tafel XI ein Bohr abgebildet ist, mit dem sich in einem oberösterreichischen Frauenkloster die Nonnen
befriedigten.
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den Ebenholz-Penis beibringen
(kujitia mbo y a mpingo) ; die letzt- genante Art des Genusses ist insofern bemerkenswert, als dazu ein besonderes Gerät erfordert wird ; es ist dies ein Stab aus Eben- holz in der Form eines männlichen Gliedes von ansehnlicher Größe. Er wird von schwarzen und indischen Handwerkern zu dem bezeichneten Zwecke hergestellt und insgeheim verkauft ; er soll bisweilen aus Elfenbein gefertigt werden. Es kommen zwei Formen des Stabes vor : die eine, einfache Form hat am stumpfen Ende eine ringförmige Kerbe, um die eine Schnur geschlungen wird, die das eine der Weiber sich um den Leib bindet, um an dem anderen den männlichen Akt nachzuahmen ; dieser Stab ist meist durchbohrt, und es wird dann zur Nachahmung der Ejakulation warmes Wasser eingefüllt ; bei der anderen Form, einem Doppel- penis, ist der Stab an beiden Enden eicheiförmig zugeschnitzt, so daß er von den beiden beteiligten Weibern zugleich in die Scheide eingeführt werden kann, zu welchem Behufe sie eine sitzende Stellung einnehmen. Auch dieser Stab ist durchbohrt. Vor dem Gebrauche werden die Ebenholzstäbe eingeölt. Die beschriebenen Geräte werden außer von konträrsexuellen auch von normalen Weibern in den Harems der Araber angewendet, in denen die Frauen bei strenger Abschließimg genügende geschlechtliche Be- friedigimg nicht finden und gelten als eine arabische Erfindung/4
Ein Wiener Sammler erotischer Bücher und Gegenstände zeigte mir das Bild einer Japanerin, die mit verzücktem Angesicht und nach oben verdrehten Augen, die Hände krampfhaft über die Brust geschlagen nackt dasitzt, während ihr zwischen den Beinen ein Knabe auf dem Boden kauert und ihre Scham beleckt. Ohne dem Eigentümer dieser Merkwürdigkeit die Freude an seinem Be- sitz trüben zu wollen, mußte ich ihm doch sagen, daß die Zeich- nung höchstwahrscheinlich von der Hand eines europäischen Malers herrühre, der sich in Nachahmung japanischer Kunst ver- sucht hat. Ob ihm ein japanisches Original vorgelegen, vermag ich nicht zu entscheiden. Das Papier mit Wasserdruck ist wohl auch europäisches Fabrikat.
4) Dr. F. Kare oh:
Uranismus oder Paederattie and Tribadie bei den Naturvölkern. Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. Leipzig 1901. ПІ. S. 86.
vn.
Die dureh Sitte und Braueh
bedingten erotischen Bilderwerke der Japaner.
Lehrbücher der Liebebetätigimg. —
Frühlingbilder und Schnitzwerke. — Keine unzüchtigen Darstellungen im Sinne der Ostasiaten. — Erotik und Karikatur.
Die Malkunst der Japaner. —
Uranfänge der Kunst in Japan und im alten Ägypten. - Die Kunst fürs Volk.
m
1
Die verschiedenen Berichte
von Reisenden über die außer- ordentliche geschlechtliche Ausschweifung bei diesem oder jenem Volke der Oekumene und die daran gewöhnlich angeschlossenen moralischen oder pathetischen Betrachtungen, die darin gipfeln, daß wir im allgemeinen und der Reisende im besonderen denn doch zu den besseren oder besten Menschen zählen, sind wertlos, weil unwissenschaftlich. Keinem Volke gebührt vor dem anderen in geschlechtlichen Dingen ein wesentlicher Vorzug, er kommt nur einzelnen Personen zu, die sich vor Ausschreitungen hüten, weil sie deren nachteiligen Folgen an sich zu erleben besorgen oder weil sie ihrer Anlage nach geschlechtlich wenig reizbar sind. Da und dort spielen sich die Vorgänge mehr in der Öffentlichkeit ab, anderswo im Geheimen, doch sie spielen sich immer ab. Im Jahre 1906 stand zu Innsbruck eine Frau wegen Ermordimg ihres Ehegatten, eines höheren pensionierten Justizbeamten, vor Ge- richt. Der Leumund des Toten war ausnehmend günstig. Auf den Vorhalt des Gerichtpräsidenten erwiderte die Frau: „Sie hätten ihn aber nachts mit mir in der Schlafstube sehen sollen. Da war er ganz anders !" Da nahm er Übungen vor, die der Frau einen tötlichen Haß gegen ihn einflößten, so daß sie in ihrer Ver- zweiflung beschloß, sich seiner zu entledigen. Die Richter haben diesen Zustand der gepeinigten Frau nicht berücksichtigt und sie verurteilt, weil sie sich noch anderen Männern geschlechtlich hin- gegeben. In unserem Kulturkreis gehen gar viele Männer nur darum Monopolehen ein, weil sie ihnen die einzige Möglichkeit darbieten, gefahr- und straflos alle Vergnügungen sexueller Gym- nastik mit Muße durchzukosten, mag das Weib dabei auch hin- werden. Hat der Mann Stellung und Vermögen, so erkauft oder erheiratet er sich ohne weiteres ein neues Opfer für seine Gelüste. Das Leben so mancher ehrsamen Ehefrau ist darum unfreier und jammervoller als das einer von der Preisgebung ihres Leibes an
Krauss: Geschlechfleben. 16
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viele Männer zehrenden Buhldirne.
Die kann doch auf der Stelle ihrem Geschmacke widerwärtige und ihre Gesundheit gefähr- dende Zumutungen zurückweisen.
Als eine Frucht der Erkenntnis, daß
es einem Monopolweibe zu wissen geziemt, was sie in der Ehe füglich zu leisten und was zu unterlassen habe, entstanden die bildlichen und schriftlichen Anweisungen oder Lehrbücher der Liebe bei Indern, Persern, Chinesen und Japanern. Im Sinne der Urheber sind bei jenen Völkern derartige Bücher Lehrbücher, wie bei uns die Handbücher für den guten Ton, die sich wieder bei uns der größten Verbreitung erfreuen.
Während unsere Anstandbücher von
einschläfernder Lang- weiligkeit sind und von einer anmaßenden Lehrhaftigkeit über- quellen, sind die chinesischen und japanischen Lehrbücher für den Geschlechtverkehr voll geistreichen Witzes und Humors, die Bilder dazu aber in der Regel vorzüglich ausgeführte Kari- katuren. Die hervorragendsten Künstler verschmähten es nicht, ihre Begabung in den Dienst der sinnlichen Liebe zu stellen, die nach ihrer Auffassung das Menschendasein beschönt und be- krönt.
„Unter den arischen Völkern haben
sich vor allem die Inder einen begründeten Ruf als raffinierte Praktiker einer in ein System gebrachten Psychopathia sexualis erworben. Außer 48 Figuren Veneris (Stellungen beim Beischlaf) üben sie alle mög- lichen perversen sexuellen Praktiken und haben in verschiedenen Lehrbüchern eine planmäßige Anleitung zu geschlechtlicher Unzucht. Hier fehlt offensichtlich jede Spur von krankhaften Zuständen, von Entartung und Psychopathie. Es handelt sich um Volkssitten und Gebräuche."1)
„Das ganze ist ein Mysterium, ein
Mysterium aus alter Zeit, heilig durch das Alter und gehüllt in alles, was rein und heilig ist. Und sie verlangen nicht, den Schleier zu heben und in die Ge- heimnisse einzudringen oder deren Gründe zu erforschen, welche ihre Vorfahren jahrhundertelang unberührt gelassen haben.
Râjendralàle Mitra ist der gewiß
zutreffenden Meinung, daß
*) Dr. Iwan Bloch. Das Sexualleben
unserer Zeit. S. 616. — Eine Bibliographie der Lehrbücher über Liebe: Bloch: Beiträge zur Aetiologie der Psychopathia sexualis. I. S. 29—30. — Das trefflichste Handbuch über die indische Liebekunst ist das Kamasutram, das Bichard Schmidt verdeutschte. ІП. Aufl. Berlin 1907.
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es auch den ersten Bildnern dieser
für unsere verfeinerten Be- griffe obszönen Skulpturen vollkommen fern gelegen habe, etwas Unanständiges darstellen zu wollen. Es war nur ihre Absicht, einen religiösen Gedanken in entsprechend realer Weise zur Ver- körperung zu bringen. Und der Gedanke hängt ohne allen Zweifel mit der Verehrung der G ottheiten der Zeugung, mit dem Phallus- dienste zusammen, der in früheren Jahrhunderten wohl fast über das gesamte Asien die allgemeinste Verbreitimg hatte.4'2)
„Ebensowenig können uns die
mannigfachen Darstellungen auf diesem Gebiet als Beweise für die Gebräuchlichkeit der einen oder der anderen Stellung dienen, wie sie die japanische und chi- nesische Kunst uns darbietet. Bei den japanischen Darstellungen, welche teils in Bilderbogen, teils in Büchern sich finden, kann es wohl keinem Zweifel unterliegen, daß sie überhaupt nur aus ero- tischen Rücksichten zum Zwecke des Sinnenkitzels gefertigt worden sind. Etwas anders verhält es sich vielleicht mit den chinesischen Figuren. Hier kommt namentlich die bereits weiter oben erwähnte Gruppe von Kunstwerken in Betracht, welche unter dem Namen tsch'un un-tsche „Frühlingstäfelchen44 oder pi- hi „geheime Spiele44 bekannt sind. Sie gleichen in der Form un- gefähr unseren Tuschkästen und haben auf dem Schiebedeckel in farbigem Elfenbein eine Gruppe von zwei oder mehreren menschlichen Figuren verschiedenen Geschlechts, welche meist in harmloser Unterhaltung oder auf der Promenade sich befinden. Zieht man den Deckel auf, so findet man im Inneren des Käst- chens ebenfalls eine farbige Reliefdarstellung in Elfenbein, welche ein gänzlich oder nahezu vollständig entkleidetes Paar in ver- schiedenen Stellungen der Begattung zeigt. Das Vorherrschen einer bestimmten Stellung läßt sich dabei nicht erkennen, nur ist es auffallend, wie häufig die Frau die Beine ad maximum in den Knieen und in der Hüfte gebeugt hält.
Eugen Pander teilte mir mit, daß
diese Frühlings- täfelchen noch in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts als Ge- schenk für Bräute benutzt worden wären. Prof. Dr. Grube gab mir darüber folgendes an: „Nach mündlicher, in China ziemlich allgemein verbreiteter Überlieferung dienten sie während der Ming-Dynastie (1368—1644) als Wahrzeichen gegen Feuergefahr. Panders Mitteilung, daß dergleichen Bilder früher Bräuten vor
3) Ploes-Bartele: Das Weib in der Natur-
und Völkerkunde, 8. Auflage. Leipzig 1905. I. S. 560.
16*
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8) Ploee-Bartele: Ebenda. Ł 8. 662.
4) Anthropophyteia. IV. Leipzig 1907.
der Hochzeit geschenkt wurden,
beruht, wie mir mein chinesischer Freund, Herr Knei-lin, mitteilt, entschieden auf einem Irrtum. Hingegen soll es vorkommen, daß sie jungen Männern geschenkt werden, die in den Ehestand treten wollen und nicht wissen, „wie man es macht"/)
Uber japanische Frühlingbilder
handelt Berthold L a u f e r in einem zwar kurzen, doch sehr gediegenen Aufsatze*), worin er seine auf ethnologischen Forschungreisen angestellten Beobachtungen mitteilt. „Diese Bilder heißen euphemistisch ,Frühlingbilder4 (ch * un hua chinesisch, in japanischer Aus- sprache s h u n g w a) ; die Bezeichnung »Frühling4 wird vielfach ganz passend für die Regungen des Geschlechttriebes gebraucht. ,Frühlingmedikamente4 sind Aphrodisiaca. In Japan ist ferner der Ausdruck warai-ye, d. i. Bilder vom Lachen, gebräuchlich, sodann makura-ye, d. i. Kissenbilder ; Bücher mit solchen Abbildungen heißen makura-zoshi. Aus China sind mir auch gefaltete Album mit Malereien bekannt, die ganze Zyklen von Coituszenen darstellen oder die Geschichte eines Liebes- paares in der wechselnden Entwicklung der Ereignisse; manche darunter sind von technischer Vollendung der Ausführung und bei der bekannten Begabung der Ostasiaten für die Auffassimg und Darstellung der körperlichen Bewegung meisterlich natur- wahr ... In Japan haben die Frühlingbilder eine noch viel tiefere Bedeutung als in China gehabt; denn sie sind jetzt von der nach europäisch - amerikanischem Muster prüden Regierung strengstens verboten und unterdrückt worden, wie auch der Phalluskultus. Besonders die Illustration von Romanen mit ge- schlechtlichen Szenen war in Japan bis zur Zeit der Restauration in vollem Schwung; jedenfalls wird sie auch jetzt noch im ver- borgenen betrieben. Solche Bücher sollen als eine Art von In- struktionheften zur Ausstattung in die Ehe tretender Mädchen ge- hört haben. Sicher dienten sie Alt und Jung zur Unterhaltung und Belustigung. Charakteristisch für die japanischen Früh- lingbilder ist die phantasiereiche Mannigfaltigkeit der Positionen, und zwei auf den entsprechenden chinesischen Bildern nie vor- kommenden Züge, die Anwesenheit von Zuschauern im Hinter- grund, die durch Lucken und Schiebetürspalten neugierig herein-
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gucken, und sehr häufig neben dem
menschlichen Begattungakt eine Parallele aus dem Tierleben, besonders rammelnde Katzen. Auch die Darstellung von Klassenpaarungen in einem Räume ist nichts ungewöhnliches."
„Ein Beispiel der letzteren Gattung
ist auf unserer Tafel nach einem japanischen Originalholzschnitt reproduziert. Die Situation läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig und spricht für sich selbst. Aber dies, und darin liegt der besondere Wert dieses Bunt- drucks, ist das einzige Frühlingsbild, das ich gefunden, dem an- scheinend eine mythologische Bedeutimg zu Grunde liegt. Diese geht aus dem großen Ungetüm mit dem Fischkopf hervor, das die lustige Gesellschaft plötzlich überrascht und in wirrer Hast ausein- andersprengt. Das Bild hat leider keinerlei Beischriften, die das Sujet erklären würden, und ich muß von vornherein bemerken, daß mir der eigentliche Sinn der Darstellung unklar ist. Ich habe sie bisher verschiedenen gebildeten Japanern vorgelegt, die gleich- falls nicht imstande waren, eine befriedigende Erklärung darüber zu geben. Vielleicht wird diese Veröffentlichung dazu beitragen, diese Frage zu klären. Die drei das Monster begleitenden Männer sind Handwerker, der eine, der drohend seine Säge zum Angriff auf die Festteilnehmer schwingt, ist ein Zimmermann ; sein Nach- bar scheint einen Bohrer oder anderes Instrument zu halten. Man könnte so vermuten, daß die Idee, die der Darstellung zu Grunde liegt, ein Kampf der ehrbaren Zünftigkeit gegen die Aus- schweifung sei ; ich kann mich aber in dieser Deutung auch irren. Vielleicht handelt es sich um die Illustration einer uns unbe- kannten Lokalsage, deren es in Japan so viele gibt. Unzweifel- haft ist jedenfalls, daß das Bild eine tiefere mit dem Wesen der Phallusverehrung in Verbindung zu bringende Symbolik besitzt. Darauf deuten zunächst die drei großen weißen Kalebassen, die auf dem violetten Rock des Ungetüms angebracht sind. Die Kalle- basse ist in Ostasien ein Symbol des Phallus. Ferner schwingt das Frauenzimmer unten rechts einen großen Penis in der Rechten, den sie anscheinend dem mit dem Kopf nach vorn auf dem Boden liegenden, um seinen Verlust klagenden Manne ausgerissen hat. Hier handelt es sich vermutlich um die magische Verwendung des Phallus, über die jüngst W. G. A s t o n in seinem trefflichen Buche ,Shintoł (London 1905), p. 196, gehandelt hat.u
Das gemeine Volk kann sich
derartige, jedenfalls nichï allzu- billige Bilder nicht anschaffen, doch man weiß sich zu helfen.
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Anläßlich der vielen Blumenfeste
halten Volkskünstler Chrysan- themumblätter mit Guachemalerei feil, die für jedermann leicht zu erwerben sind. Zwei Blätter aus einer Sammlung von zwanzig zeigen unsere Tafeln. Die Blätter sind mit einer perlmutterartigen Glasur überzogen und vollständig durchsichtig. Allem Anschein nach halten sich die Maler an altübernommene chinesische Vor- bilder, denn die Stellungen und die Typen weisen darauf hin.
Es ist ein seltsamer Zufall, daß
sich in der reichen mir zugäng- lichen Literatur keinerlei Bemerkung über japanische Schnitz- arbeiten dieser Art gefunden, obwohl man sie in Japan sehr häufig sehen muß, denn sie dienen als Hochzeitgeschenke der Gäste an die glückliche Braut. Ein Wiener Sammler besitzt allein sechzig solcher Schnitzwerke, die man durchweg als künstlerische Leistungen ansprechen muß. Manche von ihnen dürften Jahr- hunderte alt sein. Es sind durchwegs kleine, elfenbeinerne Büchs- lein und Schächtelchen. Den Deckel bilden Blumen, doch meist Gestalten, manche recht groteske darunter, doch hebt man den Deckel ab, so sieht man in der Schachtel ein sich begattendes Paar, oder blos einen Zumpt oder eine Voze oder Zumpt und Voze in einander. Das sind durchwegs obszöne, weil na€urgetreue Darstellungen, sogenannte Vielliebchen. Sie dienen meistens als Liebe- und Eheamulete, die Verliebte, Verlobte und Vermählte von Freunden zum Geschenk bekommen, um deren Vermehrungsinn aufrecht zu erhalten. Es sollen vorwiegend Ent- würfe des japanischen Bildhauers U t a m a r e sein. Wir geben sechs solcher Vielliebchen im Bilde wieder. Die Preise solcher Kunstwerke schwanken je nach der Ausf ührung zwischen б—200 Kronen.
Unsere Anschauungen über Bilder
dieser Art weichen von jenen der Asiaten ab. Es ist notwendig, darüber die wesentlich mit einander übereinstimmenden und einander ergänzenden An- sichten berufenster Erforscher der Erotik zu vernehmen.
Wir verstehen unter obszönen Bildern
diejenigen, die nur in der Absicht, sexuell erregend zu wirken, verfertigt sind, nichï aber diejenigen, die tiefen Sinn verraten, obwohl laszive Geister aus diesen Darstellungen sinnliche Erregimg schöpfen können.*)
6) Vergl. Dr. L 8. A, M,
t. Börner. Über die androgyn. Idee des Lebens. Jahrb. f. sex. Zwischenstufen. 1903. V. ПІ. 8. 819.
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Ein unzüchtiges Produkt liegt nur
vor, wenn die Erregung der Sinnlichkeit, der Geilheit bezweckt wird und diese Absicht sich in entsprechenden Darstellungen dokumentiert. Die Art und Weise, wie ein geschlechtliches Problem behandelt wird, nicht die Wahl des Problems als Darstellungstoffes an und für sich, ent- scheidet, ob eine unzüchtige Schrift vorhanden ist oder nicht.*)
Es ist durchaus verfehlt zu glauben,
daß allgemein der nackte Körper oder ein entblößter Körperteil erotisch erregender, im Sinne gewisser Sittlichkeitverfechter gesprochen „unsittlicher44
wirkt, als ein bekleideter. Auf sehr viele Männer und Frauen übt es im Gegenteil einen abkühlenden Einfluß aus, wenn sich ihr Partner entkleidet. Ein Arzt sagte mir einmal : ,Eine Frau, die sich die Strümpfe auszieht, hat für mich jeden Reiz verloren.4
Sehr viele Menschen erregt sexuell am stärksten der verhüllte, teils unverhüllte Körper ; der Anblick der Geschlechtorgane stößt viele direkt ab.
„Von den Eiferern gegen das Nackte
in der Kunst werden diese wichtigen biologischen Tatsachen meist gänzlich übersehen. Da die verhältnismäßig stärkste sexuelle Anziehung immer noch ein schönes Gesicht ausübt, so müßten die Sittlichkeitfanatiker, — wären sie naturwissenschaftlich geschult und konsequent — mit demselben Recht, wie sie gegen die Nachbildung des nackten Körpers eifern, für die Verhüllung des Gesichts, der Augen, der Haare, der Hände eintreten.447)
Bei den Moslimen und bei vielen
nichtsemitischen Völkern müssen Frauen tatsächlich ihren Kopf verhüllen, und auch bei uns bedecken schamhafte Frauen bei gegebenen Gelegenheiten mit beiden Händen ihr Gesicht, nicht etwa andere Körperteile.
Es wird dem Japaner niemals
einfallen, ein Weib, gleichviel ob es entkleidet ist oder nicht, durch zudringliche Blicke zu be- lästigen; bei seinen erotischen Darstellungen, die nebenbei den Zweck haben, die Neuvermählten in die Geheimnisse des ehe- lichen Lebens einzuweihen, sucht er nicht nach dem gemeinen, grobsinnlichen, sondern mit Vorliebe nach dem komischen Ele- mente.
„Ein Japaner sagte mir (zu S t r a t
z) eines Tages strahlend :
*) Numa Praetorius: Jahrb. f. sex.
Zwischenstufen. Leipzig 1903. V. III. S. 980.
^ Dr. M. Hirschfeld. Vom Wesen der
liebe. Jahrh, f. sex. Zwischen- stufen. Leipzig 1906. VDX S. 144.
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,Ich habe heute dreitausend
erotischer Bilder gesehen.4 Nicht das Erotische, sondern die Masse, dreitausend an einem Vor- mittag, erregte seine — und meine Heiterkeit.448)
Bei alledem hat man sich noch zu
erinnern, daß der erwach- sene Japaner selbst unbekleidet sehr selten ganz nackt dasteht, er ist nämlich tätowiert und, wie bekannt, ersetzt die Tätowierung sehr wirksam den Mangel einer Bekleidung. „Es sind oft wahre Kunstwerke, die der Künstler in die Haut einsticht, und wirklich ausgezeichneter ,Kunsttätowierer4 gibt es genug, die sich dazu hergeben, den Pinsel mit der Nadel zu vertauschen, und unter diesen nimmt YoshisukiHoritoyo, ein Schüler T о у o s, des großen Meisters japanischer Kunst, wohl den ersten Rang ein.440)
Es ist eine auf falschen
Voraussetzungen beruhende An- nahme, daß gereiftes künstlerisches Können mit der Erotik und ihrer Darstellung unvereinbar sei. Ein Blick in Eduard Fuchs' Werk über das erotische Element in der Karikatur be- lehrt jeden eines anderen, was auch Dr. IwanBloch betont.10) Dem Künstler ist jeder Stoff recht, der ihn zum Schaffen anregt, gleichwie der Forscher die Grenzen nicht anerkennt, die eine kon- ventionelle Moral um die Erscheinungen zeitweilig zieht. Als Folklorist muß ich erwähnen, daß ich die allerschlüpfrigsten Volksüberlieferungen von Männern und Frauen vernommen, deren Lebenswandel und sittliche Anschauung im wohltuendsten Gegen- satz zum ekligen Inhalt der Erzählungen steht. Als eine Merk- würdigkeit erschien es mir, daß mir ein höchst sittsames, wohl- erzogenes, ungemein fleißiges 24 jähriges Fräulein aus gutem Bürgerhause volle neunzig erotischer und skatologischer Ge-
8) St ratz, Dr. O. H. : Die Körperformen
in Kunst und Leben der Japaner. Stuttgart 1902. S. 71.
°) Hugo Ernst Luedecke. Erotische
Tätowierungen, Anthropophyteia. IV. Leipzig 1907. S. 77.
10) „Das Geschlechtliche
fordert geradezu den Witz heraus. Das hat auch Schopenhauer ausgesprochen und aus dem ihnen zu Grunde liegenden tiefen Ernst erklärt (Welt als Wille und Vorstellung. L 330). Daher sind, worauf Eduard Fuchs (Das erotische Element in der Karikatur, Berlin 1904, S. 10) mit Recht hinweist, die Mehrzahl aller erotischen Schöpfungen karikaturistisch. Der
glänzendste Vertreter dieser humoristischen Auffassung des Sexuellen ist der geniale
englische Künstler Thomas Rowlands on, der heute sowohl in England als auch in Deutschland längst hinter Schloß und Biegel wäre." (Dr. Iwan Blooh. Das Sexualleben. Berlin 1907. S. 790.)
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n) Das Kamasutram. Die
indische Liebeskunpt. Von Dr. Richard Schmidt. IIL Aufl. Berlin 1907. 8. 476 f.
Knots: Geschlechtfebcti. 17
schichten und mehr als hundert
Volkslieder dieser Art mitteilen konnte. Alle diese Uberlieferungen erfuhr sie von Frauen aus bester Gesellschaft, die sowohl im privaten Leben als in der Öffent- lichkeit sittlich unanfechtbar sind. Auch die anständigsten Frauen lieben den Humor, der aus der unerschöpflichen Quelle der Lach- lust, aus der Erotik fließt. Dasselbe, was für slavische, deutsche und romanische Frauen gilt, gilt auch für japanische, nur mit dem Unterschiede, daß die Ostasiatinnen in erotischen Dingen eine noch größere Freiheit genießen und sich geringeren äußerlichen Zwang aufzulegen brauchen.
Auf den unsere Ausführungen
begleitenden Bildern erscheinen die Männer mit riesigen Zumpten, die in keinem natürlichen Ver- hältnis zur Körpergröße sind. Ein japanischer Mediziner, der vor einigen Jahren in Wien studierte, verfaßte eine deutsche Ab- handlung über die großen Zumpte seiner Landsleute. Mir ist sie leider nicht zugänglich worden. Wenn es richtig ist, was mir einer, der sie gelesen hat, mitteilte, daß sich der Arzt bemüht habe nachzuweisen, Großzumptigkeit wäre eine Rasseneigentüm- lichkeit seines Volkes, so muß man ihm darin widersprechen. Eine solche Eigentümlichkeit wäre auch anderen aufgefallen. Die großen Zumpte auf den Bildern beweisen nichts zu Gunsten des Arztes, denn durchgehende sind bei allen Völkern in malerischen und bildhauerischen erotischen Darstellungen die Männer mit gewaltigen Ruten versehen. Dieser grotesk-komische Zug ist international. Andererseits muß man sich aber noch erinnern, daß es bei sehr vielen Völkern Brauch ist, durch künstliche Mittel den Zumpt zu vergrößern, um den Liebeguß zu erhöhen. Man vergesse nicht, daß die japanischen Maler ursprünglich nach chinesischen und indischen Vorbildern gearbeitet und diese im wesentlichen treu übernommen haben, bei den Indern aber z. B. die Zumptvergrößerung zu den gewöhnlichen Künsten gehört, wie man dies deutlich aus dem Kamasutram ersieht.11) Man darf ruhig annehmen, daß mit den erotischen Vorlagebildern auch die volkstümlichen Übungen der Inder zugleich nach Japan einge- führt worden, falls sie nicht schon von jeher dort zu finden waren.
Gegen die Übertreibungen mit großen
Zumpten auf den Bildern und gegen die Abhandlung des japanischen Medizin*
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studierenden über die japanische
Großzümptigkeit zeugen deut- lich die in vielen europäischen Sammlungen vorhandenen Zumpt- aufsätze, von denen wir mehrere im Bilde bringen. Wären die Zumpte nicht zu klein geraten, um bei den Weibern den höchsten Wollusttaumel auszulösen, so brauchte es keiner derartigen Futerale und Reizringe. Aber selbst die sind von bescheidener Größe. Der Karikaturist hat das Recht, das klägliche Zümptlein zu einem erschreckenden Riesenwerkzeug von Armdicke auszu- malen.
Aston, ein Gelehrter, der vierzig
Jahre lang ausschließ- lich das Japanertum erforschte, urteilt, daß die japanische Kunst wenig monumentale Skulpturen und Malereien von Bedeutung hervorgebracht. Bei den Japanern wäre alles möglichst im- persönlich und alles verschwommen. Man muß sagen, daß bei den Japanern eine vollendete Technik des Handwerkers die Kunstentwicklung gehemmt hat. Das perspektivische Schauen ist bei den japanischen Künstlern eine ziemlich junge Errungen- schaft, offenkundig unter Einfluß abendländischer Vorbilder. Der japanische Künstler schaut anderes als der europäische; denn er hockt am Boden und betrachtet die Dinge von unten nach oben. Daher kommt wohl auf ihren Bildern das Mißver- hältnis in der Ausführung der unteren Teile gegenüber den oberen. Unbewußt schafft er Zerrbilder für denjenigen, der da gewohnt ist, aufrecht stehend oder umhergehend die Gegenstände von allen Seiten ins Auge zu fassen. Er unterscheidet auch viel zu wenig zwischen wichtigen, hauptsächlichen Merkmalen und den nebensächlichen, denn er hat auch für das geringste die gleiche Sorgfalt, wie für das bedeutsamste, so daß häufig das Beiwerk das Kunstwerk erdrückt. Er trägt die Farben derart auf, daß für die Illusion des Beschauers nicht viel zu tun übrig bleibt. Er übersättigt auf den ersten Blick und weil er zu viel gibt, gibt er zu wenig. Alles ist bei ihm darauf gerichtet, seine Armut an Einbildungkraft zu verdecken und immer bewegt er sich im engen Kreise unwandelbarer Vorstellungen. So zeigt sich der japanische Künstler groß in Kunstgriffen, nicht in der Kunst. In den einen, nicht in der anderen übertrifft er seine chinesischen und indischen Vorbilder. Die Kunst, die er nachahmt, stand bereits auf der Höhe, als er sich ihrer mit geschäftlicher Routine
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bemächtigte. Die zwei oder drei
Künstler, die trotz alledem über die Schablone hinauswuchsen, sind Ausnahmen, die den Gesamt- eindruck nicht abschwächen.
Trefflich gibt M. vonKaisenberg den
Eindruck wieder, den japanische Malerei auf das Kunstempfinden eines gebildeten Europäers macht. Im großen Arakusatempel befinden sich Bilder fast von den ersten Anfängen der Malerei bis auf die jüngste Zeit. „Den wunderbarsten Eindruck machten mir die Farbenholz- schnitte aus der ältesten Zeit, sie erinnerten mich beinahe an die Zeichnungen des kleinen Moritz in den Fliegenden Blättern. Bis zu dem achtzehnten Jahrhundert ist von Perspektive, plastischer oder räumlicher Illusion, Rundung, genug von alledem, was wir von einem Bilde verlangen, gar keine Rede. Zuerst verstand ich den Sinn dieser bizarren Zeichnungen gar nicht, bis mir ein alter Cerberus eine Art von Erklärung darüber gab. Man findet in diesen Zeichnungen, wie gesagt, nichts von Illusion, kein juste milieu, keinen Hintergrund, keine subtile Aus- führung der Wolken und alles dessen, was wir an unseren alten Meistern zu sehen gewolmt sind. Sie haben alle etwas Primi- tives, Kindliches an sich. Auch von Form oder Schlagschatten, davon müssen diese alten Zeichner überhaupt gar keine Auffassimg gehabt haben. Die Art der Japaner, die Natur flächenhaft darzustellen, gehört mit zu den uralten Elementen des indischen Buddhismus, die nicht ohne Ein- fluß auf ihre Entwicklung blieben. Ihre Holzschnitte zeigen oft in mehreren, was den Inhalt anbetrifft, zusammenhängen- den Bildern mit abgekürzten, gewissermaßen schematischen Verhältnissen die Ausführung eines Gedankens. Meist sind das Szenen aus dem täglichen Leben, besonders dem Frauen- leben . . . das alles aber eigentlich nur skizziert, in bisweilen gut gezeichneten, oft aber auch bizarren Umrissen entworfen. Es sind dies gewissermaßen malerische Schriftzeichen, eine Kalli- graphie der Malkunst, beinahe so, wie sie uns damals die extra- vagantesten unserer modernen Freilichtmaler zeigten.")
Von der Kunst im alten Ägypten sagt
Wiedemann, einer der vorzüglichsten Ägyptologen unserer Zeit: „Auf der einen Seite eine bewunderungwürdige Beherrschung des Materials
Kaisenberg, Moritz v. (Moritz топ
Berg): Yom Gesandtschafte- attaché. Briefe über Japan und seine erste Oeselisehaft. Hannover 1899. S. 106
f.
17*
— 132 —
bis zu den schwerst zu bearbeitenden
Steinen, wie Granit und Diorit. Hieraus gefertigt zahlreiche vortreffliche, besonders in älterer Zeit auf guter Naturbeobachtung beruhende Werke, in denen freilich allmählich die steife zeremonielle Haltung die Herr- schaft zu gewinnen weiß, die dem Orientalen als der Ausdruck höchster Würde gilt. Auf der anderen Seite ein häufig fast karikaturenhaftes Ungeschick in der Darstellung, vor allem in den Fällen, in denen man den Versuch gemacht hat, Handlungen und lebhafte Bewegungen vorzuführen. . . . Der Ägypter wollte vor allem klar sein und durch das Bild die Schrift ergänzen und ersetzen. Seine Reliefs dürfen nicht als zusammenhängende Kunstwerke beurteilt werden, sondern als möglichst genaue Schilderungen von Einzelheiten oder als die Vorführung be- stimmter Ereignisse. Bei diesem Bestreben hat der Ägypter er- freuliche und lehrreiche Ergebnisse zu erzielen vermocht. Sein Können versagt erst, wenn er, wie in den Schlachtenbildern, sich über die Einzelepisode zum Gesamtbilde erheben will. Aber das ist bis in späte Jahrhunderte hinein vielen Völkern und Künstlern nicht anders ergangen. In ihrem Ganzen bringt eine Betrachtung der ägyptischen Kunstvorgänge wertvolles Material für die Be- urteilung der Entwicklung der Zeichenkunst überhaupt bei. Sie zeigt, wie ein Volk von hoher Kultur die ursprünglichsten Ver- suche zeichnerischer Nachbildung der Natur in ein folgerichtiges System zu bringen wußte und die ausübenden Künstler zwang, während Jahrtausenden innerhalb dieses festen Rahmens zu ver- bleiben. Sie konnten die Technik ihrer Arbeitart vervoll- kommnen, über die primitiv kindliche Darstellungweise ihrer längst dahingegangenen Vorfahren durften віє nur ganz ausnahm- weise hinauezugelangen suchen. In der Kunst wie in der Religion hat Ägypten klar erkennbare Uberreste menschlicher Denktätig- keit erhalten, die weit über den Beginn seiner geschichtlichen Überlieferung, über das Ende des vierten Jahrtausends v. Chr. hinaus verweisen.")
Die Kunstentwicklung der Plastik,
des Zeichnens und der Malerei in Japan bietet dazu die vollkommen verwandte ethno- logische Parallele dar. Es verlohnt sich darum W. v. Seid- 1 i t z' ausgezeichnet gediegene Geschichte des japanischen Farbenholzschnitts (Dresden 1897) daraufhin durchzustudieren.
л m* f
18) Wiedemann, Prof. Dr.
A.: Die Zeichenkunst im alten Ägypten. Die Umschau. Frankfurt a. M. 1906. S. 785 und 809.
— 133 —
Abendländische Zeichen- und Malkunst
im Bund mit der Photo- graphie rauben der alt japanischen Kunsttechnik die Existenz- möglichkeit. Sie ist gewesen und fristet nur noch für die Volk- menge als billige Marktware ein Zwitterdasein.
Eine sehr günstige Meinung über die
Bilderkunst der Japaner äußert Karsch:
„Der künstlerische Genius des
japanischen Volkes vermochte sich im Kunstgewerbe und in der schönen Literatur auch im Rahmen der Päderastie in hervorragender Weise zu betätigen. Das Ästhetische steht diesem Volke höher als das Ethische — das Ethische im Sinne des historischen Christentums — und seine Kunst beginnt bereits mit dem Handwerk. Die Kunst, statt wie im Abendlande ein privilegiertes Bildungmittel der Wohlhabenden zu sein, ist in Japan Gemeingut. Die Japaner sind ein Volk von Künstlern.
„Mit dem 17. Jahrhundert oder mit
der Tokugawa-Periode begann die Blütezeit der japanischen Holzschneidekunst, die sich nach zwei selbständigen Richtungen hin, in der Kunst des Umriß- malens und im Farbenholzschnitt, zu gleicher Höhe entwickelte. Besonders der Farbenholzschnitt, Urushiye, eigentlich Lack- malerei, wurde in so hohem Grade zur herrschenden Kunstübung, daß er ein volles Jahrhundert hindurch, und zwar die letzte Hälfte des 18. und die erste des 19. Jahrhunderts, das Gemälde, Kake- mono, völlig verdrängte. ... Kitagawa Utamaro schuf unter anderem ein erotisches Bilderbuch „von blendendem Witz und grandiosem Können44, das Uta Makura, eigentlich „vielberühmte Orte44.
„In den wenigen sehr kunstvollen
schwarzen Umrißskizzen (die Karsch gesehen) herrscht durchwegs, auch bei weit- gehendster Ausgelassenheit der dargestellten Situationen, ein würdiger Ernst und eine vollendete künstlerische Naivetät, die jede Absicht der Sinnlichkeiterregung ausschließt. In ihnen steckt nichts von Pose, gleichviel ob nur eine Person dargestellt wird, ob mehrere Personen die erotischen Handlungen vollziehen oder andeuten. Die auffällige Ruhe der Gesichtzüge wirkt mit Rücksicht auf die Situation besonders komisch. In den gleich- geschlechtliche Akte darstellenden Bildern zeigt sich der passive männliche Partner durchwegs stark feminin, mädchenhaft zart und weich von Körperbau, dabei weibähnlich frisiert und ge- kleidet mit in der Regel wenig entwickelten Geschlechtteilen,
— 134 —
während die des aktiven Partners
meist karikaturenhaft ver- größert sind. Bisweilen erscheint auch der sonst männlich dar- gestellte aktive Partner etwas feminin. Die nackten Leiber der schwarzen Bilder sind schwungvoll, mit wenigen Linien oder Strichen in vollendetster Plastik hingezaubert. Auf den immer vollkommen harmonisch ausgeglichenen Farbendruckbildern pflegt außer auf den Hintergrund besonders auf die Gewandung der Akteure größte Sorgfalt verwendet zu sein, so daß durch die Gewänder der doch deutlich genug dargestellte Vorgang ver- schleiert oder gänzlich verhüllt wird. Auch fehlt nicht die An- deutung einer Art von Keiderfetischismus."14)
Ganz modern muten uns dagegen die
erotischen Dar- stellungen der zwei sogenannten klassischen Völker des Alter- tums an.
Die zügellose und unnatürliche
Lüsternheit der entarteten Römer fand, wie F і e d 1 e r in einer Aufwallung von Entrüstung bemerkt,") an erotischen Reliefs besonderes Wohlgefallen und die Lampenbildner verfehlen nicht, zu frivolen Bildwerken die kleine runde Fläche oben auf der Lampe, wo das Loch zum Ein- gießen des Öls ist, auf geschickte Weise zu benutzen. Uber diese aphrodisischen Stellungen und Weisen, welche der Grieche Schemata, der Römer Figurae modi Veneris nannte, schrieben zwei griechische Frauen, Philaenis von Samos und Elephantis, besondere Anweisungen. Der Elephanüs unzüchtiges Büchlein hatte der Kaiser Tiberius in seinen mit erotischen Gemälden und Bilderwerken geschmückten Schlafzimmern aufgestellt. Ein gewisser P a x a m o s schrieb ein Dodekatechnon oder über zwölf obszöne Schemata, die eine griechische Hetaere Kyrene darstellte und daher die Dodeka- mechanoe, die Zwölfkundige hieß. Außer anderen Schriftstellern dieser Gattung, die man Kinaedologen nannte, war vorzüglich Sotades aus Maronea in Kreta berühmt, nach dem man der- gleichen Dichtungen sotadische benannte.
Die erotischen Bilderrollen, so man
da in Japan den Braut- leuten als Hochzeitgeschenk weiht, sind gut deutsch gesagt, ge- malte Strohkranzreden ; mit anderen Worten, diese Art von ero- tischen Überraschungen ist auch dem deutschen Volke dem Kern
M) F. Karech-Haack: Das
gleichgeschlechtliche Leben der Ostasiaten: Chinesen, Japaner, Koreer. München 1906. S. 103 ff.
15) Dr. Frans Fiedler.
Antike erotische Bildwerke. Xanten 1839. 8. SO.
— 186 —
der Sache nach wohl bekannt. Im
Großen und Ganzen scheinen Strohkranzreden in Deutschland außer Brauch gekommen zu sein, in Österreich dagegen sind sie selbst in guten bürgerlichen Kreisen noch üblich, nur daß statt der älteren ungebundenen Reden, die dem Sprecher einen Raum für eigene witzige Einfälle und persönlich zugespitzte Bemerkungen frei ließen, der minder- wertige Vers mit elender Reimerei Oberhand gewann. „Paßte, Leutl, auf, hiazt kummts G'dicht!4 ruft man in vorgerückter Nachtstunde beim Hochzeitschmaus, wann es an der Zeit ist, daß das glückliche Brautpaar .endlich allein !' sagen soll. Da erhebt sich einer von den angeschwipsten älteren Herren mit dem Glas in der Hand und ,deklablamiert 's G'dicht'. Hier eines als Beispiel :
Ermahnung an die Brautleut!
Sobald euch beiden die Wangen glühn, Müßt ihr in ein dunkles Zimmer fliehn. Die Ritze vor dem Akt zu beschauen ist nichts, Im Akte selbst bedürft ihr nicht des Lichts.
Du mußt aufs Bett dich hin am Rücken
strecken, Den Kopf etwas gesenkt und tiefer halten, Die Beine weit auseinander spalten Und untern Hintern dir ein Polster stecken ;
Damit die Gegend um die Scham recht
hoch Heraussteckt und frei daliegt das Loch ; Dann steigt der Mann auch nackt dazwischen, Damit die Glieder sich da vermischen.
Ergreif mm schnell den Schwanz mit
deiner Hand, Gib ihn in deiner Voze Mimdesrand : Dann bohrt der Mann sich mit Gewalt hinein, Dabei wirst du, furcht* ich, ein bischen schrei'n.
Allein, man glaubt, man höre alle
Engel singen, Wenn so die Schwänze tief am Herzen dringen ; Drum stoße ihm entgegen mit der Voz Und lieg nicht da als wie ein toter Klotz !
Einer meiner Bekannten in Wien
besitzt mehrere derartiger Brautermahnungen, bei denen die Strophen unter entsprechenden
— 136 —
Bildchen stehen. Da hätten wir das
gleichwertige malerische Gegenstück zu den ostasiatischen Bilderreihen, nur kann ich nicht sagen, daß man auch bei uns den lieblichen Bräuten mit solchen Erzeugnissen deutschen Fleißes Hochzeitgeschenke macht. Bei der kolossalen Verbreitung derartiger Bildwerke ist es nicht ver- wunderlich, wenn eine holde jungfräuliche Maid verschämt an einen erfahrenen Mann die Bitte richtet, er möchte ihr doch welche Bilder ,eh schon wissen* vorzeigen und sie zu ihm bei Vorweisimg einer Serie schnippisch sagt : ,Dös kennen mer scho !' Man darf vermuten, daß auch der japanischen Jungfer Braut die Geschenke selten noch nie geschaute Situationen lehren. Nicht urnisch ver- anlagte Evatöchter verstehen es überall in der Welt, sich früh- zeitig und rechtzeitig für die Liebespiele der Ehe gehörig vorzu- bereiten.
Ein Literaturkundiger und ein Maler
vereinigten sich zur Fertigstellung der Reisebilderserie, die wir bringen. In der Ein- leitung verspricht der Dichter vierundfünfzig Beischlafstellungen zu liefern, es sind ihrer jedoch nur vierzehn. Statt nun die Stellungen der Hochzeitreisenden und die Landschaften mit eigenen Worten zu besingen, reißt er einzelne Teile aus den be- kanntesten Werken heimischer Dichter heraus und reiht sie so aneinander, daß sie zu erotischen Schilderungen werden. So hat auch der Rhetor D. Magnus Ausonius angeregt vom Kaiser Valentinian I. aus lauter vergilischen Versen und Vers- teilen seinen unter allen der klassischen Philologie beflissenen Jünglingen ungemein beliebten Cento nuptialis verfaßt, dessen consummatio matrimonii an sinnlicher Derbheit dem japanischen Flickwerke nicht nachsteht.
Ausonius war gewiß nicht der ersïe
Literaturfrevler, der sich so schändlich an einem großen Dichter verging und er blieb auch nicht der letzte. Ich besitze ein handschriftliches dramatisches Werkchen, das aus lauter bekannten Stellen unserer Klassiker zu einem obszönen Stückwerk zusammengeflickt worden. Zu erotischen Gedichten dieser Art mußte vornehmlich Schiller herhalten, dessen hochtönender Redeschwall zu der- artigen Herabwürdigungen die kleinen Geister mit dem großen Gedächtnis leicht verführte.
Eine Verdeutschung des japanischen
Flickgedichtes verfehlte hier seinen Zweck, weil unsere Leser mit den geplünderten japanischen Dichtern nicht vertraut sind und ihnen daher der
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Humor der falsch gesetzten Zitate
entgehen mußte. Zum Ersatz, um die Manier des Expilators darzutun, soll hier eines von den vielen Stück- und Flickgedichten aus Schiller sehen Versen dastehen. Es ist eine der japanischen gleichwertige literarisch- ethnographische Parallele:
Sie war nicht in dem Tal geboren — Ihm gab der Lieder süßen Mund Apoll — Errötend folgt er ihren Spuren — Und in Poseidons Fichtenhain Trat er mit frommem Schauder ein. — Da tönte es von seinen Lippen : Ist nur der Sarazen es wert? — Wollust war auch dem Wurm gegeben — Hier vollend ich's, die Gelegenheit ist günstig! —
Und an die Rippen geht des Mannes
Herz — Er tritt heran mit ungewissen Schritten — „Will die freche Hand das Heiligtum berühren?41 — Da ergreifts ihm die Seele mit Himmelgewalt — Da zuckt es heiß und schwül durch seine Glieder — „Ich will sie schauen, — schauen !u —
Er rufte und hat den Schleier
aufgedeckt — Bis die Liebliche sich zeigte, — Die den Menschen zu Menschen gesellt. — Und den Gürtel wirft er und den Mantel weg — Und schlägt mit dem Schweif Einen furchtbaren Reif. —
FesE schaut er mit entzückten Sinnen
— Dann bückts sich hinunter mit liebendem Blick. — Hell wiehert der Hippogryph und bäumt sich in
prächtiger Parade — Das Stäbchen taucht er ein — Mit dem rötlich strahlenden Gipfel — Sie senkt ihn in die zarte Ritze — Sieh! da finden sie sich! — Es führt sie Amor zusammen — In das bescheidene Gefäß Schließt1 sie Göttliches ein. —
Knuts: Gesdüecbtleben. 18
138 —
Und die Räume wachsen Und es dehnt sich das Haus — Und sie rauschen herauf und sie rauschen nieder — Und er rudert mit Kraft und mit emsigem Fleiß — Nachbohrend bis ans Heft den Stahl. —
Jetzt im freudigen Bewegen Werden alle Kräfte kund — Sie bewegt sich, schwebt — Ein wollüstig Ungeheuer! — Es wächst des Mannes wilde Kraft. —
Wohl, nun kann der Guß beginnen — Wachsend ohne Widerstand — Springt unermüdlich ein lebendiger Quell — Und will sich nimmer erschöpfen und leeren — „Das war Teils Geschoß !" — Und der wilde Strom Er wird zum Meere — Des freut sich das entmenschte Paar! — Doch endlich da legt sich die wilde Gewalt. —
Vom Mädchen reißt sich stolz der
Knabe — Leergebrannt ist die Stätte ! —
Und er wirft ihr den Handschuh ins
Gesicht: Den Dank, Dame, begehr* ich nicht! —
Erst reinigt er das Heiligtum — Und verläßt sie zur selbigen Stunde!
Das ist eines von den erträglichsten
Flickgedichten, doch gibt es ihrer, die an Gemeinheit unfaßbares darstellen.
Die Vogelbilderreihe beruht auf
japanischen Wortspielen. Jeder von den verschiedenen Vögeln wird in eine Beziehung zu der dargestellten Begattungstellung gesetzt. Derselbe ursprüng- liche Gedanke, daß es die Menschen wie die Vögel machen, schuf frühzeitig in unserer Sprache das Zeitwort vögeln. W a 11 h e r von der Vogelweide gebraucht es noch als feine, dichte- rische Umschreibimg für die Beischlafausübung. Worte wie Menschen verfolgt das Verhängnis der Zeit und zerrt sie zuweilen in die Gosse hinab. Das ist auch das Schicksal der guten alten
deutschen Worte vögeln, Zumpt und
Voze, die mm in der schön- geistigen Literatur und in salonfähiger Gesellschaft den fremden Eindringlingen coire (koitieren !), penis und vulva weichen mußten. In den Anthropophyteia und hier auch bringe ich unser verfehmtes Sprachgut wieder zur Geltung und namhafte Gelehrte befolgen das Beispiel.
Unsere neuzeitliche
mitteleuropäische erotische geschriebene und gezeichnete oder gemalte Literatur durfte wohl die der Asiaten, sowohl an Umfang als an wissenschaftlicher Gründlich- keit weitaus überragen. Man vergleiche dazu die Nachweise Karl R e і s k e 1 s im IL B. der Anthropophyteia. Wenn die Japaner ihre Kunst aufgaben, um sich an der europäischen zu er- götzen, so erweisen sie sich auch in der Erotik als lerneifrige Schüler europäischer Lehrmeister.
18*
Sehlusswort.
Vorn vor der Karlskirche in Wien
ragen rechter Hand, linker Hand zwei riesige Hohlsäulen himmelan. Vom Sockel bis zur Spitze winden sich schneckenartig um jede Säule Reliefs mit Dar- stellungen aus dem Leben des Heiligen und das Ende krönt eine gewaltige Laterne. Große Baukunstkenner erklärten in ihren Kunstgeschichten diese und sonst vor Kirchen angebrachte gleich- artige Säulen als einen höchst überflüssigen und geschmacklosen Schmuck.
So oft ich die Säulen und die Kirche
erblicke, überkommt mich ein Gefühl scheuer Ehrfurcht ; denn der Anblick ruft mir in Erinnerung, daß, wie Lukianos in seiner Schrift von der syrischen Göttin bezeugt, noch vor zwei Jahrtausenden vor syrischen Tempeln riesige Zumpte aufgestellt gewesen, daß dieser Kult verständnisvolles Begreifen und kunstsinnige Nachahmung im alten Rom gefunden und daß unsere modernen Architekten und frommen Kirchenfürsten den altheidnischen Baustil ins christlich erhabene zu übersetzen wußten. Wie vor japanischen Stifthütten, so halten auch vor der christlichen Karlskirche in Wien Zumpte heilige Wacht, doch, in Japan kennt man ihre Be- deutimg, bei uns ergründet sie erst der Ethnolog.
Japan ist das Land urgeschichtlicher
Überlebsel der Völker- gedanken. Bei uns ist der Baumkult und Zumptkult nahezu bis zur Unkenntlichkeit verblaßt, die Japaner haben beide Kulte zu Stützen ihrer Religion entwickelt. Bei uns ist, wie Albert Hermann Post sagt, alles verfallen, was vom Volksgeiste klar und fest organisiert war. Statt dessen sehen wir in ein gärendes Chaos kämpfender sozialer Strömungen, die nur sehr
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nebelhaft oft den Weg erkennen
lassen, den die Völkergeister einschlagen werden. In Japan dagegen hat sich in der Einrich- tung des Yoäiwara sogar die Urform des mutterrechtlichen Ge- schlechtverkehrs mit seiner Stundenehe bis auf unsere Tage be- hauptet. Die Japaner sind keine Ubermenschen und keine Unter- menschen, sie sind Menschen wie wir, nur keine Umstürzler, keine Zerstörer, wie wir. Was ihre Vorfahren für sie erworben, das be- wahren sie treu und fest als ihren Besitz und ihren Reichtum. Darin beruht ihre Stärke, darin die Schwäche ihres Volkstums, ihrer Kultur und Zukunft.
Anhang.
Zu Seite 60. Buckley meint, man
bringe die Opfer nicht den in den Stifthütten oft zweifach vertretenen Füchsen, die so- genannte Diener des Inari-san sind, vielmehr diesem selbst dar. Das ist eine Auslegung, die wohl den Ansichten modern gebildeter Priester entsprechen mag, doch nicht dem Volk- glauben, in dem der Fuchs als eine Geisterverleiblichung eine hervorragende Stellung einnimmt. Dies erhärten auch die Be- merkungen Adolph Skrzynek Ts, der als Missionar Jahr- zehnte lang in Japan weilte und mir insbesondere über den japanischen Fuchskult wertvolle Aufschlüsse gewährte. Ich wiederhole seinen kurzen Bericht schon mit Rücksicht darauf, daß er auch in einigen anderen Dingen unsere Mitteilungen ergänzt.
„Die verbreitetete Religion in Japan
ist der Sin-to-Glaube, auch Kamikultus genannt. Das Wort Sin-to ist chinesischen Ur- sprungs und bedeutet „der Weg des Geistes44. Gegenstände dieser Verehrung sind die Himmelkörper, die Elemente und alle Natur- kräfte als Ausflüsse der Manifestation der Gottheit, die höchste und heiligste Verehrung genießt hiebei die Sonne, auch die Seelen Verstorbener, die sich um das Vaterland verdient gemacht haben, finden in dem Rahmen dieser Religion einen Raum als Gottheiten. Aus diesem einfachen Sin-to-Glauben entwickelte sich im Laufe der Zeit durch die mannigfache Berührung mit den Chinesen eine neue Theo-Kosmogonie, die nichts anderes als eine Nachbildung chinesischer Schöpfungmythen ist. Die Götter — Kami — werden in himmlische und menschliche eingeteilt, und im Laufe der Jahre stieg die Anzahl der Kamis solcher- gestalt auf 3132.
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*) Vgl. Am Urquell VI (1896), S. 13
f. und Klaproths Mitteilungen, die sich mit diesen decken, bei Dr. L. Hopf, Tierorakel und Orakeltiere, Stuttgart 1888, S. 62.
„Die Tempel der Sin-to, genannt
Mi-ia, sind einfache, mit Stroh gedeckte Hütten ohne jeglichen Schmuck, weder im Innern noch von außen. Das Hauptgeräte in ihnen ist ein heller Metall- spiegel und ein Bündel weißer Papierstreifen als Symbole der höchstmöglichen Reinheit der Seele, des Leibes und des Leben- wandels, den das Sin-to seinen Anhängern vorschreibt.
„Neben dem Sin-to-Glauben ist noch
der Buddhismus und Sin-to — der Ri-io-bu-äin-to, ein zweifacher Sin-to — stark ver- treten, der seine Anhänger namentlich in den unteren Klassen zählt. In den Tempeln dieses Mischglaubens befindet sich neben dem Metall
Spiegel ein geheiligter Schrein, der
Käfig eines leben- digen Fuchses. Der Fuchs wird von den Anhängern des Ri-io- bu-Sin-to als ein gottgeweihtes Tier betrachtet. Er ist vom Inari, das ist vom Kami der Reisfelder, der in einigen Gegenden unter den 3132 Kamis einen hervorragenden Rang einnimmt, zum Range eines vornehmen Tieres erhoben, und ganz Japan, soweit es sich zum Ri-io-bu-śin-to bekennt, huldigt dem Fuchse. Groß- grundbesitzer, die reiche Reisplantagen haben, besitzen eigene Fuchstempel neben ihren Häusern und halten Priester, die die Aufgabe haben, dort zu beten. Den ganzen Tag über sieht man in solchen Tempeln, die klein und unansehnlich sind, einen Priester andächtig Gebete verrichten, und die beste Nahrung wird dem heiligen Tiere dargeboten. Wenn es verendet, herrscht Familientrauer im Hause, ja, eine Art von Landtrauer, und mit besonderem Pompe wird es bestattet. Sofort nach der Be- stattung erfolgt die Einsetzung eines neuen Fuchses, unter nicht geringerem Pompe, und gefällt es Inari auch diesen vor der Zeit, die ihm nach dem allgemeinen Laufe der Dinge beschieden ist, einzuberufen, dann steigert sich die Trauer zur Verzweiflung und eine Massenwallfahrt wird unternommen, um die Götter zu ver- söhnen."1)
Geister wandeln in Fuchsgestalt
umher, nehmen, wie in unseren Sagen der Teufel oder in südslavischen die Vila vom Menschen Besitz und treiben in ihm und durch ihn allerlei bösen Unfug. Prof. Erwin von Balz, der berühmte Japaner- forscher, schrieb über diese Art von „Besessenheit und verwandte
— 146 —
Zustände" eine Reihe von Aufsätzen,2)
aus denen ich hier das für uns wichtigste heraushebe:
„Dort ist die Besessenheit noch
heute weit über China, Japan, Korea verbreitet. Es kommen nur vereinzelte Fälle vor. Die Ansteckungkraft ist gering und auch das erotische und hysterische Element tritt ganz zurück. Der Übeltäter ist hier nicht der Teufel, denn der ist dort unbekannt, und — das muß immer wieder be- tont werden — ein Mensch kann nur von dem Dämon besessen werden, dessen Existenz er kennt und an dessen Macht und Neigung, in einen Menschen zu fahren, er glaubt. In Ostasien sind es vielmehr verschiedene Tiere, die angeschuldigt werden: der Tiger, die Katze, der Hund, vor allem aber der Fuchs, japanisch Kits une. Dieser ist nämlich nicht bloß ein Tier, sondern auch eine Art Gottheit unter dem Namen I n a r i. Ur- sprünglich war Inari eine Göttin ^manchmal wird sie auch als Mann dargestellt) des Glückes und der Fruchtbarkeit und der Fuchs war ihr nur als Symbol beigegeben. Allmählich aber wurde die Verehrung auf den Fuchs selbst übertragen, der in Stein gehauen vor den unzähligen, meist diminutiven Inari- tempelchen steht.
Der Fuchs hat die Kraft, alle
Gestalten anzunehmen, und zahlreich sind die Geschichten, in welchen er als schönes junges Mädchen die Männer verführt. Das erinnert an die Lamien des griechischen Volkglaubens, häßliche Mischgeschöpfe von Weib und Vogel, die, in schöne Weiber verwandelt, Jünglinge und Männer verlockten, um ihnen das Blut auszusaugen.
Die meisten Füchse aber lieben es,
anstatt sich selber zu Menschen zu machen, in dem Körper anderer Menschen ihren Wohnsitz aufzuschlagen, und das sind die Fälle, die uns hier beschäftigen. In Japan sind das besonders die Füchse aus der nördlichen Provinz Oschin und auch in China stammen sie meist aus dem Norden. Sie fahren mit Vorliebe in einfältiges Land- volk, namentlich in Frauen und Mädchen, oder in Kranke, weil diese ihrem Eindringen weniger Widerstand entgegensetzen. Männer erkranken viel seltener, doch werden auch sie nicht ganz verschont.
Manche Füchse kommen nur für einen
oder ein paar Tage, treiben allerlei Schabernack, erschrecken ihre Wirtin und ihre
2) Wiener medizinische Wochenschrift, 11.
Mai 1907, S. 982 ff. Kraust: Geschlechtleben. 19
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Umgebung durch tolle Beden und durch
ihr Gebaren und ver- schwinden wieder. Andere richten sich häuslich ein und bleiben jahrelang, von Zeit zu Zeit sich bemerklich machend, allen priesterlichen und anderen Beschwörungen und Austreibungen trotzend. Wenn die Besessene stirbt, oder wenn auf irgend eine Weise dem Fuchs der Aufenthalt verleidet wird, so geht er und sucht sich ein anderes Opfer. Das ist die gefährliche Zeit für die Nachbarschaft und jede Frau schwebt in Angst, der Fuchs könne sie aussuchen.
Auch stehen beim niederen Volke in
einigen Teilen Japans gewisse Familien im Rufe, erbliche Fuchsinhaber — Kitsune motshi — zu sein mit der Macht, diese Fuchse in andere hineinzuhexen. Diese „Leibfüchse" im eigentlichen Sinne des Wortes oder Familienfüchse sind eine Herde kleiner, wieselgroßer Tierchen, die ihre Herrschaft oft in großer Zahl überallhin be- gleiten und sie gegen allen Schaden von
Seiten anderer Leute beschützen. Wenn jemand ihren Herren etwas zuleide tut, so fährt ein Fuchs in ihn und der Besessene wird sein Vergehen selber bekennen. Die Furcht vor diesen Familien ist groß und sie müssen unter sich heiraten, da niemand seinen Sohn oder seine Tochter einem Fuchsbesitzer geben wird. Sie werden gemieden wie die Pest. In Zentral- und in Teilen von Südwest- Japan tritt an Stelle des Fuchses der Hund und auf der Insel Shi- koku der T a n u k i (Canis procynoides).
Ich selber habe mehrmals Gelegenheit
gehabt, Fuchsbesessene zu sehen, und einmal hatte ich eine Patientin vier Wochen lang im Universitäthospital in Tokio.
Es war eine 47jährige, kräftige,
traurig aussehende Frau aus einer wohlhabenden Bauernfamilie, körperlich gesund, erblich kaum belastet, nicht sehr klug. Acht Jahre zuvor war sie mit einigen Freundinnen zusammen, als die Rede darauf kam, daß aus einer Frau im Dorfe ein Fuchs ausgetrieben worden sei, der mm einen Unterschlupf suche. Man müsse sich da recht in acht neh- men. Das ging unserer Bäuerin arg im Kopf herum, und noch am selben Abend, als unerwartet jemand die Tür öffnete, fühlte sie einen Stich links in der Brust. Das war der Fuchs. Von der Stund an war sie besessen. Anfänglich begnügte sich der unheim- liche Gast, sich von Zeit zu Zeit in ihror Brust zu bewegen und nach dem Kopf aufsteigend durch ihren Mund ihre eigenen Ge- danken zu kritisieren und zu verspotten. Allmählich wurde er
147 —
frecher, mischte sich in alle
Gespräche, brauchte unpassende oder gemeine Worte, beschimpfte die Anwesenden und machte der armen Frau das Leben zur Hölle. Sie wendete sich an viele Dämonenaustreiber, wie die sogenannten H o i n , das heißt wan- dernde Bettelmönche aus den Bergen, genau den griechischen Orpheotelesten entsprechend, die ja auch im Lande umherzogen und die Heilimg von Besessenheit als Spezialität betrieben. Ver- geblich. Auch Priester anderer Sekten und Wallfahrten zu allerlei Tempeln konnten ihr nicht helfen. * Sie hatte schon fast ihre ganze Habe für solche Heilversuche verschwendet.
Während sie uns mit Tränen in den
Augen ihre Leiden- geschichte erzählte, meldete sich der Fuchs. Zuerst zeigten sich leichte, dann stärkere Zuckungen links um den Mund und im linken Arm. Sie schlug sich mit der geballten Faust wiederholt heftig auf die linke Brust, die von früheren solchen Anlässen hier ganz geschwollen und blutrünstig war und sagte zu mir: „Ach Herr, jetzt regt er sich hier wieder, hier in meiner Brust." Da kam plötzlich aus ihrem Munde eine fremde scharfe Stimme in schnarrendem Ton : „Ja, freilich bin ich da und glaubst du, dumme Gans, etwa, daß du mich hindern kannst?" Darauf die Frau zu uns : „Ach Gott, ihr Herren, verzeiht, ich kann gewiß nichts da- für." Dann sich immer wieder auf die Brust schlagend und mit dem linken Gesicht zuckend zum Fuchs : „Sei still, Bestie, schämst du dich denn gar nicht vor diesen Herren ?" Der Fuchs : „Hehehe, ich mich schämen? Warum? So gescheit wie diese Doktoren bin ich auch. Wenn ich mich schämte, so wäre es darüber, daß ich mir ein so albernes Weib zum Wohnsitz ausgesucht habe." Die Frau droht ihm, beschwört ihn, ruhig zu sein. Er unterbricht sie und nach kurzer Zeit ist er im Alleinbesitze des Denkens und der Sprache. Mit einer unfaßlichen Schlagfertigkeit antwortet er auf alle Fragen, hat sofort für alles eine Erklärung bereit. Die Frau ist jetzt passiv wie ein Automat, versteht offenbar nicht mehr deutlich, was man ihr sagt ; an ihrer Stelle erwidert immer hämisch der Fuchs. Die Sensibilität auf der linken Seite scheint geringer als rechts. Es ist das aber wegen der Zuckungen schwer mit Sicherheit festzustellen. Eine Lähmung besteht jedenfalls nicht. Auf der Höhe des Anfalles werden die Zuckungen geringer, der linke Arm ist bald schlaff, bald straff. Die Reflexintensität wech- selt. Beim Kneifen links im Gesicht geringe Reaktion, beim Kneifen rechts schmerzhaftes Zucken. Nach zehn Minuten spricht
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der Fuchs undeutlicher, die Frau ist
imstande, allmählich ein paar Worte dazwischen zu werfen und dem Fuchs Vorwürfe zu machen ; nach einiger Zeit ist sie wieder ganz normal. Sie kennt die Vor- gänge im ersten Teile des Anfalles genau, während sie über die Zeit der Alleinherrschaft des Fuchses keine genaue Auskunft geben kann. Doch ist ihr der wesentliche Inhalt von dessen Reden bekannt. Sie bittet weinend um Entschuldigung und Vergebung wegen des abscheulichen Benehmens des Fuchses. Sie tue, was sie könne, um ihn zu unterdrücken ; das können wir ihr bezeugen. Solcher Anfälle kommen sechs, zehn und mehr im Tage. Im Schlafe fehlen sie oder sie erwacht, wenn einer droht.
Ich ließ die Kranke in ein Zimmer
mit einer Glaswand bringen, wo ich sie jederzeit beobachten konnte, ohne daß sie es ahnte. Der Verlauf war immer derselbe, nur bald heftiger, bald milder, bald länger, bald kürzer. Auch wenn sie allein war, wurde der Anfall durch die Zuckungen, die Schläge auf die linke Brust und den erregten Dialog zwischen Wirtin und Gast eingeleitet. Jede psychische Erregung, zum Beispiel der Besuch des Arztes, Vorstellung in der Klinik, erleichterte den Ausbruch.
Merkwürdig war, wie gesagt, in
Anbetracht der geringen In- telligenz, der Erziehung und des sonstigen Wesens der Frau die Redegewandtheit, der Witz und die der Patientin für gewöhnlich ganz fernliegende Satire in der Sprache des Fuchses. (Mit fremden Zungen zu reden versuchte er nie.) Einmal, als ich mit Studenten zu ihr ins Zimmer kam und dem Fuchs mit allerlei Fragen zu- setzte, sprach dieser plötzlich in seiner spöttischen Weise: „Na, ich will Ihnen etwas sagen, Herr Professor, Sie könnten auch et- was Gescheiteres tun, als mich mit Ihren Fragen aufs Eis führen zu wollen. Wissen Sie denn nicht, daß ich eigentlich ein lustiges junges Mädel bin, wenn ich auch in dieser alten Schachtel stecke? Machen Sie mir doch lieber ordentlich die Kur, die jungen Herren da (auf die Studenten deutend) scheinen nichts von mir zu wollen, da bin ich auch mit Ihnen zufrieden. Aber ich habe die Sache für heute satt, adieu !" Und weg war er, während das Zimmer noch von dem lauten Gelächter aller Zuhörer widerhallte.
Einmal narkotisierte ich die
Patientin und, wie zu erwarten, genügten schon die ersten leichten Züge Chloroform, einen Anfall hervorzurufen. Der Streit zwischen den beiden Ich dauerte bis zum Eintritte der Bewußtlosigkeit. Aber in der letzten Minute hatte der Fuchs allein das Wort. Und als die Patientin zu sich
— 149 —
kam, war er erst, der zuerst sprach
und sich beklagte, daß man ihn so schlecht behandle. Wiederholte Narkose wurde von der Kranken abgelehnt.
Meine Versuche, durch verbale und
sonstige Suggestion und Hypnose, elektrische Manöver u. dgl. Heilung zu bringen, miß- langen. Die Kranke war ohne Erfolg durch die Hände von so vielen Berufsuggerenten, das heißt Priestern und Beschwörern aller Art, gegangen, daß ich nichts auf diesem Wege tun konnte. Ihr Leiden hatte die Form eines regelrechten periodischen Wahnes angenommen, mit dem sie sich allmählich abzufinden suchte. Zwischen den Anfällen war sie ganz vernünftig, wenn auch scheu. Ihr Gedächtnis hatte nicht wesentlich gelitten, von Degeneration war nichts nachweisbar. Ihre späteren Schicksale sind mir im- bekannt."
Auch im europäischen Völkerglauben,
zumal unter den Be- wohnern der Balkanländer, wo der Fuchs ein häufiger, wenn auch ungebetener Gast der Hühnersteigen ist, hält man den Fuchs als ein besonderes Tier, das bald gutes, öfters noch böses ansagt. Daß bei uns der Fuchs nicht zu so hohen Geisterehren, wie in Japan gelangte, liegt daran, daß ihm die Katze den Rang ablief. Im alten Ägypten nahm, wie bekannt, die Katze eine Ausnahme- stellung als hochgeschätztes Geistertier ein, und sie genießt auch noch gegenwärtig im Nil lande allen möglichen Vorzug. An- knüpfend an eine deutsche Sage, die K. E d. H a a s e mitgeteilt, erwähnt A. Wiedemann eine ähnliche aus dem modernen Ägypten, die als eine ethnologische Parallele zum japanischen Volkglauben, wie er uns in unserer Fuchsbilderreihe entgegen- tritt, hier eine Wiedergabe verdient :8)
„Sie lautet nach Lane, Account of
the manners of the modern Egyptians cap. 20 (5. Aufl. I. p. 284): „Ein gelehrter arabischer Schech zu Kairo hatte eine schwarze Lieblingskatze, welche stets am Fuße seines Musquitonetzes schlief. Eines Nachts um Mitter- nacht hörte er ein Klopf en an der Tür seines Hauses ; da ging seine Katze hin, öffnete den Hängeladen seines Fensters und rief: „Wer ist da !" Eine Stimme antwortete : „Ich bin es, der Geist (Ginni), so und so (dabei nannte er einen fremdartigen Namen), öffne die Tür." Die Katze des Schech entgegnete : „Über der Tür ist der
*) Am Urquell Ш (1892), S. 317.
— 160 —
4) d. h. Gottes. Nach
einer weit verbreiteten muhammedaniechen Ansicht sind Dinge, über welche man die Formel „im Namen Gottes, des Barmherzigen, des Erbarmersи ausgesprochen hat, gegen Geister gesichert.
6) Am Urquell IV (1893),
S. 81 f.
ВБЩІ
Name4) gesprochen
worden." „Dann wirf mir," sagte die andere, „zwei Brode herab." „Über dem Brotkorb," antwortete die Katze am Fenster, „ist der Name gesprochen." „Gut," sagte der Fremde, „so gib mir wenigstens einen Trunk Wasser." Aber er erhielt die Antwort, daß der Wasserkrug auf gleiche Weise gesichert sei, und frug nun, was er tun solle, da er sähe, daß er vermutlich vor Hunger und Durst sterben wurde. Die Katze des Schechs riet ihm an die Tür des nächsten Hauses zu gehen; sie selbst ging auch dahin, öffnete die Tür und kam bald darauf zurück. Am nächsten Morgen wich der Schech von seiner bisher stets inne gehaltenen Gewohnheit ab, der Katze nur ein kleines Stückchen von seinem Frühstück zu geben. Er gab ihr die Hälfte und sagte dann : „Oh du, meine Katze, du weißt, daß ich ein armer Mann bin, bring mir also etwas Gold." Nach diesen Worten verschwand die Katze so- fort, und er sah sie niemals wieder."8)
Wie in der deutschen Fassimg, so hat
auch hier der Geist die Gestalt einer schwarzen Hauskatze und weilt als solcher bei den Menschen, bis er seine wahre Natur erkannt sieht, bezw. erkannt zu sehen fürchtet. Dann verschwindet er ohne weiteres. Nach modern ägyptischem Volkglauben nehmen auch sonst die Geister gern die Gestalt von Katzen an (vergl. Klunziger, Bilder aus Ober-Ägypten, S. 143), eine Anschauung, welche in dem altägyp- tischen Glauben wurzelt, daß die Katze eine der beliebtesten Ver- körperungsformen der Gottheit bilde und daher sogar göttliche Verehrung verdiene (vergl. dazu mein Buch „Herodots zweites Buch, S. 283 ff.). Die freilich unbewußte Erinnerung an diese hohe Stellung des Tieres läßt den Ägypter noch heute eine ganz be- sondere Hochachtung davor empfinden und hindert ihn, die Katze ebenso zu mißhandeln, wie er es anderen Tieren, besonders dem Hunde gegenüber, gewohnt ist. Die göttliche Verehrung selbst aber und ihre Dauer wird auf die bei den verschiedensten Völkern auftretende Vorstellung von einer den Katzen inne wohnenden dämonischen Kraft zurückzuführen sein."
Namen- und Saehenverzeiehnis.
Abendorakel 41 Abgrenzungvorstellungen 36 Abraeiren der Augenbrauen 57 Absud aus Reis und Seegras 37 Abwaschungen 10 Acker 36
achtfacher Zaun 45 acht Faden lange Halle 43 acht Konkubinen 61 acht Wolken 45
achtsehnte des dritten Monats 39 Adam und Eva 48 Aüelklassen 57 Aderrab 106 Ägypter 22
ägyptische Malkunst 132 ägyptieohe Religion 19 Älterer Bruder 80 Aeshines 100 Affe 40
Aftererweiterung 104 Aftermißbrauch 96 Aha-Insel 43 Ahnenkult 42, 58 Ainos 30 Akaza-no-tsue 36 Altäre 31
alte Jungfrauen und Junggesellen 57 Ameisen 98
amerikanische Prediger 32 Am-san-marmori 37 Amsterdamer Mannerbordelle 103
Amulet (Zumpt) 34
Anata 71
Androgynismus 19
Anrufung der Zumptgötter 14
anthropologische Betrachtungweise 16
Aprikose 36
Araber 116
Arduin, Dr* 97
Arktiker 93
arme Japaner 68
Ashera 48
Assyrier 20
Astarte 48
Aston 3, 12, 16, 18, 19, 20, 21, 22,
24, 25, 26, 56, 57, 60, 125, 131 attai 106 Attis 19
Aufzuge der Freudem&dchen 72 Augenbrauen 57 Auslandreisen 24 ausländische Gesandtschaften 25 Ausonius, D. M. 136 autoerotisches Instrumentarium 115 Autosuggestion 107 Awabimuschel 41, 49 Azteken 48
Baal 48
Baco von Verulam 4 Badesitten 9 ff.
Baels, Erwin, Prof. 11, 85, 144 ff. Balfour 57
— 152 —
Bambusgrasringe 36, 49 Barrows, J. H. 48 BasiUdes 81
Bastian, Adolf, 16, 82, 89 batcha 104ff. Baum 17, 39
Begattung auf Feld und Flur 23 Begegnung auf der Heide 59 Beischlaf 41
Beischlaf und Religion 55 Beischläferin 62 Beischlafhaus (B.-hutte) 45, 55 Beischlaf Stellungen 122 Beischlaf Vollziehung 61 Beschwerdebuch 69 Betschwestern 56 Baumann, Oskar 116 Bienen 98 Bilderbogen 123 Bildhauerkunst 22 Bilderstürmer 38 Blitzsage 38
Bloch, Dr. Iwan 4, 5, 15, 16, 61,
67, 115, 122, 128 Blumenboote 109 Blumenfeen 81 Blumenfeste 21, 72 Blut verunreinigt 55 Bluter 97 Blutiges Hemd 61 Blutschande 55, 62 böse Geister 25, b. Götter 25 Bohne 41
Bordelle 33, 34, 59 — B. als Straf- haus 63
Bordellordnung 71, B.-Wirte 71 Boulevard-Prostituierte 103 Brand 46 Brandt, Paul 101 Braut 59
Brautermahnungen 135 f. Brautgeschenke 60, B.-Gewand 60 Brinkley 81 Brinton, D. G. 48 Brückenschutzwehren 22 Brüderschaften 78
Brüste 37
Buddhastatuen 39
Buddhismus 6, 20, 78
Buddhistentempel 32, 33, 40
Buchsbaumholzkamm 26
Buckley,Dr.Edmund 4,12, 28ff. 51,134
Büffel 40
Buhldirnen 31
Bulgaren 20
Burchard von Worms 115
Casa, Johanne de la 102 Chamberlain, В. H. ЗО, 42, 45 Chenopodium album 36 Chigo 78
Chinesen 22, Chinesen und Japaner 6 Ciaassen, Dr. Walter 7 Christentum 20 christlicher Kulturkreis 99 Chrysanthemumblätter 126 Chrowoten 8, 20 chrowotische Akademiker 19 chrowotischer Bauer 23 chrowotische Homosexuelle 103 coitus per anum 105 Сох, G. W. 47, 48 crux ansata 48 Gypraea porcellana 36
V
Ciburino Kami 24
Daemonenaustreiben 147 Daimios 61, 78 Dai Seki Miya 29 Darwin, Charles 67 De Becker, J. E. 71, 77 Deeojin 36 deutsches Laster 102 Diana von Ephesus 37 Dieberei 63 Dogmen der Kirche З Donnerkeile 44 Doriphorus 78, 81 Dornstrauchstäbe 36 Draper 50
dreimaliger Reisbiertrunk 71
drei und eine halbe Zeile geben 63
153 —
Dreizahl 26 Dresser 39 dritte Monat 39 drittes Geschlecht 92 ff. Dualität des Kultes 47
Ebisu 113
effeminierte Männer 100 Ehe auf Kündigung 81 Ehebrecherstrafe 62 Ehebruch 63 eheliche Treue 61 Ehe und Prostitution 58 Ehetrennung 61 Ehevermittler 59 Ehevertrag 60 Ehmann, Dr. 62 Eifersucht 63
Einheiraten der Eidame 59
Eku goi no kami 19
Elementargedanken 16
Ellis, Havelock 10, 96, 114, 115
Embleme 30
Engi 113
Engländer 10
Entbindung 35, 42, 49
Entblößung 10, 25, 27
Entehrung durch einen Priester 63
Entjungferung 55, 96
Entlehnung eines Zumptes 42
Entstehung der Menschen 21
erbliche Krankheit 63
Erdzauberei 27
Erfolg in Geschäften 35
erotisch 4, erotische Lieder 40
erster Beischlaf 55
Eshima 33
Ethnographen 99
Ethnologie 12
Europa 8
Exhibitionismus 10, 25, 27, 28 Einer, A. Si 69 Ex voto Gaben 32
Familienzuwachs 39 Feige aus Kandiszucker 35
Krause: Geschlechtleben,
Feldmarke 38
Feldraine 22
Feld- und Flurgötter 25
Felsenbeschädigung 33
feminine Männer und Frauen 98
Festgottesdienst 24
Festlichkeiten, phallische 39
Fetißchist 97
fettes Weib 35
Feudalherrschaft 58
Feuer 17
Feueranbetung 47
Feuergott 18
figurae modi Veneris 134
Finsternis, Land der 21
Firmicus 20
Fischkopf eines Dämons 125
Flickgedichte 136 ff.
Florenz, Prof. Dr. 12, 16, 24, 109
Formähnlichkeit 49
Frankreich 102
Franzosen-Syphilis 102
Frauenfrage 74
Frauen Krieghäuptlinge 19
Frauen Mikados 19
Frauenrollen 108
Freudenmädchen 9
Freya 48
Fruchtbarkeit 36
Frûhlingfeste 39
Frühlingtäfeichen und -Bilder 123
ff. Fuchs 50, -Kult 144 ff. Fuchs, Dr. Alfred 94 f. Fuchs, Eduard 128 Füllhorn 35
fünf Jahre dauert die Zeitehe 61 fünfzehnte des Monate 23 Fukueuke 35 futatsu-tomoye 48
Qebären, leichtes 37 Gebärhaus 45 Gebete 39 Geburt, leichte 42 Geburtmonat, symbolisiert 36 Geburtorte 24
20
— 154 —
Geburtzauber 38 Geist der Erde 19 Geist, heiliger 25 Geister- und Götterfurcht 9 Geishas 69, 114 Geldstrafen 62 gemeinsame Bäder 11 Geomantie 28 Gesäß 27
Gesandtschaften 24, ausländische 25 geschlechtliche Gesundheit 39 Geschlecht der Götter 18 geschlechtlicher Umgang d. Bonzen 63 Geschlechtmerkmale 100 geschlechtliche Yerirrungen 67 Geschlechtverkehr mit Schwester und Halbschwester 57
Geschlechttrieb 15 f.,
personifiziert 23 Gesteine 17
Gesundheit für Mutter und Kind 42 Gewächse 21 Ginseng 36
gleichgeschlechtlicher Verkehr 58
Glück 114
Glücksymbol 35
Gjendar 73
Gödern ich es 115 f.
Goethe 61
Götter, 8,000,000 17 Götter, böse 21 Götterpaar der Metallberge 18 göttliches Zeitalter 42 göttlicher Zeuger 48 Goodfellow, Bobin 35 gohei 40
goldfarbige Zumpte 25
Gorobei 41
goriöye 26
Grabstein 39
Grausamkeit 68, 93
Grazer, Romulus 57
Grenze der Residenzprovinz 25
Grenzlinien 36
Grenzmarke 36
Griechen 19
Griechenland 100
Griffis, W. E. 35, 39, 59 große Mutter 19 Grube, Prof. Dr. 123 grüne Häuser 69 gußeisener Zumpt 34 Gwanzadaiohi-Tempel 40
Haare 20
Haarnadel 57, 113 f. Haartracht der Lustknaben 91 Haase, K. E. 149 Hahn und Huhn 80 Halbschwester (vom Vater aus) 57 Haliotis tuberculata 36 Hani jama hime no kami 18 Hatamoto 61 Hausierer 35 Haustore 27
Heidelbeerkrautaufguß 50 heilige Hochzeitgebräuche 55 Heilung kranker Geschlechtteile 42 Heine 11, 83 Heiratalter 58 Heiratbrauch 71 Hellas 82 Hellenen 22
Hellwald, Friedrich von 72 Helvetius 98 Hemd, blutiges 60 Hepburn 113 Herbetfeier 35 Hermaphroditen 18, 100 Hermes 36 Herodot 100 Herondas 115 Herrenpilz 25 Hexenprozeese 3 Hildebrandt, Ed. 58 Himmelpfeiler 43, 45 Hindu 7, Hinduismus 48 Hinrichtungstätte 39 Hippokratee 100 Hirata 16, 32, 43, 44 Hirsch, Dr. Rabb. 4 Hirschfeld, Dr. M 3, 78, 92, 94, 95, 97, 99, 100, 101, 103,107,108,127
— 165 —
| Hirth, Dr, Georg 5 |
Juno 20 |
| Hochzeitgeschenke 134 ff. |
Juwel der Allmacht 35, 50 |
| Hochzeitgewand 60 |
Juwelspeer, himmlischer 16 |
| Hochzeittag 60 |
|
| Hoden 43, Hodensack 38 |
fCahab-ed-drani 106 |
| Höllenstrafen 21 |
Kaikan 80 |
| hölzerne Zumpte 23 |
Kaikanzai 79 |
| Hopf, Dr. L. 144 |
Kaisenberg, M. von 131 |
| Hoshi-no-Tama 35, 50 |
kali 48 |
| Höszli 99 |
kami 143 |
| Holzzumpt 34 |
kami-musu-bio-kami 48 |
| Hubner, von 8 |
kamuros 69 |
| Hufeisen 35 |
Kanda, T. 44 |
| Humbert 40 |
Kanzashi 113 |
| Hummer 40 |
Karlkirche 141 f. |
| Hund 146 |
Karikataren 122 |
| Hyperboreer 93 |
Karsch-Haack, F. 7, 8, 12,
58, 63, 67, |
| |
69, 92, 93, 94, 96, 106,
108, 109, |
| Idzumo 45 |
116, 133, 134. |
| illegitime Frau 62 |
Kaesas 106 |
| Inari-ean 50 |
Kastration 105 |
| Indianer 93, 105 |
Katscher, Loop. 57 |
| Ingwerkraut 36 |
Katze, geisterhafte 149 |
| Inquisition 3 |
Kaufehe 60 |
| inseki 48 |
Kaurimuechelvoze 36 |
| Inselerschaffung 43 |
Kéraval, P. 104 |
| Inyoseki 44 |
Kinaeden 98, 106 |
| Ise 56, Ise, Stifthatten 50 |
Kindererziehung 9 |
| Isu-wo-goi-no-kami 19 |
Kinderlosigkeit 62 |
| Italien 101 |
Kindersegen 46 |
| Iwa-naga-hime 31 |
Kissenbilder 124 |
| lyeyosu 61 |
Klaproth 144 |
| Izanagi und Izanami 16, 48 |
Kleider fetiechismns 134 |
| |
Elleid ung, weibliche 107 |
| Jäger, Dr. G. 98 |
Kleriker 101 |
| Jaggernauthwager 40 |
Klingelkugeln 114 |
| Jago 59 |
Kloster 63 |
| Jahrgott 60 |
Klunzinger 150 |
| Jehovas Symbol 17 |
Knabenbordelle 91 ff. |
| Joest, Prof. 114 |
Knabenliebe 78 ff» |
| Juden 17 |
Knabenschändung 96 |
| jadische Ehen 61 |
Knapp, Dr. O. 101 |
| jüngerer Bruder 80 |
Kötecher, M. und J. E. 10 |
| Junggesellen 57 |
Kojiki 19, 22, 42, K. und
Nihongi 22. |
| Jungfern 55 |
Kolotanz 73 |
| Jungfrauschaftbeweis 61 |
Konata 71 |
20*
— 166 —
Ko-no-hana-saku-ya-hime 31 Konsei 30, 37, 38, Konsei-Bang 38 Konservativismus 22 Kopfputz der Frauen 57 Kopfwaschen 10 Korea 6
Koreanisches Wappen 48
Korruption 10
Kosho 78
Kosmogonie 42
Kburomou 68
Krafft-Ebing 95, 97
Krankheiten unterhalb d. Gürtels 37
Krankheitgeister 21
Krause 23, 115
Kreuzzeichen 48
Kreuzwege 22, 25, 26
Krieghäuptlinge, Frauen 19
Kteis 47
Kuchler 57, 59, 60 Kulke, Eduard 95 Kultgeräte 37 Kultur, chinesische 8 Kulturmenschen 106 Kulturvölker 94 Kunado 26 Kuppler 104 Kureten 20.
Lackmalerei 133 Landvolk 24 Lane 149 Laster 94
Lauf er, Dr. Berthold 124 Leben, langes 42 Lebenursprung 38 Lebenwurzel 37 lecken, die Scham 117 legitime Frau 62 Lehrlinge der Schauspieler 79 Leichenschändung 97 leichter Gebärzauber 37 Liebelehrbucher 122 ff. Liebezauber 24, 26 linga 48, linga-yoni-Kult 50 Liturgie, offizielle 24
Longford 62 Luedecke, Hugo E 128 Luftverehrung 20 lunat 106 Lukianos 141 Lusthäuser 68 Lustration 56 Luther, Martin 3
Madagaskar 106 Madonna dei mascoli 101 Mädchenhäuser 68 Männerbordelle 103 männliche Hysterie 58 männliche Prostitution 67 Malayen 93 Mandragora 37 mannweibliche Götter 20 Manyefushifu 41 Marine 85 Mariolatry 48 Martin, Alfred, 12 Maeochist 97 Mason, W. В. ЗО Maseeba 48 Matriarchat 72 Matsuri 113 Matsutake 113 Matsuyama, Prof. 48 me 18 Mekake 61 Mekko San 30 Mexiko 62
Mikado 38, 61, M/s Frauen 19 Milford 11 Minakshi 48 Mirabeau 115 Mischvolk 7
Mitama 26, M. Matsuri 26 Mithras-Mitra 19 Mitrovio, Dr. Alexander 73 miya 29, 59 Mönche 78 Moll, Dr. 86 Monopolehe 61, 121 Moralgesetz 55
157 —
Mordgier 93 Muschel 41, 60 Musik 40 Musiker 104 Musmis neeans 81 Musubi 26
Mutterrecht 19, 67, 71 f. Myaae Sadao 32 Mythenerzeuger 19
Nacktheit 10, 12, 127 nadobudna mladez 103 Näcke, Dr. P. 28, 102 Naevus, Trajan 102 nakodo 59
Namengebung durch die Mutter 19 Namen der Schamteile 30 Namenwechsel des Mannes beim Ein- heiraten 59 Nan-so-K' 78, 80 Naturforscher 15 Naturkult 42 Naturmensch 67 Naturmythen 43 Naturspiele 32 Naturvölker 93, 105 Nebenfrauen 61 negerartige Völker 93 Negerinnen 116 Nihongi 19 Ninigi no Mikoto 38 Ninjin 36 Nomaden 104
norddalmatische Zeitehen 73 Norito 24 Notfall 25 Notzucht 63 Nure-butsu 39
Obelisk-Zumpt 34 Obezoen 4
öffentliche Meinung 9 örtliche Gottheiten 18 Oho-yama-tsu-mi-no-kami 31 Oiran 69 Okko San 30
Onanie 96, 113 Onogoro 42, 44 Onokorojima 33 Opfer 39, 50, 60 Orgasmus 96 Orient 104 Otafuku 35
Päderastie 78, 81 ff.
Pander, Eugen 123
Pantoffel 35
Papierfahnen 30, 40
Papiermaché-Zumpte 114
Papierstreifen 23
passive Päderastie 100
Pathici 106
Pelagius Alvarus 101
persische Religion 19
Personifikationen abstrakter Eigen- schaften 18
Personifizierung des Geschlecht- triebes 23
Personifikationen wollüstiger
Lebens- kraft 22
Personifikation des Zumptes 34
Peru 61, 98
Perversionen 67
Pestgötter 25
Phallische Festlichkeiten 39 Phallischer Glaube 46 f. Phallische Insel 44 Phalloktenismus 47 Phalliziemus im Kojiki 42 Phalluedienst in Asien 123 Pfeiler, himmlischer 22, 45 Pferd 36, Pferd auf Votiytäfelchen 49 Pfirsich, Sinnbild der Voze 25, 36, 40 piccola borgesia 101 Pilz-Zumpt 34 Placenta-Insel 33
Ploss-Bartels 11, 17, 27, 28. 57,
63,
70, 114, 123, 124 Polzeiaufsicht 69 Polyandrie 68 Polygamie 61 Polygynie 62
158 —
Pornographen 4
Post, Alb. Herm. 72, 141
Praetorium Numa 95, 102, 103, 104,
105, 127 Priap 34
Priester in Frauenkleidern 19 primitiver Kult 20 Prinzip der Schöpfung 17 Prophezeihung 41 Prostitution und Ehe 58 Prostitution 67 ff. Prozessionen 40 Ptha 19 puer eanctus 98 Pygismue 96
Quarantänsystem 68 Quarzvoze 35 Quedenfeldt, M. 106 Quetzalcotl 48
Raitsui 44
Rajendralale Mitra 122 Bano Seki miya 29 Baubehe 46 Reformer 29 Regensturmgott 21 Regenwolke 49 Reigentanz 73 Rein, J. J. 10, 61 Reinigung, große 55 Reis, Symbol der Yoze 26 Reisabsud 37 Reiflbiertrunk 71 Reiseschrifteteller 99 Reiskel, Karl 139 Reizkugeln 114 Reizmittel 67 religiöse Vorstellungen 15 Religion und Beischlaf 55 Religion und Moral 55 Rhys, Davide, T. W. 49 Ringe ans Bambuegras 36, 49 Ringelblumenaufguß 50 Ringzeichen 48
rings um einen Pfeiler laufen 46
Rin-no-tama 114
Ritter 78
Bitterlichkeit 83
Rituale 41 f.
Rivetue, Andreas 101
Römer, Dr. L. S. А. M. von, 17, 18,
22, 92, 126 rosa gefleckter Zumpt 34 Roscher, Wilhelm 67 rote Farbe des Zumptes 22, 25 rote Farbe 41 Rowlandeon, Thomas 128 Ruling, Anna 108 Rupfertum 77 Rußland 11, 12
Sadist 97 Sämel 106 Sahe-no-kami 24 Sakalaven 106 Sake nomi ishi 32 Saketrank 60 Saktas 48
Salzwasser verwandelt sich zu einer
Insel 42 Samenhilfetempel 37 Samenentleerung, unwillkûhrliche 58 Samurai 38, 61 Samuraigeist 85 San-san-ku-do 71 Saiimbary 106 Saruta hiko 25, 29, 38 Satow, M. 36, 42 Satzumarebellion 83 Schamanismus, mongolischer 50 Schamhaftigkeit 10 Schamlosigkeit 82 Schamteile, Entblößung der 25 Schauspieler 40, 79 Schechina 26
Schedel, Josef 12, 51, 113, 114 Scheidebrief 63 Scheidunggründe 62 Schemata 134 Scheube, B. 82 Schiefervoze 35
— 169 —
Schiller, Friedrich 136 f. Sime-naha 23, 34 Śintai 24
Śintofeetlichkeit 39 f. Śinzo 71 Siva 17, 48
Schmidt, Bich. 122, 129 Schöpfangzeichen 17 Schognne 68 Schopenhauer 99 Schriftstellerinnen 109 Schûlerfreundschaften 86 Schuppen als Tempel 30 Schurken 25
Schutzgötter der Gehurtorte 24 Schwägerin 62 Schwalbe 43 Schwarz 41 schwarze Zähne 57 Schwatzhaftigkeit 63 Schwester, Geschlechtverkehr mit der leiblichen 57
Seebegegnung 59 Seebäder 10 Seegras 60 Seegrasabsud 37 Seelenkult 21
Seele, Unsterblichkeit der 21
Seeohrmuschelvoze 36
Secotra 106
sechste des Monats 25
Seibetzeugung 38
Selenka, Emil und Leonore 8, 11
Seidlitz ¥. v. 132
Serben 20
serbische Homosexuelle 103 Siebenzahl 62
Siebold, Ph. Freiherr v, 6, 9, 18, 60, 63
Siechtum 24 Simadai 60 Sittlichkeit 3 Sodomie 55, 97, 102 Soldatenstand 84 Sonnengottheit 33, 77 Skandinavier 100
Skrzyncki, Adolf 143 Skythen 100
Speer, juwelenbesetzter 42 Spielzeug-Zumpt 34 Stadt ohne Nacht 109 Stammbaum in weiblicher Linie 19 Standbilder von Yozen und Zumpten 25 Starcke, 0. N. 72 stehlen, eine Haarnadel 114 Steinaltar 29 Steindenkmäler 38 Steinphalli 22 Steinzeitûberreste 44 Stern, Bernhard 11 Stiftbütten 25, 29 Stock in den Weg stellen 41 Störung des landwirtschaftlichen Be- triebes 55 Störungen des Brautpaares 46 Stössel, Sinnbild des Zumptes 25 Strafe für Ehebrecherin 63 Strafen für Blutschande 62 Strafgesetz, deutsches 89 Strafgesetzbuch, japanisches 84 Stratz, Dr. O. H. 128 Strick, geheiligter 34, 35 Stundenehe 72 Studenten 79, 99 Südslavin 23 Suinin 19 Sundaresvara 48
Symbol des glücklichen Alters 60 Symbole, phallische 33 Symbolismus 40 Syewo-Jwaya 78 Syphilis 69
Tabu 57
Tag- und Nachtehe 72 Tahiti 105 Taihoryo 62
Takami-musubi-o-kami 48 Talismane 37 Tante, väterliche 62 Tänze 40 f. Tänzerinnen 55
— 160 —
Teehäuser 69 Tempeln 25, 29 Terracotta-Zumpt 34 Thiele, Abgeordneter 4 Tiger 36 Timarchoe 100 Tod 21, 24 Todstrafe 58 Torii 31 Toyo 128 To-ynki 23 Tositoka 60
Tracht, weibliche der Sintopriester
19
Trauung 60
Triangel 17
Trithemius 101
Tsuji-ura 26, 41
Tugend, moderne 67
Twaya, 82, siehe Suyewo
Tylor 39
Ujigami 24
Uled 106
Umzäunung 29
Unfruchtbare 31, 37
Ungehorsam gegen d. Schwiegereltern
63
Unglück 114
unheilige Ehe 71
Unsittlichkeit der Japaner 12
Unsterblichkeit der Seele 21
Unterwelt 24
Unzucht 47, 67. Unzucht in assy- rischen Tempeln 20 Unzuchtigkeitverbrechen 79 Uranier 57 Uraniemus 12, 77 ff Urninde-Okoma 80 Urninden 57 Urmensch 47
Ursprung d. Weiblichkeit u. Mannheit
17 Urzeugung 44
Urzeugungsage, arisch-indische 17 Utamare 126
Variationsbedürfnis 97 vatreni mladiói 103
Vaterrecht 72 vaterrechtliche Familie 19 Venedig 101 Venus 20
Verbot der Berührung eines Weibes 58 verführte Braut 83 Verhüllung des Kopfes 127 verkaufte Töchter 68 Vermählungzeremonie 60 Verwandtschaft 57 Verwundung des Nebenmenschen 55 vice, le, allemand 102 Vinci, Leonardo da, 81 Vielliebchen 126 Vielstraßenherr 24 Vielweiberei 62
vier Endeeiten der Hauptstadt 25 Vierundzwanzigstundenehe 71 virile Männer und Frauen 98 Viechnu 17
Vitium contra naturam 101 Vogelweide, Walther v. d. 138 Völkergedanken 99 Vorelternehrung 60 Vormünder 59 Votivgaben 49 Votivgegenstände 30 Voze, personifiziert 23 Vozen, aus Schiefer, Quarz, Seeohr- muscheln usw. 35 ff. Vozenkult 22, 47
Wachstumgott 26
Wagen 40
Waisetzai 79
Walddickicht 24
Waldfrauen 25
Waldgeister 24
Wallace, Alfred Bussel 57
Wallfahrer 31
Wanderer 26
Wasser 17
Waesergöttin 18
weibliche Linie 19
weibliche Bollen 79
weibliche Tracht der Sintopriester
19
— 161 —
Weiblingtum 105 Wege beginnender Gott 36 Wegschutzgötter 24 Weg der Wahrsagung 41 Wegursprung 38
Weihegeechenke 49, für Entbindung 35 Wein zur Begießung von Zumpt und
Voze 49 wein trinkende Steine 32 weiße Farbe 60 weiße Menschen 41 weiße Muschel 41 weißes Pferd 50 Welcker 101 Weltei 19 Wernich, A. 58, 61 Westermarck 57, 60 westlicher Einfluß 83 Wetter 17
Wiedemann, Dr. A. 131, 149 Wiederverheiratung 62 wilde Ehe der Götter 19 Williame Monier 48, 50 Wind 17 Wissenschaft 3
wissenechaftL-humanit. Komitee 78 Wo 18
Wo-baschira 22 Wollustlaster 9 Wolluststeigerungen 67 Wortspiele 41 Wurzel des Lebens 26
Yachimata hiko-hime 29 Yakuwin 69
Yang und Yen 17, 18, 27, 28, 48
Yaro 77
Yengishiki 41
Yokuschin 25
Yomi 21, 24
Yoni 48
Yoseki 48
Yoshieuki Horitoyo 128 Yoshiwara 68 ff. Jonjowa 68
Zähne, schwarz färben 57 Zanzibar 116 Zauberei 55 Zaubermittel 37 Zeitehe 61, 71 Zeitweib 71
Zeugen der Trauung 60 Zeugungbett 43
Zeugung hilft gegen Krankheit und
Tod 25 Zufall in der Liebe 94 Zugangbogen der Stifthütten 25 Zukunfterkundung 26 Zumpt als Amulet 34 Zumptkult 22 Zumpt, personifiziert 23 Zwei Konkubinen 61 Zweimalige große Reinigung 55 Zwangehe 61 Zwillinggottheiten 31 Zwischenstufen, sexuelle 92 f. Zwölf Konkubinen 61 Zwölfte des Monats 25
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Tafel II a)
Phallusschrein in der Nähe der Regierungswerfte
von Yokosuka.
Nach einer Aufnahme von Josef
Schedel.
Tafel II b)
Weiblicher Geschlechtteil; Naturspiel aus
Stein, vor einer Stifthütte
Nach einer Aufnahme von Josef
Schedel.
Tafel III
Zu Seite 141. Ansicht der Karlkirche in Wien. — Originalaufnahme des K. K.
Hofphotographen
Charles Skolik in Wien.
Tafel IV
Seite 33 ff. Naturgebilde, die man
als weibliche und männliche Geschlechtteile ansieht und auf Altären in Stifthütten aufgestellt hatte.
Tafel IX
Zu Seite 114 f. Zumpte aus einer Zelluloidartigen Masse zur Selbstbefriedigung. Ein Drittel
der natürlichen Größe.
Tafel V a)
Seite 49 f. Acht bronzene Zumpte aus Tokio als Votivgaben
auf Altären in Stifthütten.
Tafel V b)
Zu Seite 49. Hölzerne Zumpte als Votivgaben auf Altären in
Stifthütten.
Zu Seite 69. Eine Oiran, Stundenehefrau, in Tokio, in vollem
Staat auf Männerfang ausgehend. — Nach dem Bilde
eines japanischen Malers aus dem Jahre 1903.
Tafel VII
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Zu Seite 113 f. Zumpt aus Papiermache. Marktware. Innen hohl.
Ein Sechstel der natürlichen Größe.
Tafel VIII
Zu Seite 113 f. Zumpt aus Papiermache. Marktware. Innen hohl. Ein
Viertel der natürlichen Größe.
Tafel X
Zu Seite 114. Ein massiver Zumpt aus rotem Siegel wachs, für
Frauen zur Selbstbefriedigung. Um ein
Drittel im Bild verkleinert.
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Tafel XIV
Zu Seite 115 f. Aus Horn angefertigte Zumpte zur
Selbstbefriedigung der Frauen.
In natürlicher Größe.
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Tafel XVII
Zu Seite 126. Ein Frühlingbild auf einem Chrysanthemumblatte;
für das Volk.
Tafel XVIII
Zu Seite 126. Ein Frühlingbild anf einem Chrysanthemumblatte;
für das Volk.
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Tafel XXI
Zu Seite 126. Vielliebchen: Ein Holztäschchen mit inkrustierter,
feinster Arbeit.
Vorder- und Hinteransicht bei
aufgezogenem Deckel.
Zu Seite 126. Vielliebchen für eine Witwe. Die Frau hält eine Schachtel vor sich,
aus der ein Zumpt hervorspringt, wenn man den Deckel wegzieht. Anspielung auf den alten Brauch, wonach Witwen das Glied ihres verewigten Gatten einbalsamiert
aufbewahren.
Tafel XXII
Die Hochzeitreise 1. Titelblatt. Ein Buch mit 13 Bildern auf 26 Seiten.
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Tafel XXXVI
Die Vögel
1.
Ein Buch von
vierundzwanzig^Blättern.
Tafel XXXVII
Die Vögel 2
Tafel XXXVIII
Die Vögel
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Tafel XXXIX
Die Vögel 4.
Tafel XL
Die Vögel 5.
Tafel XLI
Die Vögel 6.
Tafel XLII
Die Vögel 7.
Tafel XLIII
Die Vögel 8.
Tafel XLIV
Die Vögel 9.
Tafel XLV
Die Vögel
10.
Tafel XLVI
Die Vögel
11.
Tafel XLVII
Die Vögel
12.
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Tafel XLIX
Freude des Mannes, daß er von seiner Frau
losgekommen
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Tafel LIII
Eine Prfifang
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Tafel LXX
Tafel LXXII
Eine Gespenstergeschichte.
Tafel LXXIII
Eine Gespenstergeschichte.
Tafel LXXIV
Tafel LXXV
Eine Gespenstergeschichte.
Tafel LXXVI
Eine Gespenstergeschichte.
Tafel LXXVII
Eine Gespenstergeschichte.
Tafel LXXVIII
Eine Gespenstergeschichte.
Tafel LXXIX
Eine Gespenstergeschichte
Tafel LXXX
Eine Gespenstergeschichte.
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