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ßisforisdie Quellenschriften ss
zum Studium der flnfhropophyfeia.
Unter Mitwirkung
von
Ethnologeii9 Folkloristen and Naturforschern
herausgegeben
von
D& FRIEDRICH S. KRAUSS.
Band IV.
H Deutsche Schwankerzflhler §3 des XV. bis XVII. Sahrhunderfs.
Adrian Wurmfeld uon Orsoy,
flugUSf COnger und Verschiedene
herausgegeben топ
KARL AM RAIN.
Leipzig
Deutsche Verlaflsaktfengesellschaft
1907.
Privatdruck.
Nur für Gelehrte bestimmt.
Inhaltsverzeichnis.
Seite
Der verkehrte, doch wiederbekehrte Soldat Adrian Wurmfeld
von Orsoy................ 1
August Tanger
1. Angeführt .................. 47
2....................... 48
3. Ein Lebenswecker................ 48
4. Wann beten wir wieder.............. 48
5. Einfaltpinsel.................. 49
6. Der Verliebte . ................ 49
7. Vergriffen................... 60
8. Umsonst................... 50
9....................... 61
10....................... 61
11....................... 51
Der Graf mit dem Schwanz............ 53
1655. Aas dem Waldenser Krieg .......... 53
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1. Die kranke Kortisana .............. 56
2. So ist vielen geholfen.............. 56
3. Zwei Eier and mehr............... 57
4. Sie müssen Haare lassen............. 58
5. Von des Pfaffen Ziege.............. 58
в. Er kommt noch................ 59
7. Elefantenlaase................. 60
8. Elefanteneier.................. 60
9. Auf den Esel gesetzt............... 61
10. Propter reverentiam............... 64
11. Freundin steh auf................ 66
12. Vergiß mein nicht................ 66
13. Vom Goldschmied and seines M&gd.......... 67
14. Ein schön kartzweflig Geschichte ........... 69
15. Aagen im Hintern................ 69
(Й IV Же
Seite
16. Erkennungszeichen................ 70
17. Nicht weiter.................. 70
18. Für Hämorrhoiden................ 71
19. Von Notzwang nnd Ehebücher und Blutschande..... 71
20. Gewitzigt................... 72
21. Ein hübscher Spruch............... 73
22. Köstliche Frage................. 73
23. Er weiß Bescheid................ 73
24. Der Schuh drückt................ 73
25. Der zerschlagene Topf.............. 73
26. Dio schamhaften Weiber.............. 74
27. Drei Mönche.................. 74
28. Auf oder in der Milch.............. 74
29. Die bestrafte Witfrau............... 75
30. Kein weiblich Glied auf dem Helm.......... 75
*
Der verkehrte, doch wiederbekehrte
Soldat
Adrian Wurmfeld
von Orsoy,
dessen gantzer Lebens-Lauff in allerhand lustig und listigen Begebenheiten, bestehend vom Anfang des Französischen Krieges biß auff das jüngst-gehaltene Treffen mit den Kayserlich, und Alliierten, kürtzlich entworffen. und defi Frantzöslschen Feld-Marschalls
Tourenne Castrum Doloris
und gehaltener Lelch-Prozefi fürgestellt wird.
Alles
Aufis treulichste auß dem Holländischen in unsere Hoch-Deutsche Mutter-Sprach übersetzet, und der neubegierigen Welt zur Zeit-Verkurtzung mitgeteilet
durch
Crispinum Bonifacium
von Düsseldorp. Gedruckt im Jahre 1675.
Karl A m rain. Deutsche Schwankerzahler. IV.
1
Vorbemerkung.
Mit den nachfolgenden Blättern wird in zeitgemäßer Form der weiteren Öffentlichkeit eine überaus seltsame und, fügen wir hinzu, äußerst seltene kleine Schrift ans dem Jahre 1676 unterbreitet.
Dieses den Kulturhistoriker in erster Linie besonders inter- essierende Werkchen bietet Abenteuer eines Studenten aus Orsoy, der in Utrecht studierte, dann aber von den Franzosen zum Kriegsdienst gepreßt wurde.
In anschaulichster Weise werden uns Bilder aus dem Sitten- leben jener Zeit vorgeführt. Fesselnde Szenen zeigt das Heer- wesen unter Turenne.
Phantastische Visionen sonderlicher Art beschließen diese merkwürdigen Aufzeichnungen. Der Teufelsglaube feiert in diesem Traumbild einen großen Triumph, denn wir werden mit einer ganzen Reihe von Fürsten, Herzogen und Grafen, die im Bei che Lucifers dienen, bekannt.
Friedensfreunde dürften an der scharfen Schilderung der Kriegsgreuel ihre aufrichtige Freude haben.
Aus vielen Stellen ergibt sich, daß der dem französischen König — dem Hahnenkönig — wie der ganzen französischen Nation wenig wohlgesinnte Verfasser ein holländischer Katho- lik, wahrscheinlich sogar ein Priester war.
Die phantasievolle Traumerscheinung knüpft unmittelbar an den Tod des französischen Feldherrn Turenne an. Turenne fiel am 27. Juli 1675 bei SasbacK, einem etwa zwischen Straßburg und Baden-Baden gelegenen Orte im Großherzogtum Baden.
1*
Geneigter Leser!
Laß dir gegenwartige Schlifft nicht ärgerlich noch leicht- fertig vorkommen, dann sie von dem allerliederlichsten Volck der Franzosen, so jemahls die Sonne beschienen, redet, und kan bald ohne Aergerniß nichts von ihren Thaten geredet noch beschrieben werden. Ich habe den verführten Adrian nicht anders vorstellen können, als er in ihrer Kriegs-Schule abge- richtet worden. Unterdessen versehe ich mich dessen von dir, daß den Beinen alles reine sey, und bleibe dir in anderwerte zu dienen verhafft. C. B.
Adrian Wurmfeld von ehrlichen und wohlhabenden Eltern zu Orsoy geboren, hielt sich studierenshalber zu Utrecht auf als durch Gottes unbegreifliches Verhängnis diese berühmte Stadt geblendet zum unwiederbringlichen Schaden den Prinzen von Oranien mit seiner Soldatesca nicht einnehmen, noch wegen Niederreißung ein und des anderen Gebäudes in der Vorstadt sich befestigen lassen wollte. Viel lieber bat Utrecht ihren und aller vereinigten Provinzen geschworenen und abgesagten Todfeind durch Abgeordnete zu sich und unterwarf sich dem- selben.
Was für Unordnung, Tyrannei, Mord, Raub, Brand, un- erschöpfliche Geldauspressung, Tribulierung, unerhörte grau- same Marter der Leute und schändliche Nieder'legung der herr- lichsten Gebäude in der ganzen Provinz von den Franzosen er- folgte, wird, solange die Welt steht, nicht in Vergessenheit geraten.
In solch bejammernswertem Zustand wußte unser Adrian nicht allein wie ferner zu studieren, zumal kein elender Tier auf der Welt ist als ein armer Student, sondern war gar ge- zwungen, weil von Hause keine Geldmittel abgesandt werden konnten, bei einem Kapitän von den Schweizern Kriegsdienste zu nehmen. Hier blieb er, bis ihn wegen seiner annehmlichen Gestalt, Höflichkeit und Treue ein Rittmeister der Luxem- burgischen Truppen von dem Schweizer-Hauptmann erbat. Als vertraute Kriegskameraden kam der Hauptmann dem Wunsche seines Freundes nach. Jetzt begann eine ganz andere Zeit für Adrian, denn der Schweizer war fromm und aufrichtig, fiel den Quartierleuten auch mit tribulieren und anderen Gewalt- taten nicht beschwerlich. Der Franzose hingegen war streng, hitzig, fluchte und sprach, wenn er nicht soff oder Schandlieder sang, so abscheuliche Gotteslästerungen aus, besonders wenn
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ihm beim Spiel das Glück nicht wollte, daß man sich wundern mußte, wie ihm durch Gottes rechtmäßige Bache nicht die Zunge gelähmt, schwarz geworden und aus dem französischen Bachen herausgefault ist.
Die Bedienten hatten es gut bei ihm, falls sie brav fluchten, sauften, hurten, logen, betrogen, den Leuten alle ersinnlichen Spotte und Schandtaten antaten. Wer dabei die größten Schelmenstücke ausführte, stand gut angeschrieben und bekam eine Belohnung.
Nach dem bekannten Spruch: „Bei den Frommen ist man fromm, bei den Verkehrten verkehrt" kam auch unser wohl- erzogener sittsamer Adrian bei solchem lasterbesudelten Völk- chen vom Wege der Tugend ab. Anfangs bedurfte es zwar scharfer Worte, Prügel u. dergl. um den jungen Menschen ge- fügig zu machen, allmählich kamen alle französischen Sünden und Laster in sein weiches Gemüt und bald gab er in Buben- stücken keinen geborenen Franzosen etwas nach.
Es verstand sich auf verschiedene Instrumente, wodurch er sich bei seinem Herrn und dessen Saufbrüdern als auch bei den Frauenzimmern höchst beliebt machte. Er sang und tanzte vorzüglich, darum veranstaltete er auf Begehren seines Herrn verschiedentlich nackte Balletts und Lustspiele zwischen Manns- und Weibspersonen. Einmal hatte er nach vollendetem Bankett eine Vorstellung folgender Art zu veranstalten.
Diana kam mit sechs Nymphen in sarmatischer Kleidung mit Bogen und Köchern hervorgetanzt. Während des Tanzes nahmen die Nymphen das Jägergerät von Diana, hängten es an die um einen Wasserteich stehenden Bäume, entkleideten die Göttin und sich selber völlig nackt und sprangen nach aller- hand Stellungen, Umarmungen, Beigenschlingen und Abwechse- lungen in das Wasser, um zu baden. Dabei sang man :
Wir haben uns sattsam mit Jagen ergetzt,
Viel Wildbret mit Hunden ins Netze gehetzt,
Ihr Fhyale, Hyale kommet herbei
Und machet ein liebliches Jägergeschrei!
Hoy ! lasset das klare Hif t hallen und schallen
Und lassets durch Wälder und Felder hin fallen.
Seyd lustig und windet im löblichen Tanz,
Von Zweigen der Eichen den siegenden Kranz.
Denn lasset uns baden mit Schwanen und Nymphen,
Die hier sich befinden in schilfigen Sümpfen.
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Gleich darauf kam Action in Jägertracht mit sechs großen englischen Hunden hereingetanzt. Als er sich im Tanze der Diana im Bade mit verliebter Miene nahte, erhob sich großes Klatschen und Platschen der im Wasser tanzenden Nymphen, die sich gleichsam in zierlicher Unordnung versteckten und ihre Göttin deckten. Darüber bekam Actäon plötzlich einen Hirsch- kopf, nun zerrissen ihm die Hunde das Kleid und den Hirsch- kopf, so daß er splitternackt da stand und hernach begannen sich die Hunde gegenseitig die Haut vom Leibe und die Larven vom Kopfe zu reißen, so daß sich die englischen Doggen in nackte Cavaliers verwandelten. In vollem Tanz und mit einem Sprung eilten sie zu Diana und den Nymphen in das Wasser und genossen beim Schall der Musik untereinnader vermischt das höchstangenehme Bad und andere fleischliche Üppigkeit nach genüge. Vergeblich wird man solche eigentümliche und zierlichen Metamorphosen bei dem berühmten Veränderungs- Schreiber Ovid suchen. Das dabei abgesungene Lied lautete:
Zuvor bin ich gewest ein edel freier Jäger, Durch Vorwitz bin ich nun ein armer Hörnerträger. Ich dacht, es schade nicht, wann man was nackichts seh, Und nun ich das getan, ich so beschimpfet steh. Wo flieh ich Armer hin, daß ich nicht werd zerrissen Von meiner Hundeschar? Ich werde sein geflissen,
Mich zu verstecken hin zu dir in deine Höhl Diana, denn dort fließt mit deiner Sanftmut-Öl!
Einstmals lag die alleranmutigste Venus auf einem mit Gold und Purpur durchwirkten Zeltbette ganz entblößt. Zu Füßen lag ihr kleiner Sohn in gleicher Entzückung. Um die anscheinend schlafende Göttin waren teils auf der Erde liegende, teils Kränze windende, teils zu einem Spinet und Lautenspiel höchst anmutig singende nackte Nymphen gruppiert. Der Ge- sang lautete:
I.
Die Venus liegt mit ihrem kleinen Sohn Sanft eingeschläft von unserm süßen Ton.
Sie läßt die Marmor Ballen
Bald auf, bald nieder fallen,
Und haucht aus ihrer Brust
Den Ambra süßer Lust.
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П.
Man siehet ja als wie durch Zindel
Ganz lieb entzückt die rot korallne Furch,
Die zu der Wollust führet,
Der Männer Herzen rühret
Und machet, daß sie sein
Erstarret wie ein Stein.
Ш.
Die Schwanen Haut glänzt wie der Alabast Wohl dem, der auf ihn hat die süße Bast.
Er muß vor Lieb zerfließen
Und sich in sie verschließen,
Bis daß er Geisterlos
Fällt aus dem Liebes-Schoß.
IV.
Der tapfre Mars — —---
Grad als sie das vierte Gesetz anfangen wollten, kam eine Schar von Satyren unter die Nymphen gesprungen. Einer nahm hier eine beim Kopf, der andere beim Bein, der dritte in der Mitte, der vierte sprang gar zu der erwachten und schreienden Venus auf das Bett und fühlte an ihr herum usf., daß aus dem lieblichen Musikklang bald ein seltsam kitzlig Gekiecher und Gelächter entstand. Den Cupido erhaschte einer beim Krauskopf und setzte ihn zwischen seine Hörner. Singend tanzte er dann mit ihm durch die Stube um den Tisch herum, auf welchem Wein, Bier und herrliches Konfekt genugsam stand, auch soff er auf seine Brüder, welche in vollem Leibes Kampf begriffen waren. Diesen und ähnliche Händel trieben sie bis zum lichten Morgen.
Das war ein herrliches Soldatenleben für Monsieur Adrian. Die Gewohnheit schlich so sanft bei ihm ein, daß es ihm ganz leicht fiel, alle Tage was neues für seinen Herrn und dessen Gäste zu erfinden. Sie aufzuzeichnen wäre ärgerlich und ist auch nicht unsere Absicht, wir melden nur, daß solches herr- liche lustige obgleich sündige und die Seele verderbende Leben solange dauerte als man in Utrecht zu Quartier lag.
Nach unumgänglich nötiger Evaluation dieses Ortes kam man nach Charleroy. Hier befiel den Rittmeister wegen seines unordentlichen Lebens eine abscheuliche, stinkende und giftige
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Krankheit so, daß ihm Mund, Nase, anderer Sachen zu ge- schweigen, abgefault sind und er lebendig den Würmern eine Speise wurde.
Als Nachfolger des Bittmeisters wurde nun nicht dessen Leutnant genommen. Laut Aussage des Generals hatte der Leutnant nämlich keine rechtschaffene Soldatentugenden an sich, weil er Abscheu vor dem grausamen Leben empfand und sich deswegen Öftere beklagt hatte. Ein junger Frauenzimmer- knecht, der brav huren, fressen, saufen und Leute plagen konnte, wurde ihm vorgezogen und so mußte ein alter, tapferer kriegs- erfahrener Edelmann nachstehen.
In Charleroy ging es aus einem ganz anderen Fasse als in Utrecht. Wie glücklich wäre man gewesen, hätte man jetzt Wein, Bier, Brot, Fleisch und andere Viktualien gehabt, die man vordem öfters auf die Erde hatte laufen lassen, die man mit Füßen getreten, den Hunden vorgeworfen oder sonst un- gebührlich verwendet hatte!
Hier gab's oft für Menschen und Vieh nichts zu beißen, der größte Reichtum bestand im Mangel aller Sachen.
Die Convoy samt dem Proviant wurde etlichemal von den Spaniern weggenommen und so sah es sehr maulhenkolisch aus.. Als junger Mensch stellte Adrian keine langen Betrachtungen an, so sehr war er in dem üppigen gewissenlosen Kriegswesen ersoffen. Anstatt an Gott zu denken, den wunderbarlichen Wechsel seines Lebens zu beherzigen, in sich zu gehen, wie weit er in das Verderben geraten, schlug er alles in den Wind und verbannte mit Gewalt, nicht ohne verbitterte Widerwärtig- keit, alle wehmütigen Gedanken aus dem Sinn. Er nahm seine blecherne Tobakbüchse zur Hand, füllte sich ein schwarzver- rauchtes Tabakpfeifchen ein und sang, als er die Wache hatte:
I.
Hab ich schon jetzund nichts, dann dieses dürre Kraut Ist doch kein Traurigkeit in meiner frischen Haut. Ich wach* auf meiner Post und will erwarten, Wie es das Glück wird mit mir noch karten.
П.
Vielleicht kömmt es noch heut und trifft mir blindlings ein, Daß ich bey Jungfern sitz, hab Bier und kühlen Wein. Darauf schmauch ich jetzund eins und hoff aufs beste, Das ander von der Lust bleibt mir im Reste.
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ш.
Gibte irgend gar Alarm und bricht der Feind herein, So will ich seiner hier beherzt gewärtig sein. Ich geh' ihm ins Gesicht, biet ihm die Spitzen Und sollt ich bleiben gleich im Grase sitzen.
IV.
Ich sterbe nur einmal und dieses gar gewiß, Und was ist wohl der Tod? Ein saurer Apfelbiß Der grimmet nur das Maul und poppert hinten, Ein Tapfrer förcht sich nicht für solchen Flinten.
V.
Wer so beherzt wie ich, den schrecket niemand nicht, Er tritt für jedermann freimütig ins Gesicht. Es gehe gut und bös, so will ich's nehmen Und mich in Freud und Leid für nichts nicht schämen.
Kaum hatte er dies ausgesungen und seine Pfeife ange- steckt, da kam ein Korporal mit vier Heitern, forderte ihn auf, die Wache zu verlassen, sofort in das Quartier sich zu begeben und sein Pferd nach besten Kräften zu füttern. Nach Mitter- nacht wolle das ganze luxemburgische Regiment aufbrechen. Es gehe gegen den Rheinstrom und man werde sich mit Turenne vereinigen. Wegen Mangel an Four age könne man in Charleroy nicht länger liegen bleiben, auch sei Turenne nicht „bastand" genug, um der heran nahenden Reichsmacht gehörigen Wider- stand zu leisten.
Niemand war froher als Monsieur Wurmfeld. Er wußte wohl, daß es auf dem Marsch besser sei als im jetzigen Quartier, auch daß es im Reich bessere Provision für seinen Kragen gäbe, wenn gleich das Reich von den Völkern auch schon ziemlich mit- genommen worden sei. — Bäsch verfügte sich Adrian in das Quartier, welches er im nahen Dorf inne hatte. Hier warf er dem Bauer ein Stück von seinem Schilf und Strohdach ein, schüttelte und säuberte das Schlimmste davon und legte den guten Beet seinem dürrknochigen Boß vor, damit es sich die Zähne schärfen konnte. Das grobe Schilf und Stroh diente als Streu. Nun forderte der Magen aber nach all dieser Arbeit auch sein Recht. Der arme Quartiergeber war ein mittelloser Bauer, der den zwanzig Soldaten in seinem Hause nichts zum beißen vorsetzen konnte. Das mußte der Ärmste entgelten, in-
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dem die Soldaten Fenster, Türen, Ofen, Tisch und Bänke in Stücke kreuz und klein zusammenschlugen und dazu dem Bauer das Leder mit Prügel weidlich gerbten. Obwohl das Vieh bereits geschlachtet und aufgezehrt war, sollte schließlich der Mann noch Wildbret, Vögel, Fische, Krebse herbeischaffen!
Adrian sah ein, daß der Bauer selbst beim besten Willen nichts hätte einkaufen und eicher heimbringen können, weil die Armee dicht gedrängt beieinander lag und Hunger litt. Behend besann sich Adrian auf einen Schelmenstreich, um im Quartier seine Henkersmahlzeit ordentlich halten zu können. Er eilte nach dem Kirchhof, woselbst der Pfaffe im Dorf seine Residenz hatte.
~Wie er nun an das Tor kam, stand eine Schildwache da- vor, auch fand er eine Salve guarde angeschlagen.
Natürlich wehrte die Schildwache unserem Adrian den Zu- tritt, da er nichts am Orte zu suchen habe. Auf inständige Bitten rief man indessen den Korporal, welcher mit vier Reitern ale Salvaguardi dort lag, heraus. Wie der Korporal kam, bat ihn Wurmfeld, man möge gestatten, daß er mit dem Pastor, der mit ihm verwandt sei, etliche Worte austauschen dürfe.
Das ward bewilligt und der Korporal führte ihn selbst zu dem Priester, bei welchem eben auch der Regimentsgeist- liche war.
Monsieur Adrian langte in seinen lateinischen Schulsack und leerte ihn wie folgt aus : Maxime Reverende, spectatissime, clarissime, nec non omnium doctissime Domine Pastor, Maecenas et Fautor literatorum aeterno honoris cultu prosequende." Diese Anrede kitzelte den Pfaffen in der linken Fußsohle, so daß er andächtig zuhörte und sich bei jedem Worte verneigte, als ob er am Altare stehe.
Wurmfeld erzählte dann dem Geistlichen, er sei mit Ge- walt von den Franzosen zum Soldatendienst gepreßt worden, als er im Begriffe gewesen sei, nach Köln auf die Universität zu reisen. Er stamme aus spanischem Gebiet, nämlich Flan- dern; sein begonnenes Studium müsse er aussetzen und zum größten Herzeleid seiner Eltern, die gar nicht wüßten, wo er sei, werde er sein Leben in solch traurigen Verhältnissen be- schließen müssen falls ihm nicht durch wunderbare Mittel ge- holfen werde. Er bitte, weil lange Zeit der Monatssold aus- geblieben sei, um ein Viaticum.
Als die Pfaffen ihn so fertig lateinisch reden Hörten und seine wohlgeartete Höflichkeit und Person betrachteten, ge-
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wannen sie Mitleid, hießen ihn sitzen und tranken ihm zu. — Weil man in des Pfaffen Studierstube saß, suchte Adrian die Bibliothek ab und fand dabei ein schönes Besteck, das sil- berne Löffel enthielt. Darauf deckte er seine Handschuhe, als sie nachher miteinander in dem am Hause gelegenen Garten spazierten, ergriff er die Handschuhe mit dem Besteck, hob es auf und steckte es zu sich.
Im Garten wandelte man umher und besprach die Waffen- siege des Königs von Frankreich über die Ketzer. Adrian er- spähte dabei einen hübschen Fischhalter, und nahm sich außer- dem die Lage des Gartens und des ganzen Hauses ad notam.
Nach erfolgtem Spaziergang behielt der Pfaffe Adrian bei Tisch und erwies ihm als einem Gelehrten mehr Ehre als den übrigen bei ihm liegenden Soldaten. Lustig soff er mit ihm bis zum Anbruch der Nacht, dann drängte Adrian nach Hause zu kommen mit der Entschuldigung, es sei Zeit sich zur Buhe zu begeben, da er nach Mitternacht mit den Vortruppen zu mar- schieren habe.
Der Pfaffe hatte Adrian wegen seiner Klage, dann auch wegen seiner Trinkfestigkeit liebgewonnen, er führte ihn noch- mals in die Studierstube, langte ein schwarzes Kästchen von Ebenholz hinter dem Bücherschrank hervor und verehrte ihm daraus einen Dukaten.
Adrian bedankte sich mit herzlichen Worten für diese Liebenswürdigkeit und schied von dannen.
Kaum war er nach Hause gekommen, so erzählte er seinen vertrautesten Kameraden, wie es ihm gegangen war und was er vorhabe. „Liebe Brüder," meinte er, „die Pfaffen hier zu Land haben einen guten Vorrat an Lebensmitteln und barem Geld, denn sie verfügen über reiche Pfründe, flüchten auch nicht alles so genau in die Städte, als wie die Bauern diese Schelme. Die Pfaffen sitzen hier in der Königehand keineswegs so un- sicher, denn sie sind von allen Einquartierungen befreit. — Wollt ihr eines auf Galgen und Bad mitwagen, so können wir uns nicht allein für den Marsch verproviantieren, sondern auch den Beutel spicken! Die Salvaguardi liegt in dem Vorhaus des Pfaffenhofes. Die wird wegen des bevorstehenden Marsches und des gestrigen Valetsaufens so wohl im Wein und Bier be- graben liegen als der Pfaff mit seiner Köchin. Nehmet nur von dem Bauern hier eine Leiter mit, daß wir hinten über die Mauer in den Garten und von da aus in das Hinterhaus, wo
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der Pfaffe seine Studierstube und Gelegenheit hat, steigen können/'
Dieser Plan fand allgemein solchen Anklang, daß man in dunkler Nacht sich heimlich zu dem Garten verfügte. Dort stellte man die Leiter an die Mauer, Adrian kletterte aufwärts um als Wegweiser zu dienen. Von der Mauerhöhe ging's ab- wärts, und er kam an den angeschlagenen Latten, woran die Weinstöcke aufgebunden waren, glücklich hinab. Seine Kame- raden folgten behende und zogen die Leiter nach sich herüber.
Sobald man in den Garten kam, eilten sie zu dem Fisch- halter und ließen ihn ablaufen; unterdessen machten sich die Verwegenen an das Fenster der Studierstube.
Adrian, der am Tage vorher das Fenster aufgemacht und in bewußter Absicht hatte offen stehen lassen, erstieg dasselbe mit ziemlicher Gefahr, denn die Leiter war um ein merklich Stück zu kurz, so daß ihn der Popanz bald herunter ge- schmissen hätte.
In der Studierstube zog er mit kurzen Griffen alles, was ihm nützlich zu sein schien, an sich, darunter zwei schöne Bosenkränze oder Paternoster mit kostbaren Steinen silberver- goldeten Küglein und Kruzifixen, ferner das schwarze Kästchen mit dem Geld und etliche silberne Löffel. Erst darnach öffnete er die Stube fein sacht, schlich die Treppe hinunter, ohne in- dessen den Schlüsselbund, welcher auf dem Tische lag, zu ver- gessen.
Jetzt ließ er seine Kameraden durch die Gartentür zu sich in das Haus. Einer zog Feuerzeug hervor, schlug Feuer und zündete Licht an, mit dem sie nach dem Keller schlichen. Da wurde weidlich einander zugetrunken, ein Faß mit Pökelfleisch aufgeschlagen und die besten Stücke herausgenommen. Schinken und Knackwürste mußten in großer Zahl daran glauben, um auf dem Marsch als Proviant zu dienen.
Die Zeit drängte und darum eilten sie gar sehr, doch ehe sie noch aus dem Keller gingen, schrieb Adrian an ein großes Weinfaß.
Es ist doch wohl ein edel Ding um eines Pfaffen Kunst, Dann alles was er frißt und sauft, das hat er ganz umsunst.
Drum laß er siehe doch nicht verdrießen,
Wann wir's ein bischen mitgenießen.
Als sie nun aufgesackt und eingepackt hatten, gingen sie wieder aus dem Keller, ließen aber Tür und Tor offen stehen
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und machten, um kein Geräusch zu erwecken, nichts hinter sich zu. Sobald sie wieder in den Garten kamen, liefen sie nach dem Fischhalter, der inzwischen so ausgelaufen war, daß sie die Fische mit den Händen langen konnten. Die größten und besten lasen sie aus, langten auch eine Reuse voll Krebsen, die sie ausleerten. Als Ersatz zogen die Einbrecher die Hosen ab und setzten etwas anderes in die Reuse. Fein zierlich schlichen sie alsdann mit ihrer Beute aus dem Garten, liefen nach Hause und ließen sich Fische und Krebse zurichten.
So hielten sie ein gutes Valetschmäuschen und soffen eins auf des Pfaffen gute Gesundheit, bis man um die bestimmte Stunde zu Pferde blies.
Flugs machten sich die Tollen auf, fanden sich bei ihren Standarten ein und hielten sich marschbereit.
Adrian, der von dem gewaltigen Trünke ziemlich erhitzt war, stimmte das Marschlied an:
1.
#
Frisch auf I Frisch auf, Soldaten Blut! Frisch auf! Erhebe deinen Mut!
Jetzt geht es in das freie Feld. Daselbst vor deinem Feind zu stehn und mannhaft auf ihn loszugehen,
Als wie ein tapfrer Kriegesheld! Das Kriegesspiel klinget und bringet uns Lust, Es wallet vom Knallen das Herz in der Brust.
Es flieget die siegende Fahn in der Luft,
Es springen die Pferd auf der Erden, das puftl Tra, ra, ra, ra, ra!
2.
Es blinkt der Degen in der Faust, Vor welchem unsern Feinden graust.
Es blenden sie schon die Carbiner. In einem Huy ist es geschehen, Wann wir nur Feuer lassen geh'n,
Daß sie verstieben wie die Hühner. Drum fasset Courage und lasset nicht nach, Bis daß er mit Schanden, mit Schaden, mit Schmach
Muß ziehen und fliehen und räumen das Feld,
Und lassen dahinden Sack, Pack, Geld und Zelt. Tra, ra, ra, ra, ra!
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3.
Setz an! Setz an! du mein Kompan, Beherzt auf diesem Tummelplan!
Ee wird und kann so lang nicht währen So werden wir in diesem Krieg Erhalten reiche Beut und Sieg,
Vergnügungevoll und voller Ehren. Dann kaufen wir Güter der Bitter uns ein, Und mästen die besten Kuh, Ochsen und Schwein.
Auf unser verliebte Verlobte darnach',
So endet und wendet sich all' unser Plag. Tra, ra, ra, ra, ra!
4.
Dann legt sich Mars in Venus Schoß Und geht auf sie liebscherzend los.
Doch läßt er sich von ihr bestreiten. Ach! Das ist erst ein Wunder-Krieg, Wer unten liegt, erhält den Sieg.
Ja, hier muß man zu fuße reiten. Da ficht man, da sticht man, doch ohne Gefahr, Und wird auch nicht eher der Beute gewahr.
Bis Zynthia neunmal hat Hörner gekriegt,
Dann find sie sich Häufig bei dem, der gesiegt. Tra, ra, ra, ra, ra!
Darauf hörte man die Trompeten und Heerespauken munter zum Aufbruch erschallen, und die Truppen zogen in guter Ordnung aus ihren Quartieren. Unterwegs plagte man die Bauern, sonst kam aber nichts vor. Die anrückende Hollän- dische und kaiserliche Armee brachte dem Zuge manche Ver- legenheit, so daß man wider Willen oft Quartier machen mußte. In einem Orte lag man so zwei Monate still.
Adrian bekam sein Quartier bei einem Schneider, welcher dem Stadtsyndikus gegenüber wohnte. Adonis konnte Venus nicht herzannehmlicher betrachten als Adrian, welcher jetzt alltäglich des Syndikus Tochter, die schönste und preiswür- digste Tochter der Stadt sehen durfte. Adrian, dessen Herz flugs in Brand geraten war, suchte bei der Kürze der Zeit möglichst nach einer Gelegenheit, um mit der Maid zu sprechen. Das bedurfte großer Vorsicht, denn der Aide de camp lag beim Syndikus in Quartier und da war zu besorgen, daß dieser ge-
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fährliche Bruder vorzeitig ihm das Gras abmähte. — Unser Adrian hatte aber Glück I Eines Tages traf es sich, daß der Aide de camp von einem guten Freunde zu Gast gebeten wurde. Adrian war kühn und ging unter dem Vorwand guter Nach- barschaft hinüber. — Das Mädchen war jung, galant, glatt um den Schnabel und in ihrem Jungfemkreuz anscheinend etwas ungeduldig. In gleicher "Weise war Adrian jung, ansehn- lich, frisch, keck, hübsch von Haar und Gesicht, wohl mon- diert, höflich und beredt, darum war er nicht nur gern gesehen, sondern wurde besser als er je gedacht, empfangen.
Dem lieben Mädchen schwatzte er soviel vor, tröstete es so herzlich, daß die Jungfer bekannte, noch von keinem Men- schen in ihrem ganzen Leben so herzbewegend getröstet worden zu sein. Sie wünschte seine stete Begleiterin sein zu dürfen, um in seiner Abwesenheit nicht gar in Verzweiflung zu fallen.
Die Mutter, welche wohl wußte, wie ihr vor diesem zu mute gewesen, war gar nicht abgeneigt und hätte ohne große Bitte Adrian dieses Kleinod auf den Weg verehrt, ehe es ein- mal von einer liederlichen Person in den Dreck getreten wurde.
Der Vater war aber durchaus dagegen und er hätte dieser Sache halber, Mutter und Tochter bald zum Haus hinaus geprügelt.
Adrian hingegen war, nachdem der erste Streich so wohl gelungen schien, darauf bedacht, den Baum vollends zu fällen. So machte sich unser, in der Musik wohlbewanderte Schelm, auf zum Kantor und den Stadtmusikanten und bat dieselben zu sich.
Auf den Abend hin veranstaltete er vor seiner Haustür, da- mit es nicht gar zu sehr auffiel, eine süß klingende Nachtmusik. Dabei sang er zur Ehre der anmutig schwarzbraunen Schönen folgendes Liedchen:
1.
Schwarzes Mädchen, meine Freude,
Gibst du deinen Willen drein, Daß wir morgen alle beide
Wollen ohne Sorgen sein? Ei so laß mich deine Wangen In der schwarzen Zier umfangen.
2.
Zwar du trauest meinem Herzen Keine rechte Freundschaft zu, Und es heißt: Ich will nur scherzen,
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Wenn ich noch so freundlich tu. Drum so hah ich mein Gewissen Nur mit Hoffnung speisen müssen.
3.
Nun mein Schatz chen, werde munter
Und erfreue meinen Mut. Bist so gleich, so schwarz mitunder,
Schwarze Kirschen schmecken gut, Und nach ihren schönen Zweigen, Pflegt man ziemlich hoch zu steigen.
4.
Mir Beliehen die Eosinen, Welche klein und schwärzlich sind.
Heidelbeeren, wenn sie grünen,
Sucht und pflückt man nicht geschwind.
Aber wenn sie sich verfärben,
Holt man sie zu ganzen Körben.
5.
Schwarze Kleider ziehn die Leute
Nur den ersten Feyrtag an. Und ein Mann ist auf der Freite
Mehrenteiis schwarz angetan. Ja wer will ein Bateherr heißen, Muß sich nur auf schwarz befleißen.
6.
Schwarze Farbe wird uns nütze, *Wann im Leid und Freud man ist.
Drum ist das der beste Schütze, "Welcher in das Schwarze schießt.
Und ich weiß nicht, was ich wollte,
Wann iche dir auch treffen sollte.
Den andern Tag darauf kam sie unter dem Vorwand, etwas bei dem Schneider machen zu lassen, herüber und bedankte sien bei Monsieur Adrian wegen der Musik.
Ihr Freude vermochte die schwarzbraune Maid kaum in Worte zu kleiden.
So saßen beide nun ziemlich vertraulich' beieinander und wollten post visum, risum, post tactum auch das venit ad actum
Karl Amrain. Deutsche Schwankerzahler. IV. 2
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spielen. Leider dauerte es zu lange, bis man allein in der Kammer sein konnte, und da die Frau Syndikus inzwischen ungeduldig über das lange Ausbleiben ihrer Tochter geworden war, kam sie selber zum Gevatter Schneider und störte so das in Aussicht genommene Schäferstündchen.
Adrian wußte nun sehr wohl, daß, wer die Tochter genießen will, mit der Mutter gut stehen muß. Er begegnete also der Frau Syndikus mit aller ersinnlichen Höflichkeit, traktierte sie mit einem Frühstück und schwatzte ihr soviel vor, daß er durchsetzte, daß das Töchterlein freien Zutritt zu ihm erhielt, zumal der Vater wegen Verpflegung der Kriegsvölker zu dem General hatte reisen müssen.
Als sich nun die Mutter wieder nach Hause begeben hatte, nahm Adrian sein liebes Mädchen vergnügungsvoll in die Arme und drückte sie an seine Brust. Nun bat die braun- schwarze Schöne mit allerhand liebergötzlichen Worten und anmutigen Scherzen, er möchte ihr doch ein Liedlein singen, da er das so vorzüglich verstehe. Diesen Bitten konnte nicht widerstanden werden, nur wußte man nicht, woher die Materie nehmen, sintemalen die Schöne so vollkommen und artlich sei, daß man im Zweifel sei, was man am ersten loben solle.
Adrian besann sich auf ihre Redensart, wenn sie sprach: „Er würfelt doch gar zu wohl mit seinen Augen"; auch fiel ihm der Schrecken ein, den er bei der Ankunft ihrer Mutter empfand. So verfertigte er darüber ein Lied und sang zur Laute :
1.
Gesteh es nur mein Kind und lächle nicht zu viel. Gewiß, du wiesest mir das erste Liebesspiel, Denn als dein süßer Mund ein Wort vom Würfeln sprach, Da dacht ich allererst den Sachen tiefer nach.
2.
„Er würfelt gar zu wohl mit seiner Augen Paar", Ich hört' und wußte nicht, was das geredet war. Indem so blickest du mich gar so freundlich an, Da dacht ich allererst, wie einer würfeln kann.
3.
Ist dies die Würfelart, wo mag das Brettspiel sein? Indem so führtest du mich bei der Hand hinein. Es lag mit Flor bedeckt, ich macht es sanfte blos Und setzte mich damit auf deine linke Schoß.
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4.
Ach! das geliebte Brett, das mir gezeiget ward,
"War doppelt rund und zart wie Marmor weiß und hart.
Die Augen gaben mir den rechten Würfel Lauf,
Der Mund den besten Stein, den setzt' ich küssend drauf.
5.
Wie wohl war mir darbei, voraus mein Liebchen dir! Denn du, du suchtest selbst die besten Spiel herfür. Dick, dack und contra Puff verkehren aus und ein, Die sollten ші8ге kurz- und lange Weile sein!
Ь\
Indem so rufest du: „Ach still! Ich höre was! Die Frau, Frau Mutter kommt! Sie sieht! Sie merket das." Ach! Wie entsetzt ich mich! Ach! Wie erschrakest du! Da deckten wir in Eil das Brettspiel wieder zu.
7.
So war das Spiel verstört. Trag aber keinen Groll, Zeug mir die Würfel nur, im Fall ich spielen soll. Ihr Mädchen lernet dies, die ihr mich spielen seht, Ich hab den besten Stein in meiner Liebsten Brett.
Ob sie nun nach beendetem Liede das Spiel von vorne wohl wieder angefangen haben werden, sei jedem anheim ge- stellt. Gewiß ist, daß die das Spiel solang getrieben haben, als er daselbst im Quartier lag.
Der schleunige Aufbruch der Völker schnitt diese süße Vertraulichkeit, die den höchsten Grad der Vollkommenheit er- reicht hatte, zu beiderseitigem herz-schm erzlich en Leidwesen plötzlich ab.
Adrian war in seinem Leben noch nicht von einem ähn- lichen Wehmutsstich getroffen worden. Als er aber nach acht- tägigem Marsch zur Armee Türennes gestoßen war, und zu Lützelstein1) in Quartier kam, tröstete er sich mit diesen Gedanken :
l) Lützelstein im Elsaß an der Straße Hagenau Saargemünd. Die kleine Festung, welche 1870 erst aufgelassen wurde, hat im ganzen Mittelalter viele Stürme erlebt; ihr Ursprung geht auf den Sohn Karls des Großen zurück.
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І.
Soldaten Manier
Erfordert nicht hier, Daß man alleine nur eine soll lieben, Und sich darüber zu Tode betrüben.
Dann es gibt noch mehr der Leute,
Die uns geben Liebesbeute.
JL
Hier findet man auch
Den löblichen Brauch, Daß man mit vielen abkühlet den Schmerzen Der uns versehret und quälet im Herzen.
Es muß stehn die Alte hinten,
Wenn wir eine neue finden.
In Lützeletein passierte nicht viel, weil man bald wieder fort mußte. Vor dem Marsch aber trat Adrian schnell noch unter das Hühnerhaue und zündete einen Bund Schwefelfaden an. Der Bauch zog aufwärts, betäubte die Hühner, welche in aller Stille stimmlos herabpurzelten. Diese las er mit seinen Kameraden fein sauber auf und brachte die Hühner nebst einem Schwein, welches er gleichfalls mit Schwefeldampf erstickte, zu dem Marketender und verkaufte ihm die Beute.
Der Marsch ging nun in das Elsaß, woselbst mit erbärm- lichen Sengen, Brennen, Plündern, Verwüsten, Martern und Schänden der Beute ebenso toll verfahren wurde wie in Holland.
Einen solchen französischen Christenhenker gab Adrian Wurmfeld ebensogut ab als die allergottlosesten Atheisten, die Franzosen selbst, bis endlich das bisher so mildgütige Glück seine hilfbietenden Arme der französischen Armee entzog.
Die Gottes- und Menschenverachtung, die allzugrausame Barbarei und Unmenschlichkeit eines so nichtswürdigen Erden- Schaumes sollte nun allmählig gestraft werden.
Darum schickte Gott, ein scharfer Bächer alles Bösen, einen alten kriegserfahrenen Helden, der die verteufelten Bösewichte und Henkersbuben so geschickt in die Enge trieb und ihnen solange merklichen Abbruch durch seine Klugheit zu tun wußte, daß sie endlich aus Verzweiflung wie eine gehetzte Katze um sich bissen und sich endlich in ein öffentlich Gefecht mit den Deutschen einlassen mußten.
Das scheuten sie schon lange und wollten sich nicht auf
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rechte heidenmäßige Art ins freie Feld vor die tapferen Sol- daten deutscher Nation wagen. Ihre ganze Kriegstugend, Er- fahrenheit, sieghafte Tapferkeit bestand von Anfang an nur in falschen, schmeichlerischen, heuchlerischen Beredungen, Erz- lügen und Betrügereien, Verräterei und tausend anderen Schand- und Lastertaten. Aber nun hieß es: Vogel friß oder stirb 1
Hier wollten dem alten Fuchs alle die französischen Witze in den Rhein fallen. Man hat hier keine erschrockenen und verräterischerweise verkauften Käsekrämer oder deutsche Cou- jans und Bärenhäuter, wie man in Paris auf den Brücken und Marktplätzen solche besungen oder auf den Theatern in Possen- spielen solche mit Prügeln statt mit Degen umgürtet gezeigt hatte. Vielmehr stieß man auf Kerls, welche die französischen abgekourtieierten Löffelknechte und Frauenzimmer Diener auf eine altdeutsche Art komplementieren lehrten. Hier war Pulver und Rauch der beste Puder, den man denselben in die Haare streuete, obwohl sie sich nach Möglichkeit davor hüteten und eich als des Feuers ungewohnt, lieber vor den tapferen kaiser- lichen und nachgehende Brandenburgischen Soldaten in den feuchtsumpfigen und stinkenden Morast, wie die wilden Schweine vergruben.
Einstmals wagte sich Adrian abends hinaus, um wegen der großen Hungerenot mit etlichen Franzosen nach einem Stück Brot zu euchen. Man eilte auf eine anderthalb Meile von dem Quartier gelegene Mühle zu, in welcher die Franzosen selber mahlten.
Als man in die Nähe der Mühle kam, vernahm man eine starke Schildwache. So teilte man sich denn in zwei Abteilun- gen; eine sollte von hinten durch das Wasser setzen und in die Mühle fallen, die andere sowie sie das vernehme der Schild- wache zusetzen und dieselbe in Disordre bringen.
T3o gut der Anschlag erschien, so schlimm ging er aus. Die- jenigen, welche durch das Wasser sollten, kannten die Furt nicht und als sie in den reißenden tiefen Fluß ritten, riß sie der Strom mit samt den Pferden um. Es entstand groß Geschrei, auch wurde von den Ertrinkenden ein Losungeschuß abgefeuert. Adrian und die Kameraden hörten den Knall und meinten nicht anders, ale die Mühle sei schon erobert. Mit Ungestüm fiel man die Schildwache an, die indessen resolut Stand hielt und wegen des Lärmes wie der Schusse rasch entsetzt wurde.
So kam es, daß die meisten von diesen Partiegängern nieder- gemacht, Adrian aber nebst drei Gefährten gefangen wurde.
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Nachdem man die Ertrunkenen aus iłem Wasser gefischt und ihre Namen, sowie jene der Erschossenen aufgezeichnet hatte, ward Adrian nebst seinen Kameraden in das Stockhaus geliefert. Nach verschiedenen scharfen Verhören und nach ab- gehaltenem Kriegsgericht hielt es sehr schwer, bis die Sache auf inständiges Bitten vieler vornehmen Offizier endlich soweit war, daß alle vier Missetäter um ihr Leben spielen sollten.
Das Glück war Adrian nicht günstig, denn da er als der letzte würfelte, warf er nur ein Auge mehr als sein Vormann und so sollte er gehenkt werden. Der Schrecken und die schimpf- liche Todesangst hazardierten ihn derart, daß er in ein tötlich Fieber fiel und lange Zeit krank lag, auch den ganzen Winter zu tun hatte, bis er sich wieder erholte.
Sobald die Truppen die Winterquartiere verließen und nach Straßburg der Reichsarmee entgegenmarschierten, begab sich auch Adrian wieder ins Feld und bald wäre ihm sein erster Ausflug übel gediehen.
Denn als er sich einmal zu Fuß in ein Gehölz schlich, um Wildbret zu suchen, kam er an einen großen Teich, auf welchem sich sehr viel Wildenten tummelten. Weil er nun keine Schrotbüchse bei sich hatte, und mit seinem Carabiner nicht viel ausgerichtet würde haben, brauchte er eine List. Er nahm einen Knaus Bindfaden, befestigte an einem Ende ein Stückchen Speck und ließ das auf dem Wasser schwimmen, sich selber versteckte er in dem Schilf und lauerte bis die Enten den Speck sahen. Mit großem Geschrei schwammen sie darauf los. Die erste verschluckte, in Besorgnis die anderen Tiere möchten ihr es wegrauben, das Speckstück gierig und würgte wegen des Bindfadens so stark, daß der glatte Speck ihr durch den Hintern fuhr. Flugs schnappte eine andere Ente jetzt den Speck, und es erging ihr wie der ersten, ebenfalls ereignete sich derselbe Vorgang für eine dritte Ente. Auf einen Zug hatte also Adrian drei Enten an einem Bindfaden, die er herauszog, um ihnen die Hälse umzudrehen.
Mit dieser Beute wollte er in das Städtchen zurück, darinnen er im Quartier lag. Bald am Ende des Holzes begegneten ihm aber drei Schnapphähne, welche schußfertig in einem niederen dichten Gebüsch standen und ihn bedrohten. Adrian suchte sich mit einem Sprung in einen Hohlweg zu retirieren, aber der Sprung mißlang; er überschlug sich mehreremals und verletzte sich beim auffallen den linken Schenkel ziemlich arg. Im Falle hatte ein Schnapphahn Feuer gegeben, doch ohne zu treffen. Die
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Kerle eilten ihm nach und suchten, ihm den Weg abzuschneiden. Dieser Plan mißlang, da eine französische Abteilung, welche am Gehölz fouragieren wollte, auftauchte, nach dem Schützen, der gefeuert hatte, suchte und die ausreißenden Schnapphähne stellte.
Adrian mußte seine Federbeute mit den Vornehmsten teilen, konnte aber dann ungehindert und sicher heimwärts ins Quartier ziehen.
Nach französischer Kriegsmanier half dann Adrian wieder tüchtig, um bald hier, bald dort das schöne Elsaß in eine Wüste zu verwandeln, bis Gott der Allmächtige dem übergroßen Hochmut nicht länger zusehen konnte und alles glückliche pro cedere von ihnen nahm.
Der sonst so schlaue und höchsterfahrene Kriegsfuchs Turenne vermochte sich denn also in seiner Verblendung weder mit Bat noch Tat aus der Kaiserl. und Alliierten tapferen und von Gott sieghaften Händen los zu winden. Als er das mit Gewalt und in vollem Grimme versuchte, wurde er von einer Stückkugel getroffen und mußte zur großen Konfusion der ganzen französischen Armee und zur großen Bestürzung ihres Königs sein Leben einbüßen.
Das Treffen war überaus scharf und hitzig auf beiden Seiten und dauerte etliche Tage hintereinander, da nicht viel Quartier gegeben wurde.
Nachdem die Franzosen nicht mehr zu stehen getrauten und sich in der Nacht retirierten, suchte Adrian Wurmfeld, weil ihm sein Pferd durch einen Kanonenschuß in dem Holz dienstunfähig gemacht worden war, sich aus dem Staub zu machen. Er versteckte sich in der Sakristei einer abgebrannten Kirche, legte einen Haufen abgefallener Mauersteine vor die Türe und erwartete den Tag. Als er am andern Tage das kon- tinuierliche Schießen von neuem hörte, blieb er in seinem Loch still sitzen.
Mit Einbruch der Nacht wurde ihm die Zeit indessen ent- setzlich lang, um frische Luft zu schöpfen, brach er aus seinem Steinhaufen hervor und wollte in die Kirche spazieren. Da kam ihn aber wegen des Gestankes der toten Körper von Men- schen und Vieh ein solches Grausen an, daß er auf den halb- verfallenen Kirchturm kletterte und mit den Eulen Nacht- wache hielt.
Seltsame Grillen und verwirrte Gedanken setzte es da ab, wie man wohl das bischen Leben salvieren könne. Er fürchtete
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sich nur vor den Schnapphahnen und Kroaten. Es schien nun, obwohl Adrian etliche Jahre nicht in die Kirche gekommen war, nicht geraten ohne Klang und Gesang, ohne Essen und Trinken länger in der öden Kirche zu sitzen. Doch entschloß er sich wie einem Kriegshelden gebührt, ein Gedächtnis in die Kirche zu stiften, mochte er nun lebend oder nicht bleiben.
So zog er seine Stiefel und Sporen aus und hängte sie auf, dann langte er aus dem Felleisen seine Schuhe, um sich der- selben zu bedienen, weil er nicht mehr zu reiten brauchte.
Oberdem entstand ein großes und recht abscheuliches Ge- heul der Hunde, die sich aus den öden Dörfern, eingeäscherten Städten und Flecken zusammen gerottet hatten und nach der Walstatt gekommen waren, um ihren Hunger an den erschlage- nen Soldaten zu stillen.
Das war für Adrian schrecklich, noch schrecklicher aber wurde es, als der Himmel voll lauter Feuer flammte als ob eine große Feuerebrunst entstanden sei. Neugierig stieg Adrian höher auf den Turm zu einem Fensterloch, um nachzusehen, was das wohl für ein Feuer sei, sintemalen kein Geschrei und auch kein Schießen mehr zu hören war.
Kaum hatte er aber die Nase durch das Loch gesteckt, da sah und hörte er Sachen, worüber ihn Zittern und Angst ankam, er wußte nicht, ob er träume oder ob sich wahrhafte Vorgänge abspielten.
Das ganze Feld stand voll feuriger Schwadronen in der Form eines halben Mondes. Die machten ein solches Geräusche, als ob die Luft in vollem Sud und Brausen stünde, gleich als ob viel tausend Bienenschwärme schwärmten.
Unter anderen kamen drei Kompagnien abgefleischter Totenkörper auf fahlen dürren Pferden aus dem Holz geritten. Sie hatten alle weiße Papierkrausen um den Hals, um den Leib hing an einem schwarzen Flor ein Köcher mit Pfeilen, in der rechten Hand hielten sie einen Flitzbogen.
Voran ritten zwei Trompeter, die bliesen erbärmlich auf einer Totenbein-Röhre, und anstatt einer Heerpauke schlug einer mit zwei Totenknochen auf einen Sargdeckel.
Die Standarten waren schwarz mit roten Kreuzen und der sie führte, hatte anstatt eines Degens eine große lange Sense in der Hand. Alle waren auf ihren kahlen Schädeln mit Kränzen von Schabab bekrönt. Darauf kam zu Pferde ein Marschall in Trauergewandung und langem schwarzen Stab, ihm folgte ein Trauerwagen mit sechs schwarzbekleideten Pferden, neben
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welchen zwölf Schweizer mit zu Boden gekehrten Hellebarden einherschritten.
Nach diesen kamen etliche tausend Mann zu Pferd und zu Fuß. Sie hatten zum Teil keinen Kopf, keine Arme, Hände oder Füße, und scharmützelten während des Marsches unter- einander, so daß der eine hierhin, der andere dorthin fiel, gleich darnach aber standen die Gefallenen wieder auf, wie die Gaukel- männer, und dann begann von neuem das Scharmützel.
Weiter kam eine lange verschrumpelte Frau an der, wo Frauen sonst am fettesten sind, kein Lot Fleisch zu finden war, sondern deren Knochen nur mit einer gelben Haut überspannt schienen. Tief lagen ihr die Augen im Kopfe, ihre Zähne zeigte sie wie ein bissiger Hund, da sie dieselben mit den ver- schrumpelten Lippen nicht bedecken konnte.
Dieser hungrigen Frau folgten viel tausend groß und kleine Manns- und Weibspersonen, die alle schrecklich dürr und hungrig aussahen.
Einige hatten Gras, Heu, Mist oder sonst einen Batten- schwanz aus dem Maule hängen, andere schlugen sich um eine Katze oder um ein totes Aas. Ein Teil hatte Pferdefüße und klopfte die Hufeisen davon, ein anderer Teil fiel sich mit den Zähnen an, man biß sich wie Hunde, daß das Blut herunterlief und riß sich gegenseitig Fleischfetzen aus dem Leibe.
Hierüber wurde dem Adrian der Mund auch wässerig und er bekam ordentlich Appetit zu essen, weil es in seinem Magen auch so wüst und rauchig aussah als in einem eingefallenen Brauhaus.
Die Lust verging ihm aber rasch als er einen neuen Auf- zug sah.
Es kam ein langer, dürrbeiniger Kerl, dem das ganze Ge- sicht voller Würmer saß. Schlangen schauten ihm aus den Augenhöhlen, und aus dem Munde wie den Nasenlöchern ent- wich ein schwarzer stinkender Dampf. Er hatte einen weißen Sterbkittel an, Füße und Hände waren ihm bereits von grün- lich weißem Schimmel angelaufen. In den Händen trug die grausige Erscheinung eine große schwarz und weiße Fahne. Ihr folgten eine unglaubliche Menge mit Sterbekitteln, darunter viele, die mit Pflastern belegt gewesen waren. Da dachte Adrian, das sind gewiß Leute, die entweder an der Pest, an hitzig ansteckenden Seuchen oder an den Franzosen oder am Kriegsechrecken gestorben sind, denn nicht einer hatte die Augen offen und alle sahen aus wie Schatten.
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Hierauf kam ein geharnischter trotziger Mann mit einem großen Knebelbart, dieser Mensch steckte bis an die Zähne im Eisen. Er trug in der einen Hand ein gezücktes bluttriefen- des Schwert, in der anderen eine brennende Fackel, außerdem Peitsche und Bute.
Er hatte ein konfuses Heer hinter sich. Da ging es seitens allerhand Henkersbuben, Soldaten, Gesindel an ein Morden und Niedermetzeln von armen wehrlosen Männern, Weiber, Kinder, Jünglinge und Jungfrauen. Weder Geistliche noch Weltliche, Edle und nicht Edle, Bürger und Bauern erfuhren Schonung. Etliche liefen mit Feuerbränden wie die Teufel in der Hölle umher. Alle Martern und Gewalttaten, die von Anfang der Welt an begangen worden waren, konnte man da sehen, so wurde gehenkt, geköpft, gepeitscht, geprügelt; man schoß, hieb, er- stach, beraubte, plünderte, notzüchtigte, daß es erbärmlich und schrecklich zugleich anzusehen war.
All diese Schreckeneerscheinungen marschierten in oben- erwähnter Ordnung der Leiche nach und schlössen um ein auf- gerichtetes Castrum Doloris auf welches der vom Trauerwagen genommene Sarg gesetzt wurde, einen Kreis.
Das Castrum doloris auf welchem der mit einer schwarz- sammeten und mit goldenen Lilien und Lorbeerkränzen be- stickten Leichendecke versehene Sarg ruhte, war ins Gevierte gebaut und mit schwarzem Tuch überzogen. An jedem Eck war eine hohe Pyramis von Totenköpfen aufgerichtet und in den Augen und Nasenlöchern der Schädel brannten helle Lampen.
Oben auf jeder Säule saß ein Hahn mit ausgebreiteten Flügeln. Auf der letzten des Castrum doloris oder Trauermals zwischen den vier Pyramiden sah man zierliche Haufen von allerlei Kriegsgerät wie Harnisch, Büchsen, Musketen, Pistolen, Büchsen, Feuermörsel, Kugeln, Morgensterne, Degen, Schlacht- schwerter, Säbel, Spieße, dem Feind abgerungene Fahnen und Standarten, Schilde, Helme, Trommeln, Pfeifen, Heerpauken, Trompeten.
Auf der Leichendecke nach dem Kopfende zu war ein schön gesticktes Wappen, zu Füßen standen in Goldbuchstaben gestickt die Worte: Henricus de la tour von Auvergne, Vicomte de Turenne et Castillon, Baron d'Oliergnes und Ciarens, König- licher Bat, Marschall von Frankreich und der königlichen fran- zösischen Armee General usw.
Oben auf dem Sarg war der Helm, Handschuh, Degen und Regimentsstab neben den Sporen.
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Als Adrian an dem Wappen und Namen des Tuches er- blickte, daß es des Generals Turenne Leiche sei, gingen ihm die Augen über und er schrie: „Ach Eitelkeit! Eitelkeit! Der vor kurzer Zeit ein hochgefürchteter, geehrter und gebietender Feldmarschall gewesen ist, liegt nun tot mit viel tausend tapferen Soldaten!"
Während Adrian Wurmfeld noch klagte, hörte er von den anwesenden Erscheinungen dieses Jammerlied singen.
I.
O Zeter, Angst und Weh! Wer löscht den Kriegesbrand, Der heftig tobt und frißt Vieh, Menschen, Stadt und Land? Es schreiet unser Blut, das Wasser gleich vergossen Um Bach], o Bach! O Bach! fortwährend unverdrossen.
П.
О Zeter, Angst und Weh! Wie hat der Feind verheert Den Wein- und Ackerbau, daß wir ganz aufgezehrt Vom Hunger fielen hin, als wie das Laub von Bäumen, О Bach ! O Bach ! O Bach ! Wie kann der Krieg wegräumen !
Ш.
О Zeter, Angst und Weh! Was hat der Krieg gestift? Er hat durch Stank und Wust und Krankheit uns vergift, So daß in kurzer Zeit viel tausend sind gestorben, Die von erhitzter Glut verschmachtet und verdorben.
IV.
О Zeter, Angst und Weh! Was tolle Henkersbrut Hegt doch der Krieg? Mit was vor Baserei und Wut Sind schrecklich hingen cht viel tausend arme Leute! O Bach! O Bach! O Bach! Eräugne dich noch heute!
Darauf erhoben die Umherstehenden ein solch erschreck- liches Geheule, Seufzen und Bachegeschrei, daß die Luft er- schüttert war.
Plötzlich verstummte das Schreien; ein großes Ungeheuer, gestaltet wie ein Basilisk mit einem Hahnenkopf, glühenden Kamm, großen f euer flammenden Augen und mit einem gelb- lich blauen schuppigen Drachenschwanz kam durch die Luft geflogen.
Nachdem sich dieses Ungeheuer auf einen hocherhabenen
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Hügel niedergelassen, öffnete es seinen Bachen, der einem glühenden Backofen glich. Feuerströme entwichen mit Donner- gekrach dem Maule, so daß der Kirchturm, auf welchem Adrian zitternd und zagend stand in seinen Grundmauern erhebte und wie ein Blitz das Trauermal oder Castrum doloris mit allen erwähnten Gespenstern in die Luft flog und entschwand.
Nichte blieb auf dem Felde übrig als der Drache mit seinen feurigen Schwadronen. Demütig verfügten sich die Offiziere zu ihm. Er redete sie an:
„Nach Standesgebühr allerseits geehrte und liebe wertes te Freunde. Sowohl die große Freude wegen des nunmehr in lichter Lohe brennenden Kriegsfeuers als auch die Schuldigkeit unseres getreuen alliierten hohen Minister und Kriegsgeneral die letzte Ehre zu erweisen hat mich veranlaßt, euch mit eueren untergebenen Geistern hierher zu bescheiden. Ich sage euch Dank für euer willig Erscheinen und verspreche euch getreulich Vergeltung. Im übrigen ist nach dem jüngst an mich geschickten Briefe aus der Höllenpforte unser großmäch- tigster Lucifer nicht ganz zufrieden, er beschuldigt uns träger Saumseligkeit, wir seien nicht eifrig und geschäftig genug, sein Reich zu vermehren.
Euch sind allgemeine Geschäfte, die ich als abgeordneter Resident auf der Welt an den Höfen großer Herrn und Poten- taten zu verrichten habe, mehr als wohl bekannt. Ihr ver- mögt sattsam Zeugnis zu geben, daß ich weder Tag noch Nacht abgelassen habe alles zu unseres Reiches Nutzen und Förderung zu tun. Dem großmächtigen Lucifer habe ich durch eigenen Kurier euere Treue und Dienstbeflissenheit gerühmt, sowie was in dem letzten Treffen passierte. Ich erwarte dem- nach stündlich dessen Ankunft und jene des Commissarii Pay- man, der wegen euerer Verrichtung Freundschaft einholen wird.
Nun wisset ihr aber, daß er ein sehr stolzer Geist und Lucifers liebster Höfling ist. Derowegen werdet ihr ihm. nach Genügen zu begegnen wissen."
Als dies kaum gesprochen war, kam der Postillon Oze, ein fliegender geschwinder Geist. Schon von ferne hörte man ihn das Posthorn blasen. Tief demütig ließ er sich vor dem Resi- denten Belial nieder und sprach:
„Ich habe, was mir befohlen, getreulich verrichtet und die mir anvertrauten Briefe dem großmächtigen Lucifer ganz untertänig und ungesäumt übergeben. Lucifer hat nach Ver- lesung derselben nicht allein unermeßliche Freude darüber
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empfunden, daß es nun einmal recht los geht, sondern er hat ab Commisearium den stolzen Hauptmann Payman mit 200 Legionen Geistern hierher geschickt, um euere Armee zu ver- stärken. Er will dabei vernehmen, was die Übrigen Fürsten und Offiziere seines Heeres merkliches ausgerichtet haben, da- mit er sich darnach richten und ausführen kann, was zur ferneren Erweiterung seines Reiches dienlich sei."
Kurz nach diesen Worten hörte man Trompeten und Heer- pauken durch den Wald erschallen und bald erschien auf einem Dromedar der stolze Geist Payman mit güldener Krone ge- schmückt; ihm folgten die Legionen. Sobald seine Völker sich an die anderen angeschlossen hatten, ritt er auf Belial zu, der ihn nebst den übrigen Teufeln freudig und ehrerbietig empfing.
Nach dem Willkomm zog Payman einen großen schwarzen Brief mit glühendem Siegel und funkelnden Buchstaben hervor und überreichte im Namen Luci fers dieses Schreiben Belial.
Der Inhalt wurde in öffentlicher Versammlung vorgelesen und lautete: Unsern freundlichen Gruß besonders lieber Fürst und Bruder. So bekümmert wir erstlich waren, als wir ver- meinten die Sache wurde ins Stocken geraten oder gar Friede werden, weil so wenig Seelen gegen voriges Jahr nach Aus- sage des höllischen Schiffers Charon in unser Reich übergeführt worden; so erfreut und herzlich belustigt sind wir durch dein letzteres worden, als wir den guten Progreß euerer Anschläge nicht allein, sondern auch die Vermehrung unseres Reichs durch die letzt geschehene Niederlage vernommen. Wir haben etliche Gefangene für uns bringen und examinieren lassen, welche, weil sie uns so wohl mit ihrer Relation vergnüget, wir etwas gelinde zu peinigen befohlen. Commissarius Payman wird das übrige schon mündlich verrichten, was ferner zu tun sein wird. Er soll alle Verrichtungen der Geister neben dir untersuchen, und durch einen Postillon uns Kundschaft davon erteilen auch bis auf andere Zeit bei dir bleiben. Lebe wohl und suche unser bestes. Lucifer.
Hierauf ließ sich Payman zur linken Hand neben Belial nieder und fing an zu reden: „Mächtiger Belial und ihr andere nach Standeswürden geehrte Mitkumpane und treue Vasallen unseres höllischen Reiches, ihr werdet aus dem verlesenen Brief vernommen haben, warum ich hierher gesendet wurde. Damit nun ein jeder gebührliche Relation tun und seine Notdurft reden möge, so wisset, ehe ihr redet, daß von unterschiedlichen vornehmen Höfen unserer Alliierten Klagen eingekommen sind,
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daß nach den verfaßten Allianzpunkten von euch nicht ver- fahren werde.
Die angefangenen Actiones gingen nicht mehr so flott von statten und man könne nicht mehr wie ehedem alles nach seinem Willen disponieren.
Leute, die man von Bosheit, Untreu, Falschheit, Tyrannei, Gewalttätigkeit, Meineid, Verräterei, Ehr- und Geldgeiz gar gewiß berückt hielt, seien meist wieder umgekehrt und hätten sich andere besonnen.
Darüber hat sich der streitbare Hahnenkönig durch eine eigene Staffetta an unserer Pforte beschweren lassen.
Weil aber unseres großen Lucifers Beich und Herrschaft durch bemeldeten König und seiner Leute Vorschub jederzeit um ein Merkliches vermehrt und erweitert wurde — sintemalen aus seinem Beich uns allein etliche Millionen Seelen wegen reiner Atheisterei zugekommen sind, ohne gemeldet, was etliche Jahr her in großer Menge durch seinen unrechtmäßigen, barba- rischen Kriegszug uns zugeschanzt worden ist — so konnte Lucifer diesen unserem Beich gewogenen Potentaten nicht vor den Kopf stoßen. Er läßt euch nun durch' meine Person emstlich zur Pflicht ermahnen, die Sache mit euerem unter- gebenen Heere heftiger anzugreien und sieht sich zu der Drohung veranlaßt, die Nachlässigen ihrer Ehrenämter zu entsetzen und zu schwerer Pein zu verdammen. Wer treu, fleißig ist, wird erhöht und in seiner Gewalt mächtiger werden.
Im übrigen könnt ihr der Ordnung nach und in Kürze vor mir und dem Residenten Belial Bericht geben von eueren Ob- liegenheiten, damit wir unseren großmächtigsten Lucifer aufs beste befriedigen können."
Hierauf trat Barb a tos mit einem Eulenkopf und langem Fuchsschwanz, ein Fürst über 30 Legionen hervor und sprach:
Mächtige und gebietende Herren!
Mein Amt war mit meinen untergebenen Geistern die Ge- müter der Freunde und Feinde zu verkehren. Ob ich das treulich ausgerichtet, dafür mag die gegenwärtige Zeit reden! Die besten Freunde und Bundesgenossen, zumal etliche, die in der Tripleallianz so fest verwirrt und zusammengekoppelt waren, sind sich die ärgsten Feinde und öffentliche Kriegskombat- tanten geworden.
Hingegen habe ich jene, welche sich Erbfeinde waren und viele Jahre mit Feuer und Schwert sich verfolgten, auf eine Zeitlang zu Freunden gemacht. Das wird indessen nicht länger
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dauern als es das Interesse eben erheischt. Ich habe den statt- lichen Krieg begonnen, der sich fast auf die ganze Welt ver- teilt hat, auch höre ich nicht auf nach Umständen Uneinigkeit und Freundschaft zu stiften ; Uneinigkeit unter guten Freunden und Bundesgenossen, Freundschaft zwischen denen, die sich dadurch ruinieren und mit ihrem Bündnis höchst schaden.
Demnach hoffe ich nicht, daß unser großmächtiger Lucifer mich der Nachlässigkeit zeihen kann, vielmehr denke ich, wird er Ursache haben mir zu danken."
Damit schwieg er, verneigte eich still und trat weg. Jetzt kam Eligor, der Zank und Streit stiftende Kriegsmann; an- getan war Eligor mit einem schwarzen geflammten Harnisch, in der Hand hielt er ein brennendes Schwert. Dieser Fürst herrschte über 60 Legionen. Mit ihm trat Andras, der Stifter alles Haders, vor, ein schwarzköpfiger Engel und Herr über 30 Legionen.
Eligor nahm das Wort: „Mächtige Herrn! Ich und mein Kamerad treten mit freudigem Gesicht vor euch, um Rechnung abzulegen über unser Amt. Uns ist alles so wohl gelungen, daß wir nicht allein an vornehmen großen Häusern und Städten der Welt unser Unkraut ausgestreut, sondern auch in allen Ständen und Privathäusern die Obrigkeit wider Gott, die Unter- tanen gegen die Obrigkeit, die Eltern wider die Kinder, diese gegen die Eltern, Brüder wider Schwestern, Nachbarn, Freunde, Blutsverwandte aufgehetzt wurden und. in erbitterter Feind- schaft leben. Aus dieser Quelle stammen vielfach Mord, Tot- schlag, langwierige Prozesse, Verarmung, Gottes gräuliche Lästerung und endliche Verzweiflung. Ha! Wieviel unge- horsame Kinder, die ihren Eltern alles gebrannte Herzeleid angetan, haben wir in gegenwärtigen Krieg und also recht in unseren Sack eingejagt, daraus sie uns schwerlich wieder ent- rinnen werden.
Bei den bösen Juristen und Advokaten sind wir gute Diener und sie dagegen unsere stets währende Blasebälge, die hier und dort das Uneinigkeitsfeuer wacker aufblasen helfen bis die zanksüchtigen Narren kein Geld mehr im Beutel haben. Hernach stiften sie gute Freundschaft und gütlichen Vergleich unter ihnen, wodurch mancher aus Armut und Dürftigkeit ge- nötigt wird, etwas anderes zu tun, was ihn um Leib und Seele bringt. Das ist natürlich ein großer Vorteil für uns. Großer Erzählungen bedarf es übrigens nicht, ich berufe mich nur
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auf die täglichen Beispiele und bitte die gebietenden Herrn, sie wollen uns mit steter Gunst und Gewohnheit zugetan bleiben."
Diesem folgte Pmfluß in Gestalt eines Kavaliere, ein zänkischer Mordgeist über 26 Legionen und sprach: „Ich bin ein strenger Beputationsverwalter und höchst angesehen in der ganzen Welt bei allen rechtschaffenen Kavalieren, im Kriege, bei Hof und auf Universitäten, die ihre Ehre zu maintenieren wissen. Ich messe ihre Ehre mit dem Degen, wobei manchem die Elle durch den Leib fährt, daß er über den Haufen und mir in die Klauen fällt und doch muß es heißen, besser ehrlich und tapfer in die Hölle gefahren als wie ein und in den Himmel kommen. Ich halte mich auch fleißig zu Caneimo- larn, meinen getreuen Mitbruder, einen Geist das Mords, der Finsternis und Unsichtbarkeit, der mit 36 Legionen anjetzo sich in den Wäldern und auf den Straßen aufhält, wo beide Armeen aneinander sind. Darum kann er hier nicht erscheinen, sondern hat mir aufgetragen sein Wort zu reden. Wir halten es mit den Schnapphahnen, Merodebrüdern und Bauern, haben auch jetzt einen braven Anschlag unter Händen. Gelingt er, so kommt mancher in die Hölle. Daraus erhellt sich unser Treufleiß von selber ; es ist unnötig, Rühmens davon zu machen, wo die Sache für sich spricht."
Hierauf kam Cerberus, der dreiechnauzige Höllendrache, ein Verderber der Bischöfe und Prälaten, ein Herr über 19 Le- gionen. Mit ihm kam der Geist Caap, ein Zankstifter in Religionssachen und Landschaften.
Cerberus begann mit schrecklichem Gebell: „Mächtig ge- bietende Herren! „Was ich und mein getreuer Bruder Caap getan, beweiset der Anfang des Krieges. Haben wir nicht die meisten Bischöfe und Prälaten sowohl in Deutschland als Italien zu getreuen Mithelfern dee Hahnenkönigs gemacht? Ist nicht das Bistum Cöln durch mein Anschicken verderbt, das Münsterische verheert, das Triererische aufgezehrt und verschleift? Prinz Wilhelm, mein getreuer Kumpan ist ge- fangen, sein Bruder aus Deutschland vertrieben. Gottes Altar wurde zur Pferdekrippe gemacht, Hostien hat man statt Futter den Rossen vorgeschüttet, die Kelche sind mit Unflat gefüllt worden! Nonnen wurden splitternackt ausgezogen, geschändet und genötigt am Schubkarren zu schaffen, die übel traktierten Mönche sind verjagt worden. Meine getreuen Diener haben das Kruzifix mit Füßen getreten, einem Esel an die Stirn ge- bunden und das Tier dann fortgetrieben. Die Mutter Gottes
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haben sie ale Soldaten auf die Schildwache gestellt, sie mit Bandolier, Degen und Muskete behangen und mit viel Laster- worten verunehrt. — Unterdessen hat mein lieber Kumpan in Hoch- und Niederdeutsohland tüchtig gearbeitet und seine Mühe- waltung in Ungarn und Schlesien merklich sehen lassen. Hat er nicht durch die Reformation in Religionssachen Jammere genug daselbst angestiftet? Die Geistlichen, welche ihrer Religion zugetan waren, wurden verjagt, jämmerlich gemartert und abscheulich gemordet. Das ist noch ail nicht beendet, viel- mehr wollen wir uns bald wieder an den gehörigen Ort und Punkt verfügen, um unsere Verrichtung emsig fortzusetzen.
Wir hoffen von unserem großen Lucifer treue Belohnung zu erhalten."
Darnach kam Falefar mit einem abscheulichen Löwen- gesicht, ein Fürst der Verzweiflung, welcher über 10 Legionen gebietet. Der schüttelte sich, daß die Feuerfunken stoben und sprach: „Daß ich recht eifrig bisher in meinen Diensten ge- wesen bin, wird mir heute oder morgen Charon der höllische Schiffemann nachweisen, doch will ich auch die Hilfe des Hahnenkönigs dankbar anerkennen. Er hat nicht allein durch seine Kriegsleute Länder und Städte verderbt, sondern viel tausend Menschen in erbärmliches Elend gesetzt; in seinem Königreich hat er durch Imposten, Auflagen, Geldpressuren die Untertane so ausgemergelt, daß ich eine große Zahl leicht zur Verzweiflung bringen konnte, wie sich denn auch viele aus Mangel und Armut erstochen und ertränkt haben oder erhängt haben.
In der Nähe von Paris habe ich einen Vater gegen die eigenen Kinder gehetzt, so daß er dieselben aus Furcht, sie nicht ernähren zu können, ermordet hat.
Wie manchem habe ich Feigheit und Zaghaftigkeit ein- gejagt, so daß er glaubte, diese und jene Festung nicht länger halten zu können, hatte er sie übergeben in voller Verzweiflung dann tanzte ihm der Kopf vom Halse. Ich hoffe, es werde demnach keine Klage auf mich zu bringen sein, auch weil ich mich eifriger als je erweisen werde."
Nach diesem kamen Acaman, ein wolf smäuliger und drachen- echwänziger Teufel über 40 Legionen, Marchocia, wie ein Wolf gestaltet mit Greifen, Flügeln und Schlangenschwanz, ein Herr über 30 Legionen, Sidoneus, der höllische Drachenreiter, ein großer dreiköpfiger König mit einem Ochsen, Menschen- und Bärenkopf, Gänsefüßen, ein Geist über 72 Legionen.
Karl Amraln. Deutsche Schwankeraihler. IV. 3
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Alle drei spuckten große Feueretröme von sich, und dann begann Sidoneuß.
„Die Welt redet von unseren Taten, die wir seit der Ab- fertigung aus der Hölle begangen haben. Wieviel Städte, Dörfer, Flecken, Kirchen, Klöster, Paläste haben wir zu Aschen- haufen gemacht 1 Hat man wohl schon soviel in Feuer und Brand aufgehen eehen ais in diesem Kriege, sah man schon soviel in die Lüfte springen als jetzt, wo wir dem munteren -Hahnen so tapfer an die Hand gingen ? Hat man das Geschütz jemals so greulich donnern hören als in den jetzigen Feld- belagerungen? Wann wurden die Leute mit so großen Feuer- bomben, Granaten und anderen Feuerwerken so geängstigt als zu Groningen, Mastrich, Grave und an anderen Orten?
Wir werden natürlich nicht aufhören mit allerlei neuen Feuererfindungen beiden Kriegsteilen an die Hand zu gehen. Unsere größte Ergötzung besteht ja am Mordbrennen an Feuer- schaden und Jammer 1 Wir hoffen demnach, daß unsere Dienste dem höllischen Beiche zu erbaulichem Nutzen gereichen werden, und daß wir beim großen Lucifer bestermaßen rekommandiert werden."
Jetzt kam Bune, ein dreiköpfiger Drache über Reichtum, der 30 Legionen kommandierte, dieser redete die Deputierten an : „Meine gebietenden Herrn ! Bei mir steckt der Knoten ! Ich, ich bin der rechte Kerl, der so manchem, welcher den leidigen Reichtum wollte, den Hals brach. Ich habe Krieg, Aufruhr, Verräterei, Mord und Brand angestiftet.
Meinet ihr nicht, daß den Hahnenkönig sein großer Reich- tum blendete und übermütig gemacht hat, so daß er gedachte die ganze Welt zu gewinnen und noch größere Schätze zu sammeln? Ich nehme ihm diese Meinung noch nicht und reize ihn wackér dazu. — Wieviel große Potentaten habe ich durch das schnöde Gold verblendet, so daß sie als Mietlinge ihr Volk und Land für die Wohltat anderer dahinschlagen 1 Was hat England, Schweden, Köln und Münster um französisches Geld nicht getan? Wie es ihnen zum Teil bekommen und noch be- kommen wird, das geht mich nichts an. Je größer ihr Schade, umso gewaltiger meine Freude. Witte, Grot, Mombas, Serini, Franche Nan i, Nadasti, Tettenbach, Auersberg und der ehr- liche Lobkowitz haben auch in Erfahrung gebracht, wie das französische Geld zu nutzen sei.
Weil aber auch ohne das nur zu gut bekannt ist, was durch die Kraft meines Goldes ausgerichtet wurde und ich mich ge-
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traue noch mehr damit zu tun, so schweige ich still und be- fehle mich in meiner Herrn hohe Gunstgewogenheit, versichernd, daß ich des Lucifer und ihr getreuester Diener verbleiben werde."
Darauf kam Zepar, ein Herzog in langen zerfetzten Lands- knechtehosen, ein Mitbeweger und Anstifter der Liebe und Un- zucht der Hurerei und des Ehebruchs. Der war Herr über 26 Legionen Teufel. Mit ihm erschien Sytri, ein Leopard mit pfauenschwänzigen Flügeln, der sich in sehr schöne Gestalt der Menschen verwandeln und die Weiber zur Geilheit bringen kann. Außerdem kam Forreum in Gestalt eines Meerwundere, ein Geist der schönen Rede, der Musik, vergänglicher und un- nützer Freude wie der Wollust. Er herrscht über 29 Legionen. Zepar nahm das Wort: „Niemand kann leugnen, daß durch uns dem höllischen Reich großer Nutzen und starke Ver- mehrung wird. Wir haben es dahin gebracht, daß Hurerei, Ehebruch, Unzucht, Fresserei, Völlerei, üppige Kleiderpracht keine Sünde und Schande mehr sind, sondern ab löblich und rühmenswerte Taten gelten.
Keiner gilt ja heutigentags mehr als rechtschaffener Ka- valier, wofern er nicht zuvor etlichen guten Männern Hörner aufgesetzt, drei oder viermal die Franzosen gehabt hat und der nicht brav fressen, saufen, sowie bald alle Tage einen anderen Lumpen umhängen kann 1 Wir schleichen uns zu allen Bankette, Luftepielen, Komödien, da es dort viel Gelegenheiten zu Liebe- leien gibt. Wir haben es ihnen in den Kopf gesetzt, daß solches raison d'Etat und de guerre sei.
Holland ist eine Schaubühne all solcher Schand- und un- züchtigen Taten und mehr als Viehischer Notzüchtigung ge- wesen. Soweit und hoch haben wir es seit Weltanfang allerdings noch nicht gebracht als wie die Franzosen; darin sind sie uns Teufeln weit überlegen. Wir bitten unsere Relation für ge- nehm zu halten und uns als getreue Diener Lucifers ansehen zu wollen."
Hier lief es Adrian Wurmfeld eiskalt über die Haut, da er von Holland reden hörte. Nach all diesen gehörten Reden wachte sein Gewissen auf und begann zu nagen. — Indem kam Salmac mit einem Löwenkopf wie ein Landsknecht auf einem fahlen Pferde reitend. Er kommandierte 50 Legionen und seine Rede lautete:
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S. T.
Meinen Beitrag zu dem gegenwärtigen Weltzustand habe ich. nach Möglichkeit geliefert. Ich habe mich geschäftig er- wiesen, um die Luft zu vergiften; ich und meine Untergebene sorgten für hitzige Fieber, Eiterbeulen, Geschwüre und garstige Krankheiten. Die Wunden der Verletzten steckte ich zur Mehrung der Schmerzen mit Fäulnis an, Würmer machte ich darein, daß sie unheilbar wurden und verderben mußten. Ich werde mich des von den vielen erschlagenen Menschenkörpern und gefallenen Viehes herkommenden Gestankes vortrefflich bedienen, um die Sterblichkeit des Menschengeschlechtes, das ja selber durch seinen unordentlichen Lebenswandel hilft, zu mehren."
Nach diesen Worten kamen Sepor, ein Waeserherzog, der die Schiffe versenkt. Dieser herrscht über 29 Legionen, wäh- rend der ebenfalls erscheinende Pürel, ein Herzog des großen, ungestümen Wasserbrausens 48 Legionen führt.
Ihnen hatte sich beigesellt Vive, ein reitender Löwe mit einem Schlangenschwanz, der in seinen Händen statt Peitschen zwei schrecklich zischende Schlangen hielt. Vive beherrscht 30 Legionen und ist ein Graf über die Wasserflüsse. — All diese rühmten ihre Taten, welche sie in den Seekriegen verübt hatten, wie z. B. Überschwemmungen, Wasserstauungen, See- räuberei. Auf Grund ihrer Darlegungen wollten auch sie nicht hintenan stehen.
Endlich begann Belial.
„Ihr allerseits liebe getreue Freunde und Brüder.
Ich zweifle nicht, daß Lucifer großes Vergnügen und Wohlgefallen haben wird, wenn ich und Commissarius Payman berichten, wie treulich und nach besten Kräften ihr in seinem und des Reiches Dienstes tätig wäret. Gewiß wird er euch seinerzeit mit höheren Ehrenämtern und Gewalt begaben.
Verharret demnach in euerer Treue, lasset euch die Er- weiterung des Reiches angelegen sein ; verfüge sich jeder dahin, wo er dem höllischen Stuhle am besten dienen und nutzen wird. Seid nochmals freundlich für euer willig Erscheinen bedankt. Ich werde nichts unberichtet lassen, was etwa euerem Lobe fürträglich sein könnte. Seid unterdessen mir wie auch ich euch beständig gewogen."
Hierauf entstand ein solches Freudengeheul und düsteres Feldgeschrei mit derartigem erschrecklichen Flammenschütteln
(£4 37 jftd
und Feuerspucken, daß das ganze Erdreich erbebte. Bis zum Himmel stoben die Funken und in diesem Funkenregen ver- schwand das ganze Höllenheer. Adrian vor Angst und Schrecken halb erstarrt und gestorben begann gegen Tagesanbruch der Sache recht nachzusinnen und fand, daß auch er die ganze Kriegszeit über dem Teufel und seinem Höllengeschwarme treu- lich gedienet habe.
Jetzt ging er in sich und beherzigte das binde, welches schlimm ablaufen konnte, zumal die Belohnung die ewig dauernde Höllenstrafe sein sollte.
Hit bittern Zähren bereute er seinen Jammerzustand und verlangte nach dem Tode, wofern er nur vorher seine Sünden beichten und sich mit Gott versöhnen konnte.
Li diesen Gedanken und herzinnigen Seufzern ging er bei hereinbrechender Morgenröte aus dem in Asche glimmenden Dorf dem Wald zu, wohin ihn die Straße führte. Seufzend sprach er:
Wie die frühe Morgensonne Laß auch deine Gnadenwonne Höchster Gott auf mich jetzt blicken, Löse mich von Teufels Stricken.
Im Weitergehen überkam ihn eine rechte Reue über alle seine Missetaten, und um sein Herz zu erleichtern sang er:
1.
Wann der helle Tag verglichen
Und auf dunkelschwarzer Bahn Kommt die finstre Nacht geschlichen,
So fang ich zu heulen an; Bricht der Morgen durch die Nacht In der schönsten Bosenpracht,
Dann so heb ich an zu klagen
Meine Sünd und derer Plagen.
2.
Das Leid nenn ich meinen Vater,
Meine Schwester Traurigkeit. Ich weiß keinen Hort noch Bater,
Der in so bedrängter Zeit Auf mein ängstiges Geschrei Mir mit Hilfe spränge bei;
Hier auf dieser Jammer Erden
Kann ich nicht mehr fröhlich werden.
38 Jfcd
3.
Ach! Mein Gott seh ich die Decke
Deines blauen Himmels an, Ich mich also fort verstecke,
"Wie dort Adam hat getan. Weil ich weiß, daß deine Huld Ist verscherzt durch meine Schuld.
Darum schlag ich schamhaft nieder
Meine nassen Augenlider!
4.
Ach! Mein Hals girrt wie die Taube, Die als Witwe traurig sitzt:
Wann durch schnellen Habichteraube Ihres Gatten Blut verspritzt!
Ich weiß nicht, was ich gedacht,
Daß ich soviel Sünd verbracht, Die nun mein Gewissen drücken Und mich ganz zur Erden bücken.
5.
Wo will ich dem Zorn entfliehen, Den mir das Gesetze droht:
Wollt ich gleich ans Weltend ziehen, Folget mir doch meine Not:
Bettet ich mich in die Holl,
So bleibt doch mein Schlafgesell Mein Gewiesen das mich naget Und ganz unaufhörlich plaget!
6.
Meine Kraft hat mich verlassen, Mein Herz lebet und verzagt.
Mich auch meine Freunde hassen, Weil ich werde so geplagt;
Ach! Mein Nächster stehet fern,
Weil mich drückt mein Unglückestern. Wer sich sonst mit mir erfreuet, Jetzt mich flehet und mich scheuet.
7.
Aber Herr, laß von dem Grimme Deines Zorne, ich bitte dich
6^1 39 K§>
Mit herzflehendüoher Stimme 1 Liebster Gott! Ach! Höre mich!
Hör, erhöre, mich gewähr
Meiner Bitt und zu mir kehr Deine gnadenvollen Ohren, Daß ich werde nicht verloren!
8.
Und wenn Gott, du mein Erretter
Ich ja nicht bestehen kann Vor dir als ein Übertreter
Des Gesetzes, so nimm an Deines Sohnes Angst und Not, Marter, Leiden, bittern Tod,
Welches er für mich gelitten
Und dadurch mir Gnad erstritten.
9.
Sei barmherzig, gütig, gnädig,
Herr, wie du versprochen hast. Mach mich meiner Sünden ledig,
Ach! Entlaste mich der Last, Die mir meine Seele drückt: So will ich ganz wohlgeschickt
Dich besingen, loben, preisen
Und dir ewig Dank erweisen!
Wie nun Adrian also mit helltönender Stimme sang, be- gegnete ihm ein alter Mann, der auf der Achsel ein Feuerrohr trug. Zu diesem hatten sich viel Beisende gesellt, da er mit etlichen 20 Karren Getreide bei der Armee gewesen war.
„Landsknecht, woher? Wo hinaus?" rief der Mann Adrian Wurmfeld an. Als er nun Deutsch antwortete, er sei Willens nach Frankreich und von da aus in sein Vaterland zu reisen, da hatte der Alte, welchem Adrian außerdem erzählte, wie er zu Utrecht von den Franzosen zum Soldatendienst genötigt worden sei, Mitleid.
„Guter Freund/1 meinte der Alte. „Ihr werdet mit dem Soldatenkleid schwerlich durch das Land kommen, denn die Erbitterung der Landsleute auf die Soldaten ist gar zu groß! Hier hab ich auf dem Karren noch einen alten Fuhrmannsrock liegen, den könnt ihr anziehen. Ziehet euer Koller aus und
(£4 40 Jfcd
werft's auf den Karren bis wir nach Frankfurt kommen. Da- selbst könnt ihr schon Gelegenheit finden, weiter zu kommen."
Dieser Bat war gut und Adrian hatte an dem alten Korn- handler bis nach Frankfurt einen getreuen Reisegefährten.
Von Frankfurt verfügte er sich nach Köln, dann nach Amsterdam und schließlich heimwärts.
Da traf er zwar nicht mehr seinen Vater am Leben, wohl aber die Mutter, frisch und gesund. Die unverhoffte Ankunft des Sohnes erfreute die Mutter natürlich auf das höchste und Adrian nahm sich von nun an ale gebesserter Mensch des ganzen Hauswesens an.
Ende.
Ale Anhang fügen wir den Anekdoten und Schnurren eines Bebel-Prey-Lindener — des Zimmerischen Chronisten — noch etliche Schwanke bei, für welche sich nur zum aller- geringsten Teil Quellen ausfindig machen ließen.
Vielleicht gelingt es durch die Veröffentlichung des im Laufe mancher Jahre gesammelten Materialee entsprechende literarhistorische Angaben zu gewinnen.
Es sind keineswegs allein deutsche Schwanke, welche wir in diesem kurzen Anhang der Öffentlichkeit unterbreiten. Fran- zösische, vielleicht auch italienische Vorlagen mögen es ge- wesen sein, denen diese Kleinigkeiten entnommen und in Witz- und Unterhaltungsbüchlein billigster und darum volkstüm- lichster Art niedergelegt wurden.
Manche Schnurre obskurster Herkunft mag hunderte von Jahren alt sein, wahrend andere erst in der ausgelassenen Zeit der großen französischen В evolution aufkamen. Doch wir ver- lieren uns in unfruchtbaren Vermutungen.
Wir lassen die Findlinge in der kunterbunten Reihe folgen, in welcher sie ausgehoben worden sind. Aufrichtig sei bekannt, daß all die Kleinigkeiten in einer Zeit zusammen- gestellt wurden, da dem Verfasser das Studium der Volkskunde ferner lag.
Keckheit dieser Stücke, welche sich in einzelnen Samm- lungen vorfanden, war der eigentliche Anlaß der Zusammen- stellung von der im Laufe der Jahre auch manches Blatt wieder untergegangen ist. — Vielerlei Bedenken hielten uns ab, den vorhandenen Stoff, der ja stellenweise sicherlich recht unerquicklich ist, wieder bekannt zu geben, und wenn ledig- lich der subjektive Maßetab entscheiden würde, wenn anzu-
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nehmen wäre, daß diese Schnurren der Volkskunde unförder- lich wären, so möchte eine Unterdrückung der kleinen Samm- lung wohl die zweckmäßigste Maßregel gewesen sein.
Nachdem aber in der Anthropophyteia ein führendes wissen- schaftliches Organ erstanden ist, welches die Erhebungen auf dem Gebiete der Entwicklungsgeschichte geschlechtlicher Moral zusammenfaßt und nur für Gelehrte zugänglich macht, glaubten wir diese Proben derber Sinnlichkeit bekannt geben zu müssen, selbst auf die Gefahr hin, von einzelnen Forschern getadelt zu werden. Berufenere Fachgrößen mögen die Quellenmäßig- keit ergründen; wir nehmen im literaturhistorischen Interesse dann den Tadel schon gerne hin.
Erwähnt sei bei dieser Gelegenheit eine Notiz, welche in der bei Christoph Biegel 1736 zu Nürnberg erschienenen „Aus- führlichen und grundrichtigen Beschreibung der Herzogtümer Lothringen und Savoyen enthalten ist. Dieselbe besagt:
„Uster ist ein Städtlein und schloß samt 4 Flecken, deren Innewohner / Vätter der kurtzweiligen Beden und Possen ge- nennet werden / und deren possierliche Händel / Schwanke und Taten die andere Burgunder / die Zeit zu vertreiben / unter- weilen zu erzehlen pflegen."
Sollte dies nicht etwa ein willkommener Anlaß sein, nach den hier erwähnten Possen und Schwänken Nachforschungen zu halten? Es steht außer Zweifel, daß die „kurtzweiligen Beden" bereite im Anfang des 18. Jahrhundert — aller "Wahr- scheinlichkeit nach aber schon weit früher — über die Grenzen Burgunds bekannt gewesen sind.
'Für die eigentliche Geschichte, besonders aber die Kultur- geschichte, dürfte die Suche nach diesen Schwänken und Taten wertvolle Ergebnisse zutage fördern.
Wir können in dieser Beziehung eigentlich gar nicht genug von diesen Einzelheiten zusammentragen, denn manches Ge- schehnis wird erst durch solche an und für sich gänzlich irre- levant erscheinenden Kleinigkeiten erklärlich und bedeutsam.
Ob einzelne der im Nachstehenden gebrachten Geschichtlein etwa aus Uster sind, müssen wir dahingestellt bleiben lassen, solange keine klaren Beweise erbracht sind.
Wichtig genug erschien es, kurz der Schwanke von A. Tünger, welche vielfach im südlichen Schwaben spielen, zu gedenken. Diese Schnurren nehmen nämlich eine Zwischenstel- lung zwischen den von anderen Autoren übernommen und den selbsterlebten Geschichtchen ein. Die Sammlung ist dem Ge-
<sai 43 im
schmack der Zeit entsprechend lateinisch geschrieben, aber im Hinblick auf den hohen Herrn, dem das Buch gewidmet war, auch gleichzeitig verdeutscht worden.
Augustin Tünger, geboren zu Endingen um 1456. In Erfurt studierte er und heiratete mit 23 Jahren 1478 gegen die Wünsche seiner Angehörigen. — 1486 schrieb Tünger seine Schwank- sammlung, die meist Schauplätze am Bodensee hat. Tünger schrieb dieses sein Erstlingwerk lateinisch wie es die Zeitsitte wünschenswert machte. Da aber Graf Eberhard von Württem- berg und Montpelgard, dem die Sammlung gewidmet war, der lateinischen Sprache nicht mächtig war, wurde eine deutsche Übersetzung angefügt. Die Sammlung führt den Titel
August Tünger
Procuratoris curiae Constantiensis ad Eberhardum Ducem
Facetiae Latinae et Germanicae1)
I486
i) Bs sind 54 kleinere Schwanke, welche „dise ersten Fruchten der Vernunfft" ausmachen und durch ihre Volks- tümlichkeit auffallen. Wir bringen nach der Ausgabe von Adelbert von Keller (1874) die für unsere Zwecke wichtigeren Nummern, aus denen wir neuerdings Beweise für die Art der Unterhaltung in jener Zeit gewinnen.
1. Angeführt.
Ein Priester wollte von Schuttern (im badischen Ländel) gen Straßburg gehen. Unterwege gesellte sich zu ihm eine lockere, aber hübsche und formschöne Frau. Auf der Straße wurden beide einig, daß die Frau dem Priester in der Stadt Herberg gebe. Als sie in die Stadt gelangt waren und zu Nacht gegessen hatten, kam die Zeit zum Schlafen. Wie die Frau sich in der Stube ihrer Kleiderhüllen entledigt, ermahnte sie den Priester, er solle sich wegen der Kälte draußen in der warmen Stube ausziehen. Nackt begleitete er die nach der Lagerstätte gehende Frau bis man zu der hinteren Türe ge- langt war. Da sagte die Frau, wenn er seine Notdurft ver- richten müsse, solle er dahin gehen. Sofort ging er hinaus, und flugs schloß das Weib hinter ihm die Türe ab. Anfäng- lich meinte der Priester das sei ein Scherz, denn lange konnte man der Kälte wegen dies nicht ertragen. Die Sonne stand gerade im Zeichen des Steinbockes, also wann es am kältesten ist. Der Priester ging darum zur Türe und klopfte. Das Weib schwieg, als ob es nichts gehört habe. Auf das fort- währende Pochen des Geistlichen aber fragte die Lockere zornig hinterm Laden her, wer denn also bei Nacht klopfe; sie werde für Bestrafung sorgen, wenn sie den Täter kennen lerne. Der Geistliche gab sich zu erkennen und sagte, er habe doch mit ihr zu Nacht gegessen. Ferner fügte er hinzu, jetzt müsse der Scherz ein Ende haben, denn er friere gewaltig. Daraufhin begann die Dirne zu schimpfen und zu lärmen, so daß die Nach- barn herbeieilten und den nackten Mann mit Steinen weg- scheuchten. So war der Geistliche genötigt in eines armen Gärtner Häuslein zu übernachten. Am anderen Morgen in der Frühe lehnte sich der Gewandlose etliche Kleider und zog ohne die Geschäfte, wegen deren er gekommen war, verrichtet zu haben, wieder heim, doch ohne Geld und Kleider.
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Es ist einem weichlichen Manne aber schwer, Verschmitz- heit und Heizung von losen Dirnen nicht zu beachten, welche fast die allervortref fliehe ten Manner betrogen haben, wie weit und breit erzählt wird. Darum ziemt sich für jeden Mann, Wollust und fleischliche Begierlichkeit mit Keuschheit und Mäßigkeit zu zähmen und zu meistern, daß er nicht in so räuberische Klauen gerate. Von den ehrenwerten, ehrbaren Frauen will ich hier nichts sagen. Warum? Ihnen gebührt allzeit Lob und Ehre und diese Zier zeigt sich stete an ihnen.
2.
Eine ähnliche Geschichte, nur sind es da zwei Priester in Straßburg, die sich schon auf das Schäferstündchen freuen. Wie man sich zu Tisch setzen und schlemmen wollte, kamen zwei Zuhälter, die von den Dirnen in Kenntnis gesetzt worden waren. Die Pfaffen flohen zum Fenster hinaus und die Zuhälter ließen es sich wohl schmecken.
8. Ein Lebensweeker.
Ein Bauer aus Hessen kam in die Stadt Erfurt. Der Weg führte ihn an einer Apotheke vorbei, aus welcher solche Ge- rüche ausströmten, daß der Bauer ganz ohnmächtig zu Boden sank. Von allen Seiten liefen Leute herbei, um rasch Hilfe zu bringen. Mancherlei Mittel wurden aus der nahen Apotheke geholt, zur Belebung des Ohnmächtigen, indessen umsonst, die Apothekermittel betäubten den Bauer stets mehr! Endlich lief ein Mann herzu, der erwischte Kuhmist und hielt den Fladen dem Bauer vor die Nase. Da schlug der Ohnmächtige die Auge wieder auf und kam zu sich.
4. Wann beten wir wieder.
In der Stadt Endingen nahm ein hochbejahrter Mann eine sechzehnjährige Maid von schwellenden Formen zum Eheweib. Der fromme Mann gedachte sein Weibchen gut zu ziehen und so sagte er in der ersten Liebesnacht, es zieme sich, bevor man der Liebe pflegen wolle, das Pater noster zu beten. Die Ge- wohnheit hielt eine Zeit an, aber schließlich wurde der alte Mann der Liebesspiele überdrüssig und müde, so daß auch das Pater noster nicht mehr gebetet wurde. Anfange wunderte sich die junge Ehefrau, da ihr Mann doch so hitzig gewesen war, als ob er gar nicht genug bekommen könne. Allgemach dachte
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indessen das Weibchen, der Mann habe wohl die Sachen nur vergessen, so daß man ihn daran ermahnen müsse. Finge fing das Frauchen auch an den Gatten zu küssen und zu halsen und fragte dabei verschämt, „wann beten wir denn wieder?"
5. EinfaltplnseL
In der Stadt Butzbach, vier Meilen von Frankfurt, lebte eine schöne Jungfrau, für die ein Jüngling so in Flammen ge- riet, daß er ihr bei Tag und Nacht in den Weg lief. End- lich war die Maid überwunden und sie gab dem Jüngling Zeit und Ort an, da sie sich ergeben wolle. Als die beiden Men- schenkinder sich endlich einander in den Armen lagen und die Maid, dem Jüngling erlaubte, nach seinen Wünschen und Be- gierden mit ihr zu verfahren, begann der Bursche mit einem Male zu seufzen an. Er tat gar nicht freudig, wie man es sonst bei solchen Gelegenheit ist. Als die Maid darob beküm- mert war und eich nach der Ursache der Traurigkeit erkun- digte, sagte der Jüngling, er getraue sich nicht seinen Begierden entsprechend mit der Dirne umzugehen, denn sie könnte viel- leicht schwanger werden und ein Kind bekommen. Das auf- zuziehen, würde große Kosten für ihn verursachen! Schließ- lich bat der Bursch fortgehen zu dürfen. Die Jungfrau wurde darob sehr ungehalten, denn sie wollte dem Einfaltspinsel ihre Schönheit und Ehre gewähren, jener aber achtete ein kleines zeitliches Gut höher ab ihre Liebe. Sie nahm sich vor Bache zu üben. Da es Nacht und finster war, nahm sie den Jüngling bei der Hand und tat so, ab ob sie ihn wieder zur Türe führen wolle. Ab sie aber an die Stiege kamen, warf die zornige Dirne den Buhler hinunter. Da lag er lange ohnmächtig und ab er wiederum zu sich kam, mochte er wohl ermessen, daß Buhlerei und Kargheit übel zusammenpassen.
6. Der Verliebte.
In der Stadt Chur war ein Jüngling, der liebte eine schöne Jungfrau. Ab die Maid von den inständigen Bitten ihres Lieb- haber überwunden war, kamen sie verabredetermaßen in einem Keller zusammen, darinnen sich viel Äpfel vorfanden. Die Jungfrau hoffte die herzlichsten Beweise glühender Liebe zu erhalten, doch — da fing der Liebhaber an Äpfel zu essen und kümmerte sich gar nicht mehr um die Maid. Darob er- zürnte die aus all ihren Himmeln gerissene Jungfrau und be- begann den verfressenen Liebhaber zu mißhandeln, sowie ihm
Karl Amrain. Deutsche Schwankerz&hler. IV. 4
vorzuwerfen, daß lediglich dieser Apfelesserei wegen eine solche Zusammenkunft gänzlich unnötig gewesen wäre. Danach eilte die Maid zornig weg, schloß die Türe hinter sich ab, so daß der Liebhaber einen ganzen Tag im Keller sitzen mußte.
7. Vergriffen.
Ein Student zu Paris hatte heimlich in seiner Schlaf- kammer eine schöne Frau bei sich. Als er einmal vor Tages- anbruch zur hohen Schule ging, stand die Huldin auf und durchsuchte nach Gewohnheit jener Weiber die Kammer, um gefallende Sachen wegzuschaffen. In der Dunkelheit erwischte sie ein Krüglein mit Tinte. Sie glaubte der Inhalt sei Bosen- wasser und so salbte sie sich allenthalben mit Tinte. Wie der Student nach dem Unterricht heimkehrte und seine Geliebte völlig geschwärzt s ah, schwanden ihm beinahe die Sinne, denn er glaubte, aus Gottes Verhängnis habe ein böser Geist das Weib so mißhandelt. Die Schöne gewahrte den Schrecken ihres Galan und ohne die Ursache zu kennen, erschrak sie ebenfalls. Endlich fand die Schöne wiederum Worte und fragte, warum der Student eich denn nicht wie sonst zu ihr lege ? „Ich bin über das schwarze, ungestaltete Angesicht gewaltig er- schrocken," erklärte das verliebte Studentlein, „denn dein schönes liebliches Antlitz ist in der Zeit, da ich in der Schule war, schrecklich entstellt worden." Da die Frau sich nun selber be- trachtete, gewahrte sie, daß sie sich statt mit Bosenwasser mit Tinte gesalbt hatte. Nachdem der Student die Ursachen er- fahren hatte, wurde er wieder fröhlich und legte sich neuer- lich zu ihr.
Nicht alle Feuchtigkeit dient zur Erhöhung der Schönheit. (Den Schluß mit seiner hausbackenen Moral lassen wir als zu unserem Gegenstand nicht gehörend fort.)
8. Umsonst.
In Bayern lebte ein Mann, dessen Sohn mehr vom Weine überwunden wurde, als daß dieser den Wein bezwungen hätte. Der betrübte Vater sann bei Tag und Nacht, wie er dem Sohne diese Leidenschaft abgewöhnen könne. Eines Tages fand der Vater auf der Straße einen betrunkenen Mann liegen, der Speise und Trank unverdaut von sich gab und alle Eigenschaften trunkener Leute aufwies. »Das wäre wohl ein abschreckendes Beispiel für meinen Sohn," dachte der Vater und lief eiligst,
<sï* 51 Jfce)
um das widerwärtige Schauspiel seineu Stammhalter vor Augen zu halten. Wie der Sohn aber den Betrunkenen sah, sprang er freudig hoch und sagte hastig: „0 welch einen guten Tropfen hat dieser da getrunken! Mein Vater kennst du den Wein- schenk nicht, der dieses Weinchen verkauft? Weise ihn mir, damit auch ich zu dem gehen kann."
9.
In Straßburg zechten vor geraumer Zeit etliche Gesellen hie tief in die Nacht hinein, so daß es schon dem Morgen zu- ging. Zwei dieser Zechgesellen gingen schwerbeladen heim- wärts. Sie mußten ihren Weg am Münster vorbei nehmen. Wie sie nun an die vordere Türe gekommen waren, sahen sie den vom Mond beschienenen Platz, der von den Häuserschatten um- säumt war, für ein großes Wasser an. Lange standen die beiden Zechgenossen und wußten nicht, was machen; endlich glaubten sie doch den Versuch durch das Wasser zu waten, machen zu können. So zogen sich die Zwei aus und wateten mit hoch auf- gehobenen Füßen durch das Gewässer, bis sie in den Schatten der dem Münster gegenüberliegenden Häuser gekommen waren. Nun machten sich die Zechgenossen heim und erzählten große Dinge von ihrer Waterei.
10.
Ein großer Doktor beider Rechte hatte elf Pfründe. Wäh- rend der Gelehrte einmal seine Einkünfte zählte, kam sein Bruder hinzu und der rechnete immer eine zwölfte Pfründe hinzu. Eifrig rechnete der Doktor nach, konnte aber über die Zahl elf gar nicht hinauskommen. Endlich fragte er seinen Bruder, welches denn die zwölfte Pfründe sei? — „O Bruder, die zwölfte ist dir die sicherste und wartet deiner in der Hölle, wenn du die anderen verlassest. Du steckst in soviel herrlichen Pfründen, während viele andere Priester in Armut leben." So gab der Bruder nach allgemeiner Ansicht zu erkennen, daß es unbillig sei, daß ein Priester zwei, geschweige denn zwölf Pfründe habe.
11.
In einer deutschen Stadt hatte ein Goldschmied auswärts ein Schwein gekauft und dasselbe in einem Sack heimgebracht.
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"Wie das Schwein in der Stadt aber frei umherlaufen durfte, eilte es wieder heim zu dem Bauer. Der benachrichtigte Bauer entschuldigte sich beim Goldschmied und wollte das Geld oder das Schwein zurückgeben. „Solch ein witzig Tier will ich nicht mehr," sagte der Goldschmied, „denn das Schwein über- trifft ja alle Zunftmeister in der Stadt. Verbindet einem Zunft- meister die Augen und bringt ihn mal an einen fremden Ort, er wird sicherlich nicht wie diese Sau den Heimweg finden.
Der Graf mit dem Sehwani.
Humbert zog nach Italien, um Kaiser Heinrich III. in Verona zu begrüßen. Er hatte ein groß Geschleif von Edel- leuten bei sich. Der Kaiser ließ ihm sagen, er solle allein in die Stadt kommen. Graf Humbert antwortete, ohne seinen Schwanz werde er nicht die Stadt betreten. Kaiser Heinrich lachte darüber sehr und hieß ihn mit seinem Schwanz hineinziehen. Seit jener Zeit nannte man Humbert, der 1076 mit dem Titel eines Markgrafen Italiens geehrt wurde, nur noch den Graf mit dem Schwanz.1)
Ein Spruch sagt: Junge Bettschwee ter alte Betschwester.
1656. Aus dem Waldenser Krieg.
Welche Greuel diese reformierten Christen unter Herzog Emanuel zu bestehen hatten, ist schwer zu beschreiben. Unter General Marquis Pianesse wurden Kirchen verbrannt. In dem Dorfe Tilladed trieben die Soldaten mit 150 Weibern und Kin- dern ihren Spott, schlugen ihnen hernach die Köpfe ab und spielten damit à la boule. Kinder wurden gebraten, deren Gehirn gefressen, aber bald hatten die Soldaten genug, weil sie Bauchgrimmen be- kamen. Weibern und Jungfrauen schnitt man die Bäuche auf und streute Salz und Pulver hinein, andere wurden nackt aus- gezogen und bekamen den Kopf zwischen die Beine gebunden, hernach rollte man sie von Felsen, Häusern usw. hinab. Jung- frauen öffnete man die Brüste, hieb ihnen die Scham aus oder stopfte ihnen, nachdem man sie geschändet, Steine in die Ge- schlechtswege und trieb die Mädchen umher bis sie starben. Andere Mädchen bekamen die Scheide voll Pulver gestopft, das man anzündete und welches die Opfer zerriß.1)
*} Ausführliche Grandrichtige Beschreibung der Herzogtümer Lothringen und Saroyen etc. Nürnberg bei Christoph Riegel 1736:
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Jonas ist ein Schloß, nicht weit von Ait in Savoy en. Der Besitzer und Herr dieses Schlosses wurde 1602 von den Genfern aufgehängt, als er in der Nacht mit anderen die Werke der Stadt ersteigen wollte. Seine Witwe begehrte den Kopf zu sehen und zu küssen, weil er aber am Galgen steckte, konnte man den Wunsch nicht erfüllen. Da ließ sich die schwanger gehende Schloßherrin verhungern.1)
In der Nähe von Bareman, einem Marktflecken Savoyens steht eine Kapelle. Diese enthält verschiedene Ölgemälde, darunter ein Bild, welches eine auf der Vorderseite ganz splitter- nackte Jungfrau darstellt. Mit den Händen hält sie ein mensch- lich Haupt und Knochen. Der halbe Teil des Angesichtes ist noch fleischig, der andere stellt die Knochen dar. Göttinnen und Laster mit ihren Schmerzen werden dabei gesehen. Die Inschrift lautet: О Lecteur regarde moy!1)
Orgelet liegt in Burgund, von diesem Gewerbeorte ging das Sprichwort: Man findet dort Felder ohne Gras, Flüsse ohne Fische, Berge ohne Holz und eine solch gute Luft, be- sonders auf dem öffentlichen Platz, daß wenn jemand von einer guten Mahlzeit aufstehe und dahin gehe, ihm die Kunst zu essen, in einer halben Stunde wiederkomme.1)
Bei Dole in Burgund ließen sich am 26. Januar 1676 um 9 Uhr früh soviel Vögel in der Luft sehen, daß alles finster wurde. Nachdem sie bei zwei Stunden untereinander herum- geflogen, als ob Zank oder Streit zwischen ihnen entstanden wäre, haben sie endlich sich in zwei Parteien geteilt und also gleichsam herausgefordert, wonach es vollende angegangen ist. Mit furchtbarem Geschrei und Ziechen, das überall gehört wurde, stürmten die Vogelscharen aufeinander. Dieser Kampf dauerte etliche Stunden und viel tausend Vögel fielen zur Erde tot, zerrissen, blutig, halberstickt. Die Oberlebenden flogen endlich müd und abgemattet wiederum fort. Leute, die nach- her die Wahlstatt besuchten, sahen die hundert Vogelarten.
*) Ausführliche Grandrichtige Beschreibung der^p Herzogtümer Lothringen und Savoyen etc. Nürnberg bei Christoph Riegel 1736.
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Der größte Teil war schwarz und wog vier bis fünf alte Pfund, sie hatten sehr scharfe und krummen Klauen und ge- bogene Schnäbel wie Papageien. Etliche waren aschengrau und besaßen schwere Klauen, Beiherschnäbel und -Füße, auch Flügel mit zwei schuhlangen Federn. Andere waren größer wie Tauben mit gelb und schwarzen Federn, sie hatten Füße wie Gänse und einen Schnabel wie kleine Zähne. Eine andere Art ähnelte in Größe und Klauen den Sperbern. Der Schnabel war grau und meergrün gemischt, das Gefieder war gelb. Ferner befanden sich Vögel darunter mit großen langen Schnä- beln, die am Ende wie Hörnlein gebogen waren. Das Gefieder ähnelte dem Kienruß, die Läufe glichen Geierklauen. Schließ- lich fanden sich Arten wie Fledermäuse und Nachteulen, dann aber auch nie gesehene Arten. Wo das Treffen dieser Vogel- schlacht am schärfsten war, hat man Haufen gefunden von Leichen, die sich mehr als 500 Schritte erstreckten, ohne was vereinzelt dalag.1) Cfr. Poggio IV. Bd. Born. Meistererzähler Nr. 240.
Barbara Volk, die 60 Jahr alte Witwe des Schusters Volk aus Gunstett, als Hexe verdächtigt, gibt in Hagenau in Elsaß der Gerichtebehörde im Protokoll vom 18. Juni 1627 an, sie habe 14 Jahre lang dem Teufel als Lichtstock gedient in der Weise, daß sie mit einem Licht im Hintern auf dem Kopf stand. (Cfr. dazu Kiele: Hexenwahn und Hexenprozesse in der ehemaligen Reichsstadt Landvogtei Hagenau, Hagenau 1893.)
*) Ausführliche Grundrichtige Beschreibung der Herzogtümer Lothringen und Saroyen etc. Nürnberg bei Christoph Riegel 1736.
1. Die kranke Kurtisana.
Eine Kurtieana war bei den zu Euren Kaiser Maximilians in Augsburg gegebenen Festlichkeiten sehr ins Gedr&ng ge- kommen. Sie fühlte nun ein Bedürfnis, das sie nirgends konnte befriedigen. Endlich drückt sie sich durch die Menge zur nächsten Apotheke und klagte dem Apotheker, wie krank sie sei. Der hielt ihr eine Kachel hin, worein sie all ihreNot und Krankheit legte und versprach nach einiger Zeit, falls der Apotheker der Krankheit Ureach gefunden hätte, wieder zu kommen und die Arznei zu holen. Der Apotheker machte sich sofort daran die Substantiam zu untersuchen. Er fand auch etwas, was daraus zu ersehen, daß er ein Latwerg kochte und die Konfektion zurecht machte. Unsere von Leibenöten befreite Kurtisana lachte aber über den Apotheker und ließ ihn warten.
2. So ist vielen geholfen.
Eine hübsche aber lose Dirne war, ich weiß nit warum, etlicher Städte verwiesen und kam nach Venedig. Weil sie aber nicht ein noch aus wußte, fragte sie listigerweise nach dem jüngsten Doktor in der Stadt. Die Leute, meinend sie suche dessen Adresse, verwiesen sie an den jüngsten Medico. Wie sie nun zu dem kommt, klagt die Dirn ihr sei übelmächtig weh, ich weiß nicht an welchem Sekreten Ort, auch sei ihr am Busen manchmal gar eng. Der in seiner Fakultät wohl be- wanderte Arzt war höchlichst erfreut, ein solch hübsch Dirn- lein bei sich zu sehen, weil ihm die Praxis nit wohl geraten wollte, zu gedenken, daß viele alte Chirurgi ihm das Brot kurz machten. Unser Medikus ließ das Dirnlein nackend sich abziehen, und als er es so vollbusig und nicht haarig, ich weiß nicht wo, fand, da fing ihm an der Wurm unruhig zu werden.
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Item der Medikus begriff die Dirn und sah auch nach dem Übelmächtig wehen Ort, könnt aber nichts finden. Listig meint die Hübsche: Herre Doktor, euer Hand ist mir wie lind Salb. Da merkt der jung Doktor, wo es hinauswollte und lachte über die List der Dirne. Trotzdem behielt er sie bei sich und ecce! Von diesem Tag an ging sein mestier, wie die Franzosen sagen, vorzüglich. Alle alten liebeshungrigen Männer kamen zu dem jungen Doktor und wollten gesund werden pro ancilla. So ward die Dirn versorgt, der Doktor ein reicher Mann und die Un- gesunden gesund.
8. Zwei Eier und mehr.
Ein Saffianlederarbeiter, dessen Eheweib gestorben war, hausierte mit seinem 19 jährigen Töchterlein so Eva genannt war und mit einem Gesellen. Letzterer war ein loser Schalk, der nach dem jungen-Jungfer fleisch gierig war. Der Saffian- lederarbeiter konnte den Gesellen gut leiden, weil er zuzeiten tüchtig zu arbeiten wußte. Eines Abende kam der Schalk mit zwei Eiern heim und bat den Meister die gleich essen zu dürfen. „Geh zur Eva, sie soll dir die Eier machen," meinte der Haus- wirt. Der Schalk tat wie ihn der Meister hieß, ging zur Kücho hinauf und schrie dann angesichts der Dirn hinunter: „Meister, nit wahr, Eva soll meine zwei Eier nehmen?" — „Ja," tönte es aus der Werkstatt und weiter. „Eva soll sich nit besinnen! Unbedingt! Sofort!" Der lose Gesell hatte aber inzwischen die Eier weggelegt, seinen Latz aufgemacht und die Hoden ausgehenkt. Die gab er der Jungfer Eva in die Hand, gleichwohl die sich anfangs ein wenig sträubte. Nicht lang dauerte es und Jungfer Eva lag auf dem Küchentisch und der Gesell oben ihr. Beide schwitzten, denn es war ein heißer Sommerabend. Unser Gesell war aber ein vorsichtiger Schalk, der das Mägdlein nit schwanger machen wollte. Ob- wohl Eva noch mehr der Eier haben wollte, versagte ihr das der Gesell und beendete die Liegenschaft. Beide gingen fort. Nicht lang nachher kommt der Vater, leuchtet mit einem Licht in dem Küchlein umher. Wie der den Küchentisch ersieht, wird er ganz unwillig und spricht: „So ist das junge Volk! Zuerst will es Eier und hinterdrein läßt es das best auf dem Tisch verkommen." Damit schleckt er das vermeintlich Eiweiß auf. Item es ist ihm so wohl bekommen wie einst Dr. Peter Villenbach aus Straßburg.
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4. Sie müssen Haare lassen.
Eine reiche und schöne käufliche Dame in Florenz bekam Besuch von einer Freundin: „Sage mir," sprach diese, „was bedeuten denn hier in deinem Schlafzimmer all diese blauen, rosa, grünen, gelben Seidenfädenringlein mit jedesmal drei Härlein darinnen." Inquit illa: „Mein gut Freundin, das seind die teetimonia amoris. Wer in meinen Liebesgarten will, der muß sich erst messen lassen, ob er nit zu breit sei für den Weg." Da lacht die besuchend Freundin dicens: „Zu breit kann er nit seinl Doch was bedeuten die Haar?" Ait illa: „Das seind die Andenken an meine Freunde! Jeder muß drei Härlein lassen, die bind ich in das Ringlein und sind die Farben blau jene von Grafen, rosa von Junkern, grün von Pfaffen, gelb von höchsten Pfaffen." Die Freundin patschte freudig in die Hände und sagte „das will ich fürderhin auch tun, dann es ist eine Empfehlung extra ordinem.' *
5. Von des Pfaffen Ziege.
Ein Landpfarrer wurde in die Stadt versetzt und nahm, seine Gais mit. Nun war die Haushälterin alt und schwach, so daß sie den Pfaffen bat, er möge sie draußen lassen. Das verwilligt ihr der Pfaff, gab ihr ein Gnadengeschenk und versprach all- monatlich für des Leibes Notdurft ihr zu sorgen. In der Stadt fand sich eine junge Dim, die zu dem Pfaffen kam um Dienste zu nehmen. Es war von Gesicht nit gerad ein schönes Mägde- lein, tat aber den Pfaffen auch nit viel, da er besonders auf ein verschafft Dirn sah. Wie die nun die Gais erblickt, könnt sie selbige nit melken und ob der Pfaff ihre auch zeigen tat, sie begriffe nit. Da hub der Pfaff an: „Vere, vere vos urbani stulti estis. Nit anders kann ich dir's zeigen, du ziehest dich denn blößig ab." Die gut Dirn sträubt sich nit lang, dieweil ihr Herr ein geistlich Gewand anhat. Nun hieß der Pfaff die nackte Dirn auf den Tisch knien, item so, daß sie sich auf Knien und Händen gleich einem vierbeinigen Tier hielt. Als- dann nahm der Pfaff, welcher mit großem Erstaunen des Mägd- lein Leibesschönheit sah, die Äpflein der Dirn in die Hand, streichelte und zog selbige. „Vide! So machst du der Gais und sie wird dich nit mehr treten." Quibus verbis dictis tätschelte er der Dirn die posteriora und beaugenscheinigte den Montem Venerem. Fürwahr der guten Dirn wurde Heiß und warm, daß sie Gnad gefunden vor ihrem geistlichen Herrn.
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Schnell zog aie sich an und wollt die neue Kunst Üben. Siehe da, die Gais ließ es eich nit gefallen. „Vere, vexe," meinte der Pf äff, „filia mea non bene capis." Mit diesen Worten führte er sie wieder in die Stuben. „Jetzt sollst du's an mir lernen, du dummes Ganslein." Auf dieses zog er eich vor dem er- staunten Mägdlein ab und stieg auf den Tisch, wo er sich gleich wie vorher das Dirnlein niederließ. „Videl" sprach der Pf äff, „ich bin der Gaisbock! Buer greif mir zwischen die Beine und melke michl" Item das Mägdlein tat's. Schüch- tern ergriff es den Penitenzer des Pfaffen. „So jetzto speutz in deine Hände und streiche nach abwärts." Item, die Dirn tat's und begann zu melken. Ecce! Der Kloben ward lebendig und begann sich zu recken und strecken. Der guten Dirn wurd bang, meint, der Kloben würde in den Leib und Nabel ihres Herrn dringen und wollt aufhören. „Melke filia mea," schrie der Pfaff mit niederer Stimme. Die Dirn tat's und siehe da, plötzlich begann die Milch herauszufließen. „Domine," jammerte da die Dirn, „ich hab den Melkeimer ver- gessen" und sprang damit, ehe der Pfaff etwas sagen kunnt, auf. Als die Dirn mit dem Eimer kam, sprach der Pfaff: „Beete fecisti amica mea! Es bedarf des Kübels nit! Du kannst melken."
(Diese Schnurre ist auch heute noch in der vorderen Pfalz in ähnlicher Fassung lebendig. Ob auch anderwärts?)
6. Er kommt noch.
In Arlot, ist ein altes und nahrhafftes Städtlein an der Seule zwischen Blecterans und Castell Chauen, lebte einst ein unschuldiger Bursche von 16 Jahren, eines Bäckers Sohn. Der stand früh einst mit der Magd am Backofen. Da verlangte die Magd zu wässern eodem tempore auch der dörperhaft Bursch. Beide hatten große Eile und beide gingen in das Sprochhus. Wie nun die Magd die Böcke hebt, sieht der Bursch, wohl mag's zum ersten gewesen sein, daß die Magd kein penicill hat, vielmehr ein Biß im Leib, daraus das Wasser kristallklar herfürschlug. Die Magd hergegen sah nit ungern den peni- tenzer des Burschen, griff darnach, so daß er unruhig ward. ,J)u hast noch keinen Dolch," meinte der Bursche, aber furcht dich nit, er kommt noch." Die Magd lacht dessen. Da tönt des Meisters Stimme und beide verließen ungesehen das Sprochhus.
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7. Elefantenlaase.
In Arlot, liegt in der Grafschaft Burgund, lebte ein Schneider, der wegen seiner Spaße ziemlich bekannt war. Bei dem diente einmal eine junge aber törichte Dirn. Des Schnei- ders Frau ging gelegentlich über Land zu einer Hochzeit, während der Schneider viel zu tun hatte. Trotzdem konnte er sich's nicht versagen, der dummen Dirn einen Possen zu spielen. „Geh in die Apotheke und hole Elefantenläuse." Die Dirne tat's und brachte sie heim. „Was hast du gemacht," schrie er die Erschrockene an, „die leben ja nicht mehr." Die Dirne heulte und weinte. „Ah," meinte nach einer Weile der Schnei- der, „vielleicht sind die Läuse nur ohnmächtig. Steck sie dir unten in den Leib und wärme sie im Bett." Der lose Geselle brachte es so fertig, daß die Dirn sich an dem heißen Tag ine Bett legte und vor lauter Angst wegen der ohnmächtigen Läuse schwitzte. Alle Augenblicke kam der Schneider zu der Dirn, begriff sie recht wacker am Schenkel und höher, um nach den Läusen zu sehen. „Sie sind wirklich tot," klagte er mit ver- stellter Stimm, als er die Läuse abends aus dem heimlichen Orte selber herauszog.
8. Elefanteneier.
Derselbig Schneider trieb in Abwesenheit seiner Frau ein andermal mit der dummen Dirn seine Possen. Von einem Ver- wandten, der Mönch war, hatte unser Schneiderlein eine Kokos- nuß bekommen. Die zeigte er der darüber baß verwunderten Dirn mit dem Bemerken es sei ein Elefantenei. Selbiges wolle er durch die Dirn ausbrüten lassen. Die Dirn sträubte sich nicht, legte sich ins Bett und bekam die Nuß zwischen die Brust. Da tastete der Schneider überoft nach den schneeigen Hügeln der Dirn, vermeinend es sei die Nuß. „Es wird nix," meinte der Schneider am Abend, „du mußt das Ei zwischen die Bein nehmen." Die Dim tat's und zu öfteren Malen kam in der Nacht der Herr und griff der Magd an die Schenkel. „Helasl Ich glaub das Elefantenfell zu spüren," rief das Schneiderlein freudig. „O, oh," schrie da die Dim, „ihr reißt meine Haar am Bauch." So ginge des öfteren in dieser Nacht. Am anderen Morgen kam der Schneider wieder sagend: „Das Ei muß warm bleiben." Daraufhin kroch er zu der Magd in das Bett, nahm die Nuß zwischen seine Beine. „Jetzt steh auf und mach das Tagewerk. Koch eine Suppe." Die Magd
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tat's. Als sie mit der Suppe fertig war, rief der Schneider: „Bring mir das Essen, denn mich hungert." Flugs brachte die flinke Magd das Essen. Wie nun der Meister fertig war, stöhnt er mit verstellter Stimme. „Was ist euch, Meister," hub die Dirn teilnahmvoll an. „Der Elefant macht mir Be- schwerden," entgegenet listig das Schneiderlein und bat: „Sieh doch zu wie er gedeiht." Nicht argwöhnisch greift die Dirn unter die Decken ihres Bettes und meinte freudig : „Herr, Herr, ich spür ihn schon!" — „Was spürst du," fragte verschmitzt das Schneiderlein. „Herr, den Bussel des Elefant hab ich in der Hand, er ist schon ganz lebhaft." Über diesen Beden hört der Spaßmacher auf der Straße seine Frau reden. In einem Hui ist er aus dem Bett der Dirn aufgewischt, so daß die Dirn hinfiel und die Bein hoch in die Lüfte streckte. Schnell nahm der Schneider die Nuß und eilte mit dem Buf „ich kann keinen Elefanten brauchen," hinab in die Werkstatt. Die gute Frau merkte nichts, sintemalen der Schneider der Dira strengstens anbefahl nichts zu sagen.
9. Auf den Esel gesetzt
Ein Graf zu Nanzig in Lothringen buhlte mit der Frau seines Freund. Die Frau, eine schöne Blondine, war prächtiglich gebaut, hatte fein gedrechselte weiße Schenkel, große Äpflein mit zierlichen Spitzen, einen schönen gerundeten Nabel, fleischige Arme, fleischige Posterior a und ein gedrungenes rotes Pförtlein zu des Leibes Paradies. Das Feld der Liebeslust war nur leicht mit goldenem Flaum bewachsen. Kein Wunder, daß dieses Weib jedem Mann gefallen mochte. Der Graf, ihr Ehe- gemahl, hatte sich nun in der Jugend an Küchenmägden ab- geritten und war ziemlich kalt, indessen die Frau einen Vulkan in sich trug. So hatte der Freund gut Arbeit.
Lange ging's, daß die beiden sich mit Guggelfur unter- hielten, aber einstmals bekam der Graf Wind von dem Treiben seiner Gattin. Wütend kehrte er von der Jagd heim; siehe, das Schlafzimmer seines Weibes war verschlossen. Er wollte die Türe eintreten, aber da kam ihm der Einfall, vielleicht die beiden Sünder auf frischer Tat zu ertappen. Bäsch saß er aufs Pferd und ritt mit seinem Diener nach dem Schlosse seines Freundes. Ungehindert bekam er Zutritt bis zum Schlafzimmer, an welchem er ungestüm anpochte. „Helas! Wer klopft denn da," sprach der Graf, welcher nackt auf der ebenso nackten
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Gemahlin seines Freundes lag und sich aus den ihn umschlingen- den Frauenschenkeln befreite. „Verzeihe Freund! Ich bin's." Als die Frau ihres Mannes Stimme erkannte, verkroch sie sich in die seidenen Decken. „Freund," sprach der Liebhaber, „du kommst zu ungelegener Zeit, aber da dich etwas wichtiges herfuhrt, muß ich dir aufmachen." Dabei zog er ein seiden Hemd an und öffnete die Tür.
Voller Argwohn trat der Graf in das hell erleuchtete Ge- mach, da der Galan seine schöne Bettgenossin bei Licht und Glanz genießen wollte.
„Also was wünschest du," fragte der Liebhaber. ,Дсп suche meine Frau und wollte dich bitten mir behilflich zu sein," sprach vorsichtig der Ehemann.
„Der Tausend, deine Gemahlin suchst du? hoffentlich wird ihr nichts böses zugestoßen sein! Ich wollte dir gerne helfen, aber ich habe eine hübsche Demoiselle bei mir." Damit deutete er auf das Bett.
„Freund," sagte da mit erstickender Stimme der Ehemann, „und wenn es vielleicht mein ehelich Weib wäre?"
,Jhr beleidigt mich, Herr Graf," erklärte anscheinend ver- letzt der Liebhaber. „Verzeiht," meinte der Ehemann, „wenn ich euere Demoiselle anders als mit blonden Haaren unter Arm und am Bauch finde, will ich euch aufs Wort glauben."
„Ha, ha, Ihr verlangt viel," lachte der Galan, „aber Euer Wunsch soll Euch werden. Was wünschet Ihr zuerst zu sehen ?"
„Ganz nach Euerem Belieben." — Da bat der Galan den Grafen das Gesicht ein wenig abzuwenden, weil die Demoiselle sich im Bett zurechtlegen müsse. Bäsch nahm der Galan vom Kamin die Schminkdose, damit er seine Augenbrauen schwarz zu färben gewohnt war und fuhr unter der Decke hin und her. Nach wenigen Sekunden faßte er alsdann die seidenen Decken und sprach : „Herr Graf, mein Freund, schauet zu und betrachtet die Demoiselle erst von hinten." Der Graf wendete sich um und sah die Füße, Schenkel und fleischigen Arschbacken zwischen welchen sich ein schwarzer Strich hindurch nach vorne zog.
„Nein, das ist meine Gemahlin nicht," versetzte der Graf, laut ujud leiser sprach er zu dem die Decken haltenden Lieb- haber. „Das ist ein ganz ordinäres Weib, das zeigen schon die roten Arschbacken. Eine Gräfin hat aristokratische Arsch- backen, zart weiße, keine solchen derben." — Darauf bat der
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Liebhaber den Ehemann, eich wieder ein bischen abwenden zu wollen. Der Graf tat's und wie er alsdann auf Geheiß wieder- um hinschaute, sah er ein bis auf den in Decken eingehüllten Kopf nacktes Weib. Schwarz sah es an der Liebeshöhle aus, schwarz waren die Punkte der Brüste, schwarz war das Ge- biet unter den Achseln. „Deckt wieder zu," bat der Graf in völliger Buhe, „ich hab genug gesehen! Es ware eine Ver- sündigung an der Schönheit meines Weibes, wollte ich auch nur eine Ähnlichkeit mit diesem langen Körper herausfinden. Dir, Herr Freund, seid nicht verheiratet, Euch verzeiht man die Variatio. Verzeihet, daß ich so unüberlegt bei Euch einge- drungen bin." Der Galan wehrte dem ab und bat den völlig in Sicherheit gebrachten Grafen bei ihm ein wenig zu verweilen. Um seine vermeintliche Dummheit wieder gut zu machen, ver- willigte ihm das der Ehemann. Der Galan brachte den Grafen in sein Eßzimmer, klingelte nach feinen Weinen und bat nur um Entschuldigung für wenige Augenblicke zur Verabschie- dung der Demoiselle.
Flugs sprang der Galan zu der gefärbten Gräfin, zog die Seidenstrümpfe, in die er geschlüpft war und ebenso das Seiden- hemd aus und raste seinen Liebesrausch, der so jählings unter- brochen war, mit erneuter Lust in dem blühenden Fleisch der Gräfin aus. In kurzer Zeit hatte er die Brüste weiß geküßt, in gleicher Weise auch die übrigen finsteren Gegenden. Dann war er der vor ausgekosteter Lust ermatteten Gräfin beim An- kleiden behilflich und sorgte, daß sie ungesehen heim kam. „Parbleu, Freund, Ihr seid ja ganz schwarz um den Mund," meinte der im Eßzimmer wartende Graf. In der Eile hatte der Galan das vergessen. Über und überrot sprach er, „da habe ich in der Eile statt meines Puders vom Diener diese schwarze Heilsalbe erhalten." Beide zechten gemütlich, und als der Graf heimwärts aufbrach, war er nicht mehr nüchtern. Ver- gebens suchte man den Diener, welcher längst nach Hause ge- eilt war. Der Ehemann bat den Galan ihn heim geleiten zu wollen. Der Galan verwilligte das, nahm einen Diener mit, und so führten beide den betrunkenen Ehemann heim. Dort führte der Galan den Ehemann in dessen Schlafgemach. Kaum war der Graf in seinem Schlafgemach, da riß er die Decken vom Bett seiner Frau und sagte dem Galan : „Schaut her, mein Freund, das ist Aristokraten-Fleisch." Mit erkünsteltem Auf- schrei warf sich die Gräfin im Bett herum, so daß man die Bückseite sah: „Sehet Ihr, Herr Graf, so sieht der aristokra-
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tische Arsch meiner Frau aus! Weiß und zart." — „Weiß und zart," bestätigte der Galan, welcher erleichtert aufatmete, als er an Stelle des schwarzen wieder das goldene Vließ an dem schönen Körper seiner Freundin sah. Mit einem leisen Schmunzeln verließ er das Haus seines auf den Esel gesetzten Freundes.
Vergleiche dazu die Schilderung in den Cent nouvelles nouvelles, woselbst es heißt:
La première nouvelle traicte d'ung qui trouva façon de jouir de la femme de son voisin, le quel il avoit envoyé dehors pour plus aisément en jouir; et lui retourné de son voyaige, le trouva qui se baignoit avec sa femme. Et non saichant que ce fust elle la voulut véoir; et permis luy fut de seulement en véoir le derrière: et alors jugea que ce lui sembla sa femme, mais croire ne Fosa. Et sur ce, se partit et vint trouver sa femme à son hostel qu'on avait boutée hors par une poterne de derrière; et lui compta l'imagination qu'il avoit eue sur elle dont il se repentoit.
Vergleiche dazu auch die Zimmerische Chronik Bd. П, S. 500. Erste Auflage : Erzählung von dem Herrn von Lenzen- berg, der mit dem Weibe seines Freundes und nahen Nach- barn Herrn von Falkenstein buhlt. Herr v. Falkenstein über- raschte bei seinem Freunde einmal sein Weib, doch von Lenzen- berg zeigte dem Eingetretenen nur die Hand der Falken- steinerin bis an den Ellbogen und das weiße Bein bis an das Knie.
Vergleiche ferner die Geschichte von Ludwig, Herzog von Orleans bei Brantôme: Das Leben der galanten Damen. Kri- tische Ausgabe von Willy Alezander Kastner, Seite 43, 2. Aufl.
Von befreundeter Seite werde ich auf eine ganz moderne Fassung dieses alten Schwankes aufmerksam gemacht. In der Collection des petits romans passioneis, welche zu 20 centimes in Paris erscheinen, behandelt Roland Brévannes das gleiche Thema in dem „Peau de Satin" überschriebenen Bändchen. • Die Vorlage des Autor war unstreitig unsere Schnurre.
10. Propter reverentiam.
Ein jung schön Bauerndirn ritt einst gen Gray, ist eine aus den vornehmsten Städten in der Grafschaft Burgund an der Saone gar lustig gelegen.
Unterwegs begegnet ihr vor einem Wald ein dicker Pfaff. Den hieß sie propter reverentiam et securitatis causa hinter
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eich aufs Maultier sitzen. Dessen freute sich der Pfaffe. Nicht lange dauert es, da spürt der Pfaff — zu rechnen, es sei auch einer der Bäuchpfaff statt Beichtpfäff gewesen — die Lindigkeit des wohlgestalteten Mägdlein. In primis die poste- riora atque der volle Busen hatte es ihm angetan. Plötzlich greift er der Dim durch die Arme nach den Brüsten. Die Maid verwundert sich dessen, sagt aber nix, propter reverentiam. „Ich muß mich festhalten, sonst fall ich," meint der Pfaff. Nit lang dauerte, da wurd dem Pfaff die Sach unbequem und er bat, vor die Dim sitzen zu dürfen. Das verwilligte ihm die Dim. Wie er nun den Busen und den Bauch der Dirn inseinem Bücken verspürt, begann sich sein baculus zwischen den Beinen zu heben. „Heb mich, heb mich," schrie er mit niederer Stimme und hieß die Dim ihn von hinten her den baculus zu halten. Die Dirn verwundert sich aber-, griff dem Pfaffen an den blößigen Leib und hielt den baculus propter reverentiam. Nit lang dauert's, bat der unruhige Pfaff wieder hinten sitzen zu dürfen. Die Dim verwilligt es propter reverentiam. Dem Pfaffen wurde sein bakel warm und lang und er bat, um nicht hinunter zu fallen, sich wieder halten zu dürfen. Die Dirn war nicht dagegen propter reverentiam. Da fuhr ihr der Pfaff zwischen den Posteriora durch und hielt sich an dem goldenen Vließ, das die Bauerndirn an sich trug, als unveräußerliche possessio. Der Pfaff griff wacker drein, so daß der guten Dirn Hören und Sehen verging sicut aures habent et non audiunt oculos habent et non videbunt. Man sah die Leute nit so von Gray kamen. „He da, was macht ihr denn da," schrien plötzlich die den beiden begegnenden Leute. Der Pfaff tat als ob er nit hört, schlug sich mit der einen Hand an die Brost und mit der anderen streichelt er verstohlen das goldene Vließ des Mägdlein. Dieses ein Weib wie andere faßt sich schnell und sag); den schon weitergehenden Leuten: „Ich such ihm die Schönheit der Welt begreiflich zu machen." Darüber lachten alle sehr, denn man glaubt, das Mägdlein wollt den Pfaff vexieren. „Gratias ago tibi" sagte der Pfaff nach einer Weile, als man wieder allein im Wald war und weiter. „Weil du mir die Schönheiten der Welt wirklich begreiflich gemacht hast, so laß sie mich auch sehen." Die Bauerndirn bedenkt sich nit lang, treibt das Maultier in das Gebüsch, steigt von dem Tier und verschwindet mit dem Pfaffen. Wae sie gemacht, nit weiß ich zu berichten, aber laut hat man lachen gehört, und als die beiden wieder zum ledigen Maultier kamen, hatte
Karl Amraln. Deutsche SchwankerzÄhler. IV. 5
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die Dirn ihr blondes Haar ganz wirr unter der Schäubenhaube, auch atmete sie gleich dem bleichgewordenen Pfaffen in schnellen Zügen.
Vergleiche dazu auch die Zimmerische Chronik.
11. Freundin steh auf.
Unfern von Gray, in der Grafschaft Burgund, lebte auf einem Dörfle ein Pfaff. Zu dem kam einmal der Bischof, ein einfacher bescheidener Fürst, wie dann solche nit allzu häufig sein. Am Abend begehrt der Bischof zu Bett, bat aber den Pfaffen, wegen ihm keine Umstände zu machen. Kaum liegt der Bischof im Bett und schlief, da stieg der Pfaffe in das- selbig Bett. Item beide schliefen gut und schnarchten fest. Am anderen Morgen erwacht der Bischof zuerst und sieht nit ohne Verwunderung den Pfaffen neben sich schlafen. Der Bischof räuspert sich ein wenig. Da erwacht der Pfaffe, und noch voller Schlaf hob er seinem Bettgenossen das Hemd, klopft auf die posteriora und sprach: „Meine liebe Freundin es ist Zeit für das Morgenessen ! Steh auf 1" Nicht weiß ich, wer da am Ende wohl verwunderter war, der Pfaffe oder der Bischof.
Vergl. Anthropophyteia Bd. П, S. 301, Nr. 399.
12. Vergiß mein nicht.
Der Bischof kam einst zu einem Landpfarrer, der eine schöne dicke Haushälterin hatte. Ob auch die Pfarrei nit gerade reich war, so wurde der Episcopus doch köstlich bewirtet. Für die Nacht hatte der Landpfarrer ein neues Bett zubereitet, da er sonst gewöhnlich mit der Haushälterin schlief. Der Bischof wollte recht bescheiden sein und schlief nicht in dem für ihn gerüsteten Ehrenbett. Da der Pfarrer noch an einer Predigt oder Ansprach für den nächsten Tag arbeitete, ging die Haushälterin in die Küch und nach etlicher Zeit in das vorgesehene Schlafgemach. Wie sie dort in die dunkel Stub kommt und etwas schnarchen hört, meint sie, der Landpfarrer sei schon ins Bett. Schnell zieht sich die Haushälterin blößig ab, kriecht in das Bett und drückt sich an den Pfarrer, da sie nicht um ihr Hauptmahlzeit kommen wollte. Da der Schläfer sich nicht regte, war die Haushälterin nit verzagt, sondern langte mit der Hand dem Schläfer an den Penitenzer. „Herr
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Pfarrerl Herr Pfarrerl" raunt sie dem Erwachenden zu, „ver- gessen mein nit. Sagt auch wie hat's dem Bischof gefallen?" Mit diesen Worten rückt sie ihrem Bettgenossen dermaßen nahe an den Leih daß sie des Bettgenossen Penitenzer an ihren Leib bracht. Da tönte auf einmal die Stimme: „Apagel Heb dich hinweg du lose Huri So was hat deinem Bischof noch nie ge- fallen." In einem Wisch huschte die Haushältern, so dick sie auch war, aus dem Bett. Nicht langer mocht sie mit dem Bischof in einem Bett schlafen. Blösig sprang sie hinab zur Küche. Wie der Pfarrer sie da nackend ersieht, überkam ihn eine Unruhe, so daß die Haushältern ihrer Hauptmahlzeit nit verlustig ging, vielmehr der Bischof die beiden Arm in Arm, Bein um Bein verschlungen schlafend fand. Der wartet bis die zwei erwacht und meint alsdann: „Hur, soll ich dir deine Kleider aus meim Gemach holen?" Item, dem Pfarrer ward wie man sagt, der Pelz gründlich gewaschen. Ob er sich in der Folge gebessert, wer weiß es? Aber angebrannte Lichter brennen, wie man zu sagen pflegt, gewöhnlich weiter.
13. Vom Goldschmied und seines Magd.
Einem Goldschmied in der Stadt Nancy — ist die Haupt- stadt des gantzen Hertzogthums Lottringen und ware ehemals die Hoch-Fürstliche Besidentz und Hoflager des Hertzogen — war sein ehelich Weib gestorben. Darob trauert der guet Gold- schmied über die Maßen und gelobet weder ein Weib anzuer- kennen noch unkeusch Gedanken zu üben. Item er hielt's, und alle Abend als er sich auf die Pfühl legt, zog er sein Vorhaut retro, um, daß ihm kein unkeusch Anfechtung käme. Eins Abends nach dem Nachtmahl, das die dralle Magd, so dem Goldschmied noch von Lebzeiten seines Eheweibs diente, zu- gerüstet hatte, begab sich, daß unser Meister noch ein gül- denen Bing auebesserte. Plötzlich fiel das Licht um, das aqua- vit, so auf dem Werktisch stand, fing Feuer und unser Gold- schmied verbrennete eich gewaltiglich die Hände.
Wie er nun jammert und schreit, kommt die Magd ge- sprungen, faselnackig, wie sie im Bett gelegen hatte, da sie ein sparsame Person war. Die sieht den Meister und reißt ihn von den Flammen, die bald verloschen. Schnell macht sie Licht und schüttet, wie der Meister befiehlt, aus dem Ölkrüglein öl über die schmerzenden Hände. Langsam begann der Meister
sich zu beruhigen. Wie er aber nun das hertzig schön Kind
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mit den weißen Schneehügeln darauf ein Himbeer saß, ansah und ein gülden blitzendes Vließlein an ihrem Bäuchlein er- blickte, da begann ihm der penitentzer aufzubegehren. Kit weiß ich, wohin auf er noch begehrt hätte, wenn die dralle Magd nit zu ihrem Herrn in großer Scham gesagt hätte, sie wolle wieder in das Bett. „Margot," sprach der Goldschmied, „du mußt mich abziehen, denn mich schmerzen die Hände." Da Margot sich aber erst anziehen wollte, meinte der Gold- schmied, deß bedürfe es nit. Beide gingen domit in das Schlaf- kämmerle des Meisters. Gleich war der Meister auszogen und schlüpft in das Bett. Margot wollt mit dem Licht grad die Kammer verlassen, um in ihren Pfühl zu krauchen, nit ohne daß der Goldschmied mit heißer Lust die runden Formen seiner Magd geschaut hatte. Da fiel dem Goldschmied sein Geloben ein, daß er nit unkeusch Gedanken wollt haben. Weil ihm aber die Hand verbrannt waren und sehr schmerzten, rief er zur Tür: „Margot stell das Licht weg und komm," jammerte der Meister. Die Dienerin tat es. „Greif mit der Hand an meinen bloßigen Leib," gebot der Meister. „Dort wirst du einen un- ruhigen Wurm finden." Die Magd war etwas verwundert, aber da sie ein unschuldig Person war, tat sie es und fand den Wurm. „Meister, ich hab den Gesellen Unruh," sprach sie, „was soil's damit?" Der Meister entgegnet: „Meiner Seligen hab ich's gelobt alle Abend die Vorhaut retro zu wenden." „Damit der Wurm nit erstickt," sagte die Magd, worüber der Herr hell lachen mußte. „Vere, vere Margot," sprach der Goldschmied und weiter, „heute kann ich's wegen der Hände nit, also mach du es." — Die Magd versucht es, aber nitwollt es ihr gelingen; zu gedenken, daß sie zu sollichen Werken noch kein Lehrjahr gehabt hat, gleichwohl sie ein schön gut gewachsen Person war. Wie sie nun mit zwei Händen anfängt, beginnt der Penitenzer aufzubegehren. „Meister, Meister, was ist das," fängt die Magd zu schreien an, schlägt verwundert ein Kreuz und fragt, „beißt er." Nein, sagt lachend der Gold- schmied, den eine große Lindigkeit überkam, dieweilen während die Magd arbeitete, ihre Äpfel ihn immer stärker reizten und ihre Schenkel ihm stets begehrenswerter schienen. „Er beißt nit," meint der Meister, „wenn du es verstehst dich drauf zu setzen und ihn rittlings auf den Boden zu werfen." Die un- schuldig Dirn versucht's, stieg auf Geheiß des Meisters auf das Lager — zu gedenken, es sei ein ehemalig Ehelager ge- wesen. — Fein säuberlich nimmt sie den Penitenzer zwischen
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die Finger und wollt sich mit dem fleischigen Hinterteil darauf setzen. Nit weiß ich, wie es geschah, plötzlich macht der Penitenzer einen Buck und stak der Magd im Fleisch. Da schnellt der Goldschmied in die Höh, leicht glaublich, er wollt sehen was passiert sei. Die Magd glaubt zu fallen und schlingt im Schrecken ihre weißen Schenkel um den Goldschmied, um nit zu verunglücken. Der Goldschmied schreit: „Meine Hände" und schlingt die Arme um den Leib der Dim, die Hände zu sichern. „Der "Wurm ist in mir," schreit die Magd, doch gar nit mehr vor Schrecken. „Wir wollen ihn rausreißen," meint der Herr. „Nein, laßt ihn nur dort wo er ist," bittet dieMagd, „dort tut er niemand mehr was zu Leid." Item, es war ein scharren und fegen, weil der Goldschmied den Wurm zurück- ziehen, die Magd ihn aber behalten wollte. Von dieser Zeit an zog der Goldschmied sein Vorhaut nit mehr allein retro, zu gedenken, daß ihm die schön Magd ehrlich dabei half.
14. Ein schön knrtiweilig Geschiente.
Einer jungen Dirn war von einem Burschen Übles ge- schehen. Nit wollte der Bursche der Dim ein denier geben. Item, die Dirn klagt's dem Richter. Der weist die Dim ab, meint, die Dim habe die Bein aufgethan und nit unlieb die Stöße empfangen. Deß verwehrt sich die schönbusig Dirn, bittet den Richter um einen Faden und eine Nähnadel. Sie nimmt die Nadel, der Richter den Faden. „Nun fädelt ein," sagt sie. Der Richter versucht's, ließ aber bald nach, da er ermüdet. „Du willst die sanctam iustitiam verhöhnen," meinte der Richter, als ihn die Dim bat nun die Nadel zu nehmen. Er tat's aber. Item, die Dirn tut den Faden halten und er- müdet den Richter so, daß sie bald einfädeln könnt. „Das ist meine Geschichte," sagt das Dirnlein. „Erst habe ich mich lang gesträubt, aber schließlich ging's mir wie euch, der Bursch fädelte mich ein." Der Richter mußte herzlich lachen und verurteilte den Burschen.
Vergleiche: M. Lindener, Rastbüchlein Nr. 22, ed. Franz Lichtenstein, Tübingen 1883.
15. Augen im Hintern,
Ein Pfaffe saß Beicht und hörte, daß die schönsten seiner Pfarrkinder von ihren Ehemännern contra rationem naturae in den Arsch gevögelt würden. „S'ist Sünde," meinte der
Pfaffe, „und ihr bekommt Kinder, die die Augen nicht im Kopf sondern am Hintern haben." Des jammert die dörperhaften Weiber. Sie bitten und betteln den Pfarrer um Abhilfe. „Sagt euren Männern nichts und kommt zu mir." Die Weiber zogen nach des Pfaffen Haus. Der Pfaffe ließ ein Weib nach dem anderen ins Bett liegen und vögelte sie ab, so daß die Augen vom Hintern wieder an die richtige Stelle kommen mußten. Item, der Pfaffe hat ein ungefüges Schneidmesser, das er den Weibern zwischen die Schenkel bracht. „Das ist für das linke Aug," meint er wie er eine abgefertigt hatte, „komm morgen für das rechte Auge." Leicht glaublich, daß die lang entbehrte Speiseröhre den Weibern mundete, die dem Pfaffen fein Leckerle und Braten brachten.
Vergleiche dazu: Poggio Bracciolini, Born. Meistererzähler Bd. IV, S. 152, Nr. 223 und Anthropophyteia Bd. П, Nr. 425.
16. Erkennungieiehen.
Ludwig der Fünfzehnte ging eines Tages in die Oper. Der Besuch des Monarchen zog selbstverständlich viele Zuschauer an, welche mit dem König die Ehre eines Theaterbesuches teilen wollten. Eine schöne Dame, welche in den Annalen der Ga- lanterie wohl bekannt war, erspähte bei dem Gedränge ein günstiges Plätzchen. Hurtig stieg sie auf die Logenbrüstung, um in eine benachbarte Loge zu gelangen. Leider war ihr Schritt zu kurz geraten und sie strauchelte. Dabei verfingen sich die Kleider der Dame so unangenehm, daß auf einmal das ganze Gesäß mit Umgegend sichtbar wurde. Ludwig XV. hatte den Vorgang bemerkt und trat an die Logenbrüstung heran, um diese seltene Ansicht sich nicht entgehen zu lassen. Plötz- lich aber rief er aus: „Ah, mon Dieul Das ist ja Madame D......"
17. Nicht weiter.
Ein deutscher Edelmann, der leidlich französisch sprach, ritt über die Brücke von Avignon in die Stadt. Da sein Pferd übermüde war, begann es zu straucheln als es über die Brücke ging. Eine Jungfer von augenscheinlich losen Sitten mußte über den Anblick lachen und machte sich über den Bitter weidlich lustig. „Ah, Madame," meinte sarkastisch der Ge- foppte, „das Straucheln meines Pferdes wird Ihnen kaum sonderlich erscheinen, wenn Sie bedenken, daß das Tier solches
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jedesmal tut, wann ihm eine Hure begegnet." „Hollah !" ver- setzte daraufhin die Lose, „wenn dem so ist, dann reiten Sie keinen Schritt weiter in die Stadt hinein, denn sonst werden Sie sich das Genick abstürzen."
18. Für Hämorrhoiden.
Ein adeliges Fräulein litt an einer geschwollenen Backe, die sie nicht los werden konnte, trotzdem bei Bekannten und und Verwandten nach allerlei Hausmittelchen gesucht worden war. Ein junger Fant erklärte dem Mädchen schließlich, es gäbe kein besseres Mittel, als wenn ihm erlaubt würde, seine Wange an die geschwollene Backe zu lehnen. Gleich wollte der Batende dieses Mittel auch zur Anwendung bringen, aber die adelige Jungfrau war indigniert über ein solches Bezept und lehnte es entschieden ab. Der Fant tat ganz betrübt. Endlich nahm ein Herr das Wort und sagte ihm : „Junger Mann, Dir Heilmittel kann nur gut sein für Hämorrhoiden."
19. Von Nothiwang und Ehebueher und Blutschande.
Item es ist gesetzt, so einer ein Ehebruch begienge, selbiger mit 100 Pfd. Buess solle bestraft werden, und so ein Beamp- teter nach A betraf un g eines Ehebruches den anderen Ehebruch begienge, selbiger in 200 Pfd. Buess verfellt solle werden, der dritte Ehebruch aber solle mit 300 Pfd. bestraft, und ein Beampteter, der sich zum dritten mahl in diesem Laster ver- fehlte, der soll neben obiger Straf seines Ampts entsetzt werden. Solte sich aber einer in dem vierten Ehebruch verfählen, solle es des Landvogtes arbitrio überlassen sein, ein solchen je nach Befindung und Umbetänden des Fählers zu bestrafen, daby aber dem reo die Appelation soll gestattet werden. Mit gleicher Straf solle auch wider die Weibspersonnen verfahren werden, so selbige sich in diesem Laster verfählten. Welcher ein Bluet- schand im ersten Grad beginge, solle enthauptet werden; so aber die begangene Bluetschand im anderen Grad beschehen, solle der Fählbare in 50 Cronen, im dritten Grad in 25 Cronen, im vierten Grad in 12 und ein halbe Cronen verfellt werden, und welcher ein Weibspersohn, die mit ihm im ersten Grad ver- schwägert ist, fleischlich erkent hette, der soll in 30 Cronen, im anderen Grad in 15 Cronen, im dritten Grad in 8 Cronen gestraft werden, wie in gleichem auch derjenige, der mit einer,
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die ihm mit geistlicher Fründschaft verwandt ist, sich fleischlich versündigt hatte, in, 8 Cronen solle verf eilt werden. Ein gleiches solle von den Weibspersöhnen verstanden werden, welche mit gleichen Buessen sollen angesehen werden. Und welcher die Straf nit hat an Geld zu bezahlen, soll solche mit dem Leib abbüessen. Welcher aber ein Weibspersohn nothzwangen thäte, so selbige kein öffentliche Huor ist, soll er enthauptet werden.
Von Straf deren, die sich mit einer Mannespersohn oder un- geschikten Weibs-Bildt fleischlich versündigten. Item es ist gesetzt, so einer in dem abscheuwlichen Laster sich vergriffe und mit einem Knaben oder einem Weibsbildt, das Alters halb untauglich und ungeechikt wäre, sich mit fleischlicher Schän- dung versündigen thäte, mit Feuer solle verbrennt werden.
Aus den Statuten von Bellinzona 1694. Revidiert und neu verordnet.
Cf r. Rechtsquellen des Kantons Tessin von Andreas Heusler in der Zeitschrift für Schweizerisches Recht 41/42. Bd. Neue Folge. 20. Bd. Basel 1901.
20. Gewitiigt.
Ein junger Bauernbursch ging zur Beichte und erzählte, er habe eine Hecke zerstört, um Vogelnester auszuheben. Der Beichthörende fragte, ob er alle genommen habe. „Nein," ver- setzte der Gefragte, im Gestrüpp am Bache ließ ich noch etliche, weil die Vögel nicht flügge sind, doch am Samstag will ich die holen." Der Pfaffe merkte sich das und als der schlecklustige Bursche Samstag an die Nester kam, waren selbige leer.
Dem Burschen war klar, wer die Nester ausgehoben hatte und fluchte über seine Offenheit.
Wenige Monate hernach traf sich's, daß der Bursche wieder bei demselben Pfaffen beichtete. Er gab an mit einer hübschen jungen Dirne allerlei kleine fleischliche Sünden begangen zu haben. „Ja, mein Lieber," unterbrach den Reuevollen der Beichtiger, „welches Alter hat denn die Maid, außerdem wo wohnt sie?"
„Zum Kuckuck," fuhr da der Beichtende auf, „das mögen dir Dümmere als ich erzählen. An meine Nester kommet du nicht mehr!"
Siehe: L'esprit du bon vieux tems Paris An. VITT.
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21. Em hübscher Spruch.
Zu Konstanz auf dem Konzil waren viele feile Dirnen. Da eagte ein geistlicher Herr : „Fürwahr der Papst ist Stellver- treter Gottes, denn hier hat er ein Paradies für die Augen hergebracht; eine Hölle für die Seele und das Fegfeuer für die Börse und den Leib."
22. Köstliche Frage.
Ein Bettler bat einst eine fromme Frau in Basel um ein Almosen, und um die Frau für sich zu gewinnen, sprach der Bettler: „Ich habe alles Gefallen an den Freuden der Welt verloren." Da fragte die Frau: „Ist er wohl ein Eunuch?"
28. Er weiß Bescheid.
Ein Adeliger ging mit seiner Kurtisana in die Messe, um für die Sünden der vergangenen Nacht gemeinsam Buße zu tuen. Die Kurtieana war bei dieser Andacht weniger bei der Sache als wenige Stunden zuvor. Beim Evangelium fragte sie ihren Galan, was heißt doch das In diebus illis? Da versetzte der in lingua latina wenig kundige Galan: Indie ist das Land wo der Pfeffer herkommt, aber Busillis kenne ich nicht und weiß nicht wo es liegt.
24. Der Schuh drückt
Ein reicher Herr hatte eine Dame von hoher Geburt ge- heiratet. Nicht lange dauerte es und er entließ seine Gemahlin, worüber sich alle seine freunde verwunderten. Da sagte er, indem er ihnen seinen Schuh zeigte. „Schaut her! Auswendig ist er schön und glänzt, so daß diesen Schuh jeder haben möchte. Ihr seht aber nicht, wo er mich drückt."
25. Der zerschlagene Topf.
In hohem Alter heiratete endlich ein Kaufmann, der sehr viel Liebschaften gehabt hatte und häufig Vater nebenhinaus geworden war. Etliche Zeit nach der Hochzeit begegnete ihm einer seiner Freunde und fragte ihn : „Wie geht es dir." „Ach," versetzte daraufhin der Kaufmann, „ehedem habe ich viele Töpfe zerschlagen und bekümmere mich nicht darum; jetzt
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babe ich mir einen Topf gesichert, aber den hat man mir zer- schlagen, ohne daß ich es wahrnahm."
Cfr.: Esprit du bon vieux terns.
26. Die schamhaften Weiber.
Weiber sind, wie der Autor der Schrift Seltzame Falle nach Plinio dartut, schamhafter als Männer, denn wenn die Leiche eines Mannes im Wasser liegt, schwimmt sie unanstän- dig mit dem männlich Glied nach oben, hingegen bei toten Weibern schaut der Bücken aus dem Wasser, einmal weil die Frauen einen größeren Bauch und Brüste haben, sodann, weil die Natur nicht will, daß die Scham des Weibes unbedeckt sei.
27. Drei Mönche.
Drei Mönche stritten sich in wollüstigen Dingen. Der- jenige, der am wollüstigsten redete, sollte von den anderen ein Geschenk erhalten. „Ich," sprach der erste, „möchte ein Mittel- bain haben so lang wie der Kirchturm." „Gut geredet," er- klärten die anderen. „Ich möchte ein Aichel haben, so dick als der Kirchturmknopf," versetzte der zweite. „Besser ge- sprochen," ließen sich die anderen vernehmen. „Ich möchte weder einen großen noch dicken, sondern meinen, wie er ist, in einem jungen Dirnlein, so oft er den Kopf hebt." „Du hast gewonnen," versetzten die Unterlegenen.
28. Auf oder in der Milch.
Eine Kurtisan in Florenz empfing nackend einen vornehmen Herrn. Der sah, daß die Kurtisana volle schöne Brüste hatte. Als sich nun die Kurtieana auf das Bett legen wollte und den Herrn auf sich erwartete, meinte dieser: „Ich schwimme gern in der Milch." Item die Kurtisana verstand's und legte sich auf den Herrn. Nachdem das Turnier herum war, sprach die Kurtisana schlau und listig: „Herr, schwimmt der Rahm nicht auf der Milch?" Der Herrr verstand's und ritt das zweite Turnier auf der schönen Amei. Wie oft in jener Nacht der Herr in der Milch schwimmen und die Kurtisana den Rahm auf der Milch schwimmen haben wollte, davon war noch viel zu sagen.
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29. Die bestrafte Witfrau.
Eine Wittfrau nahm ein Knäblein aus dem Hospital der Stadt zu sich, um eine Seele in ihrem großen Haus zu haben. Sie kleidete, nährte und unterrichtete das Knäblein aufs aller- best, so daß er ein schöner hübscher Bube ward und von dem vielen Wein vor der Zeit feurig erschien. Die Frau hatte den Knaben so lieb, daß er in ihrem Bette schlafen durfte. Eines Abends im heißen Sommer ging sie spät zu Bett und als sie die Decke zurückschlug, sah sie den Zagel des Knaben wie eine Pfeife in die Höhe ragen. Die Frau wunderte sich darüber gewaltig, dann der Knabe erst zehn Jahre alt war und noch am ganzen Körper, den Schopf ausgenommen, kein Haar war. Wie die Frau aber im Mondenlicht den Zagel lange betracht, wurde sie von unordentlicher Begier ergriffen. Da sie ohne Hemd wie auch der Knabe ins Bett ging, überkam sie der Wunsch, den Zagel zu probieren. Item, sie stieg leise ins Bett, setzte sich mitten darauf und hob und senkte sich. Dar- über erwacht, verstört der Knab, den fing sie in den Armen auf, ließ sich auf den Bücken fallen, drückt den Knaben an sich und schlingt ihre Bein um ihn. Sie machte es sicut uxor cum mari to. Doch des Himmels Straf blieb nit aus. Die Frau meint in fleischlicher Gemeinschaft zu spielen. Dem war nicht also. Sie wurde zur Strafe geschwängert von dem 10 jährigen Knab und ganz Born war sicher, daß der Himmel die Böse er- reicht hatte. Item, es mag ein Lehr sein für alle unkeusch Weiber, insbesondere Wittfrauen.
Über gleiche Fälle siehe Dr. Eugen Dühren, Rétif de la Bretonne, Berlin 1906. S. 45—47 und 186.
80. Kein wefl>üeh Glied auf dem Helm.
Wolf von Homburg und Wilhelm von Beischach pflegten zusagen, wenn jemand nicht ebenbürtig heiratete: Man malt kein weiblich Glied auf einen Helm.
Siehe dazu: Zimmerische Chronik.
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